Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art140 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann sowie Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Dr. X in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Wien vom 12. November 1991, Zl. 3974/91, betreffend Feststellung der zu absolvierenden Praxiszeit für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, daß die von ihm für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu absolvierende Praxiszeit fünf Jahre beträgt, abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Rechtsanwaltskammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 24. Oktober 1991 auf Feststellung, daß seine über neun Monate hinausgehende Gerichtspraxis als sonstige Tätigkeit nach § 2 Abs. 1 RAO auf die gemäß § 1 Abs. 2 lit. d RAO nachzuweisende praktische Verwendung anzurechnen sei und daß die von ihm zu absolvierende Praxiszeit, die eine Voraussetzung für die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte darstelle, fünf Jahre betrage, ab.
Der Verfassungsgerichtshof hatte mit Beschluß vom 11. Oktober 1991, Zl. B 355/91, von Amts wegen das Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides maßgeblichen § 2 Abs. 2 RAO (in der Fassung BGBl. Nr. 556/1985) eingeleitet. Der Verwaltungsgerichtshof schloß sich den in diesem Beschluß dargestellten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes an und beantragte im Zuge des Verfahrens über die ursprünglich zu Zl. 92/01/0051 protokollierte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit Beschluß vom 19. Februar 1992 die Aufhebung dieser Bestimmung (in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. Nr. 474/1990) als verfassungswidrig.
Mit Erkenntnis vom 24. Juni 1992, Zl. G 19, 20/92, erkannte der Verfassungsgerichtshof - unter Verweis auf sein Erkenntnis vom 3. März 1992, Zl. G 315/91, unter anderem, mit dem ausgesprochen worden war, daß § 2 Abs. 2 RAO in der Fassung BGBl. Nr. 556/1985 verfassungswidrig war -, daß diese Gesetzesstelle auch in der (sich von der vorangeführten Fassung nur unwesentlich unterscheidenden) Fassung BGBl. Nr. 474/1990 verfassungswidrig war (vgl. die Kundmachung BGBl. Nr. 523/1992). Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die Entscheidungsgründe der beiden angeführten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes verwiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Durch die Erklärung, daß § 2 Abs. 2 RAO in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung verfassungswidrig war, was gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG dazu führt, daß diese Gesetzesstelle im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden ist, ist dem angefochtenen Bescheid der rechtliche Boden entzogen. Die unter (inhaltlicher) Heranziehung dieser als verfassungswidrig erklärten Gesetzesstelle erfolgte Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid in dem der Anfechtung entsprechenden spruchgemäßen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010749.X00Im RIS seit
23.09.1992