TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/16 90/13/0299

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Veröffentlicht am 16.09.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/03 Steuern vom Vermögen;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
BAO §124;
BAO §131;
BAO §132 Abs1;
BAO §138 Abs2;
BAO §163;
BAO §164 Abs1;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs2;
BAO §184 Abs3;
BAO §26 Abs1;
BAO §26;
EStG 1972 §1 Abs1;
EStG 1972 §4 Abs1;
VermStG §1 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 6.11.1990, GZ 6/3-3021/90-05, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1984, Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1980, 1981 und 1983 sowie Vermögensteuer ab dem 1.1.1980, 1981 und 1983, weiters Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1980 bis 1986, Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.1.1980, 1981 und 1983 bis 1986 sowie Vermögensteuer ab dem 1.1.1980, 1981 und 1983 und Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1989,

Spruch

1) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1989 betrifft, zurückgewiesen.

2) zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb im strittigen Zeitraum ein Mietwagenunternehmen, das sich überwiegend mit dem Transport kranker und behinderter Personen im Auftrag und für Rechnung von Sozialversicherungsträgern sowie mit Botenfahrten befaßt hat. Gegen den Beschwerdeführer wurde beim Landesgericht für Strafsachen in X zu GZ. 24 b Vr 10078/85 ein Strafverfahren durchgeführt, wobei ihm vorgeworfen wurde, gegenüber Sozialversicherungsträgern "überhöhte Rechnungen" gelegt zu haben. Von der dementsprechenden Anklage wurde der Beschwerdeführer nach Durchführung einer Hauptverhandlung freigesprochen. In den Jahren ab 1986 wurde eine Betriebsprüfung vorgenommen.

Im Prüfungsverfahren gab der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 19. Mai 1988 an, er habe jene Beträge, die er in Österreich investiert habe, in Spanien verdient. Er sei zu 49 % Eigentümer der C. SA gewesen. Er habe seine Anteile an diesem Unternehmen am 17. Juni 1985 um den Gegenwert von S 934.516,-- veräußert. Zugleich mit diesen Anteilen habe er eine auf einem Grundstück sichergestellte Forderung an die C. SA um den Gegenwert von S 4,000.000,-- "verkauft". Davon habe er DM 600.000,-- nach Österreich überwiesen. Im Zusammenhang mit in den Bilanzen ausgewiesenen Darlehensschulden gegenüber Maria Sch. gab der Beschwerdeführer an, Maria Sch. habe über Barmittel - nicht Schmuck - verfügt. Maria Sch. habe ihm mitgeteilt, daß sie Schmuck in beträchtlichem Wert im Dorotheum versetzt habe. Dies könne auch von Dienstnehmern der Filiale K.-Straße des Wiener Dorotheums bestätigt werden.

Im Zuge des Prüfungsverfahrens wurde Maria Sch. am 28. Juli 1988 "als Verdächtige" vernommen. Bei dieser Vernehmung gab Maria Sch. an, sie wohne in der dem Beschwerdeführer gehörenden Wohnung W, F.-Gasse 4/10. Sie dürfe die Wohnung unentgeltlich nutzen. Über die dem Beschwerdeführer hingegebenen Darlehen habe sie keine Aufzeichnungen geführt. Sie wisse nicht, wie hoch die Schuld des Beschwerdeführers an sie sei. Die Schuld sei wegen Verjährung nicht einklagbar. Der Beschwerdeführer habe ihr nie Geld zurückbezahlt. Der Beschwerdeführer habe von ihr Sparbücher und Schmuck erhalten. Bargeld habe sie ihm nie gegeben. Die Spareinlagen und die Schmuckstücke habe sie bisher nicht endgültig zurückerhalten. Zwischendurch habe ihr der Beschwerdeführer ihren Schmuck zurückgegeben und ihn sich in der Folge wieder ausgeliehen. Sie wisse weder, wieviel sie ihm gegeben habe noch, ob sie jemals etwas zurückbekommen werde. Ihre größten Einnahmen habe Maria Sch. in der Zeit von 1964 bis 1978 aus ihrer Tätigkeit als Prostituierte erzielt. Von 1978 bis 1982 sei sie beim Beschwerdeführer beschäftigt gewesen. Sie verfüge über zwei Bankkonten, eines für die Familienbeihilfe und die Notstandshilfe und eines für die Einnahmen aus den ihr gehörigen Liegenschaften. Nach Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer geführten Darlehenskonten gab Maria Sch. an, sie erfahre von diesen Kontobewegungen zum ersten Mal. Zu den einzelnen Verbuchungen könne sie nichts angeben. Nach Vorhalt eines vom Beschwerdeführer unterfertigten Beleges, wonach Maria Sch. am 31. Dezember 1986 S 100.000,-- erhalten habe, gab diese an, sie habe das Geld nie bekommen. Es sei ihr nicht bekannt gewesen, daß sie zum 1. Jänner 1980 eine Darlehensforderung gegen den Beschwerdeführer von ihrem Vater Johann Sch. übernommen habe.

Im Betriebsprüfungsbericht wurde im Zusammenhang damit, daß "Geschäftsunterlagen" vom Beschwerdeführer dem Prüfer nicht übergeben worden sind, ausgeführt, der Beschwerdeführer habe stets auf die Beschlagnahme durch die Wirtschaftspolizei verwiesen. Nach den Prüfungsfeststellungen habe der Beschwerdeführer die Buchhaltungsunterlagen am 8. Oktober 1987 in der Verwahrstelle des Landesgerichtes übernommen. Im Zusammenhang mit einem Zivilverfahren gegen den Sozialversicherungsträger habe er in der Folge seine Buchhaltungsunterlagen in der Verwahrstelle belassen, ohne den Prüfer davon in Kenntnis zu setzen.

