TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/18 87/17/0138

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Veröffentlicht am 18.09.1992
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Index

L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;
L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AbgVG Vlbg 1984 §67 Abs1;
AVG §46 impl;
BAO §166;
LSchG Vlbg 1982 §20 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der Dr. FR-Gesellschaft m.b.H. in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 10. Dezember 1985, Zl. IIIa - 212/2, betreffend Landschaftsschutzabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landesabgabenamtes für Vorarlberg vom 15. Februar 1985 wurde die von der Beschwerdeführerin für die Jahre 1982 und 1983 zu entrichtende Landschaftsschutzabgabe festgesetzt, ferner die Nachzahlung eines noch nicht entrichteten Betrages sowie eines Verspätungszuschlages und eines Säumniszuschlages vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin wird u.a. ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe "praktisch" ihren gesamten Verkauf nach Kubikmeter berechnet. Die Umrechnung in Tonnen durch die Abgabenbehörde gehe von einem spezifischen Gewicht im aufgelockerten Zustand auf den Lastkraftwagen von 1,8 t/m3 Ladung aus. Die Beschwerdeführerin sei der Auffassung, daß dieser Wert bei weitem zu hoch angesetzt worden sei. Das Landeswasserbauamt berechne das spezifische Gewicht des Kubikmeters im Wasser (also vor dem Abbau) mit 1,8. Unter Berücksichtigung eines Auflockerungsfaktors von 1,3 ergebe sich ein spezifisches Gewicht der auf dem LKW befindlichen lockeren Ladung von 1,38 t/m3. Bei Annahme dieses Umrechnungswertes käme es laut Berechnung des Erstbescheides zu keinen Fehlbeständen, da der Fehlbestand laut Bescheid knapp 13 vH des Verkaufes der Jahre 1982 und 1983 ausmache. Ein entsprechender, auch nur geringfügig zu niedrig angesetzter Auflockerungsfaktor würde daher auf die aushaftende Abgabenschuld erhebliche Auswirkungen haben; bei 15 vH zu hohem spezifischen Gewicht würde sich bereits die ganze Differenz der Berechnung in Nichts auflösen. Zur Klärung der offenen Differenzen gebe es einen vergleichsweise einfachen Weg, nämlich das Abwägen eines beladenen LKWs. Es werde deshalb der Antrag gestellt einen LKW im beladenen Zustand zu wägen und dann auf diesem Weg das spezifische Gewicht festzulegen.

Zu diesem Berufungsvorbringen wurde mit Schreiben vom 1. April 1985 der Amtssachverständige um Stellungnahme ersucht. In diesem Schreiben wird eingangs festgehalten, daß mit Gutachten vom 18. April 1983 bzw. 22. März 1983 für das auf den näher bezeichneten Grundstücken abgebaute Material jeweils ein spezifisches Gewicht von 1,9 t/m3 bestimmt worden sei. In der Schlußbesprechung zur Nachschau gemäß § 63 AbgVG am 18. September 1984 sei einvernehmlich das durchschnittliche spezifische Gewicht für Kies, Sand, Überkorn und Schluff bei Baggerungen im Seebereich mit 1,8 t/m3 festgelegt worden.

Es werde nunmehr ersucht, mitzuteilen,

a) ob das in der Niederschrift vom 18. September 1984 einvernehmlich festgelegte spezifische Gewicht von 1,8 t/m3 jenes Gewicht des Kubikmeters im Wasser (also vor dem Abbau) darstelle oder ob es sich dabei um das spezifische Gewicht nach dem Abbau (also bei der Lager bzw. auf dem LKW) handle;

b) ob es notwendig erscheine, dem Antrag der Beschwerdeführerin, einen LKW im beladenen Zustand zu wägen, um das spezifische Gewicht festzustellen, stattzugeben.

Im Schreiben vom 3. Mai 1985 beantwortete der Amtssachverständige diese beiden Fragen wie folgt:

"1.

Das einvernehmlich festgelegte spezifische Gewicht von 1,8 t/m3 stellt ein Mischgewicht dar, welches sich aus folgenden Werten zusammensetzt:

1 m3 Fels ohne Porenvolumen besitzt ein spezifisches Gewicht im Mittel von 2,6 t/m3.

Bei einem mittleren Porenvolumen von 35 Volumen-Prozent ergibt sich somit ein spezifisches Gewicht von 1 m3 Kies bzw. Sand von 1,69 t/m3. Da das Wasser im Porenvolumen 0,35 t/m3 wiegt, ergibt dies ein Naßgewicht von zusammen 2,04 t/m3. Diese 2,04 t/m3 stellen das Gewicht vor dem Abbau dar.

