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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §86 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der N-GmbH und Co KG in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 2. Juni 1992, Zl. MD-VfR - B XXII - 21/91, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 30. Juli 1990 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der (nachträglichen) Baubewilligung zur Errichtung einer Plakatanschlagtafel im Ausmaß von 11,90 m Breite und 2,52 m Höhe entlang der Liegenschaft Eßlinger Hauptstraße 44a in Wien 22. Der Baubeschreibung und den nachgereichten Plänen ist zu entnehmen, daß die Plakatanschlagtafel, die aus sieben Einzelelementen besteht, über einem lackierten, 55 cm hohen Sockelblech montiert wird. In einem Gutachten vom 17. September 1990 führte der Amtssachverständige der Abteilung für Stadtbildgestaltung (MA 19) im wesentlichen aus, der Straßenzug solle beiderseits gemäß dem gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan durchgehend begrünte Vorgärten mit aufgelockerter Wohnbebauung aufweisen. Die bestehende großformatige Werbefläche, eine vollflächige Anlage von 12 m Länge und einer Höhe von insgesamt 3 m, trete in der Wohnsiedlung selbst und auch gegen die übrigen Einfriedungen deutlich überhöht und optisch dominant in Erscheinung. Nicht zuletzt werde durch die Farbintensität (Signalwirkung) im ruhigen und kleinteiligen Grün ein Akzent geschaffen, der in dem künftig beabsichtigten örtlichen Stadtbild nicht harmonisch einordenbar sei.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12. Juni 1991, in der das Gutachten vom 17. September 1990 mit einem Vertreter der Beschwerdeführerin erörtert wurde, wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 13. Juni 1991 unter I. die beantragte Baubewilligung gemäß den §§ 70 und 71 in Verbindung mit § 86 Abs. 2 und 3 der Bauordnung für Wien versagt. Unter II. wurde gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, die unbefugt errichtete Einfriedung binnen einer Frist von zwei Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu entfernen.
In ihrer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Bescheides vom 13. Juni 1991 und die Erteilung der beantragten Bewilligung. Sie führte im wesentlichen aus, das gegebene örtliche Stadtbild werde im Bereich Eßlinger Hauptstraße 44a auch von Tankstellen, Supermärkten, Baugroßmärkten usw. geprägt, die entsprechend bunt, großflächig und beleuchtet auf ihre Existenz hinwiesen. Auch seien in unmittelbarer Nachbarschaft Plakatanschlagflächen fast aller in Wien vertretenen Außenwerbeunternehmen zu sehen. Aufgrund dieser Berufungsausführungen holte die belangte Behörde ein ergänzendes Gutachten mit dem Auftrag, einen ausführlichen Befund über das bestehende Stadtbild zu erstellen und auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen, ein.
In ihrem ergänzenden Gutachten vom 11. Oktober 1991 führte die Amtssachverständige der MA 19 aus, das gegenständliche Grundstück befinde sich inmitten des Straßenverlaufes der Eßlinger Hauptstraße, die im gegenständlichen Bereich und weiter in östlicher Richtung gegen das Zentrum Eßling, mit Kirche und Schloß, von einer dörflichen Bebauung geprägt sei. Die Wohnbebauung an der Straßenseite mit gerader Numerierung bestehe in Einzelobjekten mit einsehbaren Vorgärten entsprechend dem gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, teils stünden vor Ordnungsnummer 44 bis 48 und 52 bis 54 niedrige Wohnhäuser an der Grundstücksgrenze, die sichtlich einen Altbestand darstellten. An der gegenüberliegenden Straßenfront bestehe nahezu durchwegs eine ein- bis zweigeschoßige Wohnbebauung mit einem 5 m tiefen Vorgarten, der sich unmittelbar gegenüber bei Ordnungsnummer 47 und 49 äußerst gepflegt darbiete, bei Ordnungsnummer 57 jedoch als Asphaltfläche mit Zufahrt ohne Einzäunung ausgeführt sei. Eine vorgelagerte Baumallee in einem Grünstreifen bilde eine zusätzliche Abschirmung zum Verkehrsband und trage wesentlich zu der optisch positiv wahrnehmbaren Durchgrünung des örtlichen Stadtbildes bei. Es sei durchaus der Charakter einer Stadtrandbebaung präsent, der durch die Baumallee und die transparenten Vorgärten deutlich unterstrichen werde. Als negativ zu bewertende Blickpunkte träten in diesem Ensemble die gegenständliche Plakatwand an der Grundgrenze sowie die Anlagen im Nahebereich bei Ordnungsnummer 50 und gegenüber bei Ordnungsnummer 45 Ecke Schirmanngasse in Erscheinung. Die Konsensmäßigkeit der letztgenannten Anlagen sei nicht eruierbar und sollte daher in Zusammenhang mit dem vorliegenden Akt überprüft werden. Die bereits errichtete Plakatwand schließe ein Grundstück an der Grundstücksgrenze auf eine Länge von ca. 13 m gegen die Verkehrsfläche ab, in den verbleibenden vier Metern sei eine offene Einfahrt und in Fortsetzung entlang der Grundgrenze zum Nachbargrundstück der Zugang zu den einzelnen Stiegeneingängen. Das Wohngebäude selbst, eine zweigeschoßige Bebauung nach dem Vorgarten, sei mit der Stirnseite und kleineren Nebenfenstern gegen die Straßenfront konzipiert und erstrecke sich in seiner Längsausdehnung in die Tiefe des Grundstückes. Es sei nun deutlich erkennbar, daß von der Planung das starke Verkehrsaufkommen durch die Anordnung auf dem Grundstück Berücksichtigung gefunden habe und so weitestgehend dieser Problematik unter Einhaltung der bestehenden Vorgartenwidmung Rechnung getragen worden sei. Es sei augenscheinlich, daß die Werbefläche mit einer Höhe von ca. 3 m im örtlichen Stadtbild zu den übrigen Gitterzäunen überhöht und optisch dominant in Erscheinung trete, wodurch dieses in seinem durchaus harmonischen Erscheinungsbild beeinträchtigt werde. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf Einrichtungen im Verlauf der Eßlinger Hauptstraße könne insofern nicht als stichhaltig angesehen werden, als die angeführten Einrichtungen in einer Entfernung von ca. 150 bis 200 m vom gegenständlichen Grundstück lägen und optisch von diesem Standort kaum wahrnehmbar seien. Im Beurteilungsverfahren sei die Einfügung in das örtliche Stadtbild maßgebend, das sich im gegenständlichen unmittelbaren Bereich eben als eine niedrige Wohnbebauung mit einsehbaren Vorgärten präsentiere.
Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht, sie hat von der eingeräumten Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 2. Juni 1992 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin, soweit sie gegen Punkt I des Bescheides vom 13. Juni 1991 gerichtet war, als unbegründet abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid wurde in seinem Punkt II aufgehoben. Gegen diesen Bescheid, soweit die Versagung der Baubewilligung bestätigt wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist, daß das gegenständliche Areal im Flächenwimdungs- und Bebauungsplan als Bauland ausgewiesen ist und ein 5 m breiter Vorgarten festgesetzt wurde. Weiters ist unbestritten, daß die Plakattafel das Grundstück gegen die Verkehrsfläche abschließen soll. Eine derartige Anlage stellt eine Einfriedung von Vorgärten gegen die Verkehrsflächen dar.
Gemäß § 86 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO) müssen Einfriedungen so ausgestaltet werden, daß sie das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigen. Sie dürfen den Boden der höhergelegenen, anschließenden Grundfläche nicht um mehr als 2,50 m überragen.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung dürfen Einfriedungen von Vorgärten gegen die Verkehrsfläche und an den seitlichen Grundgrenzen auf die Tiefe des Vorgartens den freien Durchblick nicht hindern; Abweichungen hievon können zugelassen werden, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt wird. Sonstige Grundgrenzen dürfen, wenn der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, durch volle Wände abgeschlossen werden.
Die Plakattafel, die nach der Baubeschreibung und den vorgelegten Plänen den freien Durchblick hindert, war daher nur dann bewilligungsfähig, wenn dadurch das örtliche Stadtbild nicht beeinträchtigt würde. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht der Beschwerdeführerin wurde das Ansuchen nicht deshalb abgewiesen, weil die Einfriedung mehr als 2,50 m hoch ist, sondern wegen der Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes. Ein Eingehen auf die Frage, ob die laut Baubeschreibung und beigelegten Plänen die zulässige Höhe von 2,50 m um insgesamt 57 cm überragende Plakattafel einer Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO zugänglich gewesen wäre, erübrigt sich somit.
Zur Frage, ob eine Beeinträchtigung des örtlichen Stadtbildes vorliegt, ist das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, das die Behörde auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen hat (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1992, Zl. 91/06/0213, sowie das an dieselbe Beschwerdeführerin ergangene hg. Erkenntnis vom 15. September 1992, Zl. 92/05/0123). Die beiden Gutachten, auf die die Versagung der beantragten Baubewilligung gestützt wurde und welchen die Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, enthielten - insbesondere das ergänzende Gutachten vom 11. Oktober 1991 - einen eingehenden Befund, aus dem sich die daraus gezogenen Schlüsse nachvollziehbar ergaben. Daß die örtlichen Gegebenheiten auch richtig wiedergegeben wurden, wurde durch die Beschwerdeführerin auf Verwaltungsebene nicht widerlegt. Der Hinweis auf andere, unwidersprochen mehr als 150 m von der gegenständlichen Plakatwand entfernte Gegebenheiten war nicht geeignet, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Gutachtens vom 11. Oktober 1991 darzulegen, vermögen doch örtliche Gegebenheiten, die von der gegenständlichen Liegenschaft aus kaum mehr wahrnehmbar sind, keine Wirkung auf das maßgebliche Beurteilungsgebiet zu entfalten. Auch die Beschwerderüge, das ergänzende Gutachten sei deshalb unschlüssig, weil bei anderen Plakatanlagen im Nahbereich der Hausnummer 50 und gegenüber bei Hausnummer 45 erwähnt werde, daß deren Konsensmäßigkeit "nicht eruierbar sei", vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn selbst dann, wenn diese Plakattafeln bewilligt sein sollten, ist zu berücksichtigen, daß auch ein bereits einigermaßen durch störende Eingriffe beeinträchtigtes Ortsbild noch schützenswert ist, sofern es überhaupt noch vorhanden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1992, Zl. 91/06/0126). Dem ergänzenden Gutachten der MA 19 vom 11. Oktober 1991 war aber ganz zweifelsfrei zu entnehmen, daß selbst unter Berücksichtigung der als negativ zu bewertenden Blickpunkte, nämlich der Plakatwände bei Ordnungsnummer 50 und gegenüber Ordnungsnummer 45, ein schützenswertes Ortsbild vorhanden ist, das durch die niedrige Bebauung und die größtenteils vorhandenen 5 m tiefen Vorgärten geprägt ist.
Mit Recht konnte daher die belangte Behörde dieses Gutachten ihrem Bescheid zugrundelegen und die beantragte Baubewilligung versagen.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050169.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
18.06.2009