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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FinStrG §104 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des NP in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 14. Mai 1991, GZ. GA 10 - 507/90, betreffend Zurückweisung eines Einspruches gegen eine Strafverfügung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit einer Strafverfügung vom 20. November 1989 der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 FinStrG für schuldig erkannt; über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 95.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten verhängt.
Die Sendung mit der Strafverfügung wurde nach zwei Zustellversuchen am 24. November 1989 und am 27. November 1989 beim Postamt 1170 hinterlegt. Die Abholfrist begann am 28. November 1989. Die Sendung wurde vom Beschwerdeführer nicht behoben und langte am 20. Dezember 1989 wieder bei der Finanzstrafbehörde erster Instanz ein.
Am 7. März 1990 erhob der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter Einspruch gegen die Strafverfügung. Darin wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der postamtlichen Hinterlegung nicht im Inland befunden. Er habe sich vom 24. November 1989 bis 3. Dezember 1989 in Deutschland aufgehalten. Als Zeuge wurde BP. namhaft gemacht.
Auf eine entsprechende Aufforderung der Finanzstrafbehörde erster Instanz legte der Vertreter des Beschwerdeführers nach zweimaliger Fristverlängerung die Kopie eines an den Vertreter gerichteten Schreibens des BP. vom 23. April 1990 vor, wonach der Beschwerdeführer - der Sohn des BP. - bei ihm vom 20. November bis 5. Dezember 1989 auf Besuch gewesen sei.
In der Folge wies die Finanzstrafbehörde den Einspruch gegen die Strafverfügung als verspätet zurück. Unter Hinweis auf die Rechtslage (§ 17 Abs. 3 ZustellG) wurde darin ausgeführt, daß die Rückkehr des Beschuldigten innerhalb der Abholfrist erfolgt sei; es sei ihm auch ein Abholtag zur Verfügung gestanden, weshalb die Zustellung am 6. Dezember 1989 wirksam geworden sei.
In der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich (gemeint nach dem 5. Dezember 1989) aus beruflichen Gründen noch längere Zeit in Deutschland aufgehalten und sei schließlich am 15. Dezember 1989 tatsächlich an die Abgabestelle zurückgekehrt.
Im Beschwerdeverfahren wurde dem Beschwerdeführer von der Finanzstrafbehörde erster Instanz vorgehalten, daß er (im Hinblick auf seine Rückkehr am 15. Dezember 1989) von der Möglichkeit, die Strafverfügung am Samstag, dem 16. Dezember 1989, und am Montag, dem 18. Dezember 1989, zu beheben, keinen Gebrauch gemacht habe. Laut Hinweis auf der Hinterlegungsanzeige werde ein Schriftstück bis zum dritten Montag, der dem Tag der Verständigung über die Hinterlegung folgt, beim Postamt zur Abholung bereitgehalten und erst dann wieder an die absendende Behörde rückgemittelt.
Daraufhin teilte der Beschwerdeführer mit, er sei zwar am 15. Dezember 1989 aus Deutschland zurückgekehrt, aber nicht, "wie offensichtlich aufgrund eines Versehens durch meinen ausgew. rechtsfreundlichen Vertreter angeführt", an die Abgabestelle; er sei direkt zu seiner Mutter GP. nach W. im Burgenland weitergefahren, um seine gesundheitlich beeinträchtigte Mutter auch im Hinblick auf das nahende Weihnachtsfest zu besuchen und ihr bei den Weihnachtsvorbereitungen beizustehen. Er habe sich einige Tage bei seiner Mutter aufgehalten, sodaß es ihm auch nicht möglich gewesen sei, das Schriftstück am 18. Dezember 1989 abzuholen.
GP. verweigerte bei der im Amtshilfeweg durch das Finanzamt O. durchgeführten Vernehmung als Zeugin die Aussage.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die (Administrativ-)Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, daß die zuletzt abgeänderte Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers eine bloße Schutzbehauptung sei. Die Zustellung sei daher innerhalb der Abholfrist (die am 18. Dezember 1989 endete) wirksam geworden.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, sie habe aus dem Umstand, daß die Mutter des Beschwerdeführers die Aussage als Zeugin verweigert hat, geschlossen, er sei "zum fraglichen Zeitpunkt an seiner Abgabestelle anwesend" gewesen. Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugeben, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unmittelbar nach der Darstellung von Sachverhaltselementen, wobei die Behörde zuletzt auf die Tatsache der Aussageverweigerung durch die Mutter des Beschwerdeführers verwies, ihre Folgerung (mit den Worten "Es muß daher davon ausgegangen werden ...") anschloß. Bei einer verständigen Würdigung der Begründung der angefochtenen Beschwerdeentscheidung in ihrer Gesamtheit ist dieser jedoch zu entnehmen, daß die Behörde zu ihrer Schlußfolgerung, die zuletzt gegebene Darstellung stelle eine Schutzbehauptung dar, auf Grund des von ihr eingehend wiedergegebenen gesamten Sachverhaltes gelangt ist.
