TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/16 92/01/0558

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Veröffentlicht am 16.09.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
AVG §63 Abs5;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGG §45 Abs3;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/01/0559

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerden 1. des B, und 2. der L, beide in S, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Z, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 13. April 1992, Zlen. 4.270.987/6-III/13/92 und 4.270.987/7-III/13/92, betreffend Zurückweisung von Berufungen in einer Angelegenheit des Asylwesens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige des ehemaligen Jugoslawien und Angehörige der albanischen Minderheit, haben die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. August 1991, mit denen festgestellt worden war, bei den Beschwerdeführern lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtlinge nicht vor, mit Berufungen bekämpft.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als verspätet zurück.

Gegen diese Bescheide richten sich die im wesentlichen gleichlautenden Beschwerden, mit denen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihren Rechten auf die Feststellung ihrer Flüchtlingseigenschaft und auf ein gesetzmäßiges Asylverfahren verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die belangte Behörde hat die angefochtenen Bescheide damit begründet, daß die erstinstanzlichen Bescheide den Beschwerdeführern am 16. September 1991 zugestellt worden seien. Die zweiwöchige Berufungsfrist sei daher jeweils am 30. September 1991 abgelaufen. Da die Beschwerdeführer die Berufungen erst am 2. Dezember 1991 eingebracht hätten, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Die Beschwerdeführer machen, was die Verspätung ihrer Rechtsmittel anbelangt, geltend, sie hätten am 30. September 1991 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich im Flüchtlingslager Traiskirchen "unter Beiziehung eines Dolmetschers, sohin fristgerecht, eine Berufungsschrift angefertigt". Dieser Vorgang habe allerdings möglicherweise in den Verwaltungsakten keinen Niederschlag gefunden. "Offensichtlich aufgrund eines Fehlers bei der Übersetzung der Angaben" der Beschwerdeführer bzw. bei der Protokollierung ihres Vorbringens vom 30. September 1991 seien mit ihnen am 2. Dezember 1991 "von der erstinstanzlichen Behörde unter Beiziehung eines neuerlichen Dolmetschers" weitere Berufungsschriften angefertigt worden. Die Berufungen seien jedoch ursprünglich mit 30. September 1991 fristgerecht eingebracht worden.

Den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführer die am 16. September 1991 erfolgte Übernahme der erstinstanzlichen Bescheide mit ihrer Unterschrift bestätigt haben. Demgemäß endete die in § 63 Abs. 5 AVG normierte zweiwöchige Berufungsfrist am 30. September 1991. Die Verwaltungsakten enthalten keinerlei Hinweis darauf, daß die Beschwerdeführer - wie sie nunmehr in der Beschwerde behaupten - am 30. September 1991 im Flüchtlingslager Traiskirchen vorgesprochen oder Berufungsschriftsätze verfaßt bzw. eingebracht hätten. Die Beschwerdeführer haben auch in keiner Weise dargelegt, welchen Inhalt die angeblich am 30. September 1991 erhobenen Berufungen gehabt hätten und in welcher Form sie eingebracht worden wären.

Es ergibt sich sohin, daß das Vorbringen der Beschwerdeführer, Berufungen rechtzeitig eingebracht zu haben, in Widerspruch zur Aktenlage steht. Hingegen ist den Verwaltungsakten zu entnehmen, daß die darin enthaltenen Berufungen gegen die angeführten erstinstanzlichen Bescheide erst am 2. Dezember 1991 und somit lange nach Ablauf der zweiwöchigen Berufungsfrist zur Post gegeben worden sind. Wenn auch gemäß der hg. Judikatur die Berufungsbehörde das Risiko der Aufhebung des Bescheides trägt, wenn sie dem Berufungswerber die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist nicht zur Stellungnahme vorhält (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, Eisenstadt 1990, S. 499, zitierte Judikatur), so bietet die dargestellte Sachlage und insbesondere das sich in bloßen Behauptungen erschöpfende Beschwerdevorbringen keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß die Verwaltungsakten nicht im Einklang mit dem tatsächlichen Geschehen stünden. Der aufgezeigte Verfahrensmangel ist daher nicht von Relevanz. Demgemäß entspricht aber die mit den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Zurückweisung der Berufungen als verspätet der Rechtslage.

Die Beschwerdeführer haben die Auffassung vertreten, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, sie auf die Möglichkeit der Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages hinzuweisen. Hiezu ist ihnen entgegenzuhalten, daß die in § 13 a AVG den Verwaltungsbehörden aufgegebene Manuduktionspflicht nicht die Verpflichtung umfaßt, ausdrücklich auf die Möglichkeit der Stellung eines solchen Antrages hinzuweisen (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4, Eisenstadt 1990, S. 178, zitierte Judikatur). Auch kann dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht entnommen werden, auf Grund welcher Umstände sie die Erhebung eines Wiedereinsetzungsantrages überhaupt in Erwägung gezogen hätten.

Soweit die Beschwerdeführer Gründe für das Verlassen ihres Heimatlandes ins Treffen führen, ist ihnen entgegenzuhalten, daß sie mit diesem Beschwerdevorbringen am durch den Inhalt des angefochtenen Bescheides festgelegten Gegenstand des Verfahrens - Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Berufung als verspätet - vorbeigehen, sodaß dem Verwaltungsgerichtshof eine Berücksichtigung dieses Vorbringens verwehrt war.

Die sohin unbegründeten Beschwerden waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010558.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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