TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/18 91/12/0188

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Veröffentlicht am 18.09.1992
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Index

63/02 Gehaltsgesetz;
64/03 Landeslehrer;

Norm

GehG 1956 §61 Abs1;
LDG 1984 §106 Abs2 Z5;
LDG 1984 §43 Abs1;
LDG 1984 §48 Abs1;
LDG 1984 §48 Abs5;
LDG 1984 §48;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des E in N, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Mai 1991, Zl. VIII/1-L-985, betreffend Mehrdienstleistungsvergütung nach § 61 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Volksschuldirektior in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Seine Dienststelle ist die Volksschule N, welche in den Schuljahren 1988/89 bis 1990/91 mehr als acht Klassen führte. An dieser Schule lief ein Schulversuch "Tagesheimschule".

Mit Eingabe vom 2. Juli 1990 ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßige Absprache über die Vergütung von ihm geltend gemachter Mehrdienstleistungen ab März 1989.

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Begehren des Beschwerdeführers auf Vergütung von 7,5 Wochenstunden ab 1. März 1989, von 8,5 Wochenstunden für das Schuljahr 1989/90 sowie von 7 Wochenstunden für das Schuljahr 1990/91 ab. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, die Zuständigkeit zur Entscheidung sei auf die belangte Behörde über Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Februar 1991, eingelangt beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung am 18. Februar 1991, übergegangen, weil der Landesschulrat für Niederösterreich nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden habe (§ 73 AVG). Der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag vorgebracht, der Landesschulrat für Niederösterreich habe im Monat März 1989 seine Bezüge, welche aus der freiwilligen Tätigkeit im Tagesheim der Volksschule entstünden, ohne Ankündigung oder Begründung eingestellt. Nach Darstellung der Rechtslage wird in der Bescheidbegründung ausgeführt, im Falle des Beschwerdeführers seien zwei Wochenstunden Mehrdienstleistung für die Leitung der Tagesheimschule unabhängig von einer zusätzlichen Unterrichtserteilung abzugelten. Die weiteren vom Beschwerdeführer gehaltenen Wochenstundenmehrdienstleistung könnten nicht unter § 2 Z. 1 lit. c der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 10. März 1976, BGBl. Nr. 104 (VASM), subsumiert werden, weil dort die einzelnen Fälle kasuistisch geregelt seien und der Fall der Unterrichtserteilung des Leiters einer Schule mit Tagesheimbetrieb nicht gesondert angeführt werde. Es seien daher zunächst jene Wochenstunden als Mehrdienstleistung abzuziehen, die der Beschwerdeführer als freigestellter Leiter im Bedarfsfall bis zum Ausmaß seiner Lehrverpflichtung, ohne Anspruch auf eine Mehrdienstleistungsvergütung Lehrer zu vertreten, verpflichtet sei. Zur Feststellung der Abwesenheit von Lehrern werde auf das dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachte und von ihm nicht bestrittene Erhebungsergebnis hingewiesen, wonach im Schuljahr 1988/89 eine Lehrerin, in den Schuljahren 1989/90 und 1990/91 jeweils drei namentlich genannte Lehrerinnen, die der Volksschule N dienstzugeteilt gewesen wären, aus verschiedenen Gründen von der Schule abwesend gewesen seien. Sämtliche vom Beschwerdeführer gehaltenen zusätzlichen Wochenstunden seien im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Supplierverpflichtung zu halten gewesen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei zur Verpflichtung des dienstfreigestellten Leiters, abwesende Lehrer seiner Schule im Bedarfsfall bis zum Ausmaß seiner Lehrverpflichtung, ohne Anspruch auf Mehrdienstleistungsvergütung, zu vertreten, der Grund der Abwesenheit (Krankheit, Karenzurlaub gemäß § 15 Mutterschutzgesetz, Karenzurlaub gemäß § 58 LDG usw.) unwesentlich. Eine bestimmte zeitliche Festsetzung der Vertretungsdauer bestehe nicht. Auch sei es ohne Bedeutung, ob der abwesende Lehrer vom Schulleiter unmittelbar oder mittelbar vertreten werde. Das Erhebungsergebnis sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. März 1991 zur Kenntnis gebracht worden. Er habe dazu keine Stellungnahme abgegeben. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Vergütung von weiteren Wochenstunden als Mehrdienstleistung habe daher nicht Folge gegeben werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Mehrdienstleistungsvergütung gemäß § 61 des Gehaltsgesetezs 1956 in Verbindung mit § 48 Abs. 5 LDG 1984 und § 2 lit. c der Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 10. März 1976, BGBl. Nr. 104 sowie durch unrichtige Anwendung von Verfahrensvorschriften verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer ist Landeslehrer im Sinne des § 1 LDG 1984. Gemäß § 106 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. gilt für ihn das GG, allerdings mit der Maßgabe, daß nach § 106 Abs. 2 Z. 1 GG anstelle des Dienstverhältnisses zum Bund das Dienstverhältnis zu dem betreffenden Land tritt, und daß, sofern die Vorschriften des GG auf andere dienstrechtliche Bestimmungen verweisen, deren Inhalt für Landeslehrer in diesem Bundesgesetz geregelt wird, nach § 106 Abs. 2 Z. 5 LDG 1984 die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treten.

