Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1297;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über den Antrag des A in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, auf Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Juli 1992,
Zlen. 92/08/0126, 0127, abgeschlossenen Verfahrens (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien 3, Ghegastraße 1), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Bescheid vom 19. November 1991 wies die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Bauern den Antrag des Antragstellers auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Ausgleichszulagenverfahren seiner geschiedenen Ehegattin gemäß § 8 AVG zurück.
Dem dagegen vom Antragsteller erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom 13. Februar 1992 (dem Antragsteller zugestellt am 19. Februar 1992) keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es: "Gegen diesen Bescheid ist gemäß § 415 ASVG das Rechtsmittel der Berufung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zulässig."
Mit Bescheid vom 5. Mai 1992 wies der Bundesminister für Arbeit und Soziales die vom Antragsteller, vertreten durch den auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einschreitenden Rechtsanwalt, gegen den Einspruchsbescheid erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 415 ASVG als unzulässig zurück.
Mit einem auf § 46 Abs. 2 VwGG gestützten (am 3. Juni 1992 zur Post gegebenen) Wiedereinsetzungsantrag begehrte der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Einspruchsbescheid. Durch die fälschliche Rechtsmittelbelehrung im Einspruchsbescheid und die Berufung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sei die Beschwerdefrist versäumt worden. Es liege daher der Wiedereinsetzungsgrund des § 46 Abs. 2 VwGG vor. Der Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales sei "dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 5.5.1992 zugestellt" worden; der Wiedereinsetzungsantrag sei daher gemäß § 46 Abs. 3 VwGG rechtzeitig. Gleichzeitig werde die versäumte Handlung nachgeholt, nämlich die Beschwerde gegen den Einspruchsbescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhoben.
Mit Beschluß vom 7. Juli 1992, Zlen. 92/08/0126, 0127 (dem Antragsteller zugestellt am 6. August 1992) wies der Verwaltungsgerichtshof den Wiedereinsetzungsantrag und die Beschwerde zurück; dies mit folgender Begründung:
Gemäß § 46 Abs. 2 VwGG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat. Nach § 46 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 2 spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides zu stellen, der das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß der Wiedereinsetzungswerber im Hinblick auf die Bestimmung des § 46 Abs. 3 VwGG zwecks Ermöglichung einer Überprüfung der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages durch den Gerichtshof schon im Antrag jene Angaben machen, aus denen sich der Beginn des Laufes der in dieser Bestimmung festgesetzten Frist ergibt. Unterläßt er solche Angaben, so liegt ein nicht verbesserungsfähiger Inhaltsmangel der Eingabe vor, der ihre Zurückweisung zur Folge hat (vgl. u.a. die Beschlüsse vom 8. Juli 1980, Slg. N.F. Nr. 10.205/A, vom 28. Juni 1982, Slg. Nr. 10.771/A, vom 3. Juli 1990, Zl. 90/11/0177, und vom 27. November 1990, Zl. 90/08/0187). Entspricht der Wiedereinsetzungswerber aber der obgenannten Verpflichtung, so kommt den in Erfüllung dieser Verpflichtung gemachten Angaben - ähnlich wie den zur Ermöglichung der Überprüfung der Rechtzeitigkeit einer Bescheidbeschwerde nach § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG erforderlichen Angaben über die Zustellung des Bescheides (vgl. u.a. den Beschluß vom 19. Oktober 1982, Zlen. 82/11/0253, 0258, mit weiteren Judikaturhinweisen) - selbständige prozessuale Bedeutung in dem Sinn zu, daß der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages an diese Angaben (jedenfalls insoweit, als sie nicht in sich widersprüchlich sind bzw. mit den im Zeitpunkt der Prüfung vorliegenden Urkunden im Widerspruch stehen oder offenkundig unrichtig sind) gebunden ist.
Unter Bedachtnahme darauf ist der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag nach § 46 Abs. 3 VwGG verspätet. Denn nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Wiedereinsetzungsantrag wurde ihm der Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales "am 5.5.1992" zugestellt. Dieses Vorbringen steht mit den vorliegenden Urkunden trotz der Datierung des eben genannten Bescheides mit demselben Datum in keinem Widerspruch (es findet sich weder auf der vorgelegten Ausfertigung dieses Bescheides noch auf den anderen vorgelegten Urkunden ein Vermerk über die Zustellung dieses Bescheides) und ist auch nicht offenkundig unrichtig (da weder eine Zustellung an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am Tag der Bescheiddatierung noch eine allfällige unrichtige Datierung des Bescheides ausgeschlossen werden kann). Der Verwaltungsgerichtshof ist daher an dieses Vorbringen gebunden. Es braucht deshalb auch nicht untersucht zu werden, welche (allenfalls unterschiedlichen) Konsequenzen es hätte, wenn die Angabe des Beschwerdeführers über das Zustelldatum mit anderen Angaben oder vorgelegten Urkunden in Widerspruch stünde oder auf Grund dieser Urkunden offenkundig unrichtig wäre. Ausgehend von dem Vorbringen des Beschwerdeführers über das Zustelldatum des Bescheides des Bundesministers für Arbeit und Soziales ist aber der am 3. Juni 1992 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag als gemäß § 46 Abs. 3 VwGG verspätet zurückzuweisen.
Das aber hat zur Konsequenz, daß auch die am 3. Juni 1992 zur Post gegebene Beschwerde gegen den dem Beschwerdeführer am 19. Februar 1992 zugestellten Einspruchsbescheid gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen ist, weil sie nach Ablauf der sechswöchigen Frist des § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG erhoben wurde."
Mit dem vorliegenden, am 13. August 1992 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des mit dem eben genannten Beschluß abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 45 Abs. 2 Z. 2 und 4 VwGG aus folgenden Gründen:
1) "§ 45 Abs. 1 Z. 2 leg. cit: Richtig ist, daß der Bescheid des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit 5.5.1992 datiert ist und im Schriftsatz vom 3.6.1992 versehentlich als Zustelldatum ebenfalls der 5.5.1992 angegeben wurde. Dieser Bescheid wurde tatsächlich am 20.5.1992 über das Amt der Salzburger Landesregierung zugestellt (siehe Kopie Rückschein). Dies geht aus dem Begleitschreiben vom 15.5.1992, welches dem Bescheid angeschlossen war, hervor. Die Sekretärin des Einschreitervertreters hat versehentlich nur auf diesem Beiblatt den Eingangsstempel angebracht und in weiterer Folge vergessen, dem Schriftsatz vom 3.6.1992 auch eine Kopie dieses Beiblattes anzuschließen.
Die Angabe des Zustelldatums 5.5.1992 muß als offenkundiger Schreibfehler qualifiziert werden. Es ist nicht real, anzunehmen, daß ein Bescheid aus Wien, welcher noch dazu über das Amt der Salzburger Landesregierung zuzustellen ist, am Tage der Bescheidausstellung zugestellt wird. Dies ist als geradezu unmöglich anzusehen. Der Fall ist nicht anders zu sehen wie der dem Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 90/14/0079 vorliegende Sachverhalt.
Die Differenzierung der Judikatur im Verschuldensmaßstab zwischen § 45 und § 46 VwGG (insbes. Erkenntnisse 90/14/0067, 0068 und 91/14/0235) ist nicht sachgerecht. Während bei tatsächlicher Versäumung einer Rechtsfrist im Wiedereinsetzungsverfahren aufgrund der Novelle 1985, welche wiederum auf die Zivilverfahrens-Novelle 1983 zurückzuführen ist, generell ein großzügiger Maßstab angelegt wird, wird die bloße irrtümliche Angabe eines unrichtigen Zustelldatums als Verschulden qualifiziert und eine Wiederaufnahme versagt. Auf die diesbezügliche berechtigte Kritik von Arnold, insbes. zu AnwBl 1991/3794 und 1992/4162 sowie 1992/4163 wird verwiesen.
Gerade im vorliegenden Fall, in dem die Wiedereinsetzung durch einen Fehler der Behörde (falsche Rechtsmittelbelehrung) notwendig wurde, wird die inhaltliche Behandlung der Beschwerde durch einen an sich formalen, leicht verbesserbaren Fehler verhindert. Die Zivilverfahrensnovelle 1983 hat das besonders auch in Zivilverfahren auftretende Problem der Form- und Inhaltsmängel in Schriftsätzen aufgegriffen und die Verbesserungsmöglichkeiten auch auf Inhaltsmängel von Schriftsätzen erweitert und dadurch eine erhebliche Verbesserung des Zugangs zum Recht geschaffen (§§ 84, 85 ZPO).
Zur Klarstellung: Es soll hier nicht der Formlosigkeit und Ungenauigkeit das Wort geredet werden und Parteienvertreter sollen auch gravierende formelle und materielle Formgebrechen zu vertreten haben, der Formalismus muß aber dort seine Grenze finden, wo ein offenkundiger, verbesserungsfähiger (Schreib-)Fehler vorliegt. Durch einen einfachen Anruf der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofes hätte sich das Zustelldatum klären lassen, sodaß nicht einmal ein Verbesserungsverfahren notwendig gewesen wäre.
