TE Vwgh Beschluss 1992/10/14 92/01/0771

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.1992
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 lita;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über den Antrag des M in E, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in N, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln im hg. Verfahren Zl. 92/01/0276, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit hg. Beschluß vom 1. Juli 1992, Zl. 92/01/0276, wurde das Verfahren eingestellt, weil der damalige Beschwerdeführer (und nunmehrige Antragsteller) den ihm mit Verfügung vom 21. April 1992 erteilten Mängelbehebungsauftrag teilweise nicht erfüllt hat. Dabei handelte es sich darum, daß der Beschwerde weiterhin eine Ausfertigung, Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides nicht angeschlossen war und überdies die zurückgestellte Beschwerde nicht wieder vorgelegt wurde.

Im vorliegenden (gemäß § 46 Abs. 3 VwGG als rechtzeitig anzusehenden) Wiedereinsetzungsantrag wies der Antragsteller darauf hin, daß sich aus dem Rubrum des als "Verwaltungsgerichtshofbeschwerde" bezeichneten ergänzenden Schriftsatzes vom 11. Juni 1992 ergebe, daß sein im Rahmen der Bewilligung der Verfahrenshilfe beigegebener Vertreter, an den der Mängelbehebungsauftrag zugestellt worden ist, beim Diktat "auf die vorzulegenden Urkunden Bedacht genommen" habe. Die im Rubrum angeführten "3 Beilagen" hätten sich nämlich 1. aus der Kopie des angefochtenen Bescheides, 2. aus der zurückgestellten Beschwerde "einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen" und 3. aus dem bereits von ihm vorgelegten Urkundenkonvolut, bestehend aus einer "Todesliste der Albaner im Kosovo", einen näher bezeichneten Erlaß der belangten Behörde vom 4. Juni 1975 sowie einem bestimmten internationalen Bericht über die gesundheitliche Versorgungssituation im Kosovo, zusammengesetzt. Die genannten Beilagen seien der "Verwaltungsgerichtshofbeschwerde" auch noch angeschlossen gewesen, als sie dem Vertreter des Antragstellers zur Unterschrift vorgelegt worden seien. Der Fehler, welcher zur Folge gehabt habe, daß "die gegenständliche Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ohne die aufgetragenen Beilagen vorgelegt wurde", könne somit bloß beim Abfertigen der Tagespost passiert sein, welche Aufgabe dem namentlich genannten, überaus gewissenhaften und zuverlässigen Kanzleileiter obliege. Da es diesbezüglich bisher (innerhalb der letzten 20 Jahre) keine wie immer gearteten Gründe für Beanstandungen gegeben habe, sei der Vertreter des Antragstellers auch nicht "zu außergewöhnlicher persönlicher Aufsicht bzw. Kontrollmaßnahmen genötigt" gewesen.

Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, ist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Dem Antragsteller ist - entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem die Beschlüsse vom 22. September 1983, Zl. 83/08/0108, und vom 18. Dezember 1987, Zlen. 87/11/0252, 0254, 0256) - darin beizupflichten, daß dann, wenn einem Angestellten, dessen Verläßlichkeit im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft dargetan wird, erst nach Unterfertigung eines fristgebundenen Schriftsatzes und nach Kontrolle desselben und der ihm anzuschließenden Urkunden durch den Parteienvertreter im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe ein Fehler unterläuft, dies ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne der zitierten Gesetzesstelle darstellt. Es kann aber im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, daß der Antragsteller das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes glaubhaft gemacht hätte. Zunächst spricht gegen die im Wiedereinsetzungsantrag aufgestellten Behauptungen des Antragstellers schon der Umstand, daß zwar im Rubrum des ergänzenden Schriftsatzes ("Verwaltungsgerichtshofbeschwerde") der Vermerk enthalten ist, daß "3 Beilagen" angeschlossen seien, auf der letzten Seite dieses Schriftsatzes aber die drei Beilagen, die auch tatsächlich (im einzelnen) angeschlossen waren, im einzelnen bezeichnet wurden, es sich dabei um die Beilagen handelte, die im Wiedereinsetzungsantrag als unter Punkt 3. angeschlossen gewesene Beilagen genannt werden, und sich darin jedenfalls kein Hinweis findet, daß sich darunter auch eine Kopie des angefochtenen Bescheides als "Beilage" befände. Dazu kommt, daß der im Wiedereinsetzungsantrag zur Bescheinigung angebotene Kanzleileiter des Vertreters des Antragstellers über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vor dem Bezirksgericht N am 29. September 1992 vernommen wurde und er diesbezüglich keine Aufklärung geben konnte, sondern ohne nähere Begründung im Hinblick darauf, daß er sich an die damaligen Vorgänge weiters nicht mehr erinnern könne, angenommen hat, daß er die erforderlichen "Beilagen" beim Abfertigen irrtümlicherweise nicht in das Kuvert gegeben haben dürfte. Damit erscheint vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, daß die zurückgestellte Beschwerde und eine Kopie des angefochtenen Bescheides ebenfalls bereits im Zeitpunkt der Unterfertigung des ergänzenden Schriftsatzes durch seinen Vertreter angeschlossen waren. Waren sie aber zu diesem Zeitpunkt nicht angeschlossen, so hat es der Vertreter des Antragstellers unterlassen, die bei Unterfertigung des Schriftsatzes gebotene Kontrolle hinsichtlich der vollständigen Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages vorzunehmen, worin nicht mehr ein bloß minderer Grad des Versehens gelegen ist (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1992, Zl. 92/01/0389).

Dem vorliegenden Antrag war somit nicht stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992010771.X00

Im RIS seit

14.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten