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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden SenatspräsidentMag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Mai 1991, Zl. 03-12 We 74-91/1, betreffend Versagung der Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Mai 1989 war das Ansuchen des Beschwerdeführers um Widmung des Grundstückes Nr. 541/9, KG A, als nicht dem Gesetz entsprechend (kein direkter Anschluß zum öffentlichen Weg) abgewiesen worden. Dieser Bescheid erwuchs mangels Einbringung eines Rechtsmittels in Rechtskraft.
Da sich - jedenfalls nach Ansicht des Beschwerdeführers - bei Überprüfung der Grenzen und des Teilungsplanes in der Folge herausstellte, daß entgegen der Annahme der Gemeinde, wonach das genannte Grundstück nicht an den öffentlichen Weg angrenze, sehr wohl ein direkter Anschluß zum öffentlichen Weg gegeben sei, brachte der Beschwerdeführer nach Einholung einer Auskunft der Stmk. Landesregierung am 23. November 1989 ein neuerliches Widmungsansuchen bei der Baubehörde ein. Die Überprüfung des seinerzeitigen Abweisungsbescheides habe ergeben, daß neue Tatsachen zwischen Bescheiderlassung und dem Antragstellungszeitpunkt eingetreten seien, da nach genauer Prüfung der Planunerlagen gemäß einer näher bezeichneten Vermessungsurkunde eine unmittelbare Verbindung zwischen dem Grundstück Nr. 541/9 (Widmungsgrundstück), dem an die Gemeinde abgetretenen Grundstück und dem öffentlich-rechtlichen Interessentenweg sehr wohl gegeben sei. Damit sei die unmittelbare Anbindung an den öffentlich-rechtlichen Interessentenweg ausdrücklich gewährleistet. Die Behauptung eines anderen Eigentümers, daß sich zwischen den Grundstücken noch ein Streifen befinde, der in seinem Eigentum stehe, sei daher völlig auszuschließen.
Nach mehrfacher Einholung von Unterlagen wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde das neuerliche Widmungsansuchen wegen entschiedener Sache zurück, da der Beschwerdeführer nicht darzulegen vermochte, daß in den entscheidungsrelevanten Fakten nach Erlassung des Bescheides vom 8. Mai 1989 oder in der maßgeblichen Rechtslage wesentliche Änderungen eingetreten seien, die die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides ermöglichten.
Die dagegen erhobene Berufung, in der neuerlich geltend gemacht wurde, daß sich der seinerzeitige Ablehnungsbescheid als unrichtig erwiesen habe, wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 13. September 1990 als unbegründet ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde schließlich die vom Beschwerdeführer gegen den Berufungsbescheid erhobene Vorstellung als unbegründet ab.
Hiezu führte die belangte Behörde u.a. aus: Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, daß eine Überprüfung der der ursprünglichen abweisenden Entscheidung zugrundeliegenden Vermessungsurkunde in Verbindung mit den neuesten Entscheidungen zu § 24 Abs. 1 des Stmk. Landesstraßen-Verwaltungsgesetzes ergeben hätte, daß eine Verbindung des Widmungsgrundstückes zum öffentlich-rechtlichen Interessentenweg gegeben sei und damit sämtliche Voraussetzungen für eine Widmungsbewilligung vorlägen, so sei dem entgegenzuhalten, daß im Jahre 1989 die maßgebenden Erwägungen für die abweisende Entscheidung des Widmungsansuchens die mehrfach protokollarisch geäußerte Weigerung der Eigentümer des Grundstreifens zwischen dem Grundstück des Beschwerdeführers und dem öffentlichen Interessentenweg, ihre Zustimmung für die Einräumung einer Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu geben, gewesen seien. Eine Änderung des wesentlichen Sachverhaltes würde daher erst das Vorliegen der Zustimmungserklärung sämtlicher Grundeigentümer bzw. eines Mehrheitsbeschlusses dieser Eigentümer auf Einräumung der derzeitigen Dienstbarkeit bedeuten, die aber offensichtlich nicht vorliege. Eine Änderung der Rechtslage sei aber seit 1989 nicht eingetreten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugeben, daß die Argumentation der Verwaltungsbehörden an seinem Vorbringen vorbeigeht. Denn da er ausdrücklich behauptet hat, daß sich herausgestellt habe, daß das Widmungsgrundstück unmittelbar an den öffentlichen Interessentenweg anschließe, kann dagegen nicht argumentiert werden, daß nach wie vor die Zustimmung der Eigentümer des dazwischenliegenden Grundstückes fehle.
Dennoch kann dieser Begründungsmangel der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Eine entschiedene Sache, die im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG zur Zurückweisung des Anbringens führt, liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt GEÄNDERT haben. Die Rechtskraft eines Bescheides erfaßt einen Sachverhalt nicht, der sich NACH Erlassung des Bescheides geändert hat (vgl. z.B. die bei Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren, 4. Auflage, zu Nr. 4 sowie 19ff zu § 68 AVG zitierten Erkenntnisse). Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer jedoch als "Änderung des Sachverhaltes" lediglich Umstände geltend, die bereits VOR Erlassung des Bescheides vom 9. Mai 1989 vorlagen und - nach Ansicht des Beschwerdeführers - dort unrichtig beurteilt wurden. Selbst wenn Umstände, die die Unrichtigkeit dieses Bescheides dartun, erst nach Erlassung hervorgekommen wären, würde dies keine Änderung des Sachverhaltes darstellen, die einer Beurteilung als res judicata entgegenstünde, sondern lediglich unter den sonstigen Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund bilden. Einen Wiederaufnahmeantrag hat der Beschwerdeführer jedoch nicht gestellt; selbst bei großzügiger Auslegung kann sein neuerlicher Antrag auf Widmung, gestützt auf "ÄNDERUNG DES SACHVERHALTES", nicht im Sinne eines (im übrigen fristgebundenen) Wiederaufnahmeantrages umgedeutet werden.
Da der Beschwerdeführer daher in Wahrheit keinen neuen Sachverhalt geltend gemacht hat, wurde sein neuerlicher Antrag auf Erteilung der Widmungsbewilligung im Ergebnis zu Recht nach § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Da somit der angefochtene Bescheid im Ergebnis Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt hat, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Neu hervorgekommene entstandene Beweise und Tatsachen nova reperta nova producta Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991060113.X00Im RIS seit
24.09.1992