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L37209 Armenprozente Versteigerungsabgabe Wien;Norm
FAG 1985 §15 Abs3 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der T-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 23. März 1988, MDR-T 10/87, betreffend Versteigerungsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 29. Mai 1987 schrieb der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin und den anderen ehemaligen Miteigentümerinnen der Liegenschaft in W, X-Gasse, EZ 71 KG Y, als Gesamtschuldner eine Versteigerungsabgabe für die erfolgte freiwillige öffentliche Versteigerung der bezeichneten Liegenschaft in Höhe von S 90.000,-- (Bemessungsgrundlage S 4,500.000,--) zur Zahlung vor.
Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen.
Dies im wesentlichen mit der Begründung, nach der Aktenlage stehe fest, daß am 24. April 1986 die in Frage stehende Liegenschaft vom Exekutionsgericht Wien gemäß § 352 EO versteigert worden sei und das Meistbot S 4,500.000,-- betragen habe. Der Einwand der Beschwerdeführerin, daß als Bemessungsgrundlage lediglich die Anteile der anderen Miteigentümer heranzuziehen wären, übersehe, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. April 1980, Zl. 3351 und 3352/79 ausgeführt habe, den wesentlichen Unterschied, der objektiv zwischen dem Verkauf eines ideellen Eigentumanteiles und jenem der gemeinschaftlichen Sache selbst gelegen sei, welcher es auch dem Miteigentümer rechtlich ermögliche, als Käufer der gemeinschaftlichen Sache aufzutreten. Als Ersteher der gemeinschaftlichen Sache unterscheide er sich von jedem anderen Ersteher nur dadurch, daß er den seinem früheren Miteigentumsanteil entsprechenden Teil des Kaufpreises sich selbst schulde und daher gemäß § 1454 ABGB nicht zu zahlen brauche; die proportionell dem früheren Anteil entsprechende Entlastung von der Zahlung des entsprechenden Kaufschillingsteiles betreffe nur die Erfüllung des Vertrages und die für die Höhe des Kaufschillings selbst ganz irrelevante Verteilung des Kaufpreises unter die Verkäufer (§ 843 ABGB). Der Gegenstand der Versteigerung sei die ganze Realität, sodaß bei einer freiwilligen Versteigerung die Gesamtheit der Eigentümer im Zeitpunkt der Feilbietung als Verkäufer anzusehen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, daß die Versteigerungsabgabe ausgehend von einem Betrag von S 58.593,74 und nicht von einem Betrag von S 4,500.000,-- bemessen werde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Das Beschwerdevorbringen geht zunächst dahin, daß das Meistbot nicht S 4,500.000,-- sondern in Wahrheit nur S 58.593,74 betragen habe. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Akt des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Wien als Rekursgericht. Zur Ergänzung des Sachverhaltes hätte dieser Akt beigeschafft werden müssen. Auch aus den genehmigten Versteigerungsbedingungen ergebe sich, daß für den Fall des Mitbietens einer Partei, jeweils nur die Anteile der anderen Partei zur Versteigerung gelangten, sohin keineswegs die Gesamtliegenschaft, sondern eben nur die Anteile.
Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzuzeigen.
Im Einleitungssatz der erwähnten Versteigerungsbedingungen heißt es, "die Versteigerung der Liegenschaft EZ 91 KG Y, Gerichtsbezirk Innere Stadt Wien, bestehend aus dem Grundstück Nr. nn1 Baufläche, X-Gasse in W, wird aufgrund nachstehender Versteigerungsbedingungen vorgenommen werden". Punkt 1 der Versteigerungsbedingungen bestimmt, daß Gegenstand der Versteigerung die vorbezeichnete Liegenschaft bildet. Weiters sieht Punkt 3 der Versteigerungsbedingungen vor, daß die Liegenschaft als Ganzes feilgeboten wird. Punkt 4 der Versteigerungsbedingungen, auf den sich die Beschwerdeführerin beruft, hat folgenden Wortlaut:
"Wenn die Parteien selbst als Bieter auftreten, ersteigern sie jeweils nur die Anteile der anderen Parteien. Im Interesse einer einheitlichen Versteigerungsabwicklung wird von den Feilbietern jedoch der volle Meistbetrag genannt."
Ausgehend davon, daß § 352 EO von der Vesteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft handelt, erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zweifelhaft, daß die Beschwerdeführerin (auch) aufgrund des Wortlautes des Versteigerungsediktes die GANZE Liegenschaft ersteigert hat. Daß das Gericht der Beschwerdeführerin entsprechend den Versteigerungsbedingungen nur die dieser bis zur Versteigerung noch fehlenden Miteigentumsanteile (zu einem auf diese Miteigentumsanteile bezogenen "Meistbot") zugeschlagen habe, ändert am Gegenstand der Versteigerung nichts, stellt also kein taugliches Argument gegen die Beurteilung dar, das Meistbot für die gesamte Liegenschaft habe S 4,500.000,-- betragen und unterliege im Beschwerdefall als Versteigerungserlös der Abgabe. Der Verwaltungsgerichtshof verweist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses vom 30. Juli 1992, Zl. 90/17/0412. Derart liegt aber auch kein wesentlicher Verfahrensmangel vor, wenn die Behörde den Akt des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht nicht beigeschafft hat.
Soweit die Beschwerde die mangelnde Ermächtigung des Wiener Gemeinderates zur Ausschreibung einer Abgabe von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen (Beschluß des Gemeinderates vom 26. April 1985) ins Treffen führt, weil es inhaltlich ein neues Landesgesetz sei ("mit Ausnahme seines § 2"), so wird übersehen, daß § 15 Abs. 3 Z. 4 FAG 1985 die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung Abgaben von freiwilligen Feilbietungen auszuschreiben. Die Regelung des § 7 Abs. 5 F-VG ermächtigt den Bundesgesetzgeber, die des § 8 Abs. 5 F-VG den Landesgesetzgeber, den Gemeinden das sog. "freie Beschlußrecht" zur Ausschreibung bzw. Erhebung von Abgaben zu gewähren. Im Rahmen des freien Beschlußrechtes können die Gemeinden durch sogenannte SELBSTÄNDIGE Verordnungen Steuerquellen erschließen und sie können sie nutzen (vgl. u.a. VfSlG 5359/1966).
Aufgrund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verordnungen Verhältnis Verordnung - Bescheid VwRallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1988170124.X00Im RIS seit
11.07.2001