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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz ASVG §253a AlVG §68 SonderunterstützungsG §1 Abs1 Z2 SonderunterstützungsG §13 VfGG §62 Abs1Leitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der unterschiedlichen Behandlung von Leistungen nach dem SonderunterstützungsG und Pensionsbezügen hinsichtlich ihrer Pfändbarkeit durch den Verweis auf §68 AlVG in §13 SonderunterstützungsGSpruch
Dem Antrag wird keine Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Landesgericht Linz ist ein Rekursverfahren gegen einen Beschluß des Bezirksgerichtes Mauthausen anhängig, mit dem die Exekution zur Hereinbringung einer näher bezeichneten vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei durch Pfändung der der verpflichteten Partei als Dienstnehmer gegen den Drittschuldner Arbeitsamt Perg angeblich zustehenden Bezüge und Überweisung der gepfändeten Bezüge zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung gemäß §39 Abs1 Z2 der Exekutionsordnung eingestellt wurde. Dieser Beschluß erging nach einer Mitteilung des Arbeitsamtes Perg an das Bezirksgericht Mauthausen, daß die bewilligte Exekution Bezüge betreffe, die gemäß §13 des Sonderunterstützungsgesetzes - SUG, BGBl. 642/1973, idF des Gesetzes BGBl. 568/1985, iVm §68 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. 609, unpfändbar seien.
2. Das Rekursgericht stellt unter Berufung auf Art140 Abs1 iVm Art89 Abs2 B-VG den Antrag, §13 SUG "im Umfang des Verweises auf die Bestimmung des §68 AlVG" als verfassungswidrig aufzuheben.
3. §13 SUG (in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl. 568/1985) hat folgenden Wortlaut:
"§13. Im übrigen gelten die §§1, 8, 9 Abs1, 3 und 4, 10 bis 15, 17 Abs2, 22 Abs1, 24, 25, 44 bis 48, 49 Abs2, 50 bis 55, 57 sowie 67 bis 73 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 sinngemäß."
§68 AlVG (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. 615/1987) bestimmt folgendes:
"§68. Die Ansprüche auf Arbeitslosengeld, Karenzurlaubsgeld und auf Notstandshilfe können rechtswirksam nur in folgenden Fällen übertragen, verpfändet oder gepfändet werden:
1.
zur Deckung von Forderungen auf Ersatz unberechtigt bezogener Leistungen nach diesem Bundesgesetz mit der Maßgabe, daß dem Verpflichteten die Hälfte der Bezüge frei bleiben muß;
2.
zur Deckung gesetzlicher Unterhaltsansprüche gegen den Anspruchsberechtigten mit der Maßgabe, daß §6 des Lohnpfändungsgesetzes, BGBl. Nr. 51/1955, sinngemäß anzuwenden ist."
4. Das antragstellende Gericht hat seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §13 SUG (im angefochtenen Umfang) folgendermaßen dargelegt:
"Gegen die genannte Gesetzesbestimmung bestehen folgende die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz betreffende Bedenken:
Aufgabe der Rechtsordnung muß es sein, für einen vernünftigen Interessenausgleich zu sorgen, der die Befriedigung des Gläubigers grundsätzlich sichert und dabei die Existenz des Schuldners womöglich schont (Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht2, 19). Dieses Bedürfnis nach Schuldnerschutz schwankt entsprechend der allgemeinen Wirtschaftslage. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten - wie gegenwärtig - droht doch vielen unverschuldet der finanzielle Ruin; sie kann nur ein Vollstreckungsnotrecht retten.
Unter diesem Aspekt genießt das Arbeitseinkommen der Verpflichteten je nach Materie und Sinn und Zweck der Bezüge in verschiedenen Gesetzen einen stärkeren oder weniger stark ausgeprägten Pfändungsschutz. Das Arbeitslosenversicherungsgesetz und das Sonderunterstützungsgesetz legen in diesem Sinne einen besonders weitgehenden Pfändungsschutz fest, denn dieses Einkommen ist nur wegen unberechtigt bezogener Leistungen nach diesen Gesetzen und zur Deckung gesetzlicher Unterhaltsansprüche pfändbar (§§13 SUG, 68 AlVG). Ob diese völlige Gleichbehandlung der beiden Bezüge in exekutionsrechtlicher Hinsicht allerdings gerechtfertigt ist, ist zu bezweifeln.
Bei Beurteilung derartiger Probleme vertritt der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, daß Unterschiede in der Qualität von Pfändungsobjekten eine unterschiedliche Regelung in bezug auf den Pfändungsschutz sachlich begründen können (VFSlg. 4279, 9937). Dieser Grundsatz erscheint auch in verschiedenen Gesetzen, dabei sei vor allem auf das Lohnpfändungsgesetz und die verschiedenen sozialversicherungsrechtlichen Normen hingewiesen, verwirklicht. Der Grund für die Unpfändbarkeit ist ein verschiedener. Zum Teil sind es Fälle, in denen ein Mehraufwand ersetzt wird, zum Teil soll der mit der Vergütung verbundene Zweck vor dem Zugriff der Gläubiger schützen (§68 AlVG, §30 HgebG, §27 FamLAG, §11 UrlG, §§3 und 4 LPfG; VFSlg. 4860).
