TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/29 90/08/0193

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Veröffentlicht am 29.09.1992
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §227 Abs1 Z1;
ASVG §228 Abs1 Z3;
ASVG §502 Abs1;
ASVG §502 Abs6;
ASVG §502 Abs7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D S in M, N.Y, USA, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 31. August 1990, Ma 14 - Sche 57/89, betreffend Begünstigung gemäß § 500 ff ASVG (mitbeteiligte Partei:

Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. Jänner 1989 lehnte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt die vom Beschwerdeführer beantragte begünstigte Anrechnung von Versicherungszeiten für die Zeit vom 4. März 1933 bis 31. März 1959 ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. August 1990 wies die belangte Behörde den Einspruch des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Begründend führte sie nach Zitat des § 502 ASVG im wesentlichen folgendes aus: Unbestritten sei, daß der Beschwerdeführer dem im § 500 ASVG genannten Personenkreis angehöre und am 12. März 1938 seinen Wohnsitz im Inland gehabt habe. Nach seinen eigenen Angaben habe sich der am 13. Dezember 1919 geborene Beschwerdeführer nach Beendigung der Hauptschule dem religiösen Studium an Schulen in der Tschechoslowakei (von 1934 bis 1936) und in Polen (von 1936 bis März 1939) zur Vorbereitung auf den Beruf eines Schächters gewidmet. Nach den Ereignissen des März 1938 habe der Beschwerdeführer nicht mehr nach Wien zurückkehren könne. Bei den vom Beschwerdeführer besuchten religiösen Schulen im Ausland handle es sich um keine der im § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG genannten Schultypen; der Besuch dieser Schulen könne daher nicht zur Anerkennung einer Ersatzzeit gemäß § 228 Abs. 1 Z. 3 ASVG in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG führen. § 502 Abs. 1 und 4 könne daher nicht zur Anwendung gelangen. § 502 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 4 ASVG sei nicht anwendbar, weil der Beschwerdeführer nicht in der Zeit vom 12. März 1938 bis 9. Mai 1945, sondern bereits am 13. Dezember 1934 das fünfzehnte Lebensjahr vollendet habe. Es treffe auch nicht zu, daß der Beschwerdeführer aus Gründen, auf die er keinen Einfluß gehabt habe, nicht in der Lage gewesen wäre, vor der Auswanderung Beitrags- oder Ersatzzeiten der in § 502 Abs. 6 ASVG genannten Art zu erwerben; er hätte in der Zeit, in der er nach eigenen Angaben religiöse Studien betrieben habe, um Schächter zu werden, Beitrags- oder Ersatzzeiten zurücklegen können.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sowohl die Begünstigung nach § 502 Abs. 1 ASVG als auch jene nach Abs. 4 der zitierten Vorschrift können (nur) von Personen in Anspruch genommen werden, die "vorher" (daß heißt vor den im ersten Halbsatz des § 502 Abs. 1 ASVG genannten Zeiten) in der Zeit seit dem 1. Juni 1927 Vorversicherungszeiten (Beitragszeiten gemäß § 226, Ersatzzeiten gemäß § 228 oder 229 oder Zeiten nach dem Auslandsrenten-Übernahmegesetz, BGBl. Nr. 290/1961) erworben haben. Im Beschwerdefall kommen schon nach dem Sachverhaltsvorbringen Beitragszeiten nach § 226 ASVG oder Zeiten nach dem ARÜG nicht in Betracht. Die Entscheidung über eine Begünstigung des Beschwerdeführers nach § 502 Abs. 1 bzw. Abs. 4 ASVG hängt somit davon ab, ob die geltend gemachten, in den Jahren 1934 bis 1939 gelegenen Zeiten des Schulbesuches Ersatzzeiten im Sinne des § 228 Abs. 1 Z. 3 ASVG in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG darstellen.

