TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/24 92/06/0150

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.1992
beobachten
merken

Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1989 §43 Abs3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des A in M, BRD, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. Juni 1992, Zl. Ve1-550-1895/11 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde J, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend Untersagung der Benützung einer baulichen Anlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen der Beschwerde in Verbindung mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Juni 1991 wurde dem Beschwerdeführer die Benützung des mit Bescheid vom 16. Juni 1982 genehmigten Wohn- und Wirtschaftsgebäudes (J Nr. 110) und des mit Bescheid vom 1. Oktober 1986 bewilligten Garagengebäudes mit Flachdach nach § 43 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung untersagt. In der Begründung des Bescheides wurde u.a. ausgeführt, daß nicht nur das gesamte Wohn-, sondern auch Teile des Wirtschaftsgebäudes zu "Zweitwohnungen für Ausländer" umgebaut worden seien und es sich im gegenständlichen Fall daher nicht mehr um eine landwirtschaftliche Nutzung im Sinn des § 15 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes handle; zudem sei für die erwähnten Gebäude noch keine Benützungsbewilligung erwirkt worden. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer im wesentlichen aus, daß sich die Untersagung der Benützung gemäß § 43 Abs. 3 TBO nur dann an den Benützer der baulichen Anlage richten dürfe, wenn diese nicht vom Eigentümer benützt werde. Er selbst könne jedoch nicht als Benützer bezeichnet werden, da er nur zeitweilig als Fremdengast im Haus J Nr. 110 verweile und er das gegenständliche Gebäude bzw. Teile davon zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung schon lange nicht mehr benützt habe. Diese Berufung wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 8. November 1991 auf Grund des Sitzungsbeschlusses vom 31. Oktober 1991 als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend wurde dazu ausgeführt, daß auf Grund der angeführten Argumente in der Berufung es entweder unrichtig oder widersprüchlich sei, daß der Beschwerdeführer nicht Benützer des gegenständlichen Objektes gewesen sei, wenngleich er es bis zum 26. August 1991 unterlassen habe, seiner polizeilichen Meldepflicht nachzukommen.