Die Entscheidung über den Rekurs der betreibenden Partei macht nun die Überlegung notwendig, ob die völlige Gleichbehandlung der Bezüge nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz und jener nach dem Sonderunterstützungsgesetz in bezug auf den Pfändungsschutz sachlich begründet ist. Während die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung primär den Zweck haben, im Notfall der Arbeitslosigkeit unterstützend einzugreifen und dem Berechtigten nur für einen vorübergehenden Zeitraum, bis er imstande ist, sich selbst einen Unterhalt zu verschaffen, Versorgung und Unterhalt zu sichern, will das Sonderunterstützungsgesetz generell allen älteren Arbeitslosen mit längerer Versicherungsdauer einen um 1 Jahr früheren Übergang in die Pension ermöglichen (Tomandl, Grundriß des österreichischen Sozialrechts3, 205); es enthält also vorwiegend Elemente der Pensionsversicherung und ist daher bei Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eher mit diesem Abschnitt des ASVG als mit den Intentionen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu vergleichen. Die vom historischen Ursprung her ähnliche Leistung nach dem
4. Teil des ASVG ist aber in exekutionsrechtlicher Hinsicht weniger geschützt als die Bezüge nach dem Sonderunterstützungsgesetz. Denn gemäß §98 a ASVG genießen die Pensionen aus der Pensionsversicherung lediglich einen Pfändungsschutz nach den Bestimmungen der §§5 - 9 LPfG; nur das Übergangsgeld aus der Pensionsversicherung und das Wochengeld aus der Krankenversicherung sind bedingt, also nur nach Billigkeit, pfändbar.
Ist aber die Sonderunterstützung mit Leistungen aus der Pensionsversicherung vergleichbar, können hier die Argumente des Verfassungsgerichtshofs zur Invaliditätspension für die Beurteilung des vorliegenden Falles herangezogen werden. Wenn aber der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß sich die Invaliditätspension gewissermaßen als vorweggenommene Alterspension darstellt (VFSlg. 9937), so muß dies unter Zugrundelegung der Intentionen des Sonderunterstützungsgesetzes auch für die Sonderunterstützung gelten.
Unter Anwendung dieser Grundsätze erscheint daher eine exekutionsrechtliche Gleichbehandlung der Sonderunterstützung mit der Pension aus dem ASVG eher gerechtfertigt, als eine solche mit dem Arbeitslosenversicherungsgesetz. Das Rekursgericht vertritt demnach die Auffassung, daß §13 SUG im Umfang des Verweises auf §68 AlVG den Gleichheitsgrundsatz verletzt und daher verfassungswidrig ist."
5. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie zunächst ausführt, der Antrag des Landesgerichtes Linz bezeichne nicht mit hinreichender Deutlichkeit die angefochtene Gesetzesstelle; er sei daher als unzulässig zurückzuweisen.
In der Sache selbst legt die Bundesregierung folgendes dar:
"1. Nach Ansicht der Bundesregierung ist das Sonderunterstützungsgesetz ein spezieller Normenkomplex auf dem Gebiet des Arbeitslosenversicherungsrechtes; es entspricht sowohl in der Intention als auch in der Systematik dem AlVG, dessen Bestimmungen durch die Verweisungsnorm des §13 SUG in dem dort genannten Umfang sinngemäß auch auf den Bereich der Sonderunterstützung Anwendung finden. Eine von mehreren der durch die Verweisung des §13 SUG auch im Bereich der Sonderunterstützung anwendbaren Bestimmungen des AlVG ist der eine Pfändungsbeschränkung anordnende §68.
Die vom antragstellenden Landesgericht für unsachlich erachtete Gleichbehandlung des Pfändungsschutzes nach dem SUG und dem AlVG ist nach Ansicht der Bundesregierung keineswegs von den vom antragstellenden Landesgericht vorgebrachten Bedenken betroffen, sondern ist lediglich Ausdruck konsequenter Beachtung der vom Gesetzgeber einmal gewählten Systematik, die Sonderunterstützung als Spezialbereich der Arbeitslosenunterstützung zu regeln. Dies ergibt sich nicht nur aus der in §13 SUG gewählten Verweisung auf Bestimmungen des AlVG, sondern bereits aus dem allgemeinen Aufbau des SUG und aus den vom Gesetzgeber im SUG gewählten Formulierungen:
-
Nach §1 Abs1 SUG haben Anspruch auf Sonderunterstützung
Personen, denen die Arbeitsmarktverwaltung auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmaßnahmen im Sinne des §19 Abs1 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes keine zumutbare Beschäftigung vermitteln kann und die im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses das 55., Frauen das 50., Lebensjahr vollendet haben und vor Eintritt der Arbeitslosigkeit in einem Dienstverhältnis standen, das aus bestimmten, gesetzlich umschriebenen Gründen geendet hat, wenn zudem der Betrieb zu einem der gesetzlich umschriebenen Wirtschaftszweige gehört (Z1); oder die das 59., Frauen das 54., Lebensjahr vollendet haben und in den letzten 25 Jahren vor Geltendmachung des Anspruches mindestens 180 Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt waren sowie die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen (Z2). Gemäß §1 Abs1 letzter Satz SUG ist weiters allgemeine Voraussetzung für den Anspruch auf Sonderunterstützung, daß die Person arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.
-
Wenn auch nach §5 SUG die Sonderunterstützung gemäß §1 Abs1
Z1 SUG in der Höhe der Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits-, Knappschaftsvoll- bzw. Erwerbsunfähigkeitspension gebührt, so finden dennoch für die Bemessung der Sonderunterstützung für den Personenkreis gemäß §1 Abs1 Z2 SUG die §§20 und 21 AlVG (Höhe des Arbeitslosengeldes) sinngemäß Anwendung, wobei dann ein Zuschlag zu dem nach §21 Abs3 AlVG berechneten Betrag gebührt. Auch hinsichtlich des Anspruches auf Familienbeihilfe ist der Bezug der Sonderunterstützung dem Bezug einer Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung gleichzuhalten (§5 Abs6 und 7 letzter Satz SUG).
-
Nach §8 SUG wird das Verfahren vom Arbeitsamt durchgeführt.
-
Gemäß §9 SUG ist für Bezieher von Sonderunterstützung eine Kontrollmeldung nach §49 AlVG bei Vorliegen einer im Sinne des §1 Abs2 SUG zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeit vorzuschreiben.
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Gemäß §12 SUG wird der Aufwand für den Personenkreis im Sinne
des §1 Abs1 Z1 zu zwei Drittel aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung und zu einem Drittel aus Bundesmitteln und für den Personenkreis im Sinne des §1 Abs1 Z2 zu vier Fünftel aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung und einem Fünftel aus Bundesmitteln gedeckt.
2. Aus dem oben dargestellten Vergleich ist nach Ansicht der Bundesregierung erkennbar, daß sowohl im SUG als auch im AlVG eine beitragsleistungspflichtige Riskengemeinschaft unselbständig Beschäftigter gegen das Risiko einer im jeweiligen Gesetz genannten maximalen Zeit der Arbeitslosigkeit unter der Voraussetzung, daß sowohl Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit als auch Arbeitslosigkeit vorliegen, versichert wird. Es handelt sich in beiden Fällen um eine reine Versicherungsleistung, so daß es auch auf eine Bedürftigkeit beim Zuspruch der Leistung nicht ankommt. Zur Durchführung sind in beiden Gesetzen die Arbeitsämter berufen.
Wesentlicher Punkt scheint der Bundesregierung aber dabei der Aspekt der Mittelaufbringung zu sein:
Das AlVG sieht vor, daß der Bund die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bevorschußt, daß die endgültige Bedeckung des Aufwandes jedoch durch die Pflichtbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgebracht wird (§61 und §64 AlVG).
Das SUG bestimmt in §12, daß die Deckung des Aufwandes einerseits zu zwei Drittel aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung und zu einem Drittel aus Bundesmitteln (§12 lita) andererseits zu vier Fünftel aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung und zu einem Fünftel aus Bundesmitteln (§12 litb) zu bestreiten ist.
Die Mittel der Sonderunterstützung werden danach also durch denselben Personenkreis erbracht wie die Mittel der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG.
Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum SUG, 878 BlgNR XIII. GP, zeigen eindeutig, daß es sich bei diesem Gesetz um eine Regelung über die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und nicht - wie das antragstellende Landesgericht vermeint - um eine vorweggenommene Pensionsregelung handelt:
' . . . Diese im Interesse des wirtschaftlichen Wachstums
wünschenswerten und angestrebten Strukturveränderungen bringen
notwendigerweise Umstellungen mit sich, die auch die Einschränkung
und in manchen Fällen auch die Schließung von Betrieben notwendig
machen. Eine vorausplanende Politik kann nun nicht auf der einen
Seite das Ziel des Wirtschaftswachstums anstreben und ihre
Maßnahmen fördern, auf der anderen Seite aber die von den damit
zusammenhängenden Umstellungen Betroffenen sich selbst überlassen.
Nicht nur weil es unbillig wäre, daß die Vorteile notwendiger
Umstellungen der gesamten Volkswirtschaft zugute kommen, die Lasten
dieser Umstellung aber die betroffenen Arbeitskräfte tragen zu
lassen, sind hier besondere Vorkehrungen notwendig . . . '
Diese Vorsorge soll - so die Erläuterungen weiter - in erster Linie
darin bestehen, daß dem Dienstnehmer Hilfe bei der Umsetzung in
andere Beschäftigungen geboten wird. Es stünde zwar bereits das
Instrumentarium des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr.
