TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/17 91/16/0086

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Veröffentlicht am 17.09.1992
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ABGB §90;
ABGB §938;
ErbStG §15 Abs1 Z6;
ErbStG §3 Abs1 Z1;
ErbStG §3 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der T in O, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 29. April 1991, Zl. 221-6/90, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:

    Die Beschwerdeführerin und Georg W... seien die unehelichen

Eltern des (in der Folge als Übernehmer bezeichneten) Hubert

P... Die Beschwerdeführerin sei mit dem am 15. Juli 1971

verstorbenen Herrmann St... verheiratet gewesen. Seit

August 1971 lebe die Beschwerdeführerin mit dem Übernehmer und

dem Landwirt Friedrich H... (in der Folge: Lebensgefährte) im

gemeinsamen Haushalt in Z... Nr. 11. In den Jahren 1973 bis

1978 sei es notwendig gewesen, das auf dieser Liegenschaft des Lebensgefährten befindliche alte Wohn- und Wirtschaftsgebäude abzureißen und statt dessen ein neues Wohn- und Wirtschaftsgebäude zu errichten. Allein zum Bau dieses Neugebäudes habe die Beschwerdeführerin aus eigenen (zum Teil von ihrem Gatten geerbten und zum Teil selbst ersparten) Mitteln Geld im Betrage von S 450.000,-- beigesteuert.

In seinem Testament vom 11. Jänner 1977 habe der Lebensgefährte die Beschwerdeführerin zur Alleinerbin eingesetzt und unter Punkt 2.) Abs. 1 folgendes erklärt:

"Ich stelle fest und anerkenne hiemit, daß meine Lebensgefährtin zum Bau des neuen Wohnhauses aus eigenen Mitteln die Geldsumme von bisher rund S 450.000,-- (in Worten Schilling vierhundertfünfzigtausend) beigetragen hat und somit ihr in der Höhe dieser Beitragsleistung ein Ersatzanspruch zusteht."

Das Bezirksgericht ... habe mit Beschluß vom

29. November 1989 die Annahme an Kindes statt des Übernehmers als Wahlkind durch den Lebensgefährten als Wahlvater bewilligt.

    Mit Übergabsvertrag vom 9. November 1989 habe der

Lebensgefährte seine als land- und forstwirtschaftlicher

Betrieb eingestufte Liegenschaft Z... Nr. 11 dem Übernehmer

übergeben. Mit Punkt IV. dieses Übergabsvertrages habe sich der

Übernehmer verpflichtet, dem Lebensgefährten und über dessen

Weisung auch der Beschwerdeführerin u.a. zu leisten: das

lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsrecht im Erdgeschoß

des Hauses Z... Nr. 11 ... die ... entsprechende volle

Verpflegung ... die liebevolle Wartung und Pflege im Falle der

Erkrankung und bei Altersgebrechen ...

Die Finanzlandesdirektion für Kärnten (in der Folge: belangte Behörde) begründete in der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die - von der Beschwerdeführerin schon im Abgabenverfahren nur dem Grunde nach bestrittene - Schenkungssteuerpflicht unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Z. 3 ErbStG insbesondere wie folgt:

Der Übernehmer habe sich - um die Landwirtschaft zu erhalten - verpflichtet, der Beschwerdeführerin gegenüber die vom Lebensgefährten geforderten Leistungen und Rechte zu erbringen. Diese Verpflichtung stelle eine Auflage dar, das sei eine, einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft hinzugefügte Nebenbestimmung, durch die ein Zuwendungsempfänger zu einem Verhalten verpflichtet werde. Das Vorbringen in der Berufung, daß Zuwendungen in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (auch Unterhaltspflicht) keine freigebige Zuwendung darstellten, sei unbestritten richtig. Jedoch sei die Zuwendung im vorliegenden Fall durch den Lebensgefährten veranlaßt worden. Aber auch in der Berufung werde dargelegt, daß ihn keine Unterhaltspflicht treffe. Daraus folge, daß die dem Übernehmer vom Lebensgefährten auferlegte Verpflichtung eine Zuwendung von diesem an die Beschwerdeführerin sei, die unentgeltlich erfolgt sei (was in der Berufung ebenfalls bestritten werde) und damit grundsätzlich der Schenkungssteuer unterliege.

Die Beschwerdeführerin bringe vor, die Einräumung dieser Versorgungsrechte sei nicht unentgeltlich erfolgt, weil sie gegenüber dem Lebensgefährten eine Forderung von S 450.000,-- habe, zu deren Bezahlung er sich verpflichtet habe.

Es möge unbestritten sein, daß der Lebensgefährte die Forderung anerkannt habe. Doch daraus sei für die Berufung nichts zu gewinnen. Abgesehen davon, daß im Übergabsvertrag kein Hinweis auf eine gegenseitige Aufrechnung oder ein sonstiger Hinweis auf die Unentgeltlichkeit der Einräumung dieser Rechte bestehe, habe die Beschwerdeführerin auf Grund des Testamentes einen Anspruch auf S 450.000,--. Hätte der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin das Wohnrecht und die sonstigen Leistungen nicht unentgeltlich einräumen wollen, dann hätte er in diesen Übergabsvertrag die Bestimmung hineingenommen, daß die ihr eingeräumten Rechte und Leistungen in Anrechnung auf die S 450.000,-- erfolgen sollten.

Aber auch der Hinweis der Beschwerdeführerin, der Übernehmer komme damit nur seiner dem Eltern-Kindverhältnis entsprechenden Unterhaltsverpflichtung nach, könne der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Gemäß § 143 ABGB schulde das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte (hier die Beschwerdeführerin) nicht imstande sei, sich selbst zu erhalten und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt habe.

