TE Vfgh Erkenntnis 1990/3/15 G10/90

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Veröffentlicht am 15.03.1990
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9400 Gemeindesanitätsdienst, Sprengelärzte

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität B-VG Art140 Abs4 Bgld GemeindesanitätsG §25 Abs1 Bgld LandesbeamtenG §14 Z5 PG 1965 §40a

Leitsatz

Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Verweisung auf die als verfassungswidrig aufgehobenen Ruhensbestimmungen des Pensionsgesetzes im Bgld. Gemeindesanitätsgesetz

Spruch

Die Wendung "die Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, sowie" in §25 Abs1 des Gemeindesanitätsgesetzes 1971, LGBl. f.d. Burgenland Nr. 14/1972, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1980 war bis zum Ablauf des 30. Juni 1988 verfassungswidrig.

Diese Gesetzesbestimmung ist auf die bis zum Ablauf des 30. Juni 1988 verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden.

Der Landeshauptmann von Burgenland ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Landesgesetzblatt kundzumachen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der an dieser Gesetzesprüfungssache beteiligte Beschwerdeführer des Anlaßbeschwerdeverfahrens B761/89 steht als Kreisarzt des Ruhestandes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Sanitätskreis Marz-Sieggraben. Mit Bescheid vom 12. Juni 1989 sprach die Burgenländische Landesregierung im Hinblick auf ein Erwerbseinkommen des Beteiligten unter Berufung auf §25 Abs1 des Gemeindesanitätsgesetzes 1971 (idF der Novelle LGBl. 28/1980) sowie auf §40a des Pensionsgesetzes 1965 (in der jeweils für Landesbeamte geltenden Fassung) aus, daß sein Ruhebezug ab 1. Jänner 1986 bis einschließlich 30. Juni 1988 monatlich in bestimmter ziffernmäßig angeführter Höhe (nämlich in einem Betrag im Ausmaß von 50 % des jeweiligen Anfangsgehaltes der Verwendungsgruppe E) zu ruhen hatte. Dieser Bescheid ist Gegenstand der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde.

2. Aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens beschloß der Verfassungsgerichtshof, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der im §25 Abs1 des Gemeindesanitätsgesetzes 1971 idF der Novelle LGBl. 28/1980 enthaltenen Wendung "die Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, sowie" einzuleiten.

II. Im Prüfungsbeschluß stellte der Gerichtshof die in Betracht zu ziehende Rechtslage folgendermaßen dar:

"1.a) §3 Abs1 des Gemeindesanitätsgesetzes 1971, LGBl. f.d. Burgenland 14/1972, zufolge sind Kreisärzte öffentlich-rechtliche Bedienstete, die von einem Sanitätskreis auf Grund dieses Gesetzes angestellt werden. Nach Abs2 dieses Paragraphen sind die für Gemeindeärzte getroffenen dienstrechtlichen Regelungen dieses Gesetzes, sofern nicht anderes bestimmt wird, auch auf Kreisärzte anzuwenden, mithin auch der im 'Pensionsansprüche' überschriebenen

4. Abschnitt enthaltene, unter der Rubrik 'Anwendung besonderer Bestimmungen' stehende §25, dessen erster Satz im Abs1 idF der 1. Novelle zum Gemeindesanitätsgesetz 1971 (LGBl. 28/1980) folgenden Wortlaut hat:

'(1) Soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, sind die Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, sowie die §§13, 14 Abs1 und 3 bis 6, 16 Abs1 Z. 1, Abs2 und 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, in ihrer jeweils für Landesbeamte geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden.'

b) Nach Abs1 in dem mit 'Anwendbarkeit bundesgesetzlicher Bestimmungen' überschriebenen §2 des Landesbeamtengesetzes 1985, LGBl. f.d. Burgenland 48, sind, soweit durch dieses Gesetz nicht anderes bestimmt wird, auf die Landesbeamten die für das Dienstrecht einschließlich des Besoldungs-, Disziplinar- und Pensionsrechtes der öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Bundes maßgebenden Bundesgesetze sinngemäß anzuwenden. §14 des Landesbeamtengesetzes 1985 sieht - gemäß seiner Überschrift - 'Abweichungen von dienst- und besoldungsrechtlichen Vorschriften des Bundes' vor, und bestimmt im einzelnen, daß dort aufgezählte Bundesgesetze (nach Maßgabe besonderer Bestimmungen) sinngemäß anzuwenden sind; die Z5 dieser Aufzählung hat (auszugsweise wiedergegeben) folgenden Wortlaut:

'5. Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340:

a) Das Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340, ist in der am 28. Feber 1985 geltenden Fassung anzuwenden.

....'

Die 1. Novelle zum Landesbeamtengesetz 1985 (LGBl. 2/1987) fügte dem §2 dieses Gesetzes einen Abs2 ein, der (soweit er im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung ist) wie folgt lautet:

'(2) Auf die Landesbeamten sind überdies folgende Bundesgesetze sinngemäß anzuwenden:

1) Das Bundesgesetz vom 26. September 1985, BGBl. Nr. 426, mit dem das Pensionsgesetz 1965, das Nebengebührenzulagengesetz und die Bundesforste-Dienstordnung geändert werden

(8. Pensionsgesetz-Novelle; 6. Nebengebührenzulagengesetz-Novelle; Bundesforste-Dienstordnungsnovelle 1985); dieses Gesetz ist nach Maßgabe folgender Bestimmungen anzuwenden:'

Die (vorhin teilweise wiedergegebene) Z5 im §14 des Landesbeamtengesetzes 1985 hatte zufolge der 1. Novelle zu entfallen. Mit der 3. Novelle zum Landesbeamtengesetz 1985 (LGBl. 53/1988) wurde dem §14 dieses Gesetzes (wiederum) eine Z5 folgenden Wortlautes angefügt:

'5. Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340:

§40a ist ab 1.7.1988 nicht anzuwenden.'