31/1969, zur Verfügung. Aber es könne dort
' . . . , wo ein Betrieb eingeschränkt oder geschlossen werden muß,
der Fall eintreten, daß die Lösung des Beschäftigungsproblems der Betroffenen auf außergewöhnliche Schwierigkeiten stößt. Das kann der Fall sein, weil der Betrieb etwa als einziger die Wirtschaftsstruktur eines Raumes bestimmt und die Versorgung einer großen Zahl von Arbeitskräften gleichzeitig zumindest regional zu erheblichen Schwierigkeiten führt. Unter solchen Umständen kann sich das bestehende Instrumentarium des Arbeitsmarktförderungsgesetzes als nicht ausreichend erweisen. Das wird stets dann der Fall sein, wenn Übersiedlungen im größerem Umfang - insbesondere für die Besitzer von Eigenheimen am bisherigen Arbeitsort - oder umfangreiche Schulungsmaßnahmen notwendig werden. Um auch in diesem Fall die Lösung des Problems für den Einzelnen erleichtern zu helfen, sollte die in Artikel II vorgesehene, das Instrumentarium des Arbeitsmarktförderungsgesetzes ergänzende Beihilfe eingesetzt werden.'
In den Erläuterungen wird weiters darauf hingewiesen, daß nach den gewonnenen Erfahrungen damit gerechnet werden müsse, daß für Arbeitskräfte, die ein bestimmtes Lebensalter überschritten und ihre Beschäftigung verloren hätten, die Erhaltung im Arbeitskräftepotential unter zumutbaren Bedingungen plötzlich nicht möglich sei, wobei sich die Zumutbarkeit nicht nur hinsichtlich der Beschäftigungsaufnahme selbst sondern auch nach der Notwendigkeit einer Übersiedlung oder einer lang dauernden Umschulung in einen anderen Beruf beurteilen lasse.
Zu den Fragen des Pfändungsschutzes findet sich in den Erläuterungen zum SUG keine besondere Aussage.
Auch in den Materialien zum AlVG findet sich keine Erklärung der gesetzgeberischen Intentionen hinsichtlich des Pfändungsschutzes. Erst zur Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz BGBl. Nr. 198/1963, mit der §68 AlVG die derzeit noch immer geltende Fassung erhielt, finden sich Erläuternde Bemerkungen (159 BlgNR X. GP). Die Begründung beschränkt sich aber darauf, daß angesichts der Aufhebung der Bestimmung des §98 Abs1 Z2 des ASVG durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1962, G5/62 (VfSlg. 4279/1962), eine Änderung des AlVG für angebracht gehalten werde. Dabei blieb jedoch ein Teil der alten Regelung des §68 AlVG, wonach zur Deckung von Forderungen auf Ersatz unberechtigt bezogener Leistungen das Arbeitslosengeld, das Karenzurlaubsgeld und die Notstandshilfe bis zur Hälfte der Bezüge gepfändet werden können, unverändert.
Das antragstellende Landesgericht äußert nun seine gleichheitsrechtlichen Bedenken nicht dahingehend, daß die Regelung des AlVG im Verhältnis zum ASVG eine unsachliche Differenzierung vorsehe, sondern lediglich, daß die durch den Verweis des §13 SUG vorgesehene Übernahme der Regelung des AlVG eine unterschiedliche Behandlung in den Bereichen Sonderunterstützung und Allgemeine Sozialversicherung vorsehe. Das antragstellende Landesgericht begründet seine Bedenken damit, daß es die Ansprüche aus dem SUG als 'vorweggenommene Pensionen' sehe, weshalb sich eine Gleichbehandlung mit dem AlVG verbiete und eine solche mit dem ASVG gebiete. Das antragstellende Landesgericht übersieht aber bei seiner Argumentation, daß das SUG in §1 Abs1 in Z1 und 2 zwei unterschiedliche Formen der Sonderunterstützung kennt. Die nach Z1 vorgesehene Sonderunterstützung kann schon anhand der das Alter der anspruchsberechtigten Personen betreffenden Voraussetzungen nicht als vorweggenommene Pension betrachtet werden. Der Ansatz des antragstellenden Landesgerichtes ist jedoch auch hinsichtlich der Z2 verfehlt. Während das Wesen der Pension ist, daß der Anspruchsberechtigte überhaupt nicht mehr arbeitsfähig oder jedenfalls nicht mehr arbeitswillig ist, so ist für Ansprüche aus dem SUG - wie auch aus dem AlVG - Voraussetzung, daß der Anspruchsberechtigte arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist. Das SUG trägt bei Gewährung der Sonderunterstützung lediglich dem Umstand Rechnung - ohne deswegen vom allgemeinen System der Arbeitslosenunterstützung abzuweichen - daß arbeitslose Personen ab einem bestimmten Alter trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit wesentlich schwerer am Arbeitsmarkt vermittelbar sind und daher einer besonderen gesetzgeberischen Vorsorge bedürfen. Auch wenn daher weder in den Erläuterungen zum SUG noch zum AlVG eine ausdrückliche Erklärung für die exekutionsrechtliche Gleichbehandlung des SUG mit dem AlVG und die damit verbundene unterschiedliche Behandlung der Ansprüche im Verhältnis zum ASVG gegeben wird, läßt sich die sachliche Rechtfertigung - wie dies oben versucht wurde, darzulegen - aus dem Sinn der Regelungen als Arbeitslosenunterstützung ableiten.
Da die im SUG vorgesehene Form der Unterstützung sowohl nach der Gesetzessystematik als auch nach der Aufbringung der für die Deckung der daraus erwachsenden Aufwendungen erforderlichen Mittel als spezielle Form der Arbeitslosenversicherung bewertet werden muß, ist nach Ansicht der Bundesregierung auch eine Gleichbehandlung der Ansprüche im Hinblick auf den Pfändungsschutz geboten.
Auch der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß eine unterschiedliche Behandlung von Pfändungsobjekten in ihrer Qualität, und damit sachlich, begründet sein muß, die demnach erforderliche Beurteilung der Pfändungsobjekte sich aber nicht in einer bloßen Gegenüberstellung ihrer charakteristischen Merkmale erschöpfen dürfe, sondern sich auch auf typische Konstellationen erstrecken müsse (vgl. VfSlg. 9936/1984 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).
Daraus ist aber der Gegenschluß zu ziehen, daß dann, wenn die vorliegenden Pfändungsobjekte und die typischen Konstellationen gleichartig sind, der Gesetzgeber entsprechend dem auch ihn bindenden Gleichheitsgebot gehalten ist, die Pfändungsobjekte gleichermaßen zu behandeln. Diesem Gebot hat der Gesetzgeber im Falle des SUG durch die Gleichbehandlung mit dem AlVG entsprochen."
Für den Fall der Aufhebung der bekämpften Bestimmung stellt die Bundesregierung den Antrag, für das Außerkrafttreten eine Frist von einem Jahr zu bestimmen.
II. Der Antrag ist zulässig.
Es sind keine Umstände hervorgekommen, die gegen die Annahme des antragstellenden Gerichtes sprechen, daß es die angefochtene Gesetzesstelle in dem bei ihm anhängigen Rechtsmittelverfahren unmittelbar anzuwenden hätte.
Nach §62 Abs1 erster Satz VerfGG 1953, BGBl. 85, idF des Gesetzes BGBl. 311/1976, muß der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, begehren, daß entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalte nach oder daß bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Um das Erfordernis des §62 Abs1 erster Satz VerfGG 1953 zu erfüllen, müssen die bekämpften Stellen genau und eindeutig bezeichnet werden (s. etwa VfSlg. 9850/1983, 9880/1983, 10.141/1984).
Der vorliegende Antrag des Gerichtes entspricht dem gesetzlichen Erfordernis, da er als Antrag auf Aufhebung der in §13 SUG enthaltenen (den §68 AlVG einschließenden) Wendung "sowie 67 bis 73" angesehen werden kann.
III. In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:
1. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes richten sich weder gegen die Verschiedenheit des Pfändungsschutzes im AlVG einerseits und im ASVG andererseits noch gegen die Sachlichkeit einer dieser beiden Regelungen (weshalb hier nicht darauf einzugehen ist); sie gehen vielmehr - kurz zusammengefaßt - ausschließlich dahin, daß nach dem SUG gebührende Leistungen ihrem Wesen nach eher mit Leistungen aus der Pensionsversicherung als mit solchen aus der Arbeitslosenversicherung zu vergleichen seien, der Gesetzgeber daher mit Rücksicht auf den auch ihn bindenden Gleichheitssatz die Regelungen über den Pfändungsschutz der im SUG vorgesehenen Leistungen nicht den entsprechenden Vorschriften des AlVG angleichen dürfe, sondern inhaltlich gleich den (auch) für Pensionen geltenden Pfändungsschutzbestimmungen des ASVG gestalten müsse.
2. Zutreffend weist das antragstellende Gericht (arg. "es . . .
" (scil. das SUG) " . . . enthält also vorwiegend Elemente der
Pensionsversicherung") darauf hin, daß (insbesondere die die Voraussetzungen des Anspruches auf Sonderunterstützung normierenden) Bestimmungen des SUG teils Vorschriften des ASVG, teils solchen des AlVG vergleichbar sind. Dies zeigt sich insbesondere an der den anspruchsberechtigten Personenkreis festlegenden Bestimmung des §1 SUG (s. dazu die Ausführungen unter III. 4.c):
"§1. (1) Anspruch auf Sonderunterstützung nach diesem Bundesgesetz haben Personen, denen die Arbeitsmarktverwaltung (§40 Abs1 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969) auch unter weitestmöglichem Einsatz von Förderungsmaßnahmen im Sinne des §19 Abs1 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes keine zumutbare Beschäftigung vermitteln kann und die
1. a) im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses das 55. Lebensjahr, Frauen das 50. Lebensjahr, vollendet haben und
b)
vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit in einem Dienstverhältnis standen, das wegen Einschränkung oder Stillegung des Betriebes im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten als Folge des Abschlusses der Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Europäischen Gemeinschaften oder bedeutender Veränderungen der internationalen Wettbewerbsverhältnisse und einer Strukturbereinigung geendet hat und der Betrieb zu einem Wirtschaftszweig gehört, hinsichtlich dessen eine Feststellung gemäß Abs3 vorliegt, oder
2. a)
das 59. Lebensjahr, Frauen das 54. Lebensjahr, vollendet haben und
b)
in den letzten 25 Jahren vor Geltendmachung des Anspruches mindestens 180 Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt waren sowie die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen; §14 Abs6 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609, ist nicht anzuwenden.
