TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/14 92/01/0399

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Veröffentlicht am 14.10.1992
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des M in B, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Oktober 1991, Zl. 4.305.431/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der damaligen UdSSR, reiste am 9. November 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 15. November 1990 einen Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Befragung gab er an, er habe die UdSSR verlassen, weil es dort keine Gerechtigkeit gebe. Er habe sein Studium abgebrochen, sehe in seinem Heimatland keine Zukunft mehr und habe Angst vor einer wirtschaftlichen Verschlechterung. All diese Gründe hätten ihn bewogen, in den Westen zu gehen, wo er sich mehr Demokratie und Gerechtigkeit erhoffe. Daraufhin stellte die Sicherheitsdirektion mit Bescheid vom 28. Jänner 1991 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, er habe sein Heimatland auf Grund politischer Verfolgung verlassen.

Mit dem Bescheid vom 18. Oktober 1991 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und sprach aus, daß dieser nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat die belangte Behörde begründend die Auffassung, der Beschwerdeführer habe seine pauschale Berufungsbehauptung nicht konkretisiert. Auch bei der niederschriftlichen Befragung sei es ihm nicht möglich gewesen, konkrete Verfolgungen seiner Person durch die staatlichen Behörden aus in der Konvention aufgezählten Gründen darzutun. Wäre er tatsächlich vor seiner Ausreise irgendeiner Verfolgung ausgesetzt gewesen, hätte er dies bereits bei seiner erstinstanzlichen Befragung vorgebracht. Dieser sei ein Dolmetscher beigezogen gewesen, sodaß Mißverständnisse auszuschließen seien; es sei auch gezielt nach Indizien einer Verfolgung gefragt worden. Der Beschwerdeführer habe somit wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Die Ablehnung des politischen Systems im Heimatland oder die Erwartung, in einem anderen Land eine bessere wirtschaftliche Situation vorzufinden, stellten keine Fluchtgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, das Verfahren sei mangelhaft, weil bei seiner Einvernahme vor der Asylbehörde erster Instanz nicht alle seine Angaben protokolliert worden seien. Die Verständigung mit dem beigezogenen Dolmetscher sei "nicht hundertprozentig" gewesen. Es fänden sich daher Passagen im Protokoll und in den Bescheiden, die er in diesem Sinne nicht gesagt habe, die zum Teil sinnwidrig seien und die er durch Urkunden widerlegen könne.

Diese Darlegungen sind in mehrfacher Hinsicht nicht zielführend. Die Aufhebung eines Berufungsbescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften setzt eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens voraus (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. November 1989, Zl. 89/01/0264); in seiner Berufung hat der Beschwerdeführer aber die nunmehr behaupteten Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens gar nicht gerügt. Schon aus diesem Grund können die oben wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerde auch Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht aufzeigt. Der Vorwurf unvollständiger bzw. unrichtiger Übersetzung und Protokollierung der Angaben des Beschwerdeführers ist nicht berechtigt. Gemäß § 15 AVG machen Niederschriften vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt zulässig. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren keine Einwendungen gegen die Niederschrift erhoben, sondern mit seiner Unterschrift bestätigt, daß ihm die Niederschrift in seiner Muttersprache vorgelesen worden sei, und seine Angaben enthalte, denen er nichts hinzuzufügen habe. Auch im Berufungsverfahren hat er nicht behauptet, daß seine Angaben unvollständig oder unrichtig protokolliert worden wären; schließlich beschränkt er sich auch in der Beschwerde auf die oben wiedergegebenen, in keiner Weise konkretisierten Vorwürfe, ohne den Beweis hiefür anzutreten.

Soweit die Beschwerde inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend macht, ist zunächst darauf zu verweisen, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren keinen Sachverhalt vorgetragen hat, der geeignet gewesen wäre, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen glaubhaft zu machen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in erster Instanz erschöpfte sich in bloßen Hinweisen auf die allgemeine Lage in seinem Heimatland; seiner Verpflichtung, konkrete, ihn selbst betreffende Umstände zu behaupten und zu bescheinigen, aus denen Furcht vor Verfolgung aus den in der oben zitierten Konventionsbestimmung genannten Gründen abgeleitet werden könnte (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 91/01/0203), hatte der Beschwerdeführer damit nicht entsprochen. Auch sein Berufungsvorbringen enthielt nicht einmal die Andeutung eines konkreten Sachverhaltes; schon aus diesem Grund war die belangte Behörde nicht gehalten, sich damit weiter auseinanderzusetzen.

Die Darlegungen der Beschwerde, der Beschwerdeführer sei Mitglied der Demokratischen Union gewesen und bei Demonstrationen mehrfach von der Polizei verhaftet, geschlagen und verletzt worden, müssen schon am Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) scheitern; derartiges hatte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht einmal angedeutet. Es erübrigt sich daher auch ein Eingehen auf jene Darlegungen der Beschwerde, die sich - offenbar im zuletzt erwähnten Zusammenhang - mit der (im angefochtenen Bescheid mangels Grundlage im Sachverhalt nicht erörterten) Frage der Asylrelevanz von Beschränkungen des Versammlungsrechtes auseinandersetzen.

Auch die (zum Teil unverständlichen, jedenfalls keinen Hinweis auf einen als Verfolgung aus Konventionsgründen zu qualifizierenden Sachverhalt enthaltenden) Darlegungen der Beschwerde, der Beschwerdeführer sei, obwohl er Student sei, zur Armee einberufen worden und habe dort bestätigen sollen, daß er zwischenzeitig einer Arbeit nachgehe, wobei ihm mitgeteilt worden sei, daß er ansonsten nicht mehr an der Universität aufgenommen werde, sind schon im Hinblick auf das Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) nicht zu beachten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010399.X00

Im RIS seit

14.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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