TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/24 92/06/0147

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Veröffentlicht am 24.09.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs1;
BauO Tir 1989 §44 Abs3 lita;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der R in I, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 4. Juni 1992, Zl. MD/Präs.Abt. II-3736/1992, betreffend Abbruchauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Beschwerdevorbringen in Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 24. März 1992 wurde der Beschwerdeführerin der Abbruch des Wohnhauses im Anwesen L-Straße 54 innerhalb von sechs Monaten aufgetragen, da für die bauliche Anlage eine Baubewilligung nicht vorliege. In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, daß sie das Gebäude im Jahr 1990 im guten Glauben erworben habe und sich erst im Zuge von Sanierungsarbeiten herausgestellt habe, daß für das Objekt keine Bewilligung bestehe. Ermittlungen der Beschwerdeführerin hätten gezeigt, daß bereits der Voreigentümer um eine Baubewilligung angesucht habe, diese aber wegen Fehlens der entsprechenden raumordnungsrechtlichen Widmung nicht hätte erteilt werden können. Die laufenden Bauarbeiten seien weder eingestellt, noch ein Abbruchverfahren eingeleitet worden. Das Gebäude sei derzeit voll erschlossen, sodaß der Antrag gestellt werde, den bekämpften Abbruchbescheid ersatzlos zu beheben, insbesondere deshalb, da die Bestrebungen im Gange seien, eine Änderung der derzeitigen Flächenwidmung herbeizuführen. In ihrer Nachbarschaft befänden sich zwei weitere Häuser, die ebenfalls im "Freiland" gelegen seien und deren angeblich konsenslose Errichtung bzw. Existenz seitens der Behörde bisher anstandslos zur Kenntnis genommen worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, da nach § 44 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung die Behörde den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen habe, wenn für die bauliche Anlage, die im Zeitpunkt der Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig gewesen sei bzw. sei, eine Baubewilligung nicht vorliege. Der Abbruchauftrag sei daher zu erlassen gewesen, unabhängig davon, ob in Zukunft der Verordnungsgeber dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Änderung des Flächenwidmungsplanes für die betroffene Liegenschaft nachkomme, da die Bestimmung des § 44 Abs. 3 TBO einzig und allein auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Baubewilligungsbescheides abstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten insofern verletzt, als ein Abbruchauftrag nur soweit erteilt werden dürfe, als für die bauliche Anlage eine Bewilligung nicht bestehe und in diesem Zusammenhang kein ausreichendes Ermittlungsverfahren vorangegangen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Es trifft zu, daß nach § 44 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), ein Abbruchauftrag nur insoweit erteilt werden darf, als für eine bauliche Anlage eine Bewilligung nicht besteht. Richtig ist weiters, daß gemäß § 37 und § 39 Abs. 2 AVG die Behörde grundsätzlich von Amts wegen den für ihre Entscheidung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln und festzustellen hat. Dieser Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit die Partei jedoch nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Nach ständiger Rechtsprechung seit dem Erkenntnis Slg. Nr. 5007/A (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, unter Nr. 69 und 74 zu § 37 AVG sowie 35b und c zu § 39 AVG zitierten Erkenntnisse) ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig blieb, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitwirkte.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nun weder, daß bei der zuständigen Baubehörde keine Baubewilligung hinsichtlich des von ihr erworbenen Gebäudes aufliegt, noch daß sie im Verwaltungsverfahren nicht einmal behauptet habe, es liege ungeachtet des Fehlens entsprechender Aktenunterlagen dennoch eine Baubewilligung vor bzw. sei diese infolge des Alters des Gebäudes zu vermuten. Vielmehr hat sie sich wegen des Fehlens der Baubewilligung an die Baubehörde um entsprechende Änderung der Flächenwidmung und Erteilung der Baugenehmigung gewendet und auf die Unbilligkeit einer Nichtgenehmigung verwiesen.

Unter diesen Umständen kann es der belangten Behörde nicht als Verfahrensmangel angelastet werden, keine weiteren Erhebungen durchgeführt zu haben, ob nicht doch irgendwelche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Baubewilligung aufgefunden werden könnten. Daß der Bau bereits seit Jahrzehnten besteht, reicht für die Annahme einer vermuteten Baubewilligung ebensowenig aus wie der Umstand, daß bisher (gegen den Voreigentümer) keinerlei Bauaufträge zur Entfernung des Gebäudes erlassen worden sind. Zeigt doch die Erfahrung immer wieder, daß die Konsenslosigkeit eines Gebäudes erst aus Anlaß einer späteren Befassung der Behörde wahrgenommen wird. Da sich bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß durch den angefochtenen Bescheid Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt wurden, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060147.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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