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L10017 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Tirol;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Baumgartner, Dr. Leukauf, Dr. Sauberer und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der Gemeinde O, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17. September 1991, Zl. IIb1-E-644/5-1991, betreffend eisenbahnrechtliche Bewilligungen (mitbeteiligte Partei: F-GmbH), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 13. August 1990 stellte die mitbeteiligte Partei an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr das Ansuchen um Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung für die Erweiterung ihrer bestehenden Anschlußbahn (AB) des Werkes T, nämlich Verlängerung des Gleises 1 EG sowie Errichtung des davon abzweigenden Gleises 2 EG einschließlich einer Eisenbahnkreuzung in km 0,407 des Gleises 2 EG (mit dem öffentlichen R-Weg) zwecks Verlagerung weiterer Transporte von der Straße auf die Schiene im Zusammenhang mit der Kapazitätsausweitung des Betriebes. Das (neue) Gleis 2 verläuft nach den planlichen Unterlagen zunächst rund 37,5 m von der südwestlichen Grundgrenze des Firmengeländes entfernt, quert dabei den R-Weg (im Bereich der beschwerdeführenden Gemeinde), der sodann quer durch den Lagerplatz der mitbeteiligten Partei führt (hauptsächlich auf Gemeindegebiet von T), bei km 0,407 und findet nach einem Bogen von rund 90 Grad seine Fortsetzung zum Lagerplatz (Gesamtlänge Gleis 2 rund 860 m).
Mit Erlaß vom 28. Februar 1991 ermächtigte der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die belangte Behörde auf Grundlage des vorgelegten Bauentwurfes zur Erteilung der Baubewilligung, der Betriebsbewilligung usw. Die für 8. Mai 1991 anberaumte mündliche Verhandlung wurde in der Folge wegen einer geplanten Projektsänderung abgesetzt.
Mit Erlaß vom 28. Juni 1991 gab der genannte Bundesminister die Ermächtigung zur Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baubewilligung usw. für das geänderte Projekt (Verlauf des Gleises 2 nicht in rund 37,5 m, sondern in rund 97,5 m Entfernung von der südwestlichen Grundgrenze mit der Eisenbahnkreuzung R-Weg bei km 0,423, etwas südwestlicher als nach der früheren Planung).
Mit Kundmachung vom 8. August 1991 wurde von der belangten Behörde die Verhandlung mit Lokalaugenschein für
17. September 1991 (unter Anführung der zur Verhandlung stehenden Punkte) anberaumt und die Parteien geladen, ebenso die Gemeinde T und die beschwerdeführende Gemeinde, bei denen die Kundmachung auch angeschlagen wurde und die Unterlagen zur Einsicht auflagen. Die Zustellung an die beschwerdeführende Gemeinde war laut postalischem Rückschein am 13. August 1991 erfolgt und ergibt sich dies auch aus dem Einlaufstempel der beschwerdeführenden Gemeinde auf der an sie ergangenen Ausfertigung, die auch die entsprechende Zustellverfügung an sie enthält.
Am 29. August 1991 ersuchte die mitbeteiligte Partei um Durchführung des Verfahrens nach dem seinerzeitigen Projekt laut Antrag vom 13. August 1990, worauf der Bundesminister mit Erlaß vom 6. September 1991 die entsprechende Ermächtigung erteilte. Das Zurückgreifen auf das Projekt in der früheren Fassung (näheres Heranrücken an das Betriebsgelände auf 37,5 m im südwestlichen Bereich statt 97,5 m) erfolgte im Hinblick auf eine von der "Bürgerinitiative F-Werk" gegen das Vorhaben insbesondere in der beschwerdeführenden Gemeinde eingenommene ablehnende Haltung.
Bei der Verhandlung vom 17. September 1991 wurde auf diese Änderung verwiesen und das seinerzeitige Projekt verhandelt. Die Sachverständigen gaben ihre (positiven) Gutachten ab. Für die Kreuzung mit dem gerade verlaufenden R-Weg (Breite 2,90 m, uneingeschränkte Benützung für Fußgänger, laut Information der Gemeinden auch für den Kfz-Verkehr der Anrainer, gekennzeichnet als Radweg) wurde eine Sicherung mit Andreas-Kreuzen für ausreichend erachtet, wobei die mitbeteiligte Partei die Kostentragung auch hiefür übernahm. Die durch die Gleisführung betroffenen privaten Grundeigentümer, die auch den erforderlichen Grund zur Verfügung stellten, erklärten sich mit dem Projekt einverstanden. Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde gab folgende Erklärung ab:
"Grundsätzlich werden gegen das vorliegende Projekt und die hiefür erforderlichen eisenbahnrechtlichen Bewilligungen keine Einwände erhoben. Vor Baubeginn ist jedoch mit der Gemeinde über eine Verlegung des R-Weges (Grundstücksnr. 5809/2) zu verhandeln."