Im Beschwerdefall wurde ursprünglich die Behauptung aufgestellt, der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung nicht im Inland, sondern bis 3. Dezember 1989 in Deutschland aufgehalten. Nach Darstellung der Rechtslage (insbesondere § 17 Abs. 3 vierter Satz letzte Alternative ZustellG) wurde die Behauptung über die Ortsabwesenheit abgeändert und ausdrücklich die Rückkehr an die Abgabestelle für 15. Dezember 1989 angegeben. Erst als die Finanzstrafbehörde den Beschwerdeführer schriftlich darauf aufmerksam machte, daß die Abholfrist - im Hinblick auf § 186 Postordnung, BGBl. Nr. 110/1957 - erst am 3. Montag nach ihrem Beginn, somit am 18. Dezember 1989 endete, änderte er sein Vorbringen neuerlich. Die zuletzt gemachte Behauptung konnte vom Beschwerdeführer nicht unter Beweis gestellt werden, weil die zu diesem Beweisthema vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeugin, seine Mutter, die Aussage verweigerte. Die von der belangten Behörde aus den vorliegenden Feststellungen gezogene Folgerung, es habe sich bei der letzten Behauptung um eine "Schutzbehauptung" gehandelt, erscheint damit schlüssig und entspricht den Denkgesetzen.
Wenn der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 104 Abs. 3 FinStrG rügt, es sei nicht überprüft worden, warum die Zeugin die Aussage verweigerte, so ist ihm folgendes entgegenzuhalten: Die Bestimmung des § 104 Abs. 3 FinStrG, wonach der Zeuge die Gründe der Verweigerung der Aussage glaubhaft zu machen hat, bezieht sich - abgesehen von der Tatsache des Angehörigkeitsverhältnisses als solchem - nicht auf § 104 Abs. 1 lit. a FinStrG (welche Bestimmung im Beschwerdefall zur Anwendung gekommen ist), sondern auf die übrigen Weigerungsgründe nach Abs. 1 sowie jene des Abs. 2 des § 104 FinStrG, nach welchen Bestimmungen - anders als nach § 104 Abs. 1 lit. a FinStrG - nicht eine generelle Aussageverweigerung, sondern nur die Veweigerung von Aussagen auf bestimmte Fragen bzw. über bestimmte Informationen vorgesehen ist. Für die Aussageverweigerung nach lit. a leg. cit. genügt, wie gesagt, die Tatsache des Angehörigenverhältnisses.
Der Beschwerdeführer weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Tatsache einer Zeugnisentschlagung schon ihrem Sinn und Zweck nach kein für die Beweiswürdigung verwertbarer Umstand ist (vgl. zuletzt die Entscheidung des OGH vom 23. Oktober 1985, 9 Os 98/85, SSt 56/82). Die Verweigerung der Aussage durch die vom Beschwerdeführer namhaft gemachte Zeugin hat jedoch zur Folge, daß dieses Beweismittel (Zeugenbeweis) zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes nicht in Betracht gekommen ist.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellt der Umstand, daß die Zeugin GP. im Amtshilfeweg vernommen wurde, keinen Verfahrensmangel dar, weil dem Finanzstrafverfahren ein Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens fremd ist (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Oktober 1991, 90/13/0279).
Auch der Umstand, daß dem Beschwerdeführer die Tatsache der Aussageverweigerung der Zeugin GP. nicht vorgehalten wurde, stellt aus der Sicht des Beschwerdefalles keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, weil vom Beschwerdeführer nicht dargestellt wurde, zu welchem anders lautenden Bescheid die Behörde bei einem Vorhalt hätte gelangen können.
Die Beschwerde, die zu ihrem Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben, keine Ausführungen enthält, war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991130158.X00Im RIS seit
11.07.2001