TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/22 89/05/0236

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Veröffentlicht am 22.09.1992
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §60 Abs1 litd;
BauRallg;
VVG §1;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §10 Abs2 litc;
VVG §10 Abs2;
VVG §2 Abs1;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des S in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 13. Jänner 1989, Zl. MA 64-B 18/84, betreffend Auftrag zur Kostenvorauszahlung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 19. September 1980, wurde dem Beschwerdeführer als damaligem Eigentümer des Hauses Wien, F-Gasse 10, gemäß § 129 Abs. 2 und Abs. 4 der Bauordnung für Wien (im folgenden: BO) unter anderem der Auftrag erteilt, den Verputz der hofseitigen Schaufläche des Vordertraktes und des Seitentraktes instandsetzen zu lassen. Diese Maßnahmen seien binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides in Angriff zu nehmen und ohne unnötige Unterbrechung zu beenden. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die Bauoberbehörde für Wien mit Bescheid vom 28. August 1981 keine Folge; der Instandsetzungsauftrag ist daher rechtskräftig.

Am 29. Dezember 1982 drohte der Magistrat der Stadt Wien, MA 64, die Ersatzvornahme für den Fall an, daß der Beschwerdeführer nicht binnen einer Woche mit der Instandsetzung des Verputzes beginne und diese ohne Unterbrechungen beende.

Nachdem der Amtssachverständige des Magistrates der Stadt Wien, MA 25, die voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme - auch andere Maßnahmen betreffend - auf S 240.000,-- geschätzt hatte, erließ der Magistrat der Stadt Wien, MA 64, gemäß § 4 Abs. 2 VVG am 14. Februar 1984 den Auftrag, diese voraussichtlichen Kosten in dem genannten Ausmaß gegen nachträgliche Verrechnung vorauszuzahlen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er sich insbesondere mit wirtschaftlichen Argumenten gegen den Vorauszahlungsauftrag wandte.

Aus einem Aktenvermerk vom 6. November 1987 geht hervor, daß mit Bescheid vom 19. September 1986, MA 37/17,

F-Gasse 10/4/80, eine Abtragungsbewilligung erteilt worden sei. Da noch keine Zwangsvollstreckung erfolgte, wäre ein weiteres Ruhen des Verfahrens möglich. Dem Instandsetzungsauftrag sei nicht entsprochen worden.

Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, MA 64, vom 9. Dezember 1988 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß die Gesamtkosten nunmehr mit S 492.960,-- geschätzt worden seien. Die Erhöhung gegenüber den ursprünglich geschätzten Kosten ergebe sich aus einer Baukostenveränderung von 22,54 %, aus der Nichterfassung einer Teilfläche (Feuermauer) bei der ersten Schätzung, und aus der Tatsache, daß sich das Schadensausmaß von 25 % des Verputzes im Jahr 1984 auf nunmehr 60 % verschlechtert habe. Dazu nahm der Beschwerdeführer am 4. Jänner 1989 Stellung; der im Bescheid vom 19. September 1980 verfügte Auftrag zur Instandsetzung des Verputzes sei wirtschaftlich widersinnig, weil der Beschwerdeführer bereits über eine rechtskräftige Abbruchsbewilligung verfüge, von der er nur deshalb noch nicht Gebrauch gemacht habe, weil eine der Wohnungen des Hauses von einer sehr alten Mieterin bewohnt werde. Der Verputz sei außerdem von den Schauflächen der Fassaden restlos abgeschlagen worden, sodaß das bestehende Baugebrechen bloß in einer Konsenswidrigkeit, nicht aber in einer Gefährlichkeit bestehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 10 Abs. 2 VVG der Berufung insofern stattgegeben, als das Vollstreckungsverfahren hinsichtlich der Instandsetzung von schadhaften Fensterflügeln (laut Titelbescheid) nicht mehr aufrecht erhalten wurde; der angefochtene Bescheid wurde dahingehend abgeändert, daß die voraussichtlichen Kosten für die Instandsetzung des Verputzes der hofseitigen Schaufläche des Vordertraktes und des Seitentraktes in Höhe von S 492.960,-- zur Zahlung aufgetragen wurden. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe gegen die Höhe der voraussichtlichen Kosten, die ihm bekanntgegeben wurden, nichts vorgebracht. Die Instandhaltungspflicht des § 129 Abs. 2 BO treffe den Eigentümer bis zum erfolgten Abbruch eines Gebäudes. Durch die Baumängel würden öffentliche Interessen insofern berührt, als das aus gewöhnlichen Rothziegeln bestehende Mauerwerk zum Schutz vor Witterungseinflüssen einen Außenputz benötige.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 1989, Zl. 84/05/0035, hat der Gerichtshof klargestellt, daß im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung der Auftrag zur Kostenvorauszahlung keine "Vollstreckungsverfügung" im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG ist und daher die dort normierte Rechtsmittelbeschränkung auf einen solchen Auftrag nicht anzuwenden ist. Vielmehr sind dabei die Vorschriften des AVG anzuwenden (vgl. Erkenntnis vom 11. April 1991, Zl. 90/06/0171). Die belangte Behörde hat im Berufungsverfahren für ein entsprechendes Ermittlungsverfahren gesorgt und gemäß § 66 Abs. 4 AVG in der Sache selbst entschieden.

Zulässigerweise (§ 65 AVG) machte der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren geltend, daß er nunmehr über eine rechtskräftige Abbruchbewilligung verfüge und deshalb nichts in die Fassade "hineininvestieren" wolle (Stellungnahme vom 4. Jänner 1989). In der Beschwerde vermißt er eine Auseinandersetzung im angefochtenen Bescheid mit diesem Vorbringen.

Die Rechtsprechung, wonach die Vollstreckbarkeit eines Abbruchbescheides bei Einbringung eines entsprechenden Antrages auf Baubewilligung aufgeschoben werde (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, RZ. 995) kann nicht ohne weiteres auf den Instandsetzungsauftrag angewendet werden. Wenn die Behörde den Auftrag erteilt, das konsenslos errichtete Bauwerk zu beseitigen, so wird allein durch eine nachträgliche Bewilligung der Konsens hergestellt und damit der rechtswidrige Zustand, der zum Beseitigungsauftrag führte, beendet. Hingegen beendet die Abbruchbewilligung den rechtswidrigen Zustand, der zum Instandsetzungsauftrag führte, keineswegs. Nach wie vor besteht das öffentlichen Interessen widerstreitende Baugebrechen, welches allein dadurch, daß die Partei die Berechtigung - aber nicht die Verpflichtung - zum Abbruch erwirkt hat, nicht beseitigt wird.

Im vorliegenden Fall kann einem Aktenvermerk der Baupolizei vom 26. Juli 1990 entnommen werden, daß zum damaligen Zeitpunkt nicht nur keine Instandsetzungsarbeiten durchgeführt, sondern auch von der Abbruchbewilligung noch nicht Gebrauch gemacht wurde. Aus dem Aktenvermerk ergibt sich auch, daß die Behörde ohnehin mit der Anordnung der Ersatzvornahme bis zum Ablauf der Abbruchbewilligung zuwarten wollte.

Der Beschwerdeführer ist seiner Verpflichtung aus dem Titelbescheid nicht nachgekommen, die Ersatzvornahme wurde gemäß § 4 Abs. 1 VVG angedroht, die Paritionsfrist verstrich jedoch ungenützt. Daher liegen die Voraussetzungen eines Kostenvorauszahlungsauftrages nach § 4 Abs. 2 VVG vor; neue tatsächliche Umstände, wie etwa die Reparatur der Fenster, hat die Behörde berücksichtigt. Abbrucharbeiten, die dem Titelbescheid die faktische Grundlage entziehen würden, wurden nicht einmal begonnen, sodaß eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar ist.

Auch unter Berücksichtigung des Schonungsprinzipes gemäß § 2 Abs. 1 VVG ist der Hinweis auf die Abbruchbewilligung verfehlt. Die Durchführung einer Ersatzvornahme ist das zur Vollstreckung des Bauauftrages im Gesetz vorgesehene Mittel. Wenn es allein der Beschwerdeführer in der Hand hat, die Durchführung der Zwangsmaßnahme durch Ausübung der ihm bereits eingeräumten Berechtigung zu verhindern, kann er der Behörde nicht Unverhältnismäßigkeit in der Auswahl ihrer Mittel vorwerfen. Daß die Berufungsbehörde bei ihrer Entscheidung die Änderung der Sachlage (insbesondere, wie der Beschwerdeführer hervorhebt, die wesentliche Vergrößerung der Verputzschäden und die Verteuerung der Instandsetzungskosten) entsprechend berücksichtigt hat, wird in der Beschwerde nicht bekämpft. Tatsächlich wurden die durch den Titelbescheid gesetzten Grenzen nicht überschritten.

Als fehlend rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde nicht ausgesprochen habe, die Kosten würden "gegen nachträgliche Verrechnung" aufgetragen. Er verkennt dabei, daß dieser Ausspruch im erstinstanzlichen Bescheid erfolgte und der angefochtene Bescheid ausdrücklich die Wendung enthält, daß im übrigen die Berufung als unbegründet abgewiesen werde. Damit wurde dieser Bestandteil des erstinstanzlichen Bescheides rechtskräftig.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, wobei insbesondere auf deren Art. III Abs. 2 zu verweisen ist.

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3 Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1989050236.X00

Im RIS seit

03.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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