Nach den Feststellungen des Prüfers wurden von den Fahrern Fahrtenbücher geführt; vom Funkleiter seien Listen über die einzelnen Fahrten mit bestimmten Daten wie inbesondere die Art der Verrechnung (gegen Bon, Faktura oder Barzahlung) unter Angabe des Fuhrlohnes geführt worden. Diese Grundaufzeichnungen seien dem Prüfer für den Streitzeitraum nicht vorgelegt worden.

Zur Ordnungsgemäßigkeit der Buchführung wurde im Betriebsprüfungsbericht ausgeführt, es seien im Prüfungszeitraum keine gesonderten Kunden- und Lieferantenkonten geführt worden. Die am Kassakonto aufscheinenden Buchungen enthielten in den Jahren 1980 bis 1983 auch Bankbewegungen. Girokonten seien in diesem Zeitraum nicht laufend erfaßt worden. Die Differenzbeträge seien bei der Bilanzerstellung als Nachbuchungen erfaßt worden.

Häufig seien nicht die Rechnungen von Betriebsausgaben, sondern die Zahlungsbestätigungen verbucht worden. Gelegentlich seien dadurch Betriebsausgaben doppelt erfaßt worden (z.B. 1980 drei Eingangsrechnungen der Werkstätte Alexander M.).

Vom Prüfer wurde eine größere Anzahl von (im Bericht mit ihren Kontonummern angeführten) Bankkonten und anonymen Sparkonten zur Besicherung betrieblicher Kredite festgestellt, die in die Bücher nicht aufgenommen worden waren. Eine Aufklärung der Bankeingänge habe der Beschwerdeführer nicht geben können. Konkret habe der Prüfer auf dem Konto 481 00 808-4 bei der K-Bank für den Zeitraum 15. April bis 29. Dezember 1983 einen Betrag von S 68.342,58 als nicht erklärte Einnahmen feststellen können. Die Habenbuchungen auf den dem Prüfer bekannten Bankkonten hätten zirka das Doppelte der erklärten Erlöse betragen.

Von 1980 bis 1983 seien in den Kassabüchern auch Zielgeschäfte verbucht worden, sodaß eine rechnerische Ermittlung des Kassenstandes nicht möglich gewesen sei.

Bargeschäfte im Rahmen des Mietwagenunternehmens z.B. für Botendienste seien nicht erfaßt worden. So sei bei der Firma Blumen-C. festgestellt worden, daß 1986 88 Fahrten mit einem Erlös von S 10.185,60 ausgeführt wurden. Die Erlöse seien beim Beschwerdeführer nicht erfaßt worden.

Nach den Feststellungen im Prüfungsbericht wurden im Streitzeitraum auf einem Konto "Darlehen Sch." Zuflüsse von Fremdkapital im folgenden Ausmaß - ohne Berücksichtigung der verbuchten Rückzahlungen - festgestellt:

         1980           S   1,400.000,--

         1981           S   1,583.000,--

         1982           S        0

         1983           S     150.000,--

         1984           S   1,309.000,--

         1985           S   2,390.000,--

         1986           S     495.000,--

Nach Auffassung des Prüfers wurde die Herkunft der auf dem Darlehenskonto Sch. verbuchten Beträge nicht nachgewiesen. Bei Hinzurechnung der Darlehensbeträge zum Eigenkapital ergaben sich nach Auffassung des Prüfers folgende Mittel, deren Herkunft als nicht aufgeklärt anzusehen war:

                       1980         1981         1982        1983

Privatentnahme      935.146,02   648.197,01   316.409,82

Privateinlage                                 767.151,83   409.119,55

ZWISCHENSUMME       935.146,02   648.197,01  -450.742,01  -409.119,55

Darlehensver-

bindlichkeit

per 31.12.        1,755.000,-- 3,338.009,-- 3,238.000,-- 2,888.000,--

Darlehensforde-

rung per 31.12.

Darlehen Vorjahr    405.000,-- 1,755.009,-- 3,338.000,-- 3,238.000,--

Überhang Einlagen   414.853,98   934.802,99   350.742,01    59.119,55

                       1984         1985         1986

Privatentnahme       253.656,62   551.628,72 1,778.297,63

Privateinlage        451.986,87   587.653,82   739.381,75

ZWISCHENSUMME       -198.330,25   -36.025,10 1,038.915,88

Darlehensver-

bindlichkeit

per 31.12.                      2,117.000,--   550.000,--

Darlehensforde-

rung per 31.12.      273.000,--

Darlehen Vorjahr   2,888.000,--  -273.000,-- 2,117.000,--

Überhang Einlagen               2,426.025,10

Überhang Entnahmen 2,962.669,75              2,605.915,88

Weiters stellte der Prüfer fest, daß trotz des

umfangreichen Fahrzeugbestandes keine Schadensvergütungen verbucht worden waren. Nach weitreichenden Ermittlungen wurden zumindest folgende Summen von nicht verbuchten Schadensvergütungen festgestellt:

