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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AWG 1990 §29 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, in der Beschwerdesache 1) der R, 2) des H,
3) des F und 4) des P in X, alle vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24.6.1992, Zl. BauR-010801/1-1992 Ki/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) A-Gesellschaft m.b.H. in X, 2) Stadt X, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf Grund des am 29. Juni 1990 eingelangten Bauansuchens mit Bescheid des Magistrates der Stadt X vom 3. Oktober 1991 die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Müllverbrennungsanlage auf dem Grundstück Nr. 1396/6 des Grundbuches über die Kat.Gem. P erteilt worden ist.
Der dagegen von den Beschwerdeführern als Nachbarn erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadt vom 6. April 1992 keine Folge gegeben.
Mit Bescheid der OÖ. Landesregierung vom 24. Juni 1992 wurde den gegen diesen Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellungen der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß sie durch diesen Berufungsbescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden seien.
Gegen diesen aufsichtsbehördlichen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Gemäß § 29 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, bedarf die Errichtung oder wesentliche Änderung sowie die Inbetriebnahme von
1.
Anlagen von Gebietskörperschaften zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung von gefährlichen Abfällen,
2.
Anlagen von Unternehmen, deren überwiegender Betriebszweck die Übernahme von nicht im eigenen Betrieb anfallenden gefährlichen Abfällen zur thermischen oder stofflichen Verwertung oder sonstigen Behandlung ist,
3.
Anlagen zur thermischen Verwertung oder sonstigen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen oder Altölen, ausgenommen zur stofflichen Verwertung, mit einer Jahreskapazität von mindestens 10000 Tonnen,
4.
Deponien für gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 10000 m3,
5.
Untertagedeponien für gefährliche Abfälle,
6.
Deponien für nicht gefährliche Abfälle mit einem Gesamtvolumen von mindestens 100000 m3 einer Genehmigung des Landeshauptmannes.
Diese Bestimmung ist zufolge Art. VIII Abs. 1 leg. cit. mit 1. Juli 1990 in Kraft getreten.
Zufolge der - gleichzeitig wirksam gewordenen - Verfassungsbestimmung des § 29 Abs. 13 leg. cit. ist für die Errichtung oder Änderung der in Abs. 1 genannten Anlagen eine baubehördliche Genehmigung nicht erforderlich.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, daß die belangte Behörde die den Gegenstand des vorliegenden Bauansuchens bildende Anlage als eine im Sinne des § 29 Abs. 1 leg. cit. angesehen hat, da sie nach einer Wiedergabe der Übergangsregelung des § 44 Abs. 6 leg. cit. ausdrücklich festgehalten hat, daß das in Rede stehende Verwaltungsverfahren vor dem Inkrafttreten des Abfallwirtschaftsgesetzes anhängig geworden sei, weshalb die Baubehörden für die Erteilung der Baubewilligung zuständig gewesen seien. Da der Beschwerde keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, daß die zu errichtende Müllverbrennungsanlage nicht unter § 29 Abs. 1 leg. cit. zu subsumieren ist, geht auch der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß es sich bei der in Rede stehenden Anlage um eine solche gemäß dieser Gesetzesstelle handelt.
Daraus folgt aber, daß für die Errichtung jener Müllverbrennungsanlage, welche auf Grund des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Bauansuchens vom 29. Juni 1990 baubehördlich genehmigt worden ist, nach der im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung maßgeblichen Rechtslage (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. N. F. Nr. 9315/A), auf Grund der zitierten Verfassungsbestimmung eine baubehördliche Bewilligung nicht
-
mehr - erforderlich war, weshalb das vorliegende Bauansuchen
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ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Verfassungsbestimmung - nicht mehr Gegenstand einer meritorischen Entscheidung hätte sein dürfen, sondern von der Baubehörde zurückzuweisen gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1991, Zl. 87/05/0201).
Daran vermag auch die Übergangsregelung des § 44 Abs. 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes, wonach "anhängige Genehmigungsverfahren nach den bisherigen Rechtsvorschriften zu beenden sind", nichts zu ändern, weil diese Übergangsbestimmung in einer der Weitergeltung anderer, dort genannter Rechtsvorschriften (des Bundes) gewidmeten Regelung enthalten ist, woraus aber nicht folgt, daß entgegen der erwähnten Verfassungsbestimmung auch über die - wie im Beschwerdefall - am 1. Juli 1990 bereits anhängigen Bauansuchen weiterhin nach Maßgabe der - landesrechtlichen - Bauvorschriften meritorisch zu entscheiden ist. Eine Übergangsregelung, derzufolge die bereits am 1. Juli 1990 anhängigen Bauansuchen auch weiterhin nach den Bauvorschriften der Länder zu erledigen sind, hätte ebenfalls einer Verfassungsbestimmung bedurft, sodaß auch verfassungsrechtliche Erwägungen gegen die von der belangten Behörde vertretene Ansicht über die kraft der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 6 leg. cit. gegebene Zuständigkeit der Baubehörden sprechen (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. September 1991).
Für den Beschwerdefall ergibt sich aus dieser Rechtslage, daß die Beschwerdeführer durch die Erteilung einer gar nicht erforderlichen baubehördlichen Genehmigung nicht in ihren aus den oberösterreichischen Bauvorschriften erfließenden subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt sein können, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.
Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050205.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009