Die Beschwerdeführerin beziehe eine (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes: Laut Beschwerde "derzeit S 2.541,40" betragende) Witwenpension und habe überdies die Forderung von S 450.000,-- gegen den Lebensgefährten. Außerdem sei der Anspruch auf gesetzlichen Unterhalt gegenüber dem Übernehmer unabhängig von der Übergabe der Liegenschaft und wäre auch ohne diesen Vertrag geltend zu machen.

Im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob (im Sinne der angefochtenen Berufungsentscheidung) die oben erwähnte Übertragung der Stammrechte an die Beschwerdeführerin dem Grunde nach der Schenkungssteuer unterliegt oder (wie die Beschwerdeführerin vermeint) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes

1.

jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes;

2.

jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;

              3.              was infolge Vollziehung einer von dem Geschenkgeber angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, daß eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt;

              4.              ... bis 8. ...

§ 3 Abs. 1 Z. 3 ErbStG will (wie andere Regelungen des § 3 auch) als eine Art Ersatztatbestand andere Vorgänge zur Schenkungssteuer heranziehen, die gleich bürgerlichrechtlichenen Schenkungen unentgeltliche Vermögensvermehrungen herbeiführen, ohne aber bürgerlichrechtliche Schenkungen zu sein (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1983, Zl. 83/15/0071, ÖStZB 7/1984, S. 98, mit weiterem Hinweis).

Wie der Verwaltungsgerichtshof z.B. mit seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Oktober 1987, Zl. 86/16/0237, Slg. Nr. 6257/F, dargetan hat, besteht bei Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft KEINE gesetzliche Verpflichtung zur gegenseitigen Leistung von Pflege und Unterhalt. In demselben Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof aber auch mit weiterem Hinweis ausgesprochen, es gehöre u.a. landläufig zum Wesen einer solchen Lebensgemeinschaft, daß die Partner einander im Kampf gegen alle Not des Lebens beistehen und darum einander an den zur Bestreitung des Unterhalts verfügbaren Gütern teilhaben lassen. Von einer echten Lebensgemeinschaft kann nur dann gesprochen werden, wenn beide Lebensgefährten ihre ganze Kraft einsetzen, um einander beizustehen, jedenfalls eine Obsorge an den Tag legen, wie sie den Ehegatten durch Gesetz auferlegt ist.

Unentgeltichkeit liegt aber nicht vor, wenn eine Leistung aus einer moralischen, sittlichen oder Anstandspflicht zugesagt wird, weil in diesen Fällen eine Schenkungsabsicht fehlt (siehe z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Mai 1992, Zl. 91/16/0012, mit weiterem Hinweis).

Auch wenn in der in dem Übergabsvertrag erwähnten Auflage des Lebensgefährten an den Übernehmer, die angeführten Leistungen der Beschwerdeführerin zu erbringen, nicht nur eine Mahnung des Lebensgefährten an seinen Adoptivsohn, gegenüber dessen Mutter, der Beschwerdeführerin (Lebensgefährtin des Adoptivvaters), seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung regelmäßig nachzukommen, sondern einen Vertrag zugunsten Dritter, wonach der Lebensgefährte im Wege des Übernehmers der Beschwerdeführerin ohne gesetzliche Verpflichtung Unterhaltsleistungen habe erbringen wollen, erblickt werden sollte, läge auf Grund vorstehender Ausführungen im Zusammenhang mit einer Leistung aus einer moralischen, sittlichen oder Anstandspflicht Unentgeltlichkeit nicht vor.

Ganz abgesehen davon, daß die Liegenschaft Z... Nr. 11 bis

zum Übergabsvertrag im Eigentum des Lebensgefährten stand und in seinem Alleineigentum verblieb, und diese Tatsache noch nicht gegen das Vorliegen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen den das neue Wohn- und Wirtschaftsgebäude auf dieser Liegenschaft schaffenden Lebensgefährten spricht (siehe z. B. die Entscheidung des OGH vom 7. Oktober 1987, AZ 3 Ob 545/87, JBl 1988, S. 516), erscheint die Begründung des angefochtenen Bescheides insofern widersprüchlich, wenn einerseits gesagt wurde, die Beschwerdeführerin habe auf Grund des Testamentes einen Anspruch gegen den Lebensgefährten auf die S 450.000,--, und andererseits zum Ausdruck gebracht wurde, der angemessene Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin sei mit ihrer Witwenpension und der Forderung an ihren Lebensgefährten von S 450.000,-- gesichert.

Die belangte Behörde, die zur Ermittlung des Sachverhaltes lediglich beide Urkunden (Übergabsvertrag und Testament) heranzog, unterließ es in Verkennung der Rechtslage, von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind (§ 115 Abs. 1 BAO). Gemäß § 115 Abs. 3 BAO haben die Abgabenbehörden überdies Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.

Daher wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren in Erfüllung ihrer Verpflichtung im Sinne der zuletzt zitierten Gesetzesstellen - mangels einer aus den beiden Urkunden allein für den hier wesentlichen Sachverhalt einwandfrei festzustellenden Absicht der Parteien im Sinne des § 914 ABGB - zunächst den Lebensgefährten, den Übernehmer, die Beschwerdeführerin und allenfalls auch DIE Verfasser beider Urkunden vernehmen müssen.

Die angefochtene Berufungsentscheidung ist daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren ist abzuweisen, weil ein gesonderter Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer neben dem für Schriftsatzaufwand zu leistenden PAUSCHALbetrag nicht gebührt und die Vorlage der Ablichtung beider - ohnedies bei den Verwaltungsakten befindlichen - Urkunden zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich war.

Schlagworte

Lebensgemeinschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991160086.X00

Im RIS seit

13.02.2002

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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