         1980           S    10.496,--

         1981           S     8.162,50

         1982           S    67.309,80

         1983           S    412.333,17

         1984           S    574.713,46

         1985           S    391.142,10

         1986           S    118.054,78

Den im Prüfungsverfahren erhobenen Einwendungen, den nicht verbuchten Versicherungsvergütungen stünden ebenfalls nicht verbuchte Aufwendungen für Reparaturen und für die Bereitstellung von Ersatzfahrzeugen gegenüber, wurde vom Prüfer entgegengehalten, daß unter den Ausgabenbelegen auch Reparaturrechnungen fremder Firmen vorgefunden worden seien, die auch an die jeweilige Versicherungsanstalt zur Verrechnung vorgelegt worden seien. Bei Totalschäden sei der Restbuchwert ausgebucht worden, ohne daß die Versicherungsvergütung erfaßt worden sei. Bei einer Reparatur in der eigenen Werkstätte sei aber der Aufwand für Ersatzteile und Löhne erfolgsmäßig berücksichtigt worden. Die Rechnungen für die Bereitstellung von Ersatzfahrzeugen (meist des Kleinbusunternehmens Emil K.) seien in die Buchhaltung des Beschwerdeführers aufgenommen worden.

Auf Grund der angeführten Feststellungen wurden Umsätze und Gewinne der Streitjahre vom Prüfer im Schätzungswege, und zwar durch Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages im Ausmaß von jeweils 25 % der erklärten Umsätze und Gewinne, ermittelt. Die Umsätze wurden dabei um die im Sicherheitszuschlag enthaltenen Schadensvergütungen vermindert, wobei hinsichtlich der Jahre 1983, 1984 und 1985 von den vom Prüfer tatsächlich ermittelten Beträgen, ansonsten von 15 v.H. des Sicherheitszuschlages ausgegangen wurde.

Die Veränderungen am Darlehenskonto Maria Sch. zu den einzelnen Bilanzstichtagen wurden vom Prüfer als Entnahmen bzw. Einlagen behandelt.

Ein am 15. Juli 1983 angeschaffter Pkw der Marke Mercedes Benz 500 SEL mit diversen Sonderausstattungen wurde vom Prüfer als Privatvermögen behandelt. Das Fahrzeug wurde nach den Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht vorwiegend für außerbetriebliche Fahrten verwendet.

Gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Abgaben- und Feststellungsbescheide einschließlich des Bescheides betreffend Einkommensteuervorauszahlungen für 1989 wurde Berufung erhoben. Darin wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Behandlung der Darlehensbeträge Maria Sch. als Eigenkapital, gegen die Feststellung eines ungeklärten Vermögenszuwachses, gegen die Zurechnung der Schadensvergütungen und zusammenfassend überhaupt gegen die Anwendung eines Sicherheitszuschlages, weiters gegen die Ausscheidung des Pkws Mercedes Benz 500 SEL aus dem Betriebsvermögen. Schließlich wurde in der Berufung die Auffassung vertreten, der Beschwerdeführer sei in Österreich "beschränkt steuerpflichtig".

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. EINKOMMENSTEUER-VORAUSZAHLUNGEN 1989

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über die Berufung insoweit nicht entschieden, als sie sich gegen die Festsetzung von Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 1989 richtete. Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG die Erschöpfung des Instanzenzuges. Da diese Voraussetzung hinsichtlich der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 1989 nicht erfüllt ist, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG insoweit wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen.

2. UNBESCHRÄNKTE STEUERPFLICHT

Gemäß § 1 Abs. 1 EStG 1972 sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte.

Nach § 1 Abs. 1 Z. 1 VermStG 1954 sind natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt vermögensteuerpflichtig.

Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand gemäß § 26 Abs. 1 BAO dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Unter dem "Innehaben" einer Wohnung ist die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, über die Wohnung zu verfügen, insbesondere sie für den Wohnbedarf jederzeit benützen zu können, zu verstehen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1990, 89/14/0054). Dabei fordert der für die Anwendung der Abgabenvorschriften maßgebliche Wohnsitzbegriff nicht die ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung.

Der Beschwerdeführer selbst gab bei seiner Vernehmung durch Organe des Finanzamtes am 28. April 1986 an, er wohne seit 1980 bei seiner Lebensgefährtin Maria Sch. in W, B.-Gasse 53. Maria Sch. gab am 28. Juli 1988 an, die von ihr unentgeltlich genutzte Wohnung gehöre dem Beschwerdeführer. Die in der Beschwerdeschrift aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe im Inland keine Wohnung, widerspricht somit der Aktenlage.

Wenn die Abgabenbehörden auf Grund dieser Erhebungsergebnisse davon ausgegangen sind, daß der Beschwerdeführer im Inland einen Wohnsitz hat, kann ihnen nicht entgegengetreten werden. Der Annahme eines inländischen Wohnsitzes steht weder entgegen, daß der Beschwerdeführer seinen Ausführungen in der Beschwerdeschrift zufolge einen spanischen Führerschein und eine Daueraufenthaltsgenehmigung für Spanien hat, noch, daß er sich - wie aus seinem vorgelegten Reisepaß ersichtlich sei - überwiegend in Spanien aufgehalten habe. Da nämlich ein Mensch mehrere Wohnungen innehaben kann, sind gleichzeitig mehrere Wohnsitze möglich (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1987, 86/15/0078). Auch ein gewöhnlicher Aufenthalt an einem Ort schließt nicht einen oder mehrere Wohnsitze an anderen Orten aus.

Für die unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne des Einkommen- und Vermögensteuerrechts ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht maßgeblich, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen befindet.