Weiters ist Voraussetzung für den Anspruch auf Sonderunterstützung, daß die Personen arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos sind und an dem der Beendigung des Dienstverhältnisses folgenden Monatsersten (Stichtag) die Wartezeit für eine Leistung aus einem Versicherungsfall des Alters, ausgenommen den Knappschaftssold, gemäß §236 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, bzw. gemäß §120 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 560/1978, bzw. gemäß §111 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 559/1978, erfüllen; hiebei gelten §251 a Abs7 Z1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, §129 Abs7 Z1 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes und §120 Abs7 Z1 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes sinngemäß.
(2) Zumutbar im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Beschäftigung, die den körperlichen Fähigkeiten des Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet und angemessen entlohnt ist. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung ist weiters auf das Alter des Arbeitslosen, auf die noch zu erwartende Dauer der Berufstätigkeit, auf die allfällige Notwendigkeit zu übersiedeln oder zu pendeln sowie auf die Dauer einer allfälligen Arbeitsmarktausbildung Bedacht zu nehmen. Im übrigen finden die Bestimmungen des §9 Abs3 und 4 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 sinngemäß Anwendung.
. . . "
Hinsichtlich der Höhe der Sonderunterstützung knüpft §5 Abs1 SUG für den in §1 Abs1 Z1 des Gesetzes genannten Personenkreis an die Höhe der sich aus den einzelnen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen ergebenden Pensionen an, während den nach §1 Abs1 Z2 SUG Anspruchsberechtigten gemäß §5 Abs7 des Gesetzes Sonderunterstützung in der sich aus den §§20 und 21 AlVG ergebenden Höhe zuzüglich eines Zuschlages von 25 % gebührt.
Daß die Regelungen des SUG einerseits auf die Bestimmungen des AlVG, andererseits auf jene des ASVG Bezug nehmen, erweist etwa auch die Vorschrift des §8 SUG: Danach entscheidet über Anträge auf Zuerkennung der Sonderunterstützung das zuständige Arbeitsamt; bei Streit über den Anspruch auf Sonderunterstützung oder ihre Höhe sind jedoch die Bestimmungen über das Verfahren in Leistungssachen nach dem siebenten Teil Abschnitt II des ASVG sinngemäß anzuwenden.
3. Die für die Entwicklung des SUG bedeutsamen Gesetzesmaterialien lassen erkennen, daß auch nach den Intentionen des Gesetzgebers die Regelungen dieses Gesetzes ihrem Inhalt nach weder der Materie des Arbeitslosenversicherungsrechts noch jener des Pensionsversicherungsrechts eindeutig zugeordnet werden können:
So wird etwa in den Erläuternden Bemerkungen zur RV betreffend das Bundesgesetz über die Gewährung einer Sonderunterstützung an im Kohlenbergbau beschäftigte Personen im Falle ihrer Arbeitslosigkeit (413 BlgNR 11. GP, S 3; das darauf basierende Gesetz BGBl. 117/1967 stellt der Sache nach die (erste) Vorgängerregelung des SUG dar) ausgeführt, daß dieses Gesetz die Überführung des von ihm erfaßten Personenkreises in die vorzeitige Knappschaftsaltersrente ermögliche. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollten die in diesem Zusammenhang stehenden Bestimmungen also nicht etwa einen besonderen Pensionsanspruch regeln, sondern den Übergang einer bestimmten Gruppe arbeitsloser Personen in die vorzeitige Rente erleichtern.
In den Erläuterungen zur RV betreffend das SUG (878 BlgNR 13. GP, S 8) wird (unmittelbar nachdem eine in derselben RV vorgesehene Änderung des Arbeitsmarktförderungsgesetzes erläutert wird und auf diese beabsichtigte Novellierung ausdrücklich Bezug nehmend) folgendes ausgeführt:
"Nun muß nach den gewonnenen Erfahrungen damit gerechnet werden, daß für Arbeitskräfte, die ein bestimmtes Lebensalter überschritten haben und ihre Beschäftigung verlieren, die Erhaltung im Arbeitskräftepotential unter zumutbaren Bedingungen plötzlich nicht möglich ist. . . . Für diese Fälle sollte eine Lösung nach dem Muster des Bundesgesetzes vom 10. März 1967, BGBl. Nr. 117, über die Gewährung einer Sonderunterstützung an im Kohlenbergbau beschäftigte Personen im Falle ihrer Arbeitslosigkeit, geschaffen werden, indem die dort enthaltene Regelung grundsätzlich auf alle Wirtschaftszweige ausgedehnt wird."
Danach erblickte der Gesetzgeber in den Regelungen des SUG offenkundig eine - für einen bestimmten Personenkreis geltende - Ergänzung der Vorschriften über die Arbeitsmarktförderung.
Die Materialien zu den folgenden Novellen des SUG betonen dann eher den pensionsrechtlichen Charakter der Leistungen nach dem SUG (so die Erläuterungen zur RV 723 BlgNR 16. GP, S 5, und die Erläuterungen zur RV 324 BlgNR 17. GP, S 46, in denen jeweils die Sonderunterstützung mit der (vorzeitigen Alters-)Pension nach dem ASVG verglichen wird).
4. Aus dem Umstand, daß der Gesetzgeber im Zuge der letzten Novellierungen des SUG bestrebt war, der Sonderunterstützung in höherem Maße Pensionscharakter zu verleihen, ist für sich genommen freilich zur Beurteilung der aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken nichts abzuleiten. Ob der Gesetzgeber, wie das antragstellende Gericht meint, durch die unterschiedliche Gestaltung der Regelungen über Pfändungsbeschränkungen im SUG einerseits und im ASVG andererseits Gleiches in unsachlicher Weise ungleich behandelt hat, kann nur auf Grund des objektiven Gehalts der hier maßgeblichen Normen beurteilt werden.
a) Die in §13 SUG (durch Verweisung auf §68 AlVG) getroffene Regelung über den Pfändungsschutz von Leistungsansprüchen nach dem SUG ist von der Regelung über die Pfändbarkeit von Pensionen aus der Pensionsversicherung in §98a ASVG nicht unerheblich verschieden. §98a ASVG hat folgenden Wortlaut:
"§98 a. (1) Von den dem Anspruchsberechtigten zustehenden Geldleistungen können, unbeschadet der Bestimmungen der Abs2 bis 4, nur die nachstehend angeführten Bezüge mit der Maßgabe gepfändet werden, daß die Bestimmungen der §§5 bis 9 des Lohnpfändungsgesetzes, BGBl. Nr. 51/1955, entsprechend anzuwenden sind:
1.
Wochengeld aus der Krankenversicherung;
2.
Renten aus der Unfallversicherung sowie das Übergangsgeld (§199);
3.
Pensionen aus der Pensionsversicherung einschließlich der Ausgleichszulage;
4.
Übergangsgeld aus der Pensionsversicherung (§306).
(2) Die im Abs1 Z. 2 und 4 angeführten Bezüge können nur dann gepfändet werden, wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art der vollstreckbaren Forderung und der Höhe der zu pfändenden Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht.
§4 Abs3 des Lohnpfändungsgesetzes, BGBl. Nr. 51/1955, gilt entsprechend.
(3) Der Hilflosenzuschuß, die nicht im Abs1 angeführten Geldleistungen, die nicht auf Geldleistungen gerichteten Ansprüche sowie die Anwartschaften nach diesem Bundesgesetz können nicht gepfändet werden. Kinderzuschüsse sind nur zur Deckung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen der Kinder pfändbar, für die der Kinderzuschuß gebührt.
(4) Die Renten(Pensions)sonderzahlung (§105), die zu im Monat Mai bezogenen Renten aus der Unfallversicherung und Pensionen aus der Pensionsversicherung gebührt, ist unpfändbar. Die Renten(Pensions)sonderzahlung, die zu im Monat Oktober bezogenen Renten (Pensionen) gebührt, ist bis zu ihrem halben Ausmaß, höchstens aber bis zu dem im §5 Abs1 Z. 1 des Lohnpfändungsgesetzes, BGBl. Nr. 51/1955, in der jeweils geltenden Fassung festgesetzten Betrag unpfändbar."
b) Für die Beurteilung der Frage, ob die Unterschiedlichkeit des Pfändungsschutzes für die Leistungen nach dem SUG einerseits und die Pensionen aus der Pensionsversicherung nach dem ASVG andererseits mit dem Gleichheitsgebot im Einklang steht, genügt es, die Leistungen nach dem SUG mit der ihnen am nächsten kommenden "vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit" iS des §253a ASVG in Vergleich zu setzen. Diese Bestimmung (in der hier maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. 609/1987) hat folgenden Wortlaut:
"§253a. (1) Anspruch auf vorzeitige Alterspension der Arbeitslosigkeit hat der Versicherte nach Vollendung des 60. Lebensjahres, die Versicherte nach Vollendung des 55. Lebensjahres, wenn die Wartezeit erfüllt ist (§236) und der (die) Versicherte innerhalb der letzten fünfzehn Monate vor dem Stichtag (§223 Abs2) mindestens 52 Wochen wegen Arbeitslosigkeit eine Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung bezogen hat, für die weitere Dauer der Arbeitslosigkeit. Dem Bezug von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung stehen gleich
1.
das Vorliegen einer neutralen Zeit gemäß §234 Abs1 Z2,
2.
eine Ersatzzeit gemäß §227 Z6,
3.
ein Zeitraum von höchstens neun Monaten, für den eine Vergütung aus Anlaß der Beendigung des Dienstverhältnisses (§49 Abs3 Z7) gewährt wird,
4.
Zeiten der Arbeitslosigkeit, für die Kündigungsentschädigung gebührt,
5.
Zeiten des Bezuges von Überbrückungshilfe nach dem Überbrückungshilfegesetz.
Bei der Feststellung der Voraussetzung für einen solchen Anspruch haben jedoch Beitragsmonate der freiwilligen Versicherung für die Erfüllung der Wartezeit außer Ansatz zu bleiben.
