Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ArbIG 1974 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des B in G, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Juli 1990, Zl. 5-212 L 22/3-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Arbeitsinspektionsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 9. April 1990 wurde über den Beschwerdeführer wegen der Übertretung des § 18 Abs. 1 zweiter Fall Arbeitsinspektionsgesetz 1974 (ArbIG 1974) eine Geldstrafe verhängt, weil er am 26. November 1989 in der Zeit von 19.00 Uhr bis 19.50 Uhr als Prokurist einer näher genannten Gesellschaft mbH. die Aufgaben des Arbeitsinspektors bei einer Ausstellung dieser Gesellschaft an einem näher genannten Ort in Wien I dadurch vereitelt habe, daß er dem Organ des Arbeitsinspektorates keine Auskünfte über die dort beschäftigten Jugendlichen gegeben, sondern im Gegenteil die anwesenden Arbeitnehmer aufgefordert habe, die Namensschilder von ihren Kleidern zu entfernen und keine Auskünfte zu erteilen, dies obwohl er mehrmals auf die gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitsinspektionsgesetzes hingewiesen worden sei.
2. Mit Bescheid vom 12. Juli 1990 gab der Landeshauptmann von Steiermark (die belangte Behörde) der Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis vom 9.April 1990 keine Folge und änderte dieses mit der Maßgabe ab, daß die übertretene Norm laute: "§ 3 Abs. 1 ArbIG, BGBl. Nr. 143/1974 im Zusammenhang mit § 18 Abs. 1 erster Fall ArbIG 1974".
Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers sei "eindeutig als eine Behinderung im Sinne des § 18 Abs. 1 ArbIG zu beurteilen". Aus Anlaß der Berufung sei von Amts wegen "eine Ergänzung und Präzisierung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der übertretenen Norm" erfolgt.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
II
1. Der Beschwerdeführer macht unter anderem geltend, daß die als erwiesen angenommene Tat nicht die im angefochtenen Bescheid angegebene Verwaltungsvorschrift verletze.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, daß die belangte Behörde zu Unrecht einen Verstoß gegen § 3 Abs. 1 ArbIG 1974 angenommen habe, ist er im Recht, weil sich aus dem angefochtenen Bescheid nicht der geringste Anhaltspunkt für die Annahme ergibt, der Beschwerdeführer habe dem Arbeitsinspektor das Betreten oder Besichtigen von Betriebsräumen und dergleichen verweigert.
Das aus diesem Grund verfehlte Mitzitieren des § 3 Abs. 1 ArbIG 1974 als verletzte Verwaltungsvorschrift im Spruch des angefochtenen Bescheides schadet allerdings nicht, weil diese Norm keinen eigenen Tatbestand einer Übertretung bildet.
2. Der angefochtene Bescheid bewirkt jedoch aus nachstehenden Erwägungen eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers. § 18 Abs.1 ArbIG 1974 lautet:
"Wer Arbeitsinspektoren oder Organe des Zentral-Arbeitsinspektorates in der Ausübung ihres Dienstes behindert oder die Erfüllung ihrer Aufgaben vereitelt, ist, wenn das Verhalten nicht nach einem anderen Gesetz einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geld bis zu 15.000,-- S zu bestrafen."
Diese Bestimmung enthält zwei voneinander unabhängige Straftatbestände, die einerseits in der Behinderung der Organe des Arbeitsinspektorates, andererseits in der Vereitelung der Erfüllung ihrer Aufgaben bestehen (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1986, Zl. 86/08/0032). Die als erwiesen angenommene Tat, nämlich die Verweigerung von Auskünften über die jugendlichen Arbeitnehmer und die Aufforderung an die Arbeitnehmer, die Namensschilder zu entfernen und keine Auskünfte zu erteilen, rechtfertigte - wie von der Erstbehörde vorgenommen - die Subsumtion unter den zweiten Straftatbestand des § 18 Abs. 1 ArbIG 1974, zumal dieses Verhalten insbesondere die Aufgabe des Arbeitsinspektors, die Einhaltung der dem Schutz der Arbeitnehmer dienenden Vorschriften betreffend die Beschäftigung von Jugendlichen (siehe § 2 Abs. 1 Z. 3 ArbIG 1974) zu überwachen, vereitelte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1989, Zl. 88/08/0184, und vom 28. Jänner 1991, Zl. 90/19/0247; vgl. ferner Geppert, Arbeitsinspektion und Arbeitnehmerschutzrecht, Verlag des ÖGB, Seite 368 ff). Aus welchen Gründen die belangte Behörde die Auffassung vertritt, der erste Straftatbestand sei erfüllt, ist mangels diesbezüglicher Ausführungen nicht nachvollziehbar.
3. Da sohin die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt einer Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, die durch die Tat nicht verletzt worden ist, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war demnach gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf die weiteren Beschwerdeausführungen eingegangen zu werden brauchte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1990190473.X00Im RIS seit
23.03.2001Zuletzt aktualisiert am
17.11.2010