Schließlich hat der Beschwerdeführer in keiner Weise dargetan, in welchem subjektiven Recht er durch die Annahme einer unbeschränkten Steuerpflicht verletzt wurde, zumal eine Besteuerung unter der Annahme einer unbeschränkten

Steuerpflicht im konkreten Fall des Beschwerdeführers zu einem geringeren Leistungsgebot führt als bei einer bloß beschränkten Steuerpflicht (bei Anwendung des § 102 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972 bzw. § 5 Abs. 1 Z. 1 VermStG 1954). Überdies haben es die Abgabenbehörden unterlassen, Einkünfte (Vermögen), die der Beschwerdeführer allenfalls im Ausland erwirtschaftet hat, der inländischen Besteuerung zu unterwerfen. Sollte der Beschwerdeführer aber mit seinen Einwendungen gegen eine unbeschränkte Steuerpflicht einen Zusammenhang mit der von den Abgabenbehörden vorgenommenen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen des von ihm im Inland betriebenen Gewerbebetriebes im Auge haben, so ist er auf die folgenden Ausführungen zu verweisen.

3. SCHÄTZUNG DER BESTEUERUNGSGRUNDLAGEN

3.1. Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind. Nach § 184 Abs. 3 BAO ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Abgabenbehörde hat die Grundlagen der Abgabenerhebung auch dann zu schätzen, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, daß ein beim Abgabepflichtigen eingetretener Vermögenszuwachs weder aus seinem erklärten Einkommen noch aus sonstigen Einnahmen, die der (inländischen) Einkommensteuer nicht unterliegen, herrühren kann. Wenn in einem mängelfreien Verfahren ein Vermögenszuwachs festgestellt wird, den der Abgabepflichtige nicht aufklären kann, ist die Annahme gerechtfertigt, daß der unaufgeklärte Vermögenszuwachs aus nicht einbekannten Einkünften stammt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1992, 90/13/0295, mit weiterem Hinweis).

Von den Abgabenbehörden wurden im Beschwerdefall eine Reihe von Feststellungen getroffen, die aus der Sicht der vorgenommenen Schätzung von Bedeutung sind:

3.2. ANONYME KONTEN

Im Zuge der Betriebsprüfung wurde unwidersprochen festgestellt, daß verschiedene Bank- und Sparkonten (davon allein 25 Sparkonten) gegenüber der Abgabenbehörde nicht bekanntgegeben worden seien. Der Beschwerdeführer ist dabei zwar im Recht, wenn er meint, nicht verpflichtet zu sein, "private Guthaben in den Betriebsvermögensvergleich aufzunehmen". Richtig ist auch, daß der Umstand, daß ein Sparbuch der Besicherung eines betrieblichen Kredites dient, das Sparbuch nicht jedenfalls zum notwendigen Betriebsvermögen werden läßt. Mit diesen Ausführungen übersieht der Beschwerdeführer jedoch, daß nach den unwidersprochen gebliebenen Prüfungsfeststellungen zumindest auf einem dieser Konten der Eingang verkürzter Einnahmen in Höhe von S 68.342,58 erfolgte. Im übrigen haben diese Feststellungen die Abgabenbehörden zu keinen Änderungen der Bemessungsgrundlagen - und zwar auch nicht hinsichtlich von Einkünften aus Kapitalvermögen und hinsichtlich der Höhe des sonstigen Vermögens - veranlaßt, sodaß der Beschwerdeführer insofern in keinen Rechten verletzt werden konnte.

Allerdings konnte - wie auch vom Beschwerdeführer selbst zugestanden wird - diesen Feststellungen Relevanz in der Frage eines ungeklärten Vermögenszuwachses beigemessen werden. Jedenfalls konnten vom Beschwerdeführer die erheblichen vom Prüfer festgestellten Divergenzen zwischen den erklärten Einnahmen und den Bewegungen auf den festgestellten Bankkonten nicht aufgeklärt werden.

Der bloßen, in der Beschwerdeschrift aufgestellten Behauptung, auf das Sparbuch bei der E. Sparkasse

Nr. 4506-73995 mit einem Einlagestand von S 339.800,-- sei "ein Teil des Veräußerungserlöses einer Liegenschaft in Spanien gelegt" worden, konnte schon deswegen keine maßgebliche Bedeutung zugemessen werden, weil diese Behauptung jede Konkretisierung der zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte vermissen läßt.

3.3. DARLEHEN MARIA SCH.

Die Folgerung der belangten Behörde, daß die auf dem Darlehenskonto "Maria Sch." aufscheinenden Beträge Eigenmittel des Beschwerdeführers waren, erscheint auf Grund der aufgenommenen Beweise, insbesondere auf Grund der Vernehmung der Maria Sch., schlüssig und entspricht den Denkgesetzen.

Die am 19. Mai 1988 aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers, Maria Sch. habe Schmuck in beträchtlichem Ausmaß im Dorotheum versetzt und den Erlös dem Beschwerdeführer als Darlehen übergeben, steht in allen Punkten mit der am 28. Juli 1988 abgelegten Aussage der Maria Sch. in Widerspruch.

Da Maria Sch. im Zuge dieser Aussage behauptete, sie habe dem Beschwerdeführer selbst Schmuck (zur Verpfändung) und Sparbücher gegeben, war es für die Frage der Herkunft der auf dem Darlehenskonto des Beschwerdeführers ausgewiesenen Beträge unerheblich, ob Maria Sch. selbst dem Leiter einer Filiale des Wiener Dorotheums bekannt war. Die Behörde hat damit zu Recht gemäß § 183 Abs. 3 Satz 2 BAO von der Vernehmung dieses Filialleiters abgesehen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers kann dabei von einer "Vorwegnahme" eines Beweisergebnisses keine Rede sein.