2. Durch §1 der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung LGBl. 17/1977 wurde der Landesregierung die Besorgung bestimmter Angelegenheiten des Gemeindesanitätsgesetzes 1971 übertragen, darunter nach Z2 die Vollziehung der pensionsrechtlichen Vorschriften in bezug auf die Kreisärzte des Dienst- und Ruhestandes."

III. 1. In verfahrensmäßiger Hinsicht ging der Verfassungsgerichtshof in seinem Einleitungsbeschluß vorläufig davon aus, daß er bei der Entscheidung über die Beschwerde (auch) §25 Abs1 des Gemeindesanitätsgesetzes 1971 (in der erwähnten novellierten Fassung) anzuwenden hätte, der den persönlichen Geltungsbereich des für die Landesbeamten als landesrechtliche Vorschrift sinngemäß geltenden Pensionsgesetzes 1965, mithin auch dessen (bis einschließlich 30. Juni 1988 anzuwendenden) §40a, auf die (Gemeinde- und) Kreisärzte ausdehnte. Da diese Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs sprachlich in der im §25 Abs1 enthaltenen Wendung "die Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, sowie" zum Ausdruck komme, könne die Verfassungsmäßigkeitsprüfung auf diese Wendung beschränkt werden.

2. Die verfassungsrechtlichen Bedenken stellte der Gerichtshof unter Bezugnahme auf seine Vorjudikatur dar. Er habe mit dem Erk. G184/87 (und weitere Zahlen) vom 16. März 1988 §40a des Pensionsgesetzes 1965 idF der Novelle BGBl. 426/1985 wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot als verfassungswidrig aufgehoben sowie mit den Erkenntnissen G10/87 vom 17. Juni 1988 und G174/88 vom 26. September 1988 aus dem gleichen Grund festgestellt, daß korrespondierende Bestimmungen (verschiedener Fassungen) der (Wiener) Pensionsordnung 1966 verfassungswidrig waren. Der Gerichtshof halte die in Prüfung gezogene Gesetzesvorschrift wegen der aus ihr folgenden inhaltlichen Verweisung auf §40a des Pensionsgesetzes 1965 unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes für verfassungsrechtlich bedenklich und erachte es als ausreichend, diesbezüglich auf die Entscheidungsgründe seines erstangeführten Erkenntnisses G184/87 (und weitere Zahlen) Bezug zu nehmen.

IV. Die Burgenländische Landesregierung sah von einer Äußerung im vorliegenden Gesetzesprüfungsfall ab.

V. 1. Das Gesetzesprüfungsverfahren erweist sich - da sämtliche Prozeßvoraussetzungen vorliegen - als zulässig. Der Verfassungsgerichtshof bleibt insbesondere bei seiner Annahme über die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Wendung im §25 Abs1 des Gemeindesanitätsgesetzes 1971 (idF der Novelle LGBl. 28/1980).

2. Die unter dem Aspekt des Gleichheitsgebotes gegen diese Gesetzesstelle geäußerten Bedenken sind begründet. Der Verfassungsgerichtshof hält an der Rechtsauffassung, die er in seinem §40a des Pensionsgesetzes 1965 idF der Novelle BGBl. 426/1985 betreffenden Erk. G184/87 (und weitere Zahlen) vom 16. März 1988 eingehend dargelegt hat, weiterhin fest, welche er auch in seinen schon erwähnten, gleichgelagerte Gesetzesprüfungssachen betreffenden Erkenntnissen G10/87 vom 17. Juni 1988 und G174/88 vom 26. September 1988 beibehielt.

Da §40a des Pensionsgesetzes 1965 (idF der Novelle BGBl. 426/1985) als landesrechtliche Vorschrift zufolge §14 Z5 des Landesbeamtengesetzes 1985 idF der 3. Novelle (LGBl. 53/1988) ab 1. Juli 1988 nicht mehr anzuwenden ist, ist die geprüfte Wendung im §25 Abs1 des Gemeindesanitätsgesetzes 1971 seit diesem Zeitpunkt nicht mehr mit der festgestellten Verfassungswidrigkeit belastet. Der Verfassungsgerichtshof hatte sich daher auf den Ausspruch zu beschränken, daß diese Gesetzesstelle bis zum Ablauf des 30. Juni 1988 verfassungswidrig war.

3. Die übrigen Aussprüche stützen sich auf Art140 Abs7 zweiter Satz sowie auf Art140 Abs5 erster und zweiter Satz B-VG.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, VfGH / Feststellung Wirkung, Dienstrecht, Ruhensbestimmungen, Verweisung Landes- auf Bundesrecht, Geltungsbereich (persönlicher) eines Gesetzes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G10.1990

Dokumentnummer

JFT_10099685_90G00010_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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