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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §20 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des G in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. Mai 1992, Zl. IIb2-V-8729/12-1992, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 91/03/0292 verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. August 1991, mit dem der Beschwerdeführer wegen Übertretung der §§ 20 Abs. 2, 52 Z. 10a und 16 Abs. 2 lit. a StVO 1960 bestraft worden war, hinsichtlich der Übertretungen nach § 20 Abs. 2 und § 52 Z. 10a wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen - also hinsichtlich der Übertretung nach § 16 Abs. 2 lit. a StVO - war die Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden. Begründet wurde die Aufhebung damit, daß eine Ermittlung der näheren Umstände des Nachfahrens mit dem Gendarmeriefahrzeug erforderlich gewesen wäre, um feststellen zu können, wie es den Meldungslegern bei der ihren Angaben zufolge vom Beschwerdeführer eingehaltenen Geschwindigkeit (180 km/h) möglich gewesen sei, ihn einzuholen.
Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren die Einvernahme der Meldungsleger veranlaßt, über welche Strecke diese dem Beschwerdeführer nachgefahren seien. Während BI Z auf Grund des mittlerweile verstrichenen Zeitraumes keine konkreten Angaben mehr machen konnte, sagte RI Y aus, daß bereits auf einer Strecke von ca. 2 km vor der ersten dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung ein Nachfahren in einem gleichbleibenden Abstand erfolgt sei. Die Gesamtstrecke lasse sich somit auf ca. 7 km festlegen. Auf jeden Fall sei bei beiden angezeigten Geschwindigkeitsüberschreitungen dem Beschwerdeführer auf einer Strecke von mehreren Kilometern nachgefahren worden. Diesbezüglich sei auch auf die Ausführungen in der Anzeige zu verweisen, wonach bei der zweiten Geschwindigkeitsfeststellung auf einer Strecke von Strkm. 120 bis 125,2 dem Beschwerdeführer in einem gleichbleibenden Abstand nachgefahren worden sei. Zum Verwaltungsgerichtshoferkenntnis sei noch anzuführen, daß ein Einholen des Beschwerdeführers möglich gewesen sei, da die Meldungsleger einen Zivilstreifenwagen der Marke Audi 100 verwendet hätten. Mit diesem Fahrzeug habe eine Geschwindigkeit von mehr als 200 km/h erreicht werden können.
Mit Bescheid vom 25. Mai 1992 erkannte die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig, er habe am 1. Jänner 1990 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf der Inntalautobahn A 12 von Telfs in Richtung Imst fahrend 1.) um
15.26 Uhr bei km 120 im Gemeindegebiet von Haiming die auf Autobahnen gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit um 41 km/h und 2.)um 15.28 Uhr bei km 125,2 im Bereich des Autobahnendes in Roppen die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 67 km/h überschritten. Er habe hiedurch Übertretungen nach 1.) § 20 Abs. 2 und 2.) § 52 Z. 10a StVO 1960 begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
In der Begründung wurde ausgeführt, auf Grund des ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens (Vernehmung der Meldungsleger) stehe unzweifelhaft fest, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde, in der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe in seiner Stellungnahme zu den ergänzenden Erhebungen der belangten Behörde darauf hingewiesen, daß mit diesen Erhebungen der Sachverhalt weiterhin nicht ausreichend aufgeklärt sei, da nach wie vor keine Angaben darüber vorlägen, ob er am Fahrzeug der Meldungsleger vorbeigefahren sei, als diese gestanden seien, oder ob sich diese und wenn ja, mit welcher Geschwindigkeit, in gleicher Richtung wie der Beschwerdeführer fortbewegt hätten. Durch die Angabe der Fahrzeugtype sei keineswegs gesichert, daß dieses Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 180 km/h erreichen könne. Es gebe Fahrzeuge der Type Audi 100, die auf Grund der geringen Motorleistung weder eine Geschwindigkeit von 180 km/h, geschweige denn eine höhere Geschwindigkeit erreichten. Ungeklärt sei auch, weshalb die Meldungsleger auf der langen Strecke überhaupt keine Gelegenheit gefunden hätten, den Beschwerdeführer anzuhalten. Er habe entsprechende Beweisanträge gestellt, denen die belangte Behörde aber nicht nachgekommen sei.
Mit der Ermittlung der Nachfahrstrecke hat die belangte Behörde die im Beschwerdefall wesentlichen näheren Umstände des Nachfahrens nur zum Teil geklärt. Im hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 91/03/0292, wurde die Nachfahrstrecke denn auch nur als eines unter mehreren zu den näheren Umständen des Nachfahrens gehöriges Element angeführt. Auf Grund des Umstandes allein, daß die Meldungsleger den Beschwerdeführer bereits auf einer Strecke von ca. 2 km vor der ersten Verwaltungsübertretung nachgefahren sind, kann auf Grund der Gegebenheiten des Beschwerdefalles nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit die Frage beantwortet werden, wie es den Meldungslegern bei der ihren Angaben zufolge vom Beschwerdeführer eingehaltenen Geschwindigkeit möglich war, ihn einzuholen. Dazu wäre unter anderem auch zu klären gewesen, ob das Fahrzeug der Meldungsleger zum Zeitpunkt des Erblickens des vom Beschwerdeführer gelenkten Fahrzeuges durch die Meldungsleger bzw. zum Zeitpunkt der Aufnahme der Verfolgung bereits in Fahrt war (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1989, Zl. 89/02/0047).
Auch den Einwand des Beschwerdeführers bezüglich der Leistungsfähigkeit des Fahrzeuges der Meldungsleger durfte die belangte Behörde nicht mit einem Hinweis auf eine entsprechende Aussage des Zeugen RI Y abtun, ohne nähere Daten über dieses Fahrzeug einzuholen.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Feststellen der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992030161.X00Im RIS seit
12.06.2001