3.4. VERMÖGENSDECKUNGSRECHNUNG

Der Beschwerdeführer wendet ein, er habe öffentliche Urkunden zum Beweis dessen vorgelegt, daß er in Spanien Liegenschaften verkauft und hiefür "entsprechende Einnahmen" getätigt habe. Abgesehen davon, daß mit den vorgelegten Urkunden nur die Vornahme von Rechtsgeschäften im Bereich von Spanien bewiesen werden kann, hat der Beschwerdeführer in seiner diesbezüglichen Eingabe vom 19. Mai 1988 weder dargestellt, auf welche Weise und wann er den Erwerb der Liegenschaft und der Hypothekarforderung finanziert hat, noch sind Angaben darüber enthalten, auf welche Bankkonten der ins Inland verbrachte Betrag von DM 600.000,-- schließlich gelangt ist. Mangels entsprechender näherer Angaben über die behauptete Überweisung war somit ein Nachweis der Herkunft der ungeklärten Mittel durch die Urkunden über den Verkauf einer Liegenschaft in Spanien in keiner Weise erbracht worden. Überdies betrifft der in der Beschwerde angeführte Vorgang nur das Jahr 1985, während ungeklärte Vermögensbewegungen im gesamten Streitzeitraum festgestellt worden sind.

Schließlich kommt dem Vorbringen über die im Jahre 1985 erfolgte Zuführung eines Geldbetrages für die festgesetzten Abgaben keine Relevanz zu, weil die Abgabenbehörden die Tatsache ungeklärter Vermögenszuwächse allein als einen - von mehreren - für die Vornahme einer Schätzung sprechenden Umständen angesehen haben. Die Abgabenbehörden haben von der Methode der Zuschätzung des Betrages der unaufgeklärten Vermögenszuwächse nicht Gebrauch gemacht, sondern sich der Methode des Sicherheitszuschlages bedient.

3.5. SCHADENSVERGÜTUNGEN

Schadenersatzleistungen sind Betriebseinnahmen, wenn sie auf Grund eines den Betrieb berührenden Vorganges erbracht werden (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, S. 97). Vom Beschwerdeführer wird nicht bestritten, daß er die vom Prüfer nicht vollständig ermittelten, dennoch beträchtliche Beträge ausmachenden Schadensvergütungen in seinem Rechenwerk nicht erfaßt hat; vielmehr ist in der Buchhaltung überhaupt keine Schadenersatzleistung erfaßt worden. Aus dieser - auch dem Beschwerdevorbringen nach - bewußten Verkürzung der Betriebseinnahmen folgt aber ein weiteres Mal, daß die vom Beschwerdeführer geführten Bücher sachlich unrichtig waren, sodaß die Abgabenbehörden im Sinne des § 184 Abs. 3 BAO zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen verpflichtet waren.

Auch wenn die Behauptung des Beschwerdeführers, die (nicht als Betriebsausgaben geltend gemachten) Aufwendungen für die (in der eigenen Werkstätte durchgeführten) Fahrzeugreparaturen hätten (stets) genau den Betrag der Schadensvergütung ausgemacht, zutreffen würde, würde dies nichts an der sachlichen Unrichtigkeit der geführten Bücher ändern. Diese Behauptung widerspricht aber im übrigen jeglicher Lebenserfahrung. Jemand, der einen derart unwahrscheinlichen Sachverhalt behauptet, ist verpflichtet, hiefür auch entsprechende Nachweisungen beizubringen.

Überdies haben die in diesem Zusammenhang durchgeführten Erhebungen der Abgabenbehörden keinen Hinweis auf die Richtigkeit der Behauptungen des Beschwerdeführers ergeben. Die in der Beschwerdeschrift aufgestellte Behauptung, die "in Eigenregie durchgeführten Reparaturen" hätten "keinen Niederschlag in der Buchhaltung gefunden", steht vielmehr in ausdrücklichem Widerspruch zu den Ausführungen des steuerlichen Vertreters in der Eingabe vom 19. Mai 1988, daß die für die Reparaturen notwendigen Materialien vom Beschwerdeführer angeschafft und "auch ordnungsgemäß verbucht" worden seien.

Der Prüfer hat sich überdies im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerde nicht auf die Frage der Verbuchung von Rechnungen über Ersatzteile und den Umstand beschränkt, daß auch von Fremdfirmen ausgestellte Rechnungen vorgefunden wurden. Die in diesem Zusammenhang in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, es seien jene Reparaturrechnungen als Ausgaben verbucht worden, in denen "keine Deckung bei einer Versicherung bestand", erscheint dabei nicht stichhältig. Aus welchen Gründen gerade in Fällen, in denen eine Schadensvergütung nicht zu erwarten war, ein drittes Unternehmen mit der Reparatur beauftragt wurde, während ansonsten die Reparatur in der eigenen Werkstätte durchgeführt wurde, ist nicht einsichtig.