(2) Die Pension nach Abs1 fällt mit dem Tag weg, an dem der (die) Versicherte eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit aufnimmt; eine Erwerbstätigkeit, auf Grund deren ein Erwerbseinkommen bezogen wird, das das nach §5 Abs2 litc jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen nicht übersteigt, bleibt hiebei unberücksichtigt. Ist die Pension aus diesem Grund weggefallen und endet die Erwerbstätigkeit, so lebt die Pension auf die dem Träger der Pensionsversicherung erstattete Anzeige über das Ende der Erwerbstätigkeit im früher gewährten Ausmaß mit dem dem Ende der Erwerbstätigkeit folgenden Tag wieder auf."
c) Ob es nun das Gleichheitsgebot erfordert, die Pfändungsbeschränkungen für Leistungen nach dem SUG gleich zu regeln wie dies in §98a ASVG (auch) für Pensionen geschehen ist, hängt davon ab, ob die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen nach dem SUG einerseits und dem §253a ASVG andererseits einander so ähnlich sind, daß ein unterschiedlicher Pfändungsschutz sachlich nicht gerechtfertigt ist.
Zu vergleichen sind hier insbesondere die im SUG normierten Anspruchsvoraussetzungen für den in §1 Abs1 Z2 dieses Gesetzes festgelegten Personenkreis mit jenen, die in §253a ASVG umschrieben sind.
Das für den Anspruch erforderliche Mindestalter liegt nach §1 Abs1 Z2 SUG jeweils um ein Jahr unter dem nach §253a Abs1 ASVG maßgeblichen Alter. Den eher auf den Charakter einer "vorweggenommenen Alterspension" (vgl. dazu VfSlg. 9936/1984, S 110) des hier in Rede stehenden Anspruches auf Sonderunterstützung hindeutenden Erfordernissen eines (nur knapp unter dem Pensionsalter liegenden) Mindestalters und der Erfüllung der Wartezeit für eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters stehen wesentliche, für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung kennzeichnende Anspruchsvoraussetzungen (180 Monate arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung, Erfüllung der Anwartschaft auf Arbeitslosengeld; Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit und Arbeitslosigkeit) gegenüber, sodaß der Sonderunterstützung für den in §1 Abs1 Z2 SUG umschriebenen Personenkreis in nicht unerheblichem Maße die Funktion einer unter bestimmten Voraussetzungen gebührenden Arbeitslosenunterstützung zukommt.
Demgegenüber weisen die in §253a ASVG festgelegten Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit insgesamt eine deutlich andere Charakteristik auf. Von Bedeutung ist hier insbesondere, daß nicht - wie in §1 Abs1 Z2 SUG - eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung durch einen bestimmten Zeitraum gefordert, sondern vielmehr darauf abgestellt wird, daß innerhalb eines bestimmten Zeitraumes eine Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung tatsächlich bezogen wurde. §253a ASVG knüpft somit - im Gegensatz zu §1 Abs1 Z2 SUG - nicht unmittelbar an den Anspruchsvoraussetzungen des AlVG weitgehend gleichartige Erfordernisse, sondern lediglich an den (früheren) Bezug von Arbeitslosenunterstützung als Tatbestand an. Damit kommt aber dem Bezug einer vorzeitigen Alterspension nach §253a ASVG in weit geringerem Maße als dem einer Sonderunterstützung nach §1 Abs1 Z2 SUG der Charakter einer besonderen Form der Arbeitslosenunterstützung zu.
5. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt dargetan, daß unterschiedliche Regelungen des Pfändungsschutzes durch hinreichende Unterschiede in der Qualität der Pfändungsobjekte sachlich begründet werden können (vgl. VfSlg. 4279/1962, 4860/1964, 8446/1978, 8576/1979, 9067/1981, 9936/1984). Nach dem unter
III. 4.c Dargelegten sind die Anspruchsvoraussetzungen für Sonderunterstützung einerseits und eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit andererseits ungeachtet der bestehenden Übereinstimmungen einander nicht so ähnlich, daß der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber unter Berufung auf das Gleichheitsgebot entgegenzutreten vermag, wenn dieser die Regelung von Pfändungsbeschränkungen für nach dem SUG gebührende Leistungen nicht den Bestimmungen des ASVG, sondern den einschlägigen Vorschriften des AlVG angleicht.
Mit Rücksicht darauf, daß das SUG hinsichtlich der für den Bezug von Sonderunterstützung maßgeblichen Voraussetzungen sowohl an das Arbeitslosenversicherungsrecht als auch an die pensionsrechtlichen Regelungen des ASVG anknüpft, liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, sich bei der Regelung einer bestimmten Detailfrage (wie im vorliegenden Falle der Normierung von Pfändungsbeschränkungen) eher der einen oder der anderen Rechtsmaterie anzunähern. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß der Gesetzgeber mit der angefochtenen Gesetzesbestimmung die Grenzen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes überschritten hätte.
6. Dem Antrag des Landesgerichtes Linz war aus diesen Erwägungen keine Folge zu geben.
7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Formerfordernisse, Exekutionsrecht, Arbeitslosenversicherung, Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Leistungsvoraussetzungen (Sozialversicherung), Lohnpfändung, SonderunterstützungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:G214.1987Dokumentnummer
JFT_10099684_87G00214_00