Nach § 61 Abs. 1 GG gebührt dem Lehrer, wenn durch dauernde Unterrichtserteilung sowie Einrechnung von Nebenleistungen nach § 9 des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes (BLVG) und Einrechnung von Erziehertätigkeiten und Aufsichtsführung nach § 10 BLVG das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten wird, hiefür anstelle der in den §§ 16 bis 18 angeführten Nebengebühren eine besondere Vergütung.

Da Landeslehrer nicht vom sachlichen Geltungsbereich des BLVG erfaßt sind, treten für sie gemäß § 106 Abs. 2 Z. 5 LDG 1984 die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes an die Stelle der im § 61 Abs. 1 zitierten Bestimmungen des BLVG. Das "Ausmaß der Lehrverpflichtung" im Sinne des § 61 Abs. 1 GG richtet sich - entsprechend dem § 43 Abs. 1 LDG 1984 - nach den §§ 48 bis 53 dieses Gesetzes, im Beschwerdefall, in dem es um das Ausmaß der Lehrverpflichtung eines Lehrers an einer Volksschule geht, daher nach § 48 (vgl. zur insofern vergleichbaren Rechtslage eines Berufschuldirektors das Erkenntnis vom 27. Jänner 1986, Zl. 85/12/0082).

Gemäß § 48 Abs. 1 erster Satz LDG 1984 beträgt die Lehrverpflichtung der Lehrer an Volksschulen - von im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen - 24 Wochenstunden. Die im Beschwerdefall relevanten Bestimmungen des § 48 Abs. 5 leg. cit. lauten:

    "Die Lehrverpflichtung der Leiter von Volksschulen

vermindert sich gegenüber dem im Abs. 1 angeführten Ausmaß um

zwei Wochenstunden für die Leitung der gesamten Schule und um

je eine weitere Wochenstunde für jede Klasse; ... Leiter von

Volksschulen mit mehr als acht Klassen sind von der

regelmäßigen Unterrichtserteilung befreit. ... wenn es sich um

den Leiter einer Volksschule mit mehr als acht Klassen handelt, ist er verpflichtet, abwesende Lehrer seiner Schule im Bedarfsfalle bis zum Ausmaß seiner Lehrverpflichtung ohne Anspruch auf eine Mehrdienstleistungsvergütung zu vertreten."

Nach der zuletzt genannten Bestimmung des § 48 Abs. 5 LDG 1984 hängt der Entfall des Anspruches auf eine Mehrdienstleistungsvergütung davon ab, daß der von der regelmäßigen Unterrichtserteilung befreite Leiter der Volksschule diese Mehrdienstleistungen auf Grund der in dieser Bestimmung normierten Verpflichtung erbringt. Beruht die Leistungserbringung hingegen nicht auf dieser Verpflichtung, so steht ihm unter den Voraussetzungen des § 61 Abs. 1 GG in Verbindung mit den zitierten Bestimmungen des LDG 1984 ein Anspruch auf Vergütung zu (vgl. dazu das schon zitierte Erkenntnis vom 27. Jänner 1986, Zl. 85/12/0082).

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hängt daher davon ab, ob der Beschwerdeführer die strittigen Mehrdienstleistungen (von denen die belangte Behörde feststellt, es habe sich dabei um Unterrichtserteilung gehandelt) auf Grund der genannten Verpflichtung des § 48 Abs. 5 LDG 1984 erbracht hat. (Die Bestimmungen der VASM tragen zur Lösung dieser Frage nichts bei.) Zur Beantwortung dieser entscheidenden Frage reichen aber die Feststellungen der belangten Behörde - auch unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der Vertretung eines "abwesenden Lehrers seiner Schule" durch deren Leiter (vgl. dazu außer den von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zitierten Erkenntnissen auch das Erkenntnis vom 5. Mai 1982, Zl. 41/80, Slg. Nr. 10.724/A) - nicht aus. Denn sie ermöglichen keine Klärung, ob der Beschwerdeführer im Sinne der eben zitierten Judikatur zumindest in mittelbarer Vertretung (vgl. dazu das Erkenntnis vom 13. April 1983, Zl. 81/09/0088) der in der Begründung des angefochtenen Bescheides genannten Lehrer, die nach seiner Behauptung im Verwaltungsverfahren an der von ihm geleiteten Schule nie (bzw. nur in einem nicht beschwerdegegenständlichen Zeitraum) tätig waren, zur Erbringung der strittigen Mehrdienstleistungen im Rahmen des Schulversuches "Tagesheimschule" verpflichtet war oder ob er diese Mehrleistung "freiwillig" erbrachte (vgl. das in einem gleichgelagerten Fall ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. April 1992, Zl. 91/12/0080).

Da der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120188.X00

Im RIS seit

16.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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