Schließlich haben die Abgabenbehörden auch darauf hingewiesen, daß bei Totalschäden die Restbuchwerte als Aufwand geltend gemacht, die Versicherungsvergütungen aber nicht verbucht wurden. Eine anteilige Ausscheidung von Lohnkosten der mit der Reparatur befaßten Dienstnehmer konnte nicht festgestellt werden. Die Aufwendungen für Ersatzfahrzeuge wurden zufolge der Aussage des Unternehmers Emil K. in Sammelrechnungen erfaßt. Wenn die belangte Behörde auf Grund der angeführten Umstände zu der Auffassung gelangte, daß die im Zusammenhang mit den Schadensvergütungen stehenden Aufwendungen entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers als Betriebsausgaben geltend gemacht worden waren, so entspricht diese Schlußfolgerung den Denkgesetzen.

3.6. FEHLENDE KASSENEINGÄNGE AUS UMSÄTZEN MIT EINEM BLUMEN-HÄNDLER (BOTENDIENSTE)

Nach den Prüfungsfeststellungen wurden für einen bestimmten Blumenhändler im Jahre 1986 88 Botendienste mit einem Umsatz von zusammen S 10.185,60 erbracht und die Erlöse nicht verbucht; die demgegenüber vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, die Fahrten seien von Subunternehmern ausgeführt worden, kann dem nicht erfolgreich entgegengehalten werden. Daß in sämtlichen 88 Fällen ausnahmslos Subunternehmer tätig waren, die die Erlöse nicht abgeführt haben, widerspricht der Lebenserfahrung, zumal nach den Prüfungsfeststellungen vom Funkleiter entsprechende (nicht aufbewahrte) Listen über Barzahlungen geführt worden waren.

3.7. VOM BESCHWERDEFÜHRER HERGESTELLTE AUSGANGSBELEGE

Auf Grund eines Berichtes der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Erkennungsdienst, Kriminaltechnik und Fahndung, vom 17. Oktober 1988 gelangte die belangte Behörde zu der Auffassung, daß vom Beschwerdeführer eine größere Anzahl von Belegen über Betriebsausgaben, die den Stampiglienabdruck verschiedener Unternehmen aufwiesen, selbst hergestellt worden war, wie im Bericht unter Hinweis auf eine graphologische Begutachtung ausgeführt wurde. Von den jeweiligen Lieferanten bzw. Subunternehmern wurde allein Emil K. vernommen, der am 5. Juli 1988 ausdrücklich bestritt, daß 19 ihm vorgelegte Rechnungen, in denen er als Aussteller aufschien, tatsächlich von ihm ausgestellt worden seien. Bei diesem Beweisergebnis konnte die belangte Behörde unbedenklich davon ausgehen, daß die vom Beschwerdeführer geführten Bücher sachlich unrichtig im Sinne des § 184 Abs. 3 BAO gewesen waren. Bei dieser Sachlage konnte der Umstand, daß die belangte Behörde es entgegen den Beweisanträgen des Beschwerdeführers unterlassen hatte, weitere Lieferanten zu vernehmen, keinen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG bedeuten. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht dargetan, zu welchem anderen Ergebnis schon in bezug auf die Schätzungsverpflichtung, geschweige in bezug auf die gewählte Schätzungsmethode die Behörde hätte gelangen können, wenn sie weitere Lieferanten vernommen hätte.

3.8. FORMELLE MÄNGEL

Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Feststellungen der Abgabenbehörden über formelle Mängel, die, wie ausgeführt, eine Verpflichtung der Behörde zur Schätzung nach sich ziehen, wenn sie geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. Dabei ist für die Verpflichtung zur Schätzung nicht der einzelne formale Mangel für sich, sondern deren Summe in ihrem Zusammenhalt entscheidend. Solche formale Mängel gewinnen meist erst in Verbindung mit materiellen Mängeln - wie sie auch im Falle des Beschwerdeführers im aufgezeigten Umfang festgestellt wurden - ihre ausschlaggebende Bedeutung (vgl. Reeger-Stoll, Kommentar zur BAO, S. 604, und die dort zitierte Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer rügt im Zusammenhang mit den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichtes über das Fehlen von Buchhaltungsunterlagen, daß die Abgabenbehörden seinem Antrag, die Akten Zl. 24 b Vr 10078/85 des Landesgerichtes für Strafsachen X beizuschaffen, nicht nachgekommen sind. Demgegenüber wurde bereits während des Prüfungsverfahrens festgestellt, daß der Beschwerdeführer die Buchhaltungsunterlagen entsprechend den Ausfolgungsbestätigungen der Verwahrungsstelle des Landesgerichtes für Strafsachen X zunächst am 16. September 1987 und sodann - nach einer neuerlichen Verwahrung am 8. Oktober 1987 - endgültig am 7. April 1988 ausgefolgt erhalten hat. Bei dieser Sachlage war die Beischaffung des genannten Aktes für die Beurteilung des Verbleibes der Buchhaltungsunterlagen unerheblich (vgl. § 183 Abs. 3 Satz 2 BAO).

