TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/14 92/01/0341

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.1992
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
AVG §14 Abs3;
AVG §15;
AVG §39a;
AVG §46;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des S in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1991, Zl. 4.314.113/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. September 1991 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein albanischer Staatsangehöriger, der am 8. April 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat bei seiner ersten Befragung am 22. April 1991 behauptet, sein Heimatland aus politischen Gründen verlassen zu haben. Er habe, obwohl er der "Unabhängigen Studentenorganisation" erst seit Februar 1991 angehört habe, schon seit 2. Juli 1990 an allen Demonstrationen und Versammlungen, die sich gegen das kommunistische Regime gerichtet hätten, teilgenommen. Nach Teilnahme an einer Demonstration am 16. Februar 1991 in T sei der Beschwerdeführer ausgeforscht, festgenommen, acht Stunden lang festgehalten und geschlagen worden, wobei er jedoch nur leicht verletzt worden sei und keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen habe. Am 25. Februar 1991 sei in einem Museum in T ein Theaterstück, das sich gegen das kommunistische Regime gerichtet habe, aufgeführt worden. Er sei daraufhin - so wie alle Studenten, die daran teilgenommen hätten - festgenommen, für die Dauer von ca. zwölf Stunden festgehalten und geschlagen worden. Dabei sei er abermals verletzt worden, ohne jedoch ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nach seiner Entlassung habe er T bis 30. Februar 1991 nicht verlassen dürfen, und es sei ihm mitgeteilt worden, daß er wieder vorgeladen werden würde; dies sei jedoch in der Folge nicht geschehen. Er sei von den Behörden ab 26. Februar 1991 nicht mehr belästigt, vorgeladen oder verfolgt worden. Er habe trotzdem Angst vor einer eventuellen Verfolgung "wegen des Vorfalles im Museum" gehabt. Er habe sich daher zur Flucht entschlossen, obwohl er keinen (gemeint offenbar: nicht mehr) konkreten Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei.

Der Beschwerdeführer macht eine unvollständige und unrichtige Protokollierung dieser seiner Angaben geltend. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer - wie aus der betreffenden, in den Verwaltungsakten erliegenden Niederschrift hervorgeht - zum Abschluß seiner unter Beiziehung eines Dolmetsch durchgeführten Vernehmung ausdrücklich erklärt und dies auch mit seiner Unterschrift bestätigt hat, daß ihm die Niederschrift in albanischer Sprache vorgelesen worden sei, er den Inhalt verstanden und dem nichts mehr hinzuzufügen habe. Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, wieso "die Verständigung mit dem beigezogenen Dolmetscher nicht hundertprozentig" gewesen sei. Er hat im übrigen die Wesentlichkeit des von ihm behaupteten Verfahrensmangels nicht aufgezeigt, fehlt doch jegliches Vorbringen in der Richtung, welche Angaben unrichtig protokolliert worden seien und welche Protokollierung wesentlicher Angaben unterblieben sei. Die belangte Behörde durfte daher bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anzusehen sei, von seinen aktenkundigen Angaben ausgehen, dies umso mehr, als der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 25. April 1991 - in der er sonst im wesentlichen nur auf die politischen Verhältnisse in seinem Heimatland, auf Grund derer das albanische Volk keine demokratische Zukunft habe, verwies - darauf Bezug genommen hat.

Legt man aber das Vorbringen des Beschwerdeführers der rechtlichen Beurteilung zugrunde, so ist die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer befinde sich nicht aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der politischen Gesinnung (ein anderer der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründe kommt angesichts dieses Vorbringens von vornherein nicht in Betracht) verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes, gerechtfertigt. Dem Beschwerdeführer ist es nämlich damit nicht gelungen, eine solche Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Er hat keine konkreten Umstände genannt, auf Grund welcher er noch im Zusammenhang mit den Vorfällen vom 16. Februar 1991 und vom 25. Februar 1991 mit einer (weiteren) Verfolgung zu rechnen habe. Daß diesbezüglich - worauf nicht näher einzugehen ist - "auch schon konkrete Verfolgungshandlungen vorlagen", genügt hiefür nicht hat doch der Beschwerdeführer selbst angegeben, ab dem 26. Februar 1991 nicht mehr verfolgt worden zu sein. Schon deshalb geht auch das gegen die Begründung des angefochtenen Bescheides, Beschränkungen des Versammlungsrechtes träfen alle Bewohner seines Heimatlandes im gleichen Ausmaß, vorgebrachte Argument des Beschwerdeführers, daß nur derjenige verfolgt werde, der "beispielsweise an verbotenen Versammlungen tatsächlich teilnimmt, wie es für den Beschwerdeführer zutrifft", ins Leere. Das gleiche gilt hinsichtlich der Beschwerdeausführungen, daß "gerade in Regimen wie dem gegenständlichen es zum System zählt, daß die Verfolgungshandlungen zumindest teilweise ihre Grundlage im innerstaatlichen Recht haben", und "dieses innerstaatliche Recht jedoch ebenfalls an den Bestimmungen der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge zu messen" sei. Ein allfälliger Eingriff staatlicher Behörden des Heimatlandes des Beschwerdeführers in das Recht auf Versammlungsfreiheit - wie auch in dasjenige auf Meinungsfreiheit - könnte im gegebenen Zusammenhang nur in Verbindung mit einem der in der Konvention taxativ angeführten Gründe berücksichtigt werden. Derartige Gründe lagen - wie gesagt - auf Grund in der Vergangenheit liegender Vorfälle auf seiten des Beschwerdeführers für die Zukunft nicht vor; die bloße Möglichkeit, daß sich gleiche oder ähnliche Vorfälle mit sich daraus ergebenden Schwierigkeiten für den Beschwerdeführer in Hinkunft ereignen könnten, stellen aber keinen Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beweismittel fehlerhafte Niederschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010341.X00

Im RIS seit

14.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten