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82/05 Lebensmittelrecht;Norm
Künstliche SüßstoffeV 1988;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der XY-GmbH in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 10. Dezember 1991, Zl. 360.310/8-III/B/12a/91, betreffend Zulassung eines künstlichen Süßstoffes nach dem Lebensmittelgesetz 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Spruchpunktes II wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Gesellschaft stellte mit Eingabe vom 20. Februar 1991 unter anderem den Antrag, für Eßoblaten, insbesondere "Knabber-Eßpapier" der Marke X, den Zusatz des künstlichen Süßstoffes Saccharin bescheidmäßig zuzulassen. Das vom Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz dazu eingeholte Fachgutachten vom 19. April 1991 bezeichnete es zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung als erforderlich, zusätzlich zu den sonstigen vorgeschriebenen Angaben nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1973 und der Süßstoffverordnung im Zusammenhang mit der Sachbezeichnung deutlich sicht- und lesbar die Angabe "mit künstlichem Süßstoff" anzubringen. Die beschwerdeführende Gesellschaft sprach sich dagegen aus.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid (Spruchteil II) wurde diesem Antrag gemäß § 12 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) nicht stattgegeben. In der Begründung nahm die Behörde zunächst Bezug auf die gemäß § 12 Abs. 1 LMG 1975 erlassene Verordnung über künstliche Süßstoffe, BGBl. Nr. 625/1988, die in § 2 Abs. 1 das Inverkehrbringen anderer als der dort genannten vier künstlichen Süßstoffe (darunter Saccharin) verbiete, in § 2 Abs. 2 den Zusatz dieser Süßstoffe ausschließlich bei den in § 2 Abs. 2 genannten Produkten erlaube und in § 3 Abs. 2 zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung die Deklarierung des verwendeten künstlichen Süßstoffes durch Angabe seiner Bezeichnung und des Gehaltes vorschreibe. In der Folge legte die Behörde, gestützt auf das eingeholte Fachgutachten, näher dar, aus welchen Gründen es zum Schutze der Konsumenten vor Täuschung notwendig sei - sofern es sich nicht um diätetische Dauerbackwaren für Diabetiker oder für ernährungsbedingt Übergewichtige handle -, auf den Zusatz eines künstlichen Süßstoffes durch die zusätzliche Angabe "mit künstlichem Süßstoff" im Zusammenhang mit der Sachbezeichnung deutlich hinzuweisen. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe jedoch "der Erfüllung dieser Bedingungen nicht zugestimmt", weshalb ihrem Antrag nicht Folge zu geben sei.
Gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen seinen Spruchteil II, richtet sich die vorliegende Beschwerde. Es sei im Verwaltungsverfahren nicht hervorgekommen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die beantragte Zulassung von Saccharin als Zusatzstoff im vorliegenden Fall etwa nicht gegeben wären. Die Behörde hätte daher die Zulassung bescheidmäßig aussprechen müssen. Dabei bleibe es ihr überlassen, die sachlich gerechtfertigten und rechtlich erforderlichen Bedingungen für die Verwendung des künstlichen Süßstoffes anzugeben und gleichzeitig die notwendige Deklarierung zu bestimmen. Die Zustimmung der beschwerdeführenden Gesellschaft sei hiebei nicht erforderlich; ihr Fehlen berechtige die Behörde daher auch nicht zur Versagung des Zulassungsantrages. Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde erstattet und die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 12 Abs. 1 LMG 1975 ermächtigt den nunmehr zuständigen Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz unter näher angeführten Voraussetzungen zur Zulassung von Zusatzstoffen durch Verordnung. Auf Grund dieser Ermächtigung erging die Verordnung über künstliche Süßstoffe BGBl. Nr. 625/1988.
Gemäß § 12 Abs. 2 LMG 1975 hat der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz, wenn das mit der Sicherung einer einwandfreien Nahrung und mit dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung und Täuschung vereinbar ist, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technologie auf Antrag nicht zugelassene Zusatzstoffe mit Bescheid zuzulassen, Bedingungen für ihre Verwendung anzugeben, den erforderlichen Reinheitsgrad vorzuschreiben und die erlaubten Höchstmengen oder Restmengen in Lebensmitteln oder Verzehrprodukten festzulegen und gleichzeitig zu bestimmen, ob und in welcher Weise die Verwendung dieser Zusatzstoffe zu deklarieren ist.
Wie die Begründung des angefochtenen Bescheides zeigt, hat die belangte Behörde dem Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht etwa deshalb nicht stattgegeben, weil die in Aussicht genommene Beigabe von Saccharin als solche mit der Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder mit dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung und Täuschung nicht vereinbar wäre. Als Grund für die negative Entscheidung nannte die Behörde vielmehr ausschließlich das Fehlen der Zustimmung der beschwerdeführenden Gesellschaft zu dem vom Amtssachverständigen geforderten zusätzlichen Hinweis "mit natürlichem Süßstoff" im Zusammenhang mit der Sachbezeichnung. Die belangte Behörde hat dabei die Rechtslage verkannt. Das Gesetz verlangt keineswegs die Zustimmung des Antragstellers zu einer in Aussicht genommenen Deklarierung als Voraussetzung für eine bescheidmäßige Zulassung von Zusatzstoffen. Vielmehr hat die Behörde, wie die beschwerdeführende Partei zu Recht vorbringt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Zulassung eines Zusatzstoffes bescheidmäßig auszusprechen, und ist es ihre Aufgabe, gleichzeitig zu bestimmen, ob und in welcher Weise die Verwendung dieses Zusatzstoffes zu deklarieren ist. Die Abweisung des Antrages der beschwerdeführenden Gesellschaft beruht mithin auf einer unzutreffenden Rechtsansicht.
Aus diesem Grunde ist der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde für erforderlich erachteten zusätzlichen Deklaration des beizusetzenden Süßstoffes, zumal die Beschwerde dazu keinerlei Ausführungen enthält.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992100025.X00Im RIS seit
28.09.1992