Aus der Numerierung der Ausgangsrechnungen hat die Abgabenbehörde den Schluß gezogen, daß weitere Aufzeichnungen existiert haben; solche Aufzeichnungen wurden den Abgabenbehörden nicht vorgelegt. Ebensowenig wurden die vom Beschwerdeführer nach den Feststellungen des Prüfers geführten Fahrtenbücher der Abgabenbehörde zugänglich gemacht. Nach § 132 Abs. 1 BAO sollen unter anderem Bücher und Aufzeichnungen sowie die zu den Büchern und Aufzeichnungen gehörigen Belege durch sieben Jahre aufbewahrt werden. Nach § 138 Abs. 2 BAO sind Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere, Schriften und Urkunden auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind. Nach § 164 Abs. 1 BAO soll die Abgabenbehörde die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen und Geschäftspapieren vom Abgabepflichtigen erst verlangen, wenn dessen Auskunft nicht genügt oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers umfassen die in den angeführten Gesetzesbestimmungen bezeichneten

Aufzeichnungen keineswegs allein die im § 124 BAO bezeichneten Aufzeichnungen, zu deren Führung eine Verpflichtung nach Handelsrecht oder anderen gesetzlichen Vorschriften besteht. In der Beschwerdeschrift wird nicht bestritten, daß derartige (andere) Aufzeichnungen existiert haben. Werden solche Aufzeichnungen - wie hier offensichtlich als Ersatz für nicht bestehende Kundenkonten - tatsächlich geführt, so erstrecken sich die Aufbewahrungspflichten sowie die Verpflichtung zur Vorlage auch auf diese - für die Erhebung der Abgaben maßgeblichen - Aufzeichnungen. Dies gilt auch für die nach verwaltungsrechtlichen Bestimmungen geführten Fahrtenbücher. Die Weigerung, diese Aufzeichnungen der Abgabenbehörde vorzulegen, führt somit entgegen der Meinung des Beschwerdeführers zur Verpflichtung einer Schätzung im Sinne des § 184 Abs. 2 BAO, da damit die Auskunft über Umstände verweigert wurde, die für die Ermittlung der Abgaben wesentlich sind.

Das Vorbringen in der Beschwerde, erstmals im Berufungsverfahren sei dem Beschwerdeführer der Vorwurf gemacht worden, daß die Um- und Nachbuchungen unübersichtlich waren und nicht ausreichend begründet gewesen seien, ist unzutreffend, weil es sich bei den entsprechenden Ausführungen der belangten Behörde um ein wörtliches Zitat aus dem Betriebsprüfungsbericht handelt. Im übrigen stellen diese Feststellungen der Abgabenbehörde lediglich eine Schilderung über den Zustand der geführten Bücher dar, aus dem die belangte Behörde keine unmittelbaren Schlüsse hinsichtlich der Höhe der bekämpften Abgaben gezogen hat.

Im Betriebsprüfungsbericht wurde unter anderem

festgestellt, daß im Jahre 1980 drei Rechnungen der Werkstätte Alexander M. (Rechnungen 29, 52 und 53) doppelt erfaßt worden seien. Die Einwendungen des Beschwerdeführers, diese Rechnungen seien auch zweimal bezahlt worden, erachtete die belangte Behörde als nicht glaubwürdig. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Prüfer hätte in dem ihm zugänglichen Rechenwerk feststellen können, ob eine Doppelzahlung vorliegt, geht schon deswegen ins Leere, weil eine Zahlung ohne Rechtsgrund nicht jedenfalls eine Betriebsausgabe der entsprechenden Periode darstellt. Im übrigen ist selbst im Falle einer tatsächlichen Doppelzahlung jedenfalls die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung in Zweifel zu ziehen. Unberechtigt ist der Beschwerdevorwurf letztlich deswegen, weil ja der Prüfer gerade auf Grund seiner Überprüfung der Bücher des Beschwerdeführers nach aktenkundigen mehrmaligen Vorhalten gegenüber den beiden steuerlichen Vertretern des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die drei angeführten Rechnungen doppelt erfaßt wurden.

Hinsichtlich der vom Prüfer aufgezeigten Mängel der Kassabücher wird in der Beschwerde lediglich gerügt, es sei dem Beschwerdeführer das Kassabuch (des Jahres 1986) nicht vorgehalten worden. Diesem Vorwurf ist zu entgegnen, daß bereits im Betriebsprüfungsbericht festgestellt worden ist, daß eine Seite im Kassabuch des Jahres 1986 fehlt. Diese Feststellung des Prüfers entspricht den Tatsachen, wie dem bei den Akten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens befindlichen Kassabuch entnommen werden kann. Der Umstand, daß die Abgabenbehörde dem Beschwerdeführer über die Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht hinaus das von seinem steuerlichen Vertreter geführte Kassabuch nicht von Amts wegen zur Kenntnisnahme vorgelegt habe, stellt keine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

4. SCHÄTZUNGSMETHODE

Die angeführten Mängel formeller wie auch insbesondere sachlicher Art berechtigten die Abgabenbehörde zur Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung. Ob die steuerliche Nacherfassung einzelner Betriebsvorfälle auf Grund

vorgefundener Unterlagen möglich ist, ob die Abgabenbehörde Sicherheitszuschläge vornimmt, ob sie eine Vermögensdeckungsrechnung aufstellt, oder ob sie eine Kombination dieser Schätzungsmethoden anwendet, hängt von den Gegebenheiten im Einzelfall ab und wird von dem Ziel jeder Schätzung bestimmt, den tatsächlichen Verhältnissen so nahe wie möglich zu kommen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1991, 86/13/0071). Die Anwendung eines sogenannten Sicherheitszuschlages gehört zu den Elementen der Schätzung; denn es kann angenommen werden, daß bei formell und sachlich unrichtigen Aufzeichnungen nicht nur die nachgewiesenermaßen nicht verbuchten Vorgänge, sondern auch noch weitere Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 1989, 88/13/0042). Die neben den formellen Unrichtigkeiten der geführten Bücher festgestellten sachlichen Unregelmäßigkeiten waren sowohl ihrer Art nach - Feststellung unaufgeklärten Vermögens in Form anonymer Bankkonten sowie in Form scheinbarer Darlehensschulden, Einnahmenverkürzungen von Bargeschäften und von Schadensvergütungen, Herstellung von Belegen über angebliche Betriebsausgaben - als auch der Höhe nach völlig uneinheitlich. Da trotz eines aufwendigen Prüfungsverfahrens mit einer restlosen Aufklärung der Geschäftsvorfälle in den Streitjahren nicht gerechnet werden konnte, war die Abgabenbehörde im Hinblick auf die Uneinheitlichkeit der festgestellten sachlichen Mängel berechtigt, die Grundlagen der Abgabenerhebung durch Vornahme eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 25 v.H. der erklärten Betriebseinnahmen zu schätzen.

