Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §29 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Baumann, Mag. Heinzl und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der H-Genossenschaft in Luzern, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat) vom 18. Oktober 1988, Zl. B 30-4/87, betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 und 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Schweizer Recht mit Sitz in Luzern, die in Kärnten eine Forstwirtschaft betreibt. Die Forstdirektion des österreichischen Besitzes befindet sich in W./Kärnten.
Für die Kalenderjahre 1985 und 1986 war die Beschwerdeführerin der Ansicht, daß nach der "Isolationstheorie" eine beschränkt steuerpflichtige Land- und Forstwirtschaft einer ausländischen Genossenschaft im Inland nicht gewerbesteuerpflichtig sei.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, daß die Beschwerdeführerin in ihrer Rechtsform einer österreichischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft entspreche und im Inland mit den inländischen Einkünften gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 gewerbesteuerpflichtig sei, und erließ für das Jahr 1985 und gemäß § 200 Abs. 1 BAO für das Jahr 1986 entsprechende Bescheide betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer.
Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung und machte geltend, daß bei der Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften § 8 Abs. 2 KStG 1966 nicht anzuwenden sei. Aufgrund des objektsteuerartigen Charakters der beschränkten Steuerpflicht sei für die Qualifikation von Einkünften beschränkt Steuerpflichtiger vom Grundsatz der isolierenden Betrachtungsweise auszugehen (Isolationstheorie). Bei der Zurechnung von ausländischen Einkünften zu einer der in § 98 EStG 1972 genannten Einkunftsarten sei nur auf das Erscheinungsbild der Einkünfte im Inland zu achten, nicht auf Verhältnisse im Ausland.
Ausländische Kapitalgesellschaften müßten gewerbesteuerlich eine inländische Betriebsstätte unterhalten. § 29 BAO verstehe unter einer Betriebsstätte jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Gewerbebetriebes dient. Es sei daher für die Gewerbesteuerpflicht von ausländischen Kapitalgesellschaften erforderlich, daß sie im Inland eine als gewerblich zu qualifizierende Tätigkeit ausübten.
Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die österreichischen Lizenzeinnahmen einer ausländischen Kapitalgesellschaft nicht der Gewerbesteuer zu unterwerfen seien, da keine gewerbesteuerlich relevante Betriebsstätte bestanden habe, sei auch auf die Erzielung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft übertragbar.
Körperschaftsteuerlich erziele die Beschwerdeführerin wegen des objektiven Erscheinungsbildes der ausgeübten Tätigkeit sowie der dieser Tätigkeit zugrunde liegenden wirtschaftlichen Absicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Da das Gewerbesteuergesetz auf dem einkommensteuerlichen (körperschaftsteuerlichen) Gewerbebetriebsbegriff aufbaue, würden die Einkünfte nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Es würde den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen wiedersprechen, wenn Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger, die als nicht gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren seien, der Gewerbesteuer unterworfen würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die in Rede stehenden Bescheide ab. Nach § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 gelte die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaft mit beschränkter Haftung), der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit stets und in vollem Umfang als Gewerbetrieb. Darunter seien sowohl inländische als auch ausländische Unternehmen zu verstehen.
Der Beschwerdeführerin sei entgegenzuhalten, daß § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 zum Unterschied von der Bestimmung des § 1 Abs. 1 GewStG nicht auf die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und Körperschaftsteuergesetzes verweise, sondern selbst abschließend normiere, was unter einem Gewerbebetrieb (kraft Rechtsform) zu verstehen sei. Nach dem Gewerbesteuergesetz gäbe es keine beschränkte Steuerpflicht, welche aber Voraussetzung für die Anwendung des Grundsatzes der isolierenden Betrachtungsweise sei. Im Falle eines Gewerbebetriebes kraft Rechtsform sei die gesamte inländische Tätigkeit eines ausländischen Unternehmens, das in seiner Rechtsform einem inländischen Unternehmen der im § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 genannten Art entspreche, als ein Gewerbetrieb zu behandeln.
Unter einer Betriebsstätte nach § 29 BAO sei auch jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Gewerbetriebes kraft Rechtsform diene, zu verstehen.
