TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/22 92/05/0047

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Veröffentlicht am 22.09.1992
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Index

L80402 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Kärnten;
L82000 Bauordnung;
L82002 Bauordnung Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §52;
BauO Krnt 1969 §13 Abs1;
BauRallg;
OrtsbildpflegeG Krnt 1990 §6 Abs1;
OrtsbildpflegeG Krnt 1990 §6 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der prot. Firma X in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 10. Februar 1992, Zl. 8 BauR1-318/3/1991, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. Juli 1991 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung dreier Werbeanlagen im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß diese Anlagen das Ortsbild stören.

Die dagegen eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 10. Februar 1992 als unbegründet abgewiesen. Auch die Aufsichtsbehörde kam nach Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis, daß diese Werbeanlagen das Ortsbild stören.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 48/1969, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 79/1979, hat die Behörde die Baubewilligung zu erteilen, wenn dem Vorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung öffentliche Interessen, insbesondere solche der Sicherheit, der Gesundheit, der Energieersparnis, des Verkehrs, des Fremdenverkehrs sowie der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Schutzes des Ortsbildes nicht entgegenstehen.

Zufolge § 6 Abs. 1 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes 1990, LGBl. Nr. 32, bedürfen die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeanlagen, Anlagen zur Anbringung von Werbematerial sowie die sonstige Anbringung von Werbung einer Bewilligung. Die Bewilligung ist zufolge Abs. 5 dieser Gesetzesstelle zu erteilen, wenn durch das Vorhaben nach Abs. 1 das erhaltenswerte Ortsbild weder gestört oder verunstaltet noch der Schaffung eines erhaltenswerten Ortsbildes abträglich ist. Zur Sicherstellung dieser Erfordernisse kann die Bewilligung auch unter Auflagen gegeben werden.

Zunächst ist in Erwiderung auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen festzuhalten, daß diese Bestimmungen keine Interessenabwägung zwischen dem Orts- und Landschaftsschutz einerseits und wirtschaftlichen Interessen der "beteiligten Verkehrskreise", also auch der Beschwerdeführerin, vorsehen, sondern die Bewilligungsfähigkeit von Werbeanlagen davon abhängig machen, daß diese das erhaltenswerte Ortsbild weder stören oder verunstalten noch der Schaffung eines erhaltenswerten Ortsbildes abträglich sind. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin läßt sich aus den wiedergegebenen Bestimmungen ferner nicht ableiten, daß die Baubewilligung für eine Ankündigungsanlage nur dann zu versagen ist, wenn diese eine nicht mehr als bloß geringfügig anzusehende Störung des Ortsbildes verursacht, weil es eben genügt, daß eine derartige Anlage das erhaltenswerte Ortsbild stört oder verunstaltet oder der Schaffung eines erhaltenswerten Ortsbildes abträglich ist. Für die Versagung der Baubewilligung für Anlagen der in Rede stehenden Art ist auch keine ERHEBLICHE Störung des Ortsbildes erforderlich. Ob die Beschwerdeführerin mit ihrer Behauptung im Recht ist, daß eine Störung des Ortsbildes durch Werbeanlagen bei rigoroser Auslegung der zitierten Bestimmungen immer angenommen werden könnte, kann dahingestellt bleiben, weil es im Beschwerdefall lediglich darauf ankommt, ob die den Gegenstand des Bauansuchens der Beschwerdeführerin bildenden Werbeanlagen an den dafür vorgesehenen Standorten das Ortsbild stören. Die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 11. Juni 1987, Zl. 84/06/0183, BauSlg. Nr. 934, ausgesprochen hat, ist die Behörde gehalten, zu der Frage, ob eine Plakattafel das Ortsbild stört, das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, und dieses auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen.

Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das im aufsichtsbehördlichen Verfahren eingeholte Gutachten eines Sachverständigen der Abteilung Hochbau der Landesbaudirektion vom 2. Dezember 1991 berufen, in welchem im wesentlichen Nachstehendes ausgeführt worden ist:

1.) Zu dem auf der Baufläche Nr. 190 der Katastralgemeinde G befindlichen Werbeanlage:

"In der Natur befinden sich auf der an der Südausfahrt von G auf Baufläche 190 errichteten Scheune an insgesamt drei Seiten Werbeflächen der Fa. X. Auf der im Lageplan dargestellten Situierung an der Südseite dieses Objektes sind zwei Werbeflächen im Ausmaß von ca. 3,6 auf 2,6 m vorhanden, die ihre Fortsetzung durch weitere Werbeflächen im Anschluß daran auf Grundstück 367 finden. Die Scheune bildet das Ende einer bis dahin direkt an der Straße gelegenen Bebauung, die vom Ortszentrum ausgeht. Sie stellt ein einfaches, jedoch ordentlich gestaltetes Gebäude mit Mauerpfeilern und Holzverplankung dar. Durch das weitgehende und planlose Verkleiden der Wände dieses Gebäudes mit Werbeflächen, die die Gliederung desselben vollständig abdecken, verliert dieses seinen Charakter und wird dadurch in erheblichem Maß verunstaltet. Im gesamten gesehen wirkt sich die Verunstaltung dieses Gebäudes, das einen Bestandteil der Straßenbebauung darstellt, dadurch auch auf das Bild der näheren Umgebung in negativer Weise aus."

2.) Zu der auf dem Grundstück Nr. 367 der genannten Katastralgemeinde befindlichen Werbeanlage:

"Hier sind zwei Werbeflächen im Ausmaß von 6,8 auf 2,6 m und eine Werbefläche im Ausmaß von ca. 10 auf 2,6 m in etwa 10 m Entfernung vom Straßenrand parallel zu diesem aufgestellt. Sie verdecken in unschöner Weise den Blick auf dort befindliche Wohnobjekte, welche die Ortseinfahrt gestalten und werden daher als Störung des Ortsbildes empfunden."

3.) Zu der auf dem Grundstück Nr. 193/15 der genannten Katastralgemeinde befindlichen Werbeanlage:

"Diese Werbefläche ist doppelseitig und besitzt ein Ausmaß von ca. 10,5 auf 2,6 m. Sie befindet sich westlich der P-Bundesstraße vor der östlichen Ortseinfahrt nach G, steht in einem Winkel von ca. 45 Grad zu dieser und etwas unter dem Straßenniveau. Für den aus Richtung Osten kommenden Verkehrsteilnehmer bietet sich hier der erste Blick auf das Weichbild des Marktes G mit der in einigem Abstand von der Straße beginnenden Bebauung. Dieser Blick wird jedoch durch die gegenständliche Tafel unterbrochen und Teile dieser Bebauung werden durch sie abgedeckt, was als Störung des als harmonisch zu bezeichnenden Ortsbildes gewertet werden muß."

Der Gerichtshof kann der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie diese der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebrachte gutächtliche Äußerung als schlüssig und widerspruchsfrei angesehen hat und davon ausgegangen ist, daß damit die Störung des Ortsbildes durch die in Rede stehenden Werbeanlagen erwiesen sei.

Zu der in der Beschwerde vorgetragenen Kritik zu Punkt 1.) dieses Gutachtens ist zu bemerken, daß es nicht auf die Verunstaltung der im Gutachten erwähnten Scheune durch die Werbeanlage, sondern auf die Verunstaltung des Ortsbildes durch die Werbeanlage ankommt, weshalb auch dahingestellt bleiben kann, ob diese Scheune "einen schützenswerten Charakter" hat. Im übrigen aber hat der Sachverständige, wie schon erwähnt, ausdrücklich hervorgehoben, daß "durch das weitgehende und planlose Verkleiden der Wände dieses Gebäudes mit Werbeflächen, die die Gliederung desselben vollständig abdecken, dieses seinen Charakter verliert und dadurch in erheblichem Maß verunstaltet wird", wobei sich diese "Verunstaltung dieses Gebäudes, das einen Bestandteil der Straßenbebauung darstellt, dadurch auch auf das Bild der näheren Umgebung in negativer Weise auswirkt". Damit ist hinreichend dargetan, daß diese Werbeanlagen eine störende Wirkung auf das Ortsbild ausüben.

Daß im Punkt 2.) der vorstehend wiedergegebenen Äußerung des Sachverständigen keine Feststellung darüber enthalten ist, welche Wohnobjekte durch die Werbeanlage verdeckt werden, bedeutet keinen wesentlichen Mangel des Gutachtens, weil es genügt, daß, wie der Sachverständige ausdrücklich festgehalten hat, die Werbeanlagen "in unschöner Weise den Blick auf dort befindliche Wohnobjekte verdecken, welche die Ortseinfahrt gestalten und daher als Störung des Ortsbildes empfunden werden". Damit hat der Sachverständige entgegen der Kritik der Beschwerdeführerin überdies zu erkennen gegeben, warum eine Störung des Ortsbildes hervorgerufen wird, und auch die für die Beurteilung der Umgebung der Werbeanlage wesentlichen Feststellungen getroffen.

Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, bei der Beurteilung der Frage, ob ein erhaltenswertes Ortsbild gestört oder verunstaltet werde, könne es nicht auf bloß subjektive Empfindungen des Sachverständigen allein ankommen und es werde hiebei vielmehr auch auf die Üblichkeit und Akzeptanz solcher Werbeanlagen durch die Bevölkerung Bedacht zu nehmen sein, ist zu bemerken, daß die Beantwortung der Frage, ob eine Plakattafel das Ortsbild stört, nach der schon wiedergegebenen hg. Judikatur auf der Grundlage eines - schlüssigen - Sachverständigengutachtens zu erfolgen hat, welches - ebenfalls im Sinne der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1985, Zl. 85/06/0055, BauSlg. Nr. 512) - durch ein Privatgutachten zu widerlegen ist. Die Beschwerdeführerin ist den durchaus schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und kann sich daher auch nicht auf eine allfällige "Akzeptanz" der Anlagen durch die Bevölkerung berufen. Dieses Argument der Beschwerdeführerin entspricht im übrigen auch deshalb nicht dem Gesetz, weil die bereits im Jahre 1964 erfolgte Aufstellung der Werbeanlagen erst nach Erwirkung einer rechtskräftigen Baubewilligung zulässig gewesen wäre, und daher nicht ein über viele Jahre allenfalls unbeanstandeter Bestand dieser Anlagen als Begründung dafür herangezogen werden kann, daß diese das Ortsbild nicht stören.

Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, daß der Sachverständige nicht dargetan hat, welcher Befund ihn zu der Feststellung veranlaßt hat, daß das Ortsbild als "harmonisch" zu bezeichnen sei, doch ist dieser Mangel nicht so wesentlich, daß er zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen muß, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen und auch von der Beschwerdeführerin nicht dargetan worden ist, daß im Beschwerdefall nicht von einem "erhaltenswerten Ortsbild" im Sinne des § 6 Abs. 5 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes 1990 gesprochen werden kann.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides, wie schon erwähnt, ausdrücklich festgehalten, daß das Gutachten des Sachverständigen schlüssig, in sich widerspruchsfrei und auch von einem Laien nachvollziehbar die Störung des Ortsbildes dargelegt habe. Damit hat sich die belangte Behörde die Schlußfolgerungen des Sachverständigen zu eigen gemacht und jedenfalls keinen Begründungsmangel zu vertreten, welcher als wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG anzusehen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild Landschaftsbild

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050047.X00

Im RIS seit

11.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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