2) § 45 Abs. 1 Z. 4 leg. cit.: Da der gegenständliche Fehler als verbesserungsfähiger Formmangel zu beurteilen ist, wurde mangels eines Verbesserungsauftrages (s. Ausführungen oben; analog §§ 84, 85 ZPO) nicht den Vorschriften über das Parteiengehör entsprochen, sodaß auch dieser Wiederaufnahmegrund vorliegt."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. d VwGG gebildeten Dreier-Senat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die irrtümlich unrichtige Angabe des Datums der Zustellung eines mit Beschwerde angefochtenen Bescheides in der Beschwerde (die zur Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung führt) zwar grundsätzlich geeignet, den Wiederaufnahmetatbestand des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG zu erfüllen; ein entsprechender Antrag kann aber nur dann zum Erfolg führen, wenn die irrige Annahme der Versäumnis durch den Gerichtshof nicht von der Partei verschuldet wurde. Dieses mangelnde Verschulden ist bereits im Wiederaufnahmeantrag entsprechend darzulegen (vgl. die Beschlüsse vom 20. Mai 1981, Slg. Nr. 10.456/A, und vom 19. März 1991, Zl. 91/04/0038). Diese Grundsätze sind wegen der Ähnlichkeit der insofern zu beurteilenden Verfahrensabläufe auch dann anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein auf § 46 Abs. 2 VwGG gestützter Wiedereinsetzungsantrag wegen irrtümlich unrichtiger Angabe des Datums der Zustellung des im § 46 Abs. 3 VwGG genannten Bescheides als verspätet zurückgewiesen wurde.
Der Antragsteller bestreitet in seinem oben wiedergegebenen Wiederaufnahmeantrag sein Verschulden an der (bescheinigten objektiv) irrigen Annahme der Versäumnis der Wiedereinsetzungsfrist durch den Gerichtshof zunächst deshalb, weil seiner Auffassung nach die Angabe des Zustelldatums des nach § 46 Abs. 3 VwGG maßgeblichen Bescheides des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 5. Mai 1992 mit dem selben Tag als offenkundiger Schreibfehler hätte qualifiziert werden müssen. Denn es sei nicht real anzunehmen, daß ein Bescheid aus Wien, welcher noch dazu über das Amt der Salzburger Landesregierung zuzustellen gewesen sei, am Tag der Bescheidausstellung zugestellt werde. Dies sei - nicht anders als in dem dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 1990, Zl.90/14/0079, zugrundeliegenden Fall - als geradezu unmöglich anzusehen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die begehrte Wiederaufnahme des Wiedereinsetzungs- und Beschwerdeverfahrens zu erlangen. Denn mit diesem Vorbringen bestreitet der Antragsteller der Sache nach nur die Richtigkeit der vom Gerichtshof im Vorbeschluß vom 7. Juli 1992 vertretenen Rechtsauffassung, daß das Vorbringen des Antragstellers im Wiedereinsetzungsantrag über die Rechtzeitigkeit dieses Antrages aufgrund der mit dem Antrag vorgelegten Urkunden nicht offenkundig unrichtig gewesen sei, ohne diesbezüglich neue - im Lichte der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes wesentliche - Sachverhaltselemente vorzutragen. Die Rechtseinrichtung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG bietet aber - ebenso wie jene nach § 45 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. (vgl. dazu unter anderem die Beschlüsse vom 17. Februar 1965, Slg. Nr. 6.599/A, und vom 21. Mai 1991, Zlen. 90/19/0587, 91/19/0002) - keine Handhabe, eine in dem abgeschlossenen Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht bekämpfen zu können. Abgesehen davon ist der vorliegende Fall mit jenem, der dem Erkenntnis vom 11. Dezember 1990, Zl. 90/14/0079, zugrundelag, in den entscheidungswesentlichen Momenten nicht vergleichbar, weil in jenem Beschwerdefall einerseits behauptet worden war, daß ein mit 23. Februar 1989 datierter Bescheid bereits am 17. März 1988 zugestellt worden sei, und andererseits im Entscheidungszeitpunkt bereits die Akten des Verwaltungsverfahrens vorlagen.