Andernfalls könnten die Bestimmung des § 3 GewStG 1953 ("Die
stehenden Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbesteuer in der
Gemeinde, in der eine Betriebstätte ... unterhalten wird") und
§ 30 GewStG 1953 ("Werden Betriebstätten ... in mehreren
Gemeinden unterhalten, so ist der einheitliche Steuermeßbetrag
... zu zerlegen") auf eine von einer Kapitalgesellschaft
betriebene Land- und Forstwirtschaft keine Anwendung finden. In dem dem Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 13. November 1959, 2374/58, zugrundeliegenden Beschwerdefall habe keine Betriebsstätte im Inland vorgelegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die Nichtzuerkennung der Gewerbesteuerbefreiung für die Jahre 1985 und 1986 infolge unrichtiger Anwendung des § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Gewerbesteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 GewStG 1953 jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen.
Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 gilt als Gewerbebetrieb stets und in vollem Umfang die Tätigkeit der Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung), der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit.
Während Abs. 1 des § 1 GewStG 1953 hinsichtlich der näheren Umschreibung des Gewerbebetriebes auf das Einkommensteuergesetz verweist, ist nach Abs. 2 leg.cit. bei einer Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft nicht zu prüfen, ob ihre Tätigkeit ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellt. Selbst dann, wenn eine gewerbliche Betätigung im Sinn des Einkommensteuergesetzes nicht vorliegt, sind diese Genossenschaften gewerbesteuerlich Gewerbebetriebe (Gewerbebetrieb kraft Rechtsform).
Da die Tätigkeit dieser Gebilde stets und in vollem Umfang Gewerbetrieb ist, sind alle (inländischen) Betriebe einer solchen Gesellschaft ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Selbständigkeit als eine Einheit zu erfassen, auch wenn es sich um ausländische Gesellschaften oder Genossenschaften handelt. Es gibt bei einer solchen Gesellschaft (Genossenschaft) keine betriebsfremden Vorgänge. Sie unterliegen auch mit Nichteinkünften der Gewerbesteuer - wenn auch nicht der Körperschaftsteuer. Diese Fiktion ist unwiderlegbar (Philipp, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, TZ. 1-192, samt Rechtsprechung).
Die Beschwerdeführerin ist eine Genossenschaft nach Schweizer Recht und entspricht in ihrer Rechtsform unbestritten einer österreichischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft. Demnach unterliegt die Beschwerdeführerin mit ihren gesamten inländischen Einkünften der Gewerbesteuer (vgl. auch Philipp, aaO, Tz 1-193), vorausgesetzt, der (ausländische) Gewerbebetrieb kraft Rechtsform unterhält im Inland eine Betriebsstätte. Der Gewerbesteuer unterliegt nämlich nur jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 1 Abs. 1 erster Satz GewStG 1953; Philipp, Tz 1-3f).
Gemäß § 29 Abs. 1 BAO ist Betriebsstätte im Sinn der Abgabenvorschriften jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung eines Gewerbebetriebes dient.
Wenn die Beschwerdeführerin geltend macht, sie habe in Österreich keine Betriebsstätte, und dies im wesentlichen damit zu begründen versucht, daß bei der beschränkt steuerpflichtigen Genossenschaft im vorliegenden Fall keine Ausübung eines "Gewerbebetriebes" vorliege, übersieht sie, daß ihre Tätigkeit gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 als Gewerbebetrieb gilt. Es ist auch davon auszugehen, daß sie im Inland über feste örtliche Anlagen und Einrichtungen verfügt. Immerhin umfaßt der forstwirtschaftliche Betrieb in Österreich ca. 17.000 ha Wald, der auf mehrere Gemeinden verteilt ist. Die Forstdirektion, die von einem österreichischen Forstdirektor geleitet wird, befindet sich in W./Kärnten. Der Betrieb verfügt über Gebäude, einen Fuhrpark, Maschinen und Geräte und beschäftigt Arbeitnehmer. Daß die ausländische Beschwerdeführerin über keine inländische Betriebsstätte verfügen soll, erweist sich somit als haltlos.
