TE Vwgh Erkenntnis 1992/9/29 92/06/0112

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Veröffentlicht am 29.09.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1989 §31 Abs3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde der Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregerierung vom 24. April 1992, Zl. Ve1-550-1881/5, betreffend Abweisung eines Bauansuchens, (mitbeteiligte Partei: 1. HN, 2. TN, beide in X), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit einem am 7. November 1990 bei der beschwerdeführenden Gemeinde eingelangten Ansuchen beantragten die Mitbeteiligten als Bauwerber die Erteilung einer Baubewilligung für den Um- und Neubau eines Sporthotels auf den GP 13/2, 10, 9/1 und BP 8, KG X. Über dieses Ansuchen wurde am 21. März 1991 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Hochbausachverständige feststellte, daß das Bauvorhaben in 35 Punkten teilweise der Tiroler Bauordnung, teilweise dem Bebauungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde widerspreche. U.a. stellte er fest, daß die Baukörperlänge die jeweils zulässige Länge von maximal 25 m nicht einhalte, die zulässige Gebäudehöhe überschritten werde und die Errichtung von 5 Vollgeschoßen anstatt der zulässigen 3 Vollgeschoße beantragt werde. Weiters sei durch den geplanten Neubau eine erhebliche nachteilige Beeinträchtigung des Ortsbildes gegeben. Der Verhandlungsleiter räumte den mitbeteiligten Bauwerbern eine Frist von 6 Wochen zur entsprechenden Modifikation der eingereichten Pläne ein. Die Bauwerber erklärten, innerhalb der eingeräumten Frist modifizierte Pläne entsprechend den Beanstandungen des hochbautechnischen Sachverständigen abzugeben, verlangten aber eine schriftliche Ausfertigung zur Frage der Vollgeschoße und der traufenseitigen Wandhöhen sowie der Baukörperlängen und des Ortsbildes. Über Auftrag des Bürgermeisters erstellte Architekt Dipl. Ing. Dr. techn. G. C. am 11 April 1991 ein Gutachten hinsichtlich der Zahl der Vollgeschoße, der traufenseitigen Wandhöhen, der Baukörperlängen und des Ortsbildes. Aus diesem Gutachten geht zusammengefaßt hervor, daß die Baukörperlängen für den westlichen Baukörper rund 33 m betragen, der mittlere Baukörper eine Länge von 29 m und der östlichste Baukörper samt Verbindungstrakt eine Länge von 25,50 m aufweist. Da ein Teil der Fassade freiliege und somit sichtbar sei, müsse auf die Anzahl der Vollgeschoße jenes Geschoß angerechnet werden, dessen Deckenoberkante auch nur an einer Seite zum überwiegenden Teil mehr als 2 m über dem anschließenden Gelände liege. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß Teile des Daches für ein 1. und 2. Dachgeschoß ausgebaut werden und dabei über mehr als der Hälfte der Grundfläche dieses Geschoßes der Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut mehr als 2,70 m beträgt, sei auch das 1. Dachgeschoß als Vollgeschoß zu bewerten, weshalb sich beim gegenständlichen Objekt eine Gesamtzahl von 5 Vollgeschoßen anstatt der nach dem gültigen Bebauungsplan der Gemeinde nur 3 zulässigen Vollgeschoße ergebe. Weiters sei zumindest in drei Bereichen die traufenseitige Wandhöhe, die im Bebauungsplan mit 10,50 m festgehalten sei, beim eingereichten Projekt überschritten. Dieses Gutachten wurde den Mitbeteiligten mit Schreiben des Bürgermeisters vom 18. April 1991 einschließlich der Honorarnote des Architekten übermittelt, mit Schreiben vom 22. April 1991 haben die Mitbeteiligten das Gutachten wieder an den Bürgermeister mit dem Bemerken zurückgesandt, sie hätten keinen Auftrag zur Erstellung des Gutachtens erteilt. Sie würden entsprechend dem Bauprotokoll vom 21. März 1991 korrigierte Pläne bis zum 30. April 1991 einreichen. Am 30. April legten die mitbeteiligten Bauwerber der beschwerdeführenden Gemeinde neue Pläne mit einem Begleitschreiben vor. Diese neueingereichten Pläne wurden vom Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde neuerlich dem Architekten Dipl. Ing. Dr. techn. G. C. zur Begutachtung vorgelegt, der in seinem Gutachten vom 25. Mai 1991, eingelangt bei der beschwerdeführenden Gemeinde am 27. Mai 1991 und einem ergänzenden Gutachten vom 15. Juli 1991 feststellte, daß die modifizierten Pläne einer neuerlichen Begutachtung unterzogen wurden, die Bestimmungen des Bebauungsplanes der beschwerdeführenden Gemeinde aber nach wie vor nicht eingehalten würden. Die maximalen Baukörperlängen, im Bebauungsplan mit 25 m festgehalten, seien mehrfach übeschritten. So betrage die Fassadenlänge im Südwesten 33 m und im Nordosten mindestens 27 m. Ebenso weise der mittlere Baukörper eine Länge von 29 m auf. Die Zahl der zulässigen Vollgeschoße, die im Bebauungsplan mit drei festgehalten sei, werde nicht eingehalten, da das 1. Untergeschoß im Südwesten bzw. auch im Nordosten mehr als die Hälfte im Freien, also über dem anschließenden Gelände liege und daher als Vollgeschoß gewertet werden müsse. Außerdem sei auch das Dachgeschoß mehr als 50 % mit einer Raumhöhe von mindestens 2,30 m ausgebaut, somit seien beim gegenständlichen mindestens 5 Vollgeschoße vorhanden. Weiters sei die zukünftige Straßenbreite des M-Weges nicht berücksichtigt, damit zusammenhängend sei auch die Baufluchtlinie im Abstand von 4,00 m zum Teil nicht eingehalten. Die traufenseitigen Wandhöhen seien im Bebauungsplan mit 10,50 m festgehalten, sie seien zumindest beim geplanten Turm an der südwestlichen Seite mit 11,50 m überschritten.

Mit Bescheid vom 22. Juli 1991 wies der Bürgermeister der beschwerdeführende Gemeinde das Ansuchen der Mitbeteiligten gemäß § 31 Abs. 3 TBO wegen Widerspruch mit dem Bebauungsplan als unzulässig ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, nach Durchführung einer mündlichen Bauverhandlung am 21. März 1991, in der eine Reihe von Mängeln festgestellt worden sei, habe eine Modifizierung des Bauansuchens durch die Bauwerber dahingehend stattgefunden, daß am 30. April 1991 neue Baupläne samt Begleitschreiben vorgelegt worden seien. Diese neu vorgelegten Pläne seien vom Hochbausachverständigen überprüft worden, dessen Stellungnahme am 17. Juli 1991 der Baubehörde vorgelegt worden sei. Aufgrund dieser Begutachtung stehe fest, daß die laut Bebauungsplan zulässige Baukörperlänge von 25 m in den modifizierten Bauplänen mehrfach überschritten werde, so betrage die Fassadenlänge im Südwesten 33 m und im Nordosten mindestens 27 m. Desgleichen weise der mittlere Baukörper eine Länge von 29 m auf. Hinsichtlich des Baugrundstückes gelte eine maximale Geschoßzahl von 3 Vollgeschoßen. Diese Zahl sei jedoch in den modifizierten Bauplänen nicht eingehalten, da das erste Untergeschoß im Südwesten bzw. auch im Nordosten mehr als die Hälfte im Freien, also über dem anschließenden Gelände liege und daher als Vollgeschoß zu werten sei. Darüber hinaus sei auch das Dachgeschoß mit mehr als 50 % mit einer Raumhöhe von mindestens 2,30 m ausgebaut. Bei dem nunmehr vorgelegten Objekt seien somit 5 Vollgeschoße vorgesehen. Die zukünftige Straßenbreite des M-Weges es sei nicht berücksichtigt, da die Baufluchtlinie von 4 m zum Teil nicht eingehalten sei. Die maximal zulässige, traufenseitige Wandhöhe betrage laut Bebauungsplan 10,50 m. Diese Wandhöhe sei jedoch beim geplanten Turm an der südwestlichen Seite mit 11,50 m überschritten. Gemäß § 31 Abs. 3 TBO sei ein Bauansuchen abzuweisen, wenn sich bereits aus dem Bauansuchen ergebe, daß das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan oder örtlichen Bauvorschriften widerspreche. Die Bauwerber seien aufgrund der Bauverhandlung vom 21. März 1991 aufgefordert worden, das Bauansuchen entsprechend den Mängelfeststellungen abzuändern. Die Bauwerber seien dieser Aufforderung durch Neuvorlage von Plänen am 30. April 1991 zwar nachgekommen, jedoch sei auch mit diesen Plänen den Bestimmungen des Bebauungsplanes nicht Rechnung getragen worden. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen, wobei es sich erübrige, auf weitere, die Tiroler Bauordnung und die technischen Bauvorschriften betreffenden Mängel einzugehen.