In der gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen dieselben Gründe wie in der Berufung geltend und rügte darüber hinaus, daß ihm keine Gelegenheit geboten worden sei, zu den in der Berufungsentscheidung erhobenen Behauptungen hinsichtlich seiner Zahlungen nach dem Aufenthaltsabgabegesetz und seiner polizeilichen Anmeldung Stellung zu nehmen. Insgesamt sei das gemeindebehördliche Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Gemäß § 43 Abs. 3 TBO habe die Behörde u.a. dann die weitere Benützung einer baulichen Anlage zu untersagen, wenn eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt werde. Dieser Untersagungsbescheid habe sich an den Eigentümer der baulichen Anlage oder, wenn er sie nicht selbst benütze, an den Benützer zu richten. Entsprechend den Gesetzesmaterialien zur 3. Bauordnungsnovelle habe sich also die Untersagung der Benützung primär an den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten, sie dürfe nur dann, wenn der Eigentümer sie nicht selbst benütze, an den tatsächlichen Benützer gerichtet werden. Dabei sei es unerheblich, auf Grund welchen Rechtstitels der sonstige Benützer die Anlage benütze. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß für das Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie für das Garagengebäude keine Benützungsbewilligung vorliege. Dies werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Daß das Gebäude auf Grund der fehlenden Benützungsbewilligung auch nicht teilweise benützt werden dürfe, müsse daher nicht näher erörtert werden. Zur Frage, ob die Untersagung der Benützung an den richtigen Adressaten gerichtet worden sei, seien von der Vorstellungsbehörde umfangreiche Ermittlungen getätigt worden, die insgesamt zum Ergebnis geführt hätten, daß der Untersagungsbescheid zu Recht an den Beschwerdeführer gerichtet worden sei. Im Zuge des von der belangten Behörde ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei ein Mietvertrag eingeholt worden, abgeschlossen am 30. Oktober 1986 zwischen dem Eigentümer des Gebäudes als Vermieter und dem Beschwerdeführer als Mieter über das Erdgeschoß und den Keller des eingangs genannten Hauses. Danach ende das Mietverhältnis, sofern es nicht verlängert werde, am 30. April 1998. Der Mietvertrag sei dem Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs verbunden mit der Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden. Der Beschwerdeführer habe sich dahin geäußert, daß mit Nachtragsvereinbarung vom 10. Juli 1991 zu dem genannten Mietvertrag dieser insofern abgeändert worden sei, daß dem Beschwerdeführer nunmehr die alleinige Benützung zweier Räume zukomme. Hinsichtlich des Wohnraumes, der Küche und der Sanitäranlagen sei er auf die Mitbenützung mit der Familie des Hauseigentümers beschränkt. Alle sonstigen Räume stünden der ausschließlichen Nutzung des Hauseigentümers zu. Eine Ablichtung sei der belangten Behörde vorgelegt worden. Damit sei jedoch für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen. Aus der Bestimmung des § 43 Abs. 3 TBO gehe hervor, daß die Behörde zwar grundsätzlich dem Eigentümer der baulichen Anlage die Benützung zu untersagen habe, wenn er diese benütze, andernfalls habe sich der Untersagungsbescheid an den Benützer zu richten. Nach der Formulierung dieser Bestimmung könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß die Untersagung sowohl an den Eigentümer als auch an jeden weiteren Benützer gerichtet werden könne, wenn die bauliche Anlage von mehreren benützt werde. Es spreche auch nichts gegen die Erlassung mehrerer Untersagungsbescheide nebeneinander. Wenn auch im vorliegenden Fall die Benützung durch den Eigentümer nicht untersagt worden sei, sollte dieser das Objekt tatsächlich auch benützen, so könne dies dem Beschwerdeführer nicht zum Vorteil gereichen, sondern begründe lediglich die Pflicht der Gemeindebehörde, auch dem Eigentümer die Benützung zu untersagen. Für die tatsächliche Benützung des Objektes durch den Beschwerdeführer spreche darüber hinaus der Umstand, daß dieser in den Jahren 1988 und 1989 ein Ferienwohnungspauschale von insgesamt S 2.400,-- für die Jahre 1990 und 1991 von insgesamt S 2.880,-- entrichtet habe. Ein derartiges Ferienwohnungspauschale habe nach § 5 Abs. 5 des Aufenthaltsabgabegesetzes 1991, LGBl. Nr. 35, der Inhaber einer Ferienwohnung für seine Nächtigungen und für die Nächtigungen der im § 4 Abs. 1 lit. k leg. cit. genannten Personen zu entrichten. Für die Bemessung des Pauschales sei nach § 5 Abs. 5 leg. cit. u.a. die Wohnnutzfläche von Bedeutung. Aus dem Umstand, daß das Pauschale für das Jahr 1991 nicht herabgesetzt worden sei, obwohl die Nachtragsvereinbarung zum Mietvertrag das Mietrecht mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1991 flächenmäßig reduziert worden sei, müsse unweigerlich der Schluß gezogen werden, daß es sich bei der vorgelegten Nachtragsvereinbarung zum Mietvertrag um eine in Anbetracht der Verfahrenslage für den Vorstellungswerber sowie für den Vermieter notwendig bzw. zweckmäßig gewordene vordatierte Scheinvereinbarung handle. Als Indiz für die tatsächliche Benützung könne auch gewertet werden, daß der Beschwerdeführer im amtlichen Telefonbuch Tirol (ohne Innsbruck) 1991/92 auf Seite II/175 eingetragen sei. Ferner lasse sich aus dem im Vorstellungsakt enthaltenen Meldezetteln entnehmen, daß sich der Beschwerdeführer polizeilich an der Adresse des eingangs genannten Hauses angemeldet habe. Es möge zwar durchaus richtig sein, daß allein die polizeiliche Meldung nichts darüber aussage, ob eine tatsächliche Benützung des Objektes erfolge, aus der Zusammenschau aller dieser vorhin angeführten Umstände lasse sich jedoch zweifelsfrei feststellen, daß der Vorstellungswerber zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung tatsächlich Benützer des Gebäudes bzw. von Teilen desselben gewesen sei. Der Vollständigkeit halber müsse festgestellt werden, daß sich der Mietvertrag, soweit sich dessen Nachtragsvereinbarung lediglich auf Räumlichkeiten im Wohn- und Wirtschaftsgebäude, nicht aber auf die Garage bezögen, deren Benützung ebenfalls bescheidmäßig untersagt worden sei. Da der Beschwerdeführer darauf in seiner Vorstellung nicht eingegangen sei, müsse angenommen werden, daß diese auch tatsächlich mitbenützt werde. Abschließend erblicke der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs darin, daß hinsichtlich der polizeilichen Anmeldung sowie seiner Zahlungen und den nach dem Aufenthaltsabgabegesetz, worauf sich die Berufungsbehörde bei der Entscheidung bezogen habe, keine Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt worden sei. Dieser Ansicht des Beschwerdeführers möge sich die belangte Behörde nicht anschließen. Das Recht auf Gehör soll den Parteien ermöglichen, genaue Kenntnis vom Gang des Verfahrens und von den Entscheidungsgrundlagen der Behörden zu erlangen, das Recht auf Gehör werde dann verletzt, wenn die Behörde die Entscheidung auf einen Sachverhalt stütze, der der Partei nicht bekannt sei. Da die polizeiliche Meldung sowie die Zahlungen nach dem Aufenthaltsabgabegesetz durch den Vorstellungswerber selbst erfolgt seien, könne eine Verletzung des Parteiengehörs logischerweise nicht in Betracht kommen, da nicht ernstlich angenommen werden könne, daß ihm diese Umstände nicht bekannt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 43 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, (TBO) hat die Behörde, wenn eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung oder zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck benützt wird, dem Eigentümer der baulichen Anlage oder, wenn er sie nicht selbst benützt, dem Benützer die weitere Benützung der baulichen Anlage zu untersagen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nun gar nicht, daß das vorliegende Objekt ohne Benützungsbewilligung benützt wird; er vermeint lediglich, daß es nach dem Gesetzestext ausgeschlossen sei, den Auftrag zur Unterlassung der weiteren Benützung sowohl gegen den Eigentümer als auch gegen den tatsächlichen Benützer zu erlassen. Dabei übersieht er allerdings, daß nach dem offensichtlichen Gesetzeszweck der Auftrag gegen denjenigen gerichtet werden sollte, gegen den sich eine Vollstreckung sinnvollerweise richten kann und daher das Wort "wenn" als "insoweit" zu lesen ist. Wird daher eine bauliche Anlage zum Teil vom Eigentümer selbst genutzt, zum anderen Teil aber anderen - in rechtlich faßbarer Weise - überlassen, dann ist allen Benützern (einschließlich des benützenden Eigentümers) die rechtswidrige Benützung zu untersagen. Es ist daher für die Rechtmäßigkeit des Auftrages zur Unterlassung der Benützung bedeutungslos, ob der Mietvertrag zum Schein auf einige Räume eingeschränkt worden ist, da selbst nach den Behauptungen des Beschwerdeführers der eingeschränkte Mietvertrag noch einige Räume umfaßte, überdies die Mitbenützung an anderen zusammen mit dem Eigentümer.

Da sich bereits aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt, daß er durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen. Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde in der Hauptsache ist eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

Bemerkt wird allerdings, daß eine Vollstreckung des vorliegenden Auftrages während eines anhängigen Verfahrens zur Erlangung einer entsprechenden Benützungsbewilligung ebenso ausgeschlossen ist wie die Vollstreckung eines Abtragungsauftrages während eines anhängigen Verfahrens zur Erlangung einer nachträglichen Baubewilligung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060150.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten