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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrPolG 1954 §13a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 13. Juli 1992, Zl. III 77/92, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. Juli 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Z. 2 und Abs. 3 in Verbindung mit § 4 Fremdenpolizeigesetz (FPG), ein bis zum 31. Dezember 1996 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers seit 1990 (zwei Bestrafungen wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO und zwei Bestrafungen wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG) erfüllten den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FPG. Die diesen Bestrafungen zugrunde liegenden Sachverhalte zeigten deutlich, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine konkrete große Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle, weshalb die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele des Schutzes der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen des Beschwerdeführers dringend geboten sei, auch wenn durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen werde. Der Beschwerdeführer sei - abgesehen von der Unterbrechung durch den Militärdienst in Jugoslawien - seit 1985 in Österreich aufhältig, dementsprechend seien eine Integration im Bundesgebiet und Bindungen, etwa an eine Freundin, insbesondere aber eine hohe Intensität der Bindung an die Mutter und den Ziehvater, die seit 20 Jahren als Gastarbeiter hier leben würden, gegeben. Weiters sei eine Beeinträchtigung des beruflichen und persönlichen Fortkommens des Beschwerdeführers durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - dieser arbeite als Koch zur vollsten Zufriedenheit seines Arbeitgebers - zu berücksichtigen. Diese privat-familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers würden zwar schwer, die genannten öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes jedoch unverhältnismäßig schwerer wiegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 sowie des Abs. 3 FPG lauten:
§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:
1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;
2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0243) handelt es sich nicht nur beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand, sondern auch beim Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung jeweils um eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 2 FPG. Damit ist im Beschwerdefall vom Vorliegen einer "bestimmten Tatsache im Sinne des Abs. 1" (des § 3) auszugehen, womit die dort umschriebene Annahme gerechtfertigt ist, zumal eine insgesamt zweimalige Bestrafung nach den erwähnten Gesetzesstellen der StVO und des KFG für diese Subsumtion genügt hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 1991, Zl. 91/19/0202).
Das solcherart begründete erhebliche öffentliche Interesse an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer gewinnt aber auch durch die keineswegs als unbedeutend zu wertende, im angefochtenen Bescheid gleichfalls erwähnte Übertretung des FPG zusätzlich an Gewicht (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0243).
Von daher gesehen ist auch die von der belangten Behörde im Grunde des § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung nicht als rechtswidrig zu erkennen, welcher der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen vermag. Daß der Beschwerdeführer nie einen Verkehrsunfall verschuldet hat, fällt hier nicht ins Gewicht. Auch reicht die seit der letzten Bestrafung (am 31. März 1992) verstrichene Zeit, in der sich der Beschwerdeführer wohl verhalten hat, bei weitem nicht aus, um das Ausmaß der von ihm ausgehenden Sicherheitsgefährdung geringer einschätzen zu können. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß es sich bei den in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO (auf Grund der besonderen Gefährlichkeit der Alkoholisierung im Straßenverkehr) und nach § 64 Abs. 1 KFG (das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das KFG) um Verstöße gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates handelt (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0243).
Die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte "als gelinderes Mittel eine Geldstrafe aussprechen können, anstatt ein Aufenthaltsverbot zu erlassen", entbehrt jeder rechtlichen Grundlage.
Schließlich war entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht zu untersuchen, in welchen Staat er allenfalls abgeschoben werden kann, sodaß hier die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 13a Abs. 2 FPG nicht zu prüfen waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/19/0343).
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180363.X00Im RIS seit
12.06.2001