In dem in der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1968, 1561/67, ging es darum, daß eine ausländische Kapitalgesellschaft über keine Anlagen oder Einrichtungen im Inland verfügte, die eine Betriebsstätte begründet hätten, abgesehen davon, daß in diesem Erkenntnis auch nicht § 29 BAO zur Diskussion stand.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, daß sich zum Betriebsstättenbegriff im vorliegenden Fall auch aus Art. 5 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen nichts anderes ergibt.
Auch kann die Beschwerdeführerin aus der sogenannten "Isolationstheorie", wonach es bei der Zurechnung der Einkünfte zu einer der im § 98 EStG 1972 genannten Einkunftsart nur auf das Erscheinungsbild der Einkünfte im Inland und nicht auf die Verhältnisse im Ausland ankomme, nichts gewinnen. Für inländische Einkünfte im Sinn des § 98 EStG 1972 gilt prinzipiell das Subsidiaritätsprinzip. Es sind demnach z.B. Einkünfte aus der Vermietung von inländischen Grundstücken oder Dividenden aus österreichischen Aktien, wenn sie im Rahmen einer inländischen Betriebsstätte erzielt werden, Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Werden allerdings derartige Einkünfte von einem ausländischen Gewerbetreibenden erzielt und können diese Einkünfte in Österreich nicht als gewerbliche Einkünfte erfaßt werden, weil der betreffende Unternehmer in Österreich weder über eine Betriebsstätte noch über einen ständigen Vertreter verfügt, so sind diese Einkünfte nicht etwa der ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen und in Österreich außer Ansatz zu lassen; sie sind dann als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. aus Kapitalvermögen zu erfassen (Isolationstheorie), weil die inländischen Verhältnisse in diesem Fall isoliert von den ausländischen zu beurteilen sind (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 98 Tz 10, und die dort angeführte Rechtsprechung).
Demnach kommt die "Isolationstheorie" erst dann zum Tragen, wenn der Unternehmer in Österreich weder über eine Betriebsstätte noch über einen ständigen Vertreter verfügt. Erst dann zählen inländische Einkünfte eines ausländischen Gewerbetriebes kraft Rechtsform nicht zu den gewerblichen Einkünften, sondern sind isoliert der entsprechenden Einkunftsart des § 98 EStG 1972 zuzuordnen.
Die behauptete Ungleichbehandlung einer ausländischen und einer inländischen Genossenschaft, die jede für sich miteinander vergleichbare Betriebe unterhalten, ist nicht gegeben. Sowohl die inländischen als auch die ausländischen Genossenschaften unterliegen mit den Einkünften aus einer inländischen Forstwirtschaft der Gewerbesteuer. Die Beschwerdegründe zielen vielmehr darauf ab, die ausländischen Genossenschaften gegenüber den inländischen durch Nichterhebung der Gewerbesteuer besser zu stellen.
Wenn die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, die Organschaft im gewerbesteuerlichen Sinn (§ 1 Abs. 2 Z. 2 zweiter Satz GewStG 1953) sei nur zwischen zwei inländischen Gewerbesteuerpflichtigen möglich, weil im ersten und im zweiten Satz des § 1 Abs. 2 Z. 2 GewStG 1953 nur inländische Unternehmen gemeint seien, dann ist dies nach dem Wortlaut und dem Zusammenhang der Bestimmung nicht begründet. Vielmehr ist der Formulierung "Ist ein solches Unternehmens dem Willen eines anderen inländischen Unternehmens derart untergeordnet," zu schließen, daß ein "solches Unternehmen" sowohl ein inländisches als auch ein ausländisches Unternehmen sein kann, während die Unterordnung ausschließlich unter ein inländisches Unternehmen vorliegen muß. Die Nennung "inländisch" wäre nämlich sinnlos, wenn in beiden Fällen nur inländische Unternehmen gemeint wären (s.a. Philipp, aaO, Tz 1-226).
Da dem angefochtenen Bescheid daher sowohl in inhaltlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht keine Rechtswidrigkeit angelastet werden kann, ist die gegenständliche Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1988140244.X00Im RIS seit
11.07.2001