In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid brachten die mitbeteiligten Bauwerber vor, der bekämpfte Bescheid beruhe lediglich auf dem ursprünglichen Baugutachten vom 11. April 1991, welches am 17. April 1991 bei der Gemeinde eingegangen sei. Da sich dieses naturgemäß nur auf die ursprünglich eingebrachten, noch nicht berichtigten Pläne beziehe, könne es im Hinblick auf die Abweisung des modifizierten Bauansuchens weder den Sachverhaltsfeststellungen der Erstinstanz zugrunde gelegt werden noch deren Rechtsansicht stützen. Die direkt aus dem angesprochenen Sachverständigengutachten übernommenen Abmessungen und Werte fänden weder in bezug auf die Baukörperlänge noch was den momentanen Geschoßausbau oder die Berücksichtigung der Straßenbreite betreffe, in den verbesserten Plänen eine Deckung. Wären die neueingebrachten Pläne, wie behauptet, tatsächlich einer erneuten Begutachtung unterzogen worden, so hätte bereits eine kursorische Durchsicht zweifelsfrei ergeben, daß neben den in den Bauverhandlungsniederschrift vom 21. März 1991 ausgesprochenen Mängeln auch sämtliche im Gutachten vom 11. April 1991 gerügten Punkte vollständig behoben wurden, sodaß kein Versagungsgrund vorliege.

Mit Bescheid vom 5. September 1991 wies der Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde die Berufung der Mitbeteiligten ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aufgrund des Ergebnisses der Verhandlung vom 21. März 1991 hätten die Bauwerber modifizierte Baupläne vom 30. April 1991 eingebracht. Es sei sodann ein Gutachten des Hochbausachverständigen vom 22. Mai 1991, eingelangt am 27. Mai 1991, erstattet worden, wobei es wörtlich heiße:

"Vorlage modifizierter Pläne, Stellungnahme als hochbautechnischer Sachverständiger". Und weiters "Wie von Ihnen verlangt wurden die nunmehr neuvorgelegten Pläne einer weiteren Begutachtung unterzogen". Schon aus dieser Formulierung und der zeitlichen Abfolge gehe eindeutig hervor, daß dieses Gutachten nicht auf die ursprünglichen Pläne Bezug nehme sondern selbstverständlich auf die modifizierten Baupläne. Es sei dann noch eine Ergänzung zu diesem Gutachten erfolgt. In diesem am 17. Juli 1991 bei der Gemeinde eingelangten Gutachten heiße es wörtlich, "Wie von Ihnen verlangt, wurden die vorliegenden Pläne einer weiteren Begutachtung unterzogen und die schriftliche Stellungnahme vom 22. Mai 1991 wie folgt ergänzt". Auch hier gehe also eindeutig hervor, daß sich dieses Gutachten auf das Erstgutachten vom 22. Mai 1991 beziehe und als Ergänzung zu diesem anzusehen sei. Die Bauwerber irrten daher in der Annahme, es liege kein Gutachten des Hochbausachverständigen über die modifizierten Pläne vor.

In ihrer Vorstellung gegen diesen Bescheid brachten die Bauwerber im wesentlichen vor, es sei mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 22. Juli 1991 das gegenständliche Bauansuchen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen worden. Der Bebauungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde enthalte lediglich Angaben über die Baufluchtlinie, die in der gegenständlichen Planung exakt eingehalten worden seien. Selbst wenn der M-Weg um 1 m verbreitert würde, seien die Entfernungen mit Ausnahme der Gebäudeecke in Achse I, die 28 cm in die Fluchtlinie hineinragen würde, immer noch eingehalten. Diesem Umstand könne durch Abschrägung oder Mauerversatz um 28 cm mühelos abgeholfen werden. Weitere im Verordnungswege ergangene Beschränkungen bestünden nach dem derzeit gültigen Bebauungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde nicht. Wenn im erstinstanzlichen Bescheid von Baukörperlänge die Rede sei, so sei, wenn überhaupt, die Fassadenansicht gemeint, die aus rein optischen und ästhetischen Gründen eine Gleichmäßigkeit von 25 m nach Möglichkeit nicht überschreiten solle. Es sei unrichtig, daß das erste Untergeschoß mehr als zur Hälfte über dem anschließenden Gelände liege. Zum Teil berechtigt sei die Beanstandung des Dachgeschoßausbaues mit mehr als 50 % Nutzungsfläche. Der gesetzlichen Regelung werden insofern Rechnung getragen werden, als der Dachgeschoßausbau entsprechend einer, der Vorstellung beigelegten Ergänzungsaufstellung ausgeführt werde. Zum Teil zutreffend seien auch die Feststellungen zur Überschreitung der Wandhöhe beim geplanten Turm an der Südwestseite. Die tatsächliche Überschreitung betrage jedoch nur 50 cm, es werde um die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung hiefür ersucht. Dem Bauwerber sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst immer die Möglichkeit einzuräumen, den Mängeln durch Verbesserung abzuhelfen.

Die Gemeindeaufsichtsbehörde holte die Stellungnahme der Landesbaudirektion ein, die in einem Gutachten vom 13. März 1992 ausführte, aufgrund der vorgelegten Planunterlagen könne nicht jene Beurteilung abgegeben werden, wonach die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung und den Verordnungen der Gemeinde X exakt festgestellt werden könnte. So sei der Verlauf des anschließenden Geländes vor und nach der Bauführung nicht in allen Ansichten dargestellt. Die Maße des Gebäudekomplexes seien unzureichend kodiert, der Lageplan sei völlig unzureichend in seiner Aussage. Die Angaben über Fußbodenniveaus fehlten, überdies stimmten die im Lageplan dargestellten Baukörper mit der im Grundriß dargelegten Planung nicht überall überein.

Die belangte Behörde brachte dieses Gutachten der beschwerdeführenden Gemeinde zur Kenntnis, die mit Schreiben vom 17. April 1992 dazu ausführte, der Inhalt des Gutachtens decke sich im großen und ganzen mit den Ausführungen der Entscheidung des Gemeindevorstandes.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung der mitbeteiligten Bauwerber gegen die Entscheidung des Gemeindevorstandes Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand verwiesen. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, daß für die Aufsichtsbehörde aufgrund des Gutachtens der Landesbaudirektion feststehe, daß die Gemeinde bei Beurteilung der Frage, ob das gegenständliche Projekt dem Bebauungsplan entspreche, offenbar von unzureichenden Planunterlagen ausgegangen sei. Aufgrund der Aktenlage sehe sich die Vorstellungsbehörde nicht in der Lage zu prüfen, ob die Vorstellungswerber durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten verletzt wurden. Da eine solche Rechtsverletzung jedoch nicht ausgeschlossen werden könne, sei der Vorstellung Folge zu geben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, (TBO), ist ein Bauansuchen ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich bereits aus dem Bauansuchen ergibt, daß das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan oder örtlichen Bauvorschriften nach § 20 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 widerspricht oder wenn dem Bauvorhaben eine Bausperre nach § 29 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 entgegensteht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dann, wenn ein Versagungsgrund durch eine Modifikation des Projektes beseitigt werden kann, dem Bauwerber die Möglichkeit einer solchen Modifikation einzuräumen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 1964, Slg. N.F. Nr. 6.449/A).

Wie schon der Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen ist, wurde in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 1991 in Anwesenheit der Bauwerber vom hochbautechnischen Sachverständigen ausgeführt, aus welchen Gründen die vorerst vorgelegten Baupläne nicht bewilligungsfähig seien. Detaillierte, schriftliche Ausführungen zur Frage der Anzahl der Vollgeschoße und der traufenseitigen Wandhöhen sowie der Baukörperlängen und des Ortsbildes wurden den Bauwerbern nachweislich im Gutachten des Architekten

Dip. Ing. Dr. techn. G. C. vom 11. April 1991 zur Kenntnis gebracht. In der Folge legten die Bauwerber auch mit Schreiben vom 30. April 1991 modifizierte Pläne vor. Die Gutachten des Dipl. Ing. Dr. techn. G. C. vom 22. Mai 1991, eingelangt bei der beschwerdeführenden Gemeinde am 27. Mai 1991 sowie vom 15. Juli 1991, eingelangt bei der beschwerdeführenden Gemeinde am 17. Juli 1991, bezogen sich nach ihrem Wortlaut und den angegebenen Baukörperlängen ganz eindeutig auf die modifizierten, am 30. April 1991 vorgelegten Pläne. Aus diesen Gutachten geht hervor, daß die Baukörperlängen, die im Bebauungsplan mit 25 m festgesetzt sind, mehrfach überschritten werden, eine Baufluchtlinie im Abstand von 4 m zum M-Weg nicht eingehalten wird und die traufenseitige Wandhöhe zumindest beim geplanten Turm überschritten wird. Es wurden die zuletzt genannten Gutachten den Bauwerbern zwar nicht vor Erlassen des erstinstanzlichen Bescheides vom 22. Juli 1991 zur Kenntnis gebracht, doch wurden die Feststellungen, die in diesem Gutachten getroffen wurden, in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wiedergegeben. Damit wurde aber die im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs saniert, da die Partei die Möglichkeit hatte, in ihrer Berufung auf die in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides dargelegten Entscheidungsgrundlagen einzugehen und im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Seite 235 unter E 62 und 63 zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). In ihrer Berufung beschränkten sich die mitbeteiligten Bauwerber jedoch auf das Vorbringen, es seien die neu eingebrachten Baupläne keiner erneuten Begutachtung unterzogen worden, in den neuen Plänen seien die in der Bauverhandlungsniederschrift vom 21. März 1991 ausgesprochenen Mängel und auch die im Gutachten vom 11. April 1991 gerügten Punkte vollständig behoben worden, ein Vorbringen, das den im Akt einliegenden, mit der Eingangsstampiglie vom 30. April 1991 versehenen Plänen widerspricht.

Aus dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten und eingesehenen Bebauungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde vom 4. Dezember 1989 geht hervor, daß für die zu bebauenden Grundstücke die maximal zulässige Baukörperlänge 25 m, die maximal zulässige, traufenseitige Wandhöhe 10,50 m und die Zahl der Vollgeschoße 3 beträgt. Derartige Festsetzungen sind gemäß §§ 19 Abs. 3 lit. b Z. 1 und 2 sowie § 23 Abs. 3 und 24 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 zulässig. Da auch das modifizierte Bauvorhaben diesen Bestimmungen des Bebauungsplanes widersprach, hat die beschwerdeführende Gemeinde zu Recht das modifizierte Bauansuchen gemäß § 31 Abs. 3 TBO abgewiesen. Zwar sind die vorgelegten Planunterlagen so mangelhaft und ergänzungsbedürftig, daß eine eindeutige Überprüfung, ob nicht WEITERE Bauordnungswidrigkeiten vorliegen, nicht möglich ist; die eingereichten Pläne geben aber jedenfalls darüber Aufschluß, daß die zulässige Baukörperlänge von 25 m mehrfach überschritten wird, der geplante Turm zu hoch ist und die maximale Geschoßzahl von 3 Vollgeschoßen schon deshalb überschritten wird, weil das Dachgeschoß mit mehr als 50 % der Nutzungsfläche ausgebaut wird. Auch in ihrer Vorstellung räumten die mitbeteiligten Bauwerber ein, daß die dem Bescheid des Gemeindevorstandes zugrundegelegte Auffassung hinsichtlich des Dachgeschoßausbaues und der Höhe des Turmes zutreffend sei, was sie dazu veranlaßte, noch in der Vorstellung die sogenannte Ergänzungsaufstellungen und Ergänzungsskizzen betreffend eine Verringerung des Dachgeschoßausbaues vorzulegen und um die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung in bezug auf die Höhe des Turmes anzusuchen. Eine derartige Modifkation des Bauansuchens durch die Bauwerber im Vorstellungsverfahren konnte aber schon deshalb die Aufhebung des Gemeindebescheides nicht stützen, weil sich die Aufsichtsbehörde bei ihrer Entscheidung nach der Rechts- und Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des bei ihr bekämpften Bescheides zu richten hat.

Da den den Gemeindebehörden vorgelegten Plänen auch nach deren Modifizierung zu entnehmen war, daß das eingereichte Projekt in mehrfacher Hinsicht nicht dem Bebauungsplan entsprach, hat die Gemeindebehörde Rechte der mitbeteiligten Bauwerber durch die Abweisung des Bauansuchens gemäß § 31 Abs. 3 TBO nicht verletzt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die eingereichten Pläne insofern unzulänglich waren, als sie eine Beurteilung, ob noch weitere Bauordnungswidrigkeiten vorliegen, nicht zuließen. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Stempelmarken konnten der beschwerdeführenden Gemeinde nicht zugesprochen werden, da die Gemeinde als Körperschaft des öffentliches Rechtes im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises gemäß § 2 Z. 2 des Gebührengeseztes 1957 von der Entrichtung der Stempelgebühren befreit ist; diese Befreiung erstreckt sich auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (vgl. das Erkenntnis vom 28. April 1969, Slg. N.F. Nr. 7.554/A, u.v.a.).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060112.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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