5. PERSONENKRAFTWAGEN MERCEDES 500 SEL

Der Prüfer vertrat hinsichtlich dieses Fahrzeuges die Auffassung, es gehöre nicht zum notwendigen Betriebsvermögen, und schätzte die Aufwendungen für das Fahrzeug unter Zugrundelegung einer betrieblich veranlaßten jährlichen Fahrleistung von 5.000 km. Im Abgabenverfahren wurde behauptet, der Pkw - für den offenkundig ein Fahrtenbuch nicht geführt wurde - werde als Mietwagen an Personen des öffentlichen Lebens vermietet. Überwiegend werde das Fahrzeug aber für Krankentransporte über größere Entfernungen verwendet. Dieses Vorbringen widerspricht im Verein mit dem Umstand, daß sich im Betriebsvermögen des Beschwerdeführers speziell für den Transport kranker und behinderter Menschen ausgerüstete Fahrzeuge befanden, jeglicher Lebenserfahrung. Im Hinblick auf die Bestimmung des § 183 Abs. 3 Satz 2 BAO war die belangte Behörde in Verbindung mit dem übrigen Ergebnis des Abgabenverfahrens nicht gehalten, dem Antrag des Beschwerdeführers, aus sämtlichen Sammelrechnungen gegenüber der Wiener G. die Anzahl der Fahrten mit diesem Fahrzeug zu ermitteln, nachzukommen. Vielmehr hat es der Beschwerdeführer im Abgabenverfahren unterlassen, in Befolgung der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht dem ausdrücklichen Auftrag vom 27. Mai 1988, die Rechnungen über Beförderungsleistungen mit dem gegenständlichen Personenkraftwagen vorzulegen, zu entsprechen. Die diesbezügliche Verfahrensrüge des Beschwerdeführers ist auch deswegen unbegründet, weil nach dem Beschwerdevorbringen bei Durchführung dieser Beweisaufnahme lediglich hätte festgestellt werden können, daß eine beträchtliche Anzahl von Krankentransporten mit dem Pkw Mercedes 500 SEL durchgeführt worden ist. Der Beschwerdeführer, der damit übersieht, daß die Abgabenbehörden ohnedies die betriebliche Veranlassung einer Fahrtstrecke von jährlich 5.000 km angenommen haben, hat mit diesem Vorbringen aber nicht dargetan, zu welchem im Spruch anders lautenden Bescheid die belangte Behörde bei Durchführung der Beweisaufnahme hätte gelangen können.

6. TELEFONKOSTEN

Der Prüfer hat zwar in seinem Bericht festgestellt, daß die betriebliche Veranlassung der Telefonkosten nicht nachgewiesen worden sei; eine Änderung gegenüber den erklärten Telefonaufwendungen wurde aber bei der Ermittlung der Gewinne der Streitjahre nicht vorgenommen. Unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß sich die Abgabenbehörden darauf beschränkten, die Höhe der Betriebseinnahmen durch Vornahme eines Sicherheitszuschlages zu schätzen, geht das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend Nichtvorlage entsprechend aufgeschlüsselter Telefonrechnungen - ebenso wie die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - ins Leere.

In der angefochtenen Berufungsentscheidung wird von vornherein die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers unter Hinweis auf verschiedene gerichtliche Bestrafungen - darunter der Bestrafung wegen falscher Beweisaussage vor einer Verwaltungsbehörde - in Zweifel gezogen. Damit hat die belangte Behörde übersehen, daß es zwar ihre Aufgabe ist, ein Beweismittel oder bestimmtes Parteienvorbringen auf seine Glaubwürdigkeit und innere Beweiskraft zu prüfen; es kann aber nicht angehen, der Partei unter Hinweis auf deren Vorstrafen generell, also ohne Bezug auf ein bestimmtes Beweisthema, die Glaubwürdigkeit zu versagen. Die belangte Behörde hat damit, daß sie dem Beschwerdeführer wegen seiner Vorstrafen die Glaubwürdigkeit vorweg abgesprochen hat, zwar Verfahrensvorschriften verletzt; der Beschwerdeführer hat aber nicht dargestellt, in welcher Hinsicht die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Die im einzelnen im angefochtenen Bescheid getroffenen Entscheidungen - soweit sie sich auf den Spruch auswirken - lassen im übrigen in keiner Weise erkennen, daß sie durch die Frage der Vorstrafen des Beschwerdeführers beeinflußt wurden. Eine Rechtswidrigkeit im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG liegt daher nicht vor.

Zum Beschwerdepunkt, daß der Beschwerdeführer (auch) durch die Wiederaufnahme der Verfahren in seinen Rechten verletzt wurde, ist schließlich festzuhalten, daß die Beschwerde für diesen Beschwerdepunkt keinerlei Beschwerdegründe ins Treffen zu führen weiß.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990130299.X00

Im RIS seit

16.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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