TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/23 92/03/0133

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Veröffentlicht am 23.09.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

Ärztliche PhysikatsprüfungsV 1873 §11 Z2;
Ärztliche PhysikatsprüfungsV 1873 §7 litb;
Ärztliche PhysikatsprüfungsV 1873 §9 Z2;
AVG §52 Abs1;
AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs2;
VStG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des H in E, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. April 1992, Zl. 8 V-1649/7/91, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. April 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 2. März 1990 um 20.10 Uhr an einem näher bezeichneten Ort trotz Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er sich beim Lenken eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges um 19.30 Uhr auf der Klopeiner See-Landesstraße aus Richtung Sertschach kommend in Richtung Unterburg, Gemeinde St. Kanzian, bis zur sogenannten Leitgeb-Kreuzung in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe im Verwaltungsstrafverfahren stets angegeben, daß er sich zum Zeitpunkt der Vernehmung durch die erhebenden Gendarmeriebeamten in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Schockzustand befunden und aus diesem Grund auch nicht mitbekommen habe, daß er zur Durchführung eines Alkotests aufgefordert worden sei. Die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit hätte nur durch einen Sachverständigen aus dem Gebiet der Psychiatrie geklärt werden können; die von der belangten Behörde beigezogene Sachverständige verfüge über keine spezielle Fachausbildung für Psychiatrie und Psychologie. Die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit hätte überdies nicht allein auf Grund der Aktenlage erfolgen dürfen, sondern es wäre eine persönliche Kontaktaufnahme der Sachverständigen mit dem Beschwerdeführer nötig gewesen. Die alleinige Feststellung des Meldungslegers, daß der Beschwerdeführer ansprechbar erschienen sei und über Befragen auch vernünftige Antworten gegeben habe, sei zu wenig, um festzustellen, daß keine mangelnde Zurechnungsfähigkeit vorliege, wenn weder Inhalt noch Umfang des Gespräches im einzelnen festgehalten sei (Verwaltungsgerichtshof vom 23. November 1992, Zl. 1317, 1318/72; vom 20. März 1979, Zl. 3385/78). Weder der genaue Inhalt noch der Umfang des Gespräches zwischen dem Beschwerdeführer und den Meldungslegern sei genau festgehalten worden. Das von der Amtssachverständigen erstattete Gutachten stütze sich daher auf einen mangelhaften Befund. Im Gutachten werde nicht schlüssig begründet, warum sich der Beschwerdeführer nicht in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Schockzustand befunden habe. Die zur Begründung herangezogenen Verhaltensweisen des Beschwerdeführers seien unmittelbar nach dem Unfall erfolgt; die Frage, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der behaupteten Verweigerung des Alkotests zurechnungsunfähig gewesen sei oder nicht, sei losgelöst vom unmittelbaren Verhalten nach dem Unfall zu betrachten. Unverständlich sei, wie die Amtssachverständige zur Auffassung gelangen habe können, daß der Beschwerdeführer sich geweigert hätte, mit dem Dienstwagen der Meldungsleger mitzufahren. Von der Amtssachverständigen sei für die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers weiter ins Treffen geführt worden, daß dieser auf die Aufforderung zum Alkotest gesagt haben soll, daß er keinen Test machen wolle. Eine derartige Argumentation sei nicht stichhältig, weil er ja die Verweigerung des Alkotests immer mit seiner schockbedingten Unzurechnungsfähigkeit begründet habe. Die belangte Behörde habe es auch versäumt, die von ihm nominierten Zeugen zu vernehmen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie hat in der Gegenschrift unter anderem darauf hingewiesen, daß die von ihr beigezogene medizinische Sachverständige eine Amtsärztin sei, die im Rahmen des Physikates speziell in forensischer Psychiatrie ausgebildet worden sei; diese Ausbildung sei auch mit einem mehrmonatigen Praktikum an einer psychiatrischen Krankenanstalt verbunden gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 7 lit. b der Physikatsprüfungsverordnung ist als Voraussetzung für die Zulassung zur Physikatsprüfung der Nachweis psychiatrischer Kenntnisse erforderlich. Nach § 9 Z. 2 leg. cit. zählt zu den Gegenständen der Physikatsprüfung gerichtliche Medizin mit Einschluß der forensischen Psychologie. Nach § 11 Z. 2 hat der Kandidat den Zustand eines Verletzten oder Geisteskranken zu untersuchen und das Gutachten über denselben abzufassen.

Auf Grund dieser Bestimmungen kann kein Zweifel daran bestehen, daß die von der belangten Behörde beigezogene Amtsärztin über die erforderlichen Kenntnisse verfügte, um zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verweigerung des Alkotests infolge eines Schockzustandes unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln (§ 3 Abs. 1 VStG).

Wenn der Beschwerdeführer unter Berufung auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1972, Zlen. 1317, 1318/72 und vom 20. März 1979, Zl. 3385/78, meint, die alleinige Feststellung des Meldungslegers, daß der Beschwerdeführer ansprechbar gewesen sei und über Befragen auch vernünftige Antworten gegeben habe, sei zu wenig, um festzustellen, daß keine mangelnde Zurechnungsfähigkeit vorliege, so übersieht er, daß in den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Fällen einerseits die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit alleine auf Grund von Unfallerhebungsberichten und ohne Zuziehung eines ärztlichen Sachverständigen erfolgt war und andererseits im vorliegenden Fall eine wesentlich eingehendere Schilderung des Verhaltens und der Äußerungen des Beschwerdeführers vorliegt als in den durch die genannten Verwaltungsgerichtshoferkenntnisse entschiedenen Fällen. Der medizinischen Sachverständigen standen nicht nur die Aussagen der Meldungsleger zur Verfügung, sondern unter anderem auch die Angaben jenes Arztes, den der Beschwerdeführer aufgesucht hatte und der ausgesagt hatte, daß mit Sicherheit keine Unzurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers vorlag. Warum eine persönliche Kontaktnahme zwischen dem Beschwerdeführer und der Amtsärztin hätte erfolgen sollen, begründet der Beschwerdeführer nicht. Gleiches gilt für die Behauptung, die Verhaltensweisen des Beschwerdeführers unmittelbar nach dem Unfall könnten nicht für die Beurteilung seiner Zurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Verweigerung des Alkotests herangezogen werden. Die medizinische Sachverständige hat nicht die Verweigerung des Alkotests schlechthin, sondern die von den Meldungslegern berichtete Art und Weise der Verweigerung als Indiz für die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers gewertet; darin kann eine Unschlüssigkeit ihres Gutachtens nicht erblickt werden. Wenn sie von einer Weigerung des Beschwerdeführers, mit dem Dienstwagen der Meldungsleger mitzufahren, sprach, so konnte sie sich diesbezüglich auf die Angaben der Meldungsleger stützten.

Die Vernehmung der vom Beschwerdeführer angebotenen Zeugen zur Frage der Zurechnungsfähigkeit war entbehrlich, da die Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit dem ärztlichen Sachverständigen oblag und der diesem vorliegende Sachverhalt zu einer derartigen Beurteilung ausreichend war.

Da der Beschwerdeführer dem ärztlichen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und es ihm auch nicht gelungen ist, Unschlüssigkeiten desselben nachzuweisen, durfte die belangte Behörde dieses Gutachten ihrer Entscheidung zugrundelegen.

Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Kostenausspruch stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Alkotest Verweigerung Amtssachverständiger Person Bejahung Sachverständiger Arzt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992030133.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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