Sodann wurde mit dem nunmehr angefochtenen, mündlich verkündeten Bescheid vom 17. September 1991 I. gemäß §§ 35 und 36 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes (EisbG) die eisenbahnrechtliche Baubewilligung laut genehmigtem Bauentwurf mit verschiedenen Vorschreibungen, II. gemäß § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 EisbG die Betriebsbewilligung, III. die Ausnahmebewilligung vom Bauverbotsbereich und die Bewilligung nach § 39 Abs. 3 EisbG insbesondere in Ansehung der beschwerdeführenden Gemeinde erteilt und IV. die schon genannte Sicherung der Eisenbahnkreuzung (mit R-Weg) festgelegt. Punkt V. betrifft Verfahrenskosten. Die Verhandlungsschrift, in welcher der Bescheid beurkundet wurde, ist am Ende auch vom Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde eigenhändig unterzeichnet, ebenso findet sich seine eigenhändige Unterfertigung auch unter der von ihm in der Verhandlung abgegebenen Stellungnahme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich ausdrücklich "wegen Verletzung der einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechte auf ordnungsgemäße Verfahrensbeteiligung und Ermöglichung der Erhebung von Einwendungen als Partei, auf Verlegung des R-Weges, auf Erteilung beziehungsweise Verweigerung der erforderlichen Zustimmung zum Bauvorhaben sowie auf Einhaltung der örtlichen Widmungsvorschriften (Flächenwidmungsplan) nach den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes, dem Tiroler Raumordnungsgesetz iVm der Tiroler Bauordnung und dem AVG" beschwert.
Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen des § 34 EisbG 1957, BGBl. Nr. 60, in der Fassung BGBl. Nr. 305/1976, von Bedeutung:
"(2) Der Bauentwurf ist vor der Bauverhandlung durch mindestens zwei Wochen in den Gemeinden, deren örtlicher Wirkungsbereich durch die geplante Eisenbahn berührt wird, zur allgemeinen Einsicht aufzulegen. Die Behörde kann diese Frist bis auf fünf Tage abkürzen, wenn dies aus dringenden öffentlichen Interessen geboten ist.
(3) Den Dienststellen des Bundes, der Länder und Gemeinden, deren örtlicher und sachlicher Wirkungsbereich durch die geplante Eisenbahn berührt wird, ist Gelegenheit zu geben, zu dem Bauentwurf Stellung zu nehmen.
(4) Parteien im Sinne des § 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950, BGBl. Nr. 172, sind insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in den Bauverbotsbereich (§ 38) oder in den Feuerbereich (§ 40) zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich (§ 39) Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen."
Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gemeinde, es sei ihr "wohl zumindest zunächst", an späterer Stelle heißt es "offenbar", nur das Recht auf Stellungnahme nach § 34 Abs. 3 EisbG eingeräumt worden, aber nicht Parteistellung im Sinne des Abs. 4 (als Rechtsträger des öffentlichen Gutes R-Weg, wo die Eisenbahnkreuzung errichtet wird), kommt keine Berechtigung zu. Es trifft zwar zu, daß in der Zustellverfügung der Kundmachung vom 8. August 1991 die Nachbargemeinde T, in deren Bereich nach der im Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde gelegenen Eisenbahnkreuzung der R-Weg den Lagerplatz der mitbeteiligten Partei durchquert, "als Rechtsträgerin des öffentlichen Gutes, Straßen und Plätze" geladen wurde, doch ergibt sich aus der der beschwerdeführenden Gemeinde zugestellten Kundmachung, daß ihr der Bauentwurf zur Verlautbarung und öffentlichen Auflage übermittelt und sie auch zur Teilnahme an der Verhandlung eingeladen wurde, welcher Aufforderung sie auch nachkam. Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde nahm an der mündlichen Verhandlung teil und hatte ausreichend Gelegenheit, zum Projekt in jeder Richtung hin Stellung zu nehmen. Er gab auch die bereits in der Sachverhaltsdarstellung genannte Erklärung ab. Aus den Plänen und der sonstigen Aktenlage ist eindeutig zu entnehmen, daß davon ausgegangen wurde, daß die Eisenbahnkreuzung mit dem öffentlichen R-Weg den im Bereich der beschwerdeführenden Gemeinde liegenden Teil des öffentlichen Gutes betrifft. Wenn auch der Kundmachung für die Verhandlung vom 17. September 1991 das Projekt mit dem Abstand des Gleises 2 von 97,5 m im Bereich der südwestlichen Grundgrenze des Betriebes zugrunde lag und dann in der Verhandlung das seinerzeitige Vorhaben vom 13. August 1990 mit dem Abstand von bloß 37,5 m, das also weniger Grund in Anspruch nimmt, den Entscheidungsgegenstand bildete, worauf jedoch ausdrücklich auch unter Vorlage der Pläne hingewiesen wurde, so bedeutete dies keine wesentliche Änderung, da auch die Eisenbahnkreuzung nur um einige Meter näher zum Betrieb heranrückte, und waren sich dessen alle Parteien bewußt, wie die Aktenlage beweist. Dem Bürgermeister als Vertreter der beschwerdeführenden Gemeinde wäre es freigestanden, eine Vertagung der Verhandlung zu beantragen, was aber nicht geschah. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die Meinung der beschwerdeführenden Gemeinde nicht zu teilen, daß der Behörde insoweit eine Verletzung der Manuduktionspflicht anzulasten sei.
Die beschwerdeführende Gemeinde verkennt die Rechtslage, wenn sie vermeint, § 33 EisbG erfordere ihre Zustimmung zum Vorhaben. Vielmehr hat die Behörde, wenn Rechte Dritter, deren Zustimmung noch nicht vorliegt, berührt werden, eine Bauverhandlung anzuordnen, was auch erfolgte. Die Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Bewilligung setzt nicht voraus, daß alle Betroffenen dem Vorhaben zustimmen.
Nach § 54 Abs. 1 der Tiroler Gemeindeordnung 1966, LGBl. Nr. 4, vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen. Die belangte Behörde hatte daher von der Erklärung des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde auszugehen, und zwar unabhängig davon, ob er im Innenverhältnis der Gemeinde dazu berechtigt war. Er hat jedoch dem Vorhaben sowie der Erteilung der hiefür erforderlichen eisenbahnrechtlichen Bewilligungen grundsätzlich zugestimmt. Daran vermag auch der Umstand, daß er die weitere Äußerung abgab, es sei vor Baubeginn jedoch mit der Gemeinde über eine Verlegung des R-Weges zu verhandeln, nichts zu ändern. Die beschwerdeführende Gemeinde übersieht, daß das Gesetz ein Recht auf "Verhandlungen über eine Verlegung des Weges" nicht kennt. Einer besonderen Absprache darüber bedurfte es im angefochtenen Bescheid nicht. Des weiteren enthält selbst das Vorbringen der beschwerdeführenden Gemeinde in der Beschwerde keine konkreten Argumente dafür, worin eine Verletzung der ihr nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften zustehenden Rechte, insbesondere durch die gegenständliche Eisenbahnkreuzung, erblickt werden könne, und deshalb eine andere Trassenführung erforderlich sei. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch keine stichhaltigen Gründe hiefür aus der gesamten Aktenlage zu erkennen. Der Hinweis der beschwerdeführenden Gemeinde auf § 48 Abs. 1 EisbG erweist sich im gegebenen Zusammenhang als verfehlt.
Dem Einwand der beschwerdeführenden Gemeinde, es sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig, da die für die Gleisanlage benötigte Fläche laut Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Freiland ausgewiesen sei und auf die Einhaltung von Widmungsvorschriften nach den Tiroler Raum- bzw. Bauordnungsvorschriften ein subjektives Recht bestehe, ist entgegenzuhalten, daß für die eisenbahnrechtlichen Bewilligungen die Regelungen des Eisenbahngesetzes Anwendung finden, nicht aber landesgesetzliche Widmungsvorschriften nach der Raumordnung.
Des weiteren war die belangte Behörde entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde zufolge Erlasses des Bundesministers vom 6. September 1991 ermächtigt, ihrer Entscheidung das Vorhaben in der Version des Antrages vom 13. August 1990 zugrunde zu legen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Damit hatte ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, zu entfallen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991030350.X00Im RIS seit
17.07.2001