Durch die Entfernung des Materials aus dem Wasser könnte theoretisch angenommen werden, daß sämtliches Wasser abrinnt bzw. verdunstet, sodaß das Porenvolumen nur noch mit Luft gefüllt ist. Unter Vernachlässigung des Luftgewichtes im Porenvolumen würde das spezifische Gewicht des Kubikmeters dann nur noch 1,69 t/m3 betragen. Da das gesamte Wasser allerdings nicht abrinnt und ein Rest als sogenannte Bergfeuchte verbleibt, ergibt das Mittel aus Trockengewicht und Naßgewicht:

1,69 + 2,04 = 1,865 t/m3; aufgerundet gleich 1,9 t/m3. Somit stellt der Wert 1,8 t/m3 für die Fa. bereits einen Vorteil dar.

2.

Es scheint aus Sicht des Unterzeichneten daher nicht gerechtfertigt, dem Antrag des Berufungswerbers stattzugeben. Einen LKW in beladenem Zustand zu wägen, ist somit hinfällig."

Zur Stellungnahme aufgefordert, führte die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 11. Juli 1985 dazu aus, sie habe inzwischen selbst die entsprechenden Abwägungen vorgenommen, nachdem der Sachverständige offenbar Bedenken dahingehend habe, seine theoretischen Ausführungen könnten im Widerspruch zu den empirischen Ergebnissen stehen. Dabei sei die Annahme bestätigt worden, daß die vom Sachverständigen angenommenen Werte zu hoch seien. Zwar seien die Abweichungen beim Kies noch einigermaßen vertretbar, beim Sand habe sich aber ein ganz wesentlich anderes Ergebnis gezeigt.

Möglicherweise habe der Rheinsand eine andere Zusammensetzung als sonstiger Sand. Es werde daher neuerlich und ausdrücklich noch einmal beantragt, eine Abwägung eines beladenen LKWs, jeweils mit Sand und Kies, vorzunehmen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Bescheidspruch neu gefaßt. In der Begründung wird, soweit dies für den Beschwerdefall noch von Bedeutung ist, ausgeführt, auf Grund des klaren und in sich schlüssigen Amtssachverständigengutachtens sehe die Berufungsbehörde keine Veranlassung, vom festgesetzten spezifischen Gewicht abzugehen bzw. dem Antrag auf Abwägung eines LKWs zur Bestimmung des spezifischen Gewichtes Folge zu geben.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 28. November 1986, B 114/86-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte. Mit Beschluß vom 9. März 1987, B 114/86-6, wurde vom Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäß des Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, "nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Landschaftsschutzabgabe entrichten zu müssen". Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 13 des Gesetzes über den Schutz und Pflege der Vorarlberger Landschaft (Landschaftsschutzgesetz), LGBl. Nr. 1/1982, dürfen Steinbrüche, Entnahmestellen von Schuttmaterial aller Art sowie von Sand und Kies, Lehm- und Ziegeleitongruben sowie Torfgewinnungsstätten nur mit Bewilligung der Behörde eingerichtet und betrieben werden.

§ 14 Abs. 1 leg. cit. bestimmt, daß die Bewilligung nur erteilt werden darf, wenn Interessen des Landschaftsschutzes und der Raumplanung nicht verletzt werden. Die Bewilligung kann unter Bedingungen oder Auflagen erteilt werden, wobei insbesondere auch Vorschreibungen über den Abtransport des abgebauten Materials gemacht werden können. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle darf eine Bewilligung trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes oder der Raumplanung erteilt werden, wenn die Gewinnung des Materials zur Deckung eines dringenden Bedarfes notwendig ist. In einem solchen Fall ist durch Bedingungen oder Auflagen die Verletzung der Interessen des Landschaftsschutzes in einem möglichst geringen Ausmaß zu halten.

Nach § 19 Abs. 1 leg. cit. ist zur Förderung des Landschaftsschutzes und der Landschaftspflege (§ 1 Abs. 2) nach den Bestimmungen dieses Abschnittes eine Landschaftsschutzabgabe zu erheben.

Der § 20 des Gesetzes - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/1988 - hat folgenden Wortlaut:

"§ 20

Abgabenschuldner, Ausmaß

(1) Zur Entrichtung der Landschaftsschutzabgabe ist verpflichtet, wer Steine, Sand, Kies oder Schuttmaterial aller Art in einer bewilligungspflichtigen Bodenabbauanlage (§ 13) abbaut.

(2) Die Landschaftsschutzabgabe beträgt

a)

bei Steinen 1,30 S pro t,

b)

bei Sand, Kies und Schuttmaterial aller Art 4 S pro t des abgebauten Materials.

(3) Die Landesregierung kann die im Abs. 2 genannten Beträge entsprechend den Änderungen des in Vorarlberg allgemein verwendeten Baukostenindexes zu Beginn eines Jahres jeweils neu festsetzen, wenn die Änderung des Baukostenindexes seit der letzten Festsetzung mindestens 10 v.H. beträgt. Die neuen Beträge sind auf volle Zehn-Groschenbeträge abzurunden und im Amtsblatt für das Land Vorarlberg kundzumachen."

Nach § 67 Abs. 1 AbgVG., Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 23/1984, kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bedürfen Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Im übrigen hat nach Abs. 3 die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die Beschwerdeführerin wendet sich in ihrer Verfahrensrüge dagegen, daß ihrem Antrag, eine LKW-Fuhre mit Abbaumaterial abzuwiegen, nicht stattgegeben worden sei. Da es sich hiebei um eine zentrale Frage des Verfahrens gehandelt habe, nämlich um die Umrechnung von Kubatur auf Tonage für die abgebauten Materialien, komme dem Beweisantrag selbstverständlich entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Weder aus dem Gesetz noch aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich der geringste Hinweis darauf, daß das im Material enthaltene Wasser "mitabgabepflichtig" sei. Es sei keinerlei gesetzliche Grundlage dafür erkennbar, das arithmetische Mittel zwischen Trocken- und Naßgewicht des abgebauten Materials als Ausgangsgrundlage der Abgabe anzunehmen. Abgabepflichtig sei das Material, also jene Substanz, die vom Gesetz umschrieben sei, also der Sand, der Kies, die Steine und nicht das Wasser, das sich zwischen diesen Substanzen allenfalls befinden möge. In Wahrheit ginge es also bei der Abweisung des Beweisantrages offenkundig vor allem darum, ein tatsächlich nicht gegebenes natürliches Gewicht des Materials anzunehmen. Offenkundig habe die belangte Behörde auch geirrt, wenn sie geglaubt habe, das Mittel aus dem Trocken- und dem Naßgewicht nehmen zu dürfen, denn gemeint sei offenkundig vom Gesetzgeber das Substanzgewicht, also das Gewicht des eigentlichen Materials.

Der Beschwerde ist insoweit Recht zu geben, als die Behörde - um sich einerseits der Gefahr einer (unzulässigen) "vorgreifenden" Beweiswürdigung nicht auszusetzen, andererseits dem (verfahrensökonomisch bedingten) Gebot der Zweckmäßigkeit und der Beschränkung des Beweisverfahrens auf "geeignete" Beweismittel Rechnung zu tragen - auf vom Beweisthema erfaßte Beweise nur dann verzichten darf, wenn diese von vornherein unzweifelhaft unerheblich sind, weil die Art des Beweismittels oder der Erkenntnisstand eine andere Beurteilung des Verfahrensgegenstandes mit Bestimmtheit ausschließen, oder wenn diese nach Art des Beweismittels der Beurteilung der erkennbaren oder von vornherein unzweifelhaften Gegebenheiten zufolge mit Gewißheit zur weiteren Erkenntnis nichts beizutragen vermögen; wenn die Beweise für die Erhebung der Abgabe also nicht "wesentlich" sein können (siehe z.B. das zur inhaltsgleichen Regelung der BAO ergangene hg. Erkenntnis vom 20. April 1989, Zlen. 88/16/0218, 0224).

Die von der Beschwerde geltend gemachte Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt allerdings nicht vor. Das Abwiegen eines beladenen LKWs ("jeweils mit Sand und Kies"), so wie dies von der Beschwerdeführerin im Abgabenverfahren beantragt wurde, ist nämlich zur Lösung der hier streitentscheidenden Frage kein geeignetes Beweismittel, weil mit einer derartigen, lediglich isolierten und von Zufälligkeiten abhängigen Maßnahme nicht verläßlich auf das Gewicht des "abgebauten Materials" (als Ganzes) geschlossen werden kann.

Gerade aus diesem Blickwinkel erweist sich die Beschwerde jedoch im Ergebnis als berechtigt. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 21. Dezember 1981, Zl. 17/2603/80, dargelegt hat, ist der Abgabentatbestand nicht im Abbau, sondern in der Gewinnung der abgabengegenständlichen Materialien zu erblicken, wobei die Abgabenschuld stets mit der BEENDIGUNG DES GEWINNUNGSPROZESSES entsteht (und nicht etwa erst mit der Wegbringung des abgebauten Materials von seiner Fundstelle). Bezogen auf diesen Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld und (davon ausgehend) bezogen auf das JEWEILIGE "abgebaute Material" hat es die belangte Behörde unterlassen, in der Bescheidbegründung in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen hinsichtlich des Gewichts des "abgebauten Materials" bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen wurde. So gelangte der Sachverständige in der in der Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogenen Stellungnahme vom 13. Mai 1985 zu einem Gewicht des "abgebauten Materials", ohne daß nachvollziehbar erkennbar wäre, ob der Sachverständige auf den Zeitpunkt des Abbaues oder der Beendigung des Gewinnungsprozesses (worauf es nach dem Vorgesagten ankommt - also auf ein Gewicht des Materials mit nur jenem Wasseranteil - wie er bei Beendigung des Gewinnungsprozesses dem Material an sich anhaftet) abgestellt hätte sowie weiters, ob er bei der Berechnung auf das jeweilige Material, wie es an der konkreten Abbaustelle der Lagerstätte entnommen wurde, Bedacht genommen hat oder ob seine Berechnungsmethode für den Aushub von Kies und Sand ganz allgemein Geltung beansprucht. Auch läßt die in Rede stehende Stellungnahme nicht erkennen, was unter den Begriffen der "Bergfeuchte" bzw. des "Porenvolumens" zu verstehen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof ist damit aber auch gehindert, die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Bescheides im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen des Beschwerdepunktes zu überprüfen.

Die Beschwerdeführerin macht weiters Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen des angefochtenen Bescheides dahin geltend, nach § 14 Landschaftsschutzgesetz gebe es zwei Typen von Bodenabbaubewilligungen, einmal jene Bewilligungen, die erteilt würden, weil Interessen des Landschaftsschutzes nicht verletzt würden, und zum anderen Bodenabbaubewilligungen, die trotz Verletzung von Landschaftsschutzinteressen erteilt würden, weil andere öffentliche Interessen überwögen. Der eine Fall einer Bodenabbaubewilligung stelle deshalb in der Substanz eine landschaftsschutzrechtliche "Negativbescheinigung" dar, während nur der andere Tatbestand von einem Eingriff in die Landschaft ausgehe. Ungeachtet der aus der Sicht der Landschaftsschutzbeeinträchtigung ganz unterschiedlichen Ausgangssituation würden beide Typen von Abbaubewilligungen gleich besteuert. Diese identische Besteuerung hält die Beschwerdeführerin für gleichheitswidrig, weil nach ständiger übereinstimmender Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes eine Landschaftsschutzabgabe den Ausgleich für den Eingriff in die Landschaft darstellen solle.

Es ist davon auszugehen, daß dem einfachen Gesetzgeber eine - freilich nicht unbegrenzte - rechtspolitische Gestaltungsfreiheit zukommt. Rechtspolitische Erwägungen des Gesetzgebers sind - außer im Falle eines Exzesses - nicht mit den aus dem Gleichheitsgebot ableitbaren Maßstäben zu messen. Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtskontrolle nicht zu einem Urteil in Angelegenheiten der Rechtspolitik (etwa der Finanzpolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik) berufen (vgl. u. a. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1982, VfSlg. 9583).

Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 2. Dezember 1985, VfSlg. 10713, dargelegt hat, hat der Gesetzgeber in der Wahl des Gegenstandes einer Besteuerung grundsätzlich freie Hand. Es ist eine Frage der rechtspolitischen Bewertung, ob gerade aus dem Bodenabbau Mittel für die Landschaftspflege gewonnen werden oder auch aus anderen landschaftsbeeinträchtigenden Maßnahmen. Verglichen mit anderen Maßnahmen liegt der Zweck des Bodenabbaues nicht in dem damit erreichten Zustand (und seinen Auswirkungen), sondern in der Verwertung der abgebauten Substanzen selbst.

Ausgehend von diesem Zweck des Bodenabbaues, nämlich der Verwertung der abgebauten Substanzen, und der Anknüpfung des Gesetzgebers an die abgebauten Substanzen als Besteuerungsgegenstand vermag der Verwaltungsgerichtshof aus dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles nicht zu finden, in der Festsetzung des gleichen Steuerbetrages für beide - nach § 14 Abs. 1 oder Abs. 2 Landschaftsschutzgesetz bewilligungspflichtigen - Formen des Bodenabbaues könnte eine derartige Ungleichbehandlung liegen, daß die Unterschiede im Tatsächlichen so schwerwiegend wären, um eine Gleichbehandlung unsachlich erscheinen zu lassen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Aus den oben dargelegten Gründen war jedoch der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1987170138.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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