Nach § 228 Abs. 1 Z. 3 ASVG gelten Zeiten der im § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG angegebenen Art nach Maßgabe der entsprechend anzuwendenden Vorschriften des § 227 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 und 3 als Ersatzzeiten aus der Zeit vor dem 1. Jänner 1956 in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitragszeit liegt. Gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG gelten die Zeiten, in denen nach Vollendung des fünfzehnten Lebensjahres eine der im einzelnen angeführten inländischen Schulen besucht wurde, als Ersatzzeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitragszeit liegt. Da es sich bei den vom Beschwerdeführer besuchten Schulen jedenfalls nicht um inländische handelte (im fraglichen Zeitraum auch nicht um gemäß § 228 Abs. 1 Z. 3 letzter Satz ASVG den inländischen Schulen gleichzuhaltende Schulen), gelten die vom Beschwerdeführer zurückgelegten Zeiten des Schulbesuchs nicht als Ersatzzeiten im Sinne des § 228 Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG.

Auch die Gleichstellungsanordnung des § 502 Abs. 7 zweiter Satz ASVG kommt im Beschwerdefall nicht zum Tragen. Nach der zitierten Vorschrift sind Zeiten des Besuches einer mittleren oder höheren Schule oder einer Hochschule im Ausland zwischen dem 4. März 1933 und dem 31. März 1959 für begünstigte Personen (§ 500) den Zeiten im Sinne des § 227 Abs. 1 Z. 1 bzw. § 228 Abs. 1 Z. 3 gleichzustellen. Diese Gleichstellung tritt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur bei Vorliegen einer den ausländischen Schulzeiten nachfolgenden Beitragszeit ein (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0245, und vom 21. Jänner 1992, Zl. 90/08/0032). Nachfolgende Beitragszeiten sind im Beschwerdefall aus der Aktenlage nicht ersichtlich und wurden auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Es erübrigt sich daher auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob es sich bei den vom Beschwerdeführer besuchten Schulen dem Schultyp nach um in § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG angeführte Schulen handelt (vgl. hiezu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. November 1974, Zl. 955/74, vom 4. Juli 1980, Zl. 2377/77 und vom 21. Jänner 1992, Zl. 90/08/0032). Schon deshalb ist auch nicht auf die von der Beschwerde angestellten Erwägungen einzugehen, ob die Anknüpfung der Begünstigung an den Besuch von Schulen eines bestimmten Typs dem Gleichheitssatz entspricht.

Im Beschwerdefall ist somit davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer vor der Auswanderung weder Beitragszeiten gemäß § 226 noch Ersatzzzeiten gemäß dem § 228 und 229 zurückgelegt hatte. Zu prüfen bleibt somit lediglich, ob eine Begünstigung des Beschwerdeführers nach § 502 Abs. 6 (in Verbindung mit Abs. 1 und Abs. 4) ASVG in Betracht kommt. Dabei ist vorauszuschicken, daß die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die belangte Behörde die zitierte Vorschrift im Beschwerdefall in der im Entscheidungszeitpunkt bereits in Kraft getretenen Fassung der 48. ASVG-Novelle oder in der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung der 44. ASVG-Novelle anzuwenden hatte (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juni 1992, Zl. 90/08/0229), auf sich beruhen kann, weil die zitierte Vorschrift in beiden Fassungen die Begünstigung unter anderem an das Erfordernis anknüpft, daß der Betreffende aus Gründen, auf die er keinen Einfluß hatte, keine Beitragszeiten gemäß § 226 oder Ersatzzeiten gemäß dem § 228 oder 229 zurückgelegt hat. Der (im Jahr 1919 geborene) Beschwerdeführer führt jedoch keine Gründe an, die ihn gehindert hätten, in der Zeit vor der Auswanderung Versicherungszeiten der angeführten Art zu erwerben; solche Gründe sind auch nach der Aktenlage nicht ersichtlich. Auch eine Begünstigung nach § 502 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 und Abs. 4 ASVG kam im Beschwerdefall somit nicht in Betracht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1990080193.X00

Im RIS seit

29.09.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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