TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/25 92/09/0223

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Veröffentlicht am 25.09.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 lita;
AuslBG §28 Abs1 Z1 litb idF 1988/231;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art140 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 92/09/0219 E 25. September 1992 92/09/0220 E 25. September 1992 92/09/0221 E 25. September 1992 92/09/0222 E 25. September 1992 92/09/0225 E 25. September 1992

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. Juli 1991, Zl. 5-212 Ro 22/5-91, betreffend Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 13. Dezember 1990 wurden über den Beschwerdeführer "als Inhaber und Verantwortlicher eines Holzschlägerungsunternehmens in S" wegen insgesamt fünf Verwaltungsübertretungen nach "§ 28 Abs. 1 Zif. 1 lit. b iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 in der Fassung vom 11.5.1988, BGBl. Nr. 231, gemäß § 28 Abs. 1 Zif. 1 leg. cit."

Geldstrafen von fünf mal 10.000 S (sechs Wochen Ersatzarrest) verhängt und dem Beschwerdeführer ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 5.000 S vorgeschrieben.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dem Grunde und der Höhe nach mit der Maßgabe bestätigt, daß

1) der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen als Arbeitgeber begangen habe,

2) die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen solche nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b in Verbindung mit § 18 lit. b AuslBG bildeten,

3) die Verhängung der Ersatzstrafe gemäß § 16 Abs. 2 erster Satz VStG 1950 zu erfolgen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Erkenntnis vom 13. Dezember 1991, G 294/91-5, hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, daß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988, verfassungswidrig war. Er hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß es im Zeitpunkt des österreichischen Vorbehaltes zu Art. 5 MRK keine Verwaltungsvorschrift gegeben habe, nach der die Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung unter (Verwaltungs-)strafe gestellt gewesen sei, weshalb der erwähnte Vorbehalt die Durchführung entsprechender Strafverfahren vor einer Verwaltungsbehörde nicht decke. Die in Prüfung gezogene Bestimmung habe zu Unrecht kein Verfahren vor einem unabhängigen Tribunal gewährleistet, das über die Stichhältigkeit einer strafrechtlichen Anklage entscheide, sie habe sich daher als verfassungswidrig erwiesen.

Da bei der Entscheidung über den vorliegenden Beschwerdefall der Verwaltungsgerichtshof § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 anzuwenden hatte, und die vorstehenden Überlegungen des Verfassungsgerichtshofes in gleicher Weise für diese Bestimmung gelten, beantragte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 20. Februar 1992 beim Verfassungsgerichtshof festzustellen, daß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG in der genannten Fassung verfassungswidrig war.

Mit seinem Erkenntnis vom 26. Juni 1992, G 40/92-5 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof mit derselben, bereits vorher wiedergegebenen Begründung festgestellt, daß § 28 Abs. 1 lit. a AuslBG in der Stammfassung sowie § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 231/1988 verfassungswidrig waren. Der vorliegende Fall ist einer der Anlaßfälle dieser Entscheidung gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des bei ihm angefochtenen Bescheides so vorzugehen, als ob die ihm zugrunde liegende Strafbestimmung schon bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Da es somit dem angefochtenen Bescheid an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt, war er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992090223.X00

Im RIS seit

25.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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