TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/14 91/12/0256

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/02 Gehaltsgesetz;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §56;
GehG 1956 §13b Abs1;
GehG 1956 §18 Abs1;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1 idF LGBl OÖ 29/1975;
PG 1965 §40 Abs1;
PG 1965 §5 Abs1;
PG 1965 §9;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde der S in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 29. August 1991, Zl. 115.921/1-7/86, betreffend Zurechnung von Jahren nach § 9 PG 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Fachinspektor i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Sie wurde mit Bescheid des Landesarbeitsamtes Steiermark vom 17. Juli 1981 wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit 31. Juli 1981 in den Ruhestand versetzt.

Mit Antrag vom 19. August 1986 begehrte die Beschwerdeführerin die Zurechnung von Jahren nach § 9 des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurechnung von Jahren gemäß § 9 PG 1965 gemäß § 40 Abs. 1 dieses Gesetzes infolge Verjährung ab. Begründend wird ausgeführt, ein anläßlich der Ruhestandsversetzung der Beschwerdeführerin eingeholtes ärztliches Gutachten vom 14. Juli 1981 habe zwar deren Dienstunfähigkeit ergeben, jedoch nicht auf ihre Erwerbsunfähigkeit schließen lassen. Infolgedessen sei von Amts wegen kein Verfahren gemäß § 9 PG 1965 eingeleitet worden. Auch die Beschwerdeführerin selbst sei diesbezüglich nicht initiativ geworden. Sie habe erst mit dem Antrag vom 19. August 1986, bei der belangten Behörde eingelangt am 30. Oktober 1986, versucht darzulegen, daß sie zum Zeitpunkt 31. Juli 1981 erwerbsunfähig gewesen sei und habe um Zurechnung von 10 Jahren gemäß § 9 PG 1965 ersucht. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung, habe eine Zurechnung von Jahren nur aus Anlaß der Versetzung in den Ruhestand zu erfolgen. "Anlaß" sei ein Tatbestand, durch den eine Handlung oder Haltung ausgelöst werde. Daraus sei zu folgern, daß das Pensionsgesetz keinen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Akt der Versetzung in den Ruhestand und jenem der Zurechnung fordere. Wesentlich sei nur, daß der gesetzliche Tatbestand, der zur Zurechnung berechtige, das sei das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit, zur Zeit der Versetzung in den Ruhestand verwirklicht sei. Im Fall der Beschwerdeführerin bedeute dies, daß eine Zurechnung auch nach dem 31. Juli 1981 noch möglich gewesen sei, jedoch nur innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 40 PG 1965. Den Nachweis des geforderten Tatbestands der Erwerbsunfähigkeit hätte die Beschwerdeführerin spätestens bis 31. Juli 1984 erbringen müssen, denn das Wesen der Verjährung liege nicht im Verlust des Rechtes an sich, sondern im Verlust des Rechtes der Geltendmachung. Wegen der Anspruchsverjährung sei es nicht erforderlich zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Ruhestandsversetzung tatsächlich erwerbsunfähig gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Zurechnung von 10 Jahren nach § 9 PG 1965 durch unrichtige Anwendung des § 40 PG 1965 verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist ausschließlich die Frage der Verjährung des von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Anspruches auf Zurechnung von Jahren gemäß § 9 PG 1965 strittig.

Die anzuwendende Verjährungsbestimmung des § 40 PG 1965 hat folgenden Wortlaut:

"(1) Der Anspruch auf rückständige Leistungen und das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen verjähren in drei Jahren nach ihrer Entstehung.

(2) Was trotz Verjährung geleistet worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.

(3) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind anzuwenden."

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu der damals wörtlich gleichen Bestimmung des § 13 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 15. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 109/1966, ausgesprochen hat, beginnt die Verjährungszeit bei Ansprüchen, die mittels konstitutiven Verwaltungsaktes begründet werden (z.B. auf Mehrleistungsvergütung nach § 18 des Gehaltsgesetzes 1956), erst mit der bescheidmäßigen Zuerkennung der Leistung zu laufen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1967, Zl. 1.729/66, Slg. N.F. Nr. 7.134/A). Auch nach der nunmehr an deren Stelle getretenen Bestimmung über die Verjährung im § 13b des Gehaltsgesetzes 1956 hat der Verwaltungsgerichtshof unter dem gleichen Gesichtspunkt zu einer Frage der Pensionsbemessung unter Berücksichtigung einer Verwendungszulage ausgesprochen, der Anspruch auf Bemessung der Verwendungszulage unterliege, anders als der Anspruch auf Leistung der Zulage, nicht der Verjährung. Selbst wenn der Anspruch auf Verwendungszulage wegen Verjährung abgelehnt worden war, vermöge dies die Ablehnung des pensionsrechtlichen Anspruches auf Bemessung des Ruhegenusses unter Einbeziehung einer Verwendungszulage nicht zu begründen (Erkenntnis vom 14. Dezember 1983, Zl. 82/09/0040, Slg. N.F. Nr. 11.260/A, nur Rechtsatz).

Die Bestimmung des § 40 Abs. 1 PG 1965 bezieht sich ausdrücklich nur auf den Anspruch auf rückständige Leistungen und auf das - hier nicht in Frage kommende - Recht auf Rückforderung zu Unrecht entstandener Leistungen, regelt also die Anspruchsverjährung, nicht aber die Rechtsverjährung. Durch die Rechtsverjährung verjährt ein Rechtsverhältnis oder ein Recht mit Dauerinhalt (z.B. das Recht auf Ruhegenuß schlechthin), durch die Anspruchsverjährung hingegen nur ein einzelner Anspruch (z.B. Anspruch auf Ruhegenuß für bestimmte Monate). Rechtlich unerheblich ist dabei, ob der Anspruch unmittelbar auf dem Gesetz beruht, oder ob er erst durch Bescheid begründet wird. Der Anspruch auf bescheidmäßige Feststellung eines Rechtes ist kein materiell rechtlicher, sondern ein prozessualer Anspruch und aus diesem Grund unverjährbar (vgl. in diesem Sinn Gebetsroiter-Grüner, Das Pensionsgesetz, 2. Auflage, S. 721, Anmerkung 2).

Auf Grund der dargestellten Rechtslage zeigt sich, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, weil sie eine Rechtsverjährung des Anspruches auf Zurechnung von Jahren gemäß § 9 Abs. 1 PG 1965 angenommen hat. Die von ihr in der Gegenschrift dafür angeführten praktischen Argumente können zu keiner anderen Beurteilung der Rechtsfrage führen.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120256.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten