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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuslBG §12a idF 1991/684;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der Firma W GmbH in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Niederöstereich vom 20. Juli 1992, Zl. IIIe 6702 B/698 465, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Krems vom 27. April 1992, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen namentlich genannten polnischen Staatsbürger abgelehnt worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 20 Abs. 3 und 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 684/1991) keine Folge.
Zur Begründung wird nach Wiedergabe des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides und der maßgebenden Rechtslage im wesentlichen weiter ausgeführt:
Sowohl im erstinstanzlichen als auch im zweitinstanzlichen Verfahren habe der paritätisch zusammengesetzte Unterausschuß des Vermittlungsausschusses bzw. des Verwaltungsausschusses den Antrag des Beschwerdeführers nicht befürwortet bzw. sich einhellig gegen die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausgesprochen.
Im folgenden wird dann eine Arbeitsmarktvorschau des österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung wiedergegeben, nach der ein Überangebot an Arbeitskräften für 1992 zu erwarten sei. Weiters wird noch auf zwei weitere Arbeitsmarktstudien Bezug genommen.
Dann führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen weiter aus:
Angesichts dieser Prognosen und Tatsachen sei das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bei der Festsetzung der Grundsätze für die Ausländerbeschäftigungspolitik zwar nicht davon ausgegangen, daß 1992 ein absoluter Zugangsstop zum österreichischen Arbeitsmarkt für erstmals auf dem österreichischen Arbeitsmarkt auftretende ausländische Arbeitskräfte geboten sei. Allerdings sei die Anzahl der ausländischen Arbeitskräfte, die 1992 erstmals auf dem österreichischen Arbeitsmarkt auftreten dürften, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für jedes Bundesland zahlenmäßig begrenzt. Diese zahlenmäßige Begrenzung habe für Niederösterreich 3600 betragen und sei im Juni 1992 um 700 aufgestockt worden. Auf Grund der erwiesenen ungünstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes durch die nahezu ungebremste Zulassung von ausländischen Arbeitskräften in den letzten beiden Jahren müsse als Lehre für die Zukunft die Eindämmung derselben sowohl aus öffentlichen als auch aus gesamtwirtschaftlichen Interessen erfolgen. Diese Eindämmung entspreche der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgegebenen Zahl an Bewilligungen für 1992 erstmals auf dem österreichischen Arbeitsmarkt auftretende ausländische Arbeitskräfte. Diese Anzahl sei sowohl aus öffentlichen als auch gesamtwirtschaftlichen Interessen vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als gerade noch vertretbar befunden worden. Nur dadurch könne vermieden werden, daß die Höchstgrenze der Ausländerbeschäftigung gemäß § 12a AuslBG auch nur annähernd erreicht werde.
Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für jedes Bundesland freigegebene Anzahl für Erstbewilligungen reiche natürlich bei weitem nicht aus, um alle diesbezüglichen Anträge zu bewilligen. Die Arbeitsämter und Landesarbeitsämter seien daher gezwungen im Sinne des § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG Prioritäten nach gesamtwirtschaftlichen Überlegungen zu setzen.
Oberste Priorität besitze in diesem Sinne, daß der echte Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft, mit Hilfe derselben, von der Arbeitsmarktverwaltung aus dem vorhandenen Arbeitskräftepotential, das seien bei der letzten statistischen Zählung Ende Juni 1992 in Niederösterreich 23.261 vorgemerkte arbeitslose Inländer und 1429 Ausländer, abgedeckt werde. Hier werde es vor allem auf den Dienstgeber ankommen, inwieweit Bereitschaft zur Einstellung dieser vorgemerkten Arbeitslosen bestehe. Eine Fortsetzung der bisher beobachteten Entwicklung, daß der Zuwachs an Ausländern offensichtlich Beschäftigung finde, wogegen jener der Inländer per Saldo in ganz erheblichem Maße in die Arbeitslosigkeit abströme, sei sowohl gesamtwirtschaftlich als auch im öffentlichen Interesse nicht vertretbar. Die in den letzten Jahren entstandene Aufspaltung der Verdienste unter Bedingungen einer nach unten offenen Lohnskala, müsse aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten unbedingt abgelehnt werden, weil der gesellschaftliche Ertrag weit unter den gesellschaftlichen Kosten liege. Das Gesamtsteueraufkommen aus solchen Wertschöpfungen sei eindeutig niedriger als die Infrastrukturbelastung.
Auf Grund des Vorangeführten werde deutlich, daß im Sinne einer gesetzeskonformen Entscheidungspraxis nur mehr in wenigen Einzelfällen Beschäftigungsbewilligungen für neu eingereiste, noch nicht oder nur kurzfristig in Österreich beschäftigte Ausländer erteilt werden könnten.
Nach Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG führt die belangte Behörde noch aus, daß die Ausführungen des Beschwerdeführers bezüglich der Regelung über Lohnauszahlungen an seine Arbeitnehmer nicht als Beweis dafür ausreichten, daß diese auch tatsächlich erfolgt seien, sodaß kein Beweis vorliege, daß die genannte Bestimmung tatsächlich erfüllt sei. Zur Berufung sei noch darauf hinzuweisen, daß es der unternehmerischen Verantwortung obliege, den Auftragsrahmen entsprechend allen betrieblichen Möglichkeiten festzulegen. Daß § 4 Abs. 6 AuslBG zum Tragen komme, setze voraus, daß § 4 Abs. 1 und Abs. 3 AuslBG erfüllt seien. Auf die Berufungsausführungen des Beschwerdeführers in bezug auf § 4 Abs. 6 AuslBG sei daher weiter nicht einzugehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt als "Beschwerdepunkt und Beschwerdegründe" folgendes vor:
"Durch den in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde sind wir in unseren gesetzlich gewährleisteten Rechten auf rechtsrichtiger Anwendung des § 360 Abs. 1 GewO 1973, auf Freiheit der Erwerbstätigkeit gemäß Art. 6 Abs. 1 des Staatsgrundgesetzes 1867 sowie des Art. 1 des 1. Zusatzprotokolles zur Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt. Der gegenständliche Bescheid leidet an Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung von Herrn K durch eine weisungsgebundene Behörde ist, so unsere Auffassung, mit den von der Straßburger Menschenrechtskonvention erstellten Richtlinien unvereinbar, welche jedermann das Recht auf ein "faires Verhalten vor einem unabhängigen Gericht" zusichert.
Diese Konvention ist auch heimisches Verfassungsrecht und ist mittlerweile festgestellt worden, daß § 28 des AulsBG als verfassungswidrig anzusehen ist.
Damit ist jedoch die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer sanktionslos und ist deswegen auch die belangte Behörde nicht berechtigt, eine Ablehnung vorzunehmen, zumal ein Zuwiderhandeln sanktionslos wäre.
Die angefochtene Entscheidung greift auch in das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht der Freiheit der Erwerbstätigkeit ein."
Mit dem vorstehend wiedergegebenen Vorbringen macht der Beschwerdeführer in Wahrheit nahezu ausschließlich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Anwendung einer für verfassungswidrig erachteten einfach-gesetzlichen Regelung geltend.
Dem Beschwerdeführer ist von vornherein entgegenzuhalten, daß gemäß Art. 133 Z. 1 B-VG Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind. Nach Art. 144 Abs. 1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u. a. über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (vgl. auch Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0153, mit weiterer Rechtsprechung).
Der vom Beschwerdeführer im Beschwerdepunkt genannte § 360 Abs. 1 GewO enthält Regelungen über einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen bei gesetzwidriger Gewerbeausübung. Der Beschwerdeführer ist einer Darlegung, worin er die behauptete Verletzung von Rechten aus dieser Bestimmung sieht, schuldig geblieben. Eine solche Rechtsverletzung ist auch für den Verwaltungsgerichtshof in keiner Weise erkennbar.
Wenn der Beschwerdeführer letztlich noch meint, die Behörde sei deshalb nicht berechtigt, ihm die Beschäftigungsbewilligung zu verweigern, weil § 28 AuslBG (die Strafbestimmung) aufgehoben worden sei und ein Zuwiderhandeln gegen das AuslBG (Beschäftigung eines Ausländers ohne Beschäftigungsbewilligung) sanktionslos wäre, so befindet er sich im Irrtum. Die in diesem Zusammenhang vom Verfassungsgerichtshof ergangenen Aussprüche über die Verfassungswidrigkeit des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG haben die frühere Rechtslage betroffen (vgl. z.B. BGBl. Nr. 569/1992). Im übrigen ist es offenkundig, daß deshalb, weil eine Bestimmung sanktionslos ist, noch keinesfalls der vom Beschwerdeführer gezogene Schluß der Nichtanwendung dieser Bestimmung gezogen werden darf.
Da bereits auf Grund der Beschwerde erkennbar war, daß der Beschwerdeführer nicht in den von ihm begründet behaupteten Rechten verletzt sein konnte, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 VwGG abzuweisen.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse bzw. Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter RechteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090236.X00Im RIS seit
25.09.1992