Bleibt daher zu prüfen, ob die objektiv irrige Annahme der Versäumnis durch den Gerichtshof aufgrund der irrtümlich unrichtigen Angabe des Datums der Zustellung des maßgeblichen Bescheides des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 5. Mai 1992 im Wiedereinsetzungsantrag, an die, wie ausgeführt, der Gerichtshof bei Prüfung der Rechtzeitigkeit gebunden war, vom Antragsteller nicht verschuldet wurde.
Diese Frage ist zu verneinen. Übersieht - so wie im Antragsfall - ein Rechtsanwalt als Parteienvertreter die unrichtige Angabe des Datums der Zustellung des nach § 46 Abs. 3 VwGG maßgebenden Bescheides in einem Wiedereinsetzungsantrag und läßt er diesen Antrag demgemäß unkorrigiert absenden, so stellt dies ein der Partei selbst zuzurechnendes Verschulden im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG dar, weil der Rechtsanwalt in einem solchen Fall die ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt hat, wofür er im Sinne der §§ 1297 und 1299 ABGB einzustehen hat (vgl. u.a. den Beschluß vom 25. März 1992, Zlen. 91/13/0051, 0052). Daß der Rechtsvertreter des Antragstellers im vorliegenden Fall ohne sein Verschulden zur Anwendung der besonderen ihm als Rechtsanwalt obliegenden Sorgfalt außerstande gewesen sei, hätte er gemäß § 1298 ABGB zu behaupten und zu beweisen gehabt. Ein solches Vorbringen findet sich im Wiederaufnahmeantrag nicht.
Mangels jeglichen Vorbringens über die näheren Umstände, die dazu führten, daß der Rechtsvertreter des Antragsstellers die unrichtige Anführung des Datums der Zustellung des maßgeblichen Bescheides im Wiedereinsetzungsantrag durch seine Sekretärin übersehen hat, kann nicht beurteilt werden, ob dem Rechtsvertreter des Antragstellers nur ein minderer Grad des Versehens im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG zur Last fällt. Schon aus diesem Grund bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Einwänden gegen die "Differenzierung der Judikatur im Verschuldensmaßstab zwischen § 45 und § 46 VwGG" (vgl. außer den im Antrag genannten Beschlüssen vom 22. Mai 1990, Zlen. 90/14/0067, 0068, und vom 10. Dezember 1991,
Zlen. 91/14/00235, 0236, den schon genannten Beschluß vom 25. März 1992, Zlen. 91/13/0051, 0052) und der rechtspolitischen Forderung von Arnold ("§ 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG gehört novelliert") in den Entscheidungsanmerkungen zu den zuerst genannten Beschlüssen (AnwBl 1992 Nr. 4162, 4163). Ein Wiederaufnahmetatbestand nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG ist demnach nicht gegeben.
Aber auch die begehrte Wiederaufnahme nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist nicht begründet. Nach dieser Bestimmung ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte. Eine Wiederaufnahme nach dieser Bestimmung setzte - sachverhaltsbezogen - voraus, daß im abgeschlossenen Wiedereinsetzungsverfahren "den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde". Ein derartiger Verfahrensmangel haftet dem abgeschlossenen Verfahren aber auf dem Boden der im Vorbeschluß vom 7. Juli 1992 zum Ausdruck gebrachten Rechtauffassung nicht an. Denn danach hatte der Gerichtshof bei Prüfung der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages vom Vorbringen des Antragstellers im Antrag auszugehen, weil dieses weder mit den vorliegenden Urkunden im Widerspruch stand noch offenkundig unrichtig war. Ein Verbesserungsauftrag an den Antragsteller bzw. seinen Rechtsvertreter war daher mangels eines verbesserungsfähigen Formmangels nicht zu erteilen. Sofern der Antragsteller auch in diesem Zusammenhang die vom Verwaltungsgerichtshof im Vorbeschluß vertretene Rechtsauffassung bekämpft, ist er auf die schon zitierte Rechtsprechung zu verweisen, wonach die Rechtseinrichtung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG keine Handhabe bietet, eine im abgeschlosssenen Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht bekämpfen zu können.
Dem Wiederaufnahmeantrag war daher nicht stattzugeben.
Schlagworte
Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages ManuduktionspflichtIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Verbesserungsauftrag Ausschluß WiedereinsetzungsantragVersäumung der Einbringungsfrist siehe VwGG §26 Abs1 Z1 (vor der WV BGBl. Nr. 10/1985: lita) sowie Mangel der Rechtsfähigkeit Handlungsfähigkeit Ermächtigung des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992080176.X00Im RIS seit
12.02.2002Zuletzt aktualisiert am
01.06.2010