Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AlVG 1977 §16 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 21. Jänner 1992, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste (Wien) vom 2. Mai 1990 (dem Beschwerdeführer zugestellt am 7. Mai 1990) wurde die ihm gemäß § 23 Abs. 1 lit. a AlVG als Pensionsvorschuß gewährte Notstandshilfe für die Zeit vom 14. Februar 1990 bis 28. Februar 1990 widerrufen und der dadurch entstandene Überbezug in der Höhe von S 3.318,-- zum Rückersatz vorgeschrieben. Danach heißt es im Spruch dieses Bescheides: "Sofern Sie im laufenden Leistungsbezug stehen sollten, wird dieser Überbezug unter Berücksichtigung des § 25 Abs. 3 vom Leistungsbezug einbehalten." Begründet wurde der Bescheid damit, daß der Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Behörde verspätet gemeldet habe, daß er seit 14. Februar 1990 im Krankengeldbezug gestanden sei. Durch seine verspätete Meldung sei in der im Spruch angeführten Zeit der dort genannte Überbezug entstanden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid "betreffend Widerruf
und Rückforderung der ... Notstandshilfe" erhobenen Berufung
keine Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahingehend ab, daß die Zuerkennung der als "Pensionsvorschuß" gewährten Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG für die Zeit vom 14. Februar 1990 bis 28. Februar 1990 widerrufen werde. Die für diesen Zeitraum unberechtigt bezogene Notstandshilfe in Höhe von S 3.318,-- werde gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG zum Rückersatz vorgeschrieben und "wurde bereits von Ihrem Leistungsbezug einbehalten."
Begründend wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung eingewendet, daß sein Leistungsanspruch für März 1990 ohne Bescheiderteilung einerseits verspätet, nämlich erst am 24. April 1990, und andererseits um mehr als die nach § 25 Abs. 3 AlVG zulässige Hälfte aufgerechnet worden sei. Es seien ihm dadurch nur S 2.322,-- anstatt (der ihm seiner Ansicht nach zustehenden) mindestens S 3.428,50 angewiesen worden. Deshalb stimme der im bekämpften Bescheid ausgewiesene Rückforderungsbetrag nicht. Abschließend habe er den Antrag gestellt, den bekämpften Bescheid aufzuheben, ihm den Betrag von S 5.530,-- auf sein Konto zu überweisen und ihm zur Rückzahlung des Betrages 20 Monatsraten zu S 276,50 zuzuerkennen. In einem als "Berufung Nr. 2" bezeichneten Schreiben vom selben Tag habe der Beschwerdeführer angegeben, vom 14. Februar bis 10. März 1990 kein Krankengeld, sondern Taggeld bezogen zu haben, weshalb sein Anspruch nicht gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG geruht habe und daher durch eine verspätete Meldung kein Überbezug habe entstehen können. Er stelle daher den Antrag, den bekämpften Bescheid aufzuheben und ihm den Betrag von S 5.530,-- auf sein Konto zu überweisen. Den Antrag der ersten Berufung habe er ("falls dem Antrag Nr. 2 nicht entsprochen wird") aufrecht erhalten.
Wie die berufungsbehördliche Überprüfung der Angelegenheit ergeben habe, sei der erstinstanzlichen Behörde von der Wiener Gebietskrankenkasse mit Schreiben vom 26. März 1990 mitgeteilt worden, daß der Beschwerdeführer für die Zeit vom 14. Februar 1990 bis 10. März 1990 Barleistungen infolge eines Krankenstandes erhalten habe. Es sei daher von der erstinstanzlichen Behörde der für die Zeit vom 14. Februar bis 28. Februar 1990 vom Beschwerdeführer bezogene Pensionsvorschuß widerrufen und der Vorschuß (die Leistung für März 1990 sei noch nicht zur Auszahlung gelangt gewesen) erst wieder ab dem 11. März 1990 zuerkannt worden. Am 12. April 1990 habe der Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Behörde eine Bestätigung der Wiener Gebietskrankenkasse vorgelegt, wonach er für die Zeit vom 14. Februar bis 10. März 1990 "Taggeld/SP" von der Krankenkasse erhalten habe, und habe sich vom Krankenstand retour gemeldet. Gemäß der von ihm am 11. Mai 1990 vorgelegten Aufenthaltsbestätigung der Pensionsversicherung der Arbeiter habe er vom 11. Februar bis 10. März 1990 im Rehabilitationszentrum B ein stationäres Heilverfahren absolviert. Anläßlich seiner Einvernahme vom 11. Mai 1990 habe er anerkannt, daß er seinen Aufenthalt im Rehabilitationszentrum B - seiner Ansicht nach unbeabsichtigt - verschwiegen habe. Nach Vorhalt und Erläuterung des § 16 Abs. 1 lit. a und c AlVG habe er die Ansicht vertreten, daß dieser Aufenthalt kein Ruhen seiner Leistung habe bewirken können, da er einerseits kein Kranken-, sondern Taggeld erhalten habe und andererseits ein Rehabilitationszentrum, das vorwiegend der Rehabilitation diene, weder eine Heilanstalt (welche ausschließlich der Heilung diene) noch eine Pflegeanstalt (welche ausschließlich der Pflege diene) sei. Nach Vorhalt einer Aufstellung über die dem Beschwerdeführer überwiesenen Beträge habe er seine Berufungsausführungen und Berufungsanträge aufrecht erhalten.
Mit diesen Ausführungen sei der Beschwerdeführer aber nicht im Recht. Nach Mitteilung der Pensionsversicherung der Arbeiter sei das Rehabilitationszentrum B eine Sonderkrankenanstalt im Sinne des Krankenanstaltengesetzes (KAG). Nach § 2 Abs. 1 Z. 2 KAG seien Sonderkrankenanstalten Krankenanstalten. Gemäß § 1 Abs. 1 KAG seien unter dem Begriff Krankenanstalt Heil- oder Pflegeanstalten zu verstehen. Daraus ergebe sich zweifelsfrei, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 14. Februar bis 10. März 1990 in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht gewesen sei. Dies gehe im übrigen auch aus der von ihm vorgelegten Aufenthaltsbestätigung der Pensionsversicherung der Arbeiter hervor, wonach er im Rehabilitationszentrum B ein stationäres Heilverfahren absolviert habe. Im Hinblick auf § 16 Abs. 1 lit. c AlVG sei daher für die Zeit vom 14. Februar 1990 bis 10. März 1990 ein Ruhen des gewährten Pensionsvorschusses auszusprechen gewesen. Da infolge der Verletzung der Meldepflicht der Pensionsvorschuß bereits bis 28. Februar 1990 gezahlt worden sei, sei die Zuerkennung desselben für die Zeit vom 14. Februar bis 28. Februar 1990 zu widerrufen und die unberechtigt bezogene Leistung in Höhe von S 3.318,-- (d.s. 15 Tagsätze zu S 221,20) zum Rückersatz vorzuschreiben gewesen.
Zu den übrigen Berufungsausführungen werde festgestellt, daß am 2. März 1990 die Leistung für Februar 1990 (28 Tagsätze zu S 221,20 = S 6.194,--) überwiesen worden sei. Der Pensionsvorschuß für die Zeit vom 11. März 1990 bis 31. März 1990 (d.s. 21 Tagsätze zu S 221,20 = S 4.645,--) sei infolge des zu veranlassenden Widerrufs für Februar 1990 erst am 18. April 1990 zur Anweisung gebracht worden. Von diesen S 4.645,-- seien im Hinblick auf den Überbezug für Februar 1990 gemäß § 25 Abs. 3 erster Satz AlVG S 2.323,-- in Abzug gebracht worden. Von der am 2. Mai 1990 überwiesenen Leistung für April 1990 (S 6.636.--) sei der restliche noch aushaftende Betrag von S 995,-- einbehalten worden, womit die gesamte aushaftende Schuld beglichen gewesen sei. Nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer alleinstehend und bezahle monatlich S 600,-- an Alimenten für seine Tochter. Weitere Sorgepflichten lägen nicht vor. Der Pensionsvorschuß betrage täglich S 221,10, d. s. ca. S 6.725,-- pro Monat. Unterlagen, die eine andere Sicht der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ermöglichten, seien von ihm nicht vorgelegt worden. Auf Grund dieser allgemein nicht unüblichen wirtschaftlichen Verhältnisse habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, dem Beschwerdeführer die bereits einbehaltene, unberechtigt bezogene Leistung neuerlich auszuzahlen und sodann die Rückzahlung in Raten vorzuschreiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 38 AlVG ruht der Anspruch auf Notstandshilfe während der Unterbringung des Arbeitslosen in einer Heil- oder Pflegeanstalt. Nach § 24 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 leg. cit. ist die Zuerkennung der Notstandshilfe zu widerrufen, wenn sie sich nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
Demnach trat mit Beginn der Unterbringung des Beschwerdeführers im Rehabilitationszentrum B (zum Zwecke der Absolvierung eines stationären Heilverfahrens) kraft Gesetzes ein Ruhen seines Anspruches auf vorschußweise Gewährung von Notstandshilfe nach § 23 Abs. 1 lit. a AlVG ein. Die entgegen dem eingetretenen Ruhen (unter anderem) im Zeitraum vom 14. Februar bis 28. Februar 1990 gewährte Notstandshilfe war daher gemäß § 24 Abs. 2 AlVG als gesetzlich nicht begründet zu widerrufen. Der Beschwerdeführer stellt die Rechtmäßigkeit dieses Widerrufes auch an sich nicht in Abrede; er behauptet nur seine "Verspätung", auf die später einzugehen sein wird.
Beim Widerruf einer Leistung ist der Empfänger der Notstandshilfe nach § 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 AlVG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Durch "Verschweigung maßgebender Tatsachen" kann ein Arbeitsloser einen (erst ab einem nach der Antragstellung liegenden Zeitpunkt) gesetzlich nicht (mehr) begründeten Bezug herbeiführen, wenn er die ihm nach § 50 AlVG obliegende Meldepflicht verletzt hat. Danach in Verbindung mit § 59 AlVG ist derjenige, der Notstandshilfe bezieht, verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis, jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß seines Anspruches maßgebende Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sowie jede Wohnungsänderung dem Arbeitsamt ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.
Der Beschwerdeführer bestreitet eine Verletzung der Meldepflicht mit der Begründung, daß sie ihm im vorliegenden Zusammenhang nicht ohne weiteres erkennbar gewesen sei. Die Schwierigkeit, die Rechtslage (bei Unterbringung in einem Rehabilitationszentrum) richtig zu beurteilen, zeige sich auch daran, daß die belangte Behörde selbst nicht ohne weiteres in der Lage gewesen sei, die aufgeworfene Frage richtig zu beantworten. Deshalb seien im Berufungsverfahren verschiedene telefonische Rücksprachen mit der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales durchgeführt worden. Erst auf Grund dieser Ermittlungen sei es der belangten Behörde möglich gewesen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 lit. c AlVG zu beurteilen. Bereits daraus ergebe sich sehr deutlich, daß derartige rechtliche Nachforschungen dem Beschwerdeführer als Rechtsunkundigem nicht hätten zugemutet werden können. Auf Grund der ihm vorliegenden Informationen habe sich für ihn keine Pflicht ergeben, eine Meldung zu erstatten. (Auf die übrigen Ausführungen zur verneinten Verletzung einer Meldepflicht in Bezug auf den Ruhenstatbestand des § 16 Abs. 1 lit. a AlVG braucht nicht eingegangen zu werden, weil die belangte Behörde die Rechtswidrigkeit des Empfanges der Notstandshilfe im obgenannten Zeitraum nur auf das Ruhen des Anspruches nach § 16 Abs. 1 lit. c AlVG gestützt hat).
Diese Einwände sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Der Zweck des § 50 Abs. 1 AlVG ist es nämlich, die Behörde in die Lage zu versetzen, jede Änderung in den Verhältnissen des Arbeitslosen, die zu einer Änderung des Leistunganspruches führen könnte, daraufhin zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist. Daher hat der Arbeitslose eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch dann dem Arbeitsamt zu melden, wenn sie seiner Auffassung nach den Anspruch auf eine Leistung der Arbeitslosenversicherung nicht zu beeinflussen vermag (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 8. Mai 1987, Zl./86/08/0069, vom 12. Februar 1988, Zl. 87/08/0090, und vom 13. Oktober 1988, Zl. 88/08/0226). Unter Bedachtnahme darauf, daß der Beschwerdeführer - entsprechend dieser Rechtslage - sowohl in dem von ihm eigenhändig unterfertigten Antragsformular als auch in den Mitteilungen nach § 47 Abs. 1 AlVG auf seine Verpflichtung hingewiesen wurde, jede Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse dem Arbeitsamt ohne Verzug, spätestens binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen, verstieß der Beschwerdeführer dadurch, daß er seine auf Kosten eines Pensionsversicherungsträgers zum Zwecke der Absolvierung eines stationären Heilverfahrens erfolgte Unterbringung im obgenannten Rehabilitationszentrum nicht in der genannten Frist meldete, auch dann gegen die ihm obliegende Meldepflicht, wenn er nicht ohne weiteres erkennen konnte, daß es sich bei dieser Unterbringung um eine solche im Sinne des § 16 Abs. 1 lit. c AlVG gehandelt hat. Die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Ersatz eines (der Höhe nach nicht bestrittenen) Betrages von S 3.318,-- entspricht daher (auch diesfalls nur unter der Voraussetzung der "nicht verspäteten" Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides) dem Gesetz.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers habe aber die Behörde (wohl primär die erstinstanzliche) ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, weil sie ihn "verspätet erlassen" habe. Eine Rückforderung nach § 25 Abs. 1 AlVG setze nämlich einen bescheidmäßigen Widerruf der rückgeforderten Leistung voraus, wobei der Widerruf auch gemeinsam mit der Rückforderung erfolgen könne. Diese Voraussetzungen lägen im Beschwerdefall nicht vor. Dem Beschwerdeführer sei am 18. April 1990 lediglich ein Betrag von S 2.323,-- (für März 1990) überwiesen worden. Die belangte Behörde habe den Widerrufs- und Rückforderungsbescheid aber erst am 2. Mai 1990 erlassen. Am selben Tag sei auch die Überweisung für den Monat April erfolgt, bei der der restlich aushaftende Betrag von S 995,-- einbehalten worden sei. Da eine Einbehaltung von Leistungen ohne bescheidmäßige Grundlage gesetzlich nicht vorgesehen sei, sei diese Einbehaltung unzulässig gewesen und hätte von der belangten Behörde nicht durch die bloße Feststellung "gedeckt" werden dürfen, daß "die gesamte aushaftende Schuld beglichen" sei. Insbesondere sei dem Beschwerdeführer dadurch die Möglichkeit genommen worden, den rückgeforderten Betrag durch Ratenzahlungen abzuleisten, die ihm auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse gewährt worden wären. Hinsichtlich der ausreichenden Ermittlung der für die Gewährung von Ratenzahlungen nach § 25 Abs. 3 AlVG wesentlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei der angefochtene Bescheid überdies aus näher angeführten Gründen mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet. Die belangte Behörde habe aber überdies deshalb gegen § 25 Abs. 3 AlVG verstoßen, weil bei der Rückforderung bzw. Aufrechnung mehr als die Hälfte des Leistungsbezuges des Beschwerdeführers einbehalten worden sei. Für März 1990 sei ihm nämlich grundsätzlich eine Leistung in der Höhe von S 6.875,20 zugestanden. Nach einer Aufrechnung hätte ihm demnach mindestens S 3.428,60 verbleiben müssen. Die (erstinstanzliche) Behörde habe jedoch rechtswidrigerweise (am 18. April 1990) nur S 2.322,-- überwiesen und dies nachträglich auch bescheidmäßig verfügt.
Diesen Einwänden liegt in mehrfacher Hinsicht eine Verkennung der Rechtslage zugrunde.
Gemäß § 25 Abs. 3 AlVG können Rückforderungen, die gemäß Abs. 1 vorgeschrieben wurden, auf die zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit der Maßgabe aufgerechnet werden, daß dem Leistungsbezieher die Hälfte des Leistungsbezuges frei bleiben muß. Die Arbeitsämter können anläßlich der Vorschreibung von Rückforderungen Ratenzahlungen gewähren, wenn auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners die Hereinbringung der Forderung in einem Betrag nicht möglich ist. Die Höhe der Raten ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners festzusetzen.
Der erstinstanzliche (überdies erst am 7. Mai und nicht schon am 2. Mai 1990 erlassene) Bescheid enthielt drei Aussprüche: den auf § 24 Abs. 2 in Verbindung mit § 38 AlVG gestützten Widerruf der als Pensionsvorschuß für die Zeit vom 14. Februar bis 28. Februar 1990 zuerkannten Notstandshilfe, die nach § 25 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 AlVG erfolgte Vorschreibung des dadurch entstandenen Überbezuges in der Höhe
von S 3.318,-- und die Ankündigung (arg. "sofern Sie ... stehen
sollten, wird ... einbehalten") einer künftigen Einbehaltung
dieses Überbezuges unter Berücksichtigung des § 25 Abs. 3 AlVG. Die Bedeutung dieses dritten Spruchteiles lag darin, dem Beschwerdeführer die Art der Vollstreckung des zweiten Spruchteiles (nämlich der Vorschreibung des Rückersatzbetrages) in der Weise des § 25 Abs. 3 AlVG bekannt zu geben. An diesem aus dem Wortlaut eindeutig ableitbaren Inhalt des eben genannten dritten Spruchteiles (eine Begründung enthält der Bescheid diesbezüglich nicht) änderte der Umstand, daß im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides der gesamte Überbezug bereits einbehalten worden war, nichts. Denn über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der bereits erfolgten Einbehaltung (vorzeitigen Aufrechnung) des Rückersatzbetrages durch Nichtauszahlung von Teilen der Notstandshilfe für März und April 1990 sowie über die näheren Details der "Berücksichtigung des § 25 Abs. 3" wurde in diesem Bescheid nicht abgesprochen; dies zu Recht, weil die Frage der Vollstreckung einer Rückersatzverpflichtung nach § 25 Abs. 3 AlVG nicht untrennbar mit einem Ausspruch dieser Verpflichtung verbunden ist. Der erstinstanzliche Bescheid war daher nicht deshalb rechtswidrig, weil schon vor seiner Erlassung (und damit seiner Wirksamkeit nach § 56 Abs. 2 AlVG) der Rückersatzbetrag von früheren Leistungen einbehalten worden war.
"Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG, über die die belangte Behörde zu entscheiden hatte, war demnach lediglich die Rechtmäßigkeit des erfolgten Widerrufs und der Rückforderung sowie der grundsätzlichen Ankündigung, daß von der (im Ermessen der Behörde stehenden) Möglichkeit einer Einbehaltung des Rückersatzbetrages nach § 25 Abs. 3 AlVG Gebrauch gemacht werde. Die vom Beschwerdeführer in der "Berufung 1" aufgeworfenen Fragen der Rechtswidrigkeit der bereits erfolgten Einbehaltungen und die näheren Details der vom Beschwerdeführer nicht an sich bekämpften "Berücksichtigung des § 25 Abs. 3" lagen demnach außerhalb der "Sache". Die belangte Behörde hätte daher die Berufungsanträge auf Auszahlung der dem Beschwerdeführer - seiner Auffassung nach zustehenden - restlichen Notstandshilfen für März und April 1990 und auf Gewährung von Raten als außerhalb der "Sache" liegend zurückweisen müssen. Dies hat die belangte Behörde zwar nicht getan, damit aber den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet, weil der Spruch des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit dem Vorspruch ("betreffend
Widerruf und Rückforderung der ... Notstandshilfe") nur so
verstanden werden kann, daß die belangte Behörde damit lediglich in der "Sache", daß heißt über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs und der Rückforderung sowie der grundsätzlichen Ankündigung einer künftigen Einbehaltung "der Berücksichtigung des § 25 Abs. 3", nicht aber auch über die eben genannten Berufungsanträge des Beschwerdeführers entschieden hat. Einen solchen Inhalt hat insbesondere auch nicht der Ausspruch "und wurde bereits von Ihrem Leistungsbezug einbehalten". Dies stellt keine "Deckung" der behaupteten rechtswidrigen Einbehaltung von Teilen der Notstandshilfe für März und April 1990 bzw. eine diesbezügliche "bescheidmäßige Verfügung" dar; damit wurde lediglich in Reaktion auf den dritten Spruchteil des erstinstanzlichen Bescheides - der Sachlage entsprechend korrekt - festgestellt, daß der vorgeschriebene Rückersatzbetrag nicht in Hinkunft einbehalten werden dürfe, sondern bereits einbehalten worden sei, ohne dadurch über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit dieser Einbehaltung zu entscheiden. Daß sich die belangte Behörde schließlich in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit der Berechtigung des Begehrens des Beschwerdeführers auf neuerliche Auszahlung von Teilen der Notstandshilfe für März und April 1990 und Begleichung des Rückersatzbetrages in Raten in der Sache auseinandergesetzt hat, läßt eine ergänzende Deutung des Spruches in dem Sinne, daß damit diese Anträge abgewiesen worden seien, nicht zu. Über diese Berufungsanträge wurde, wie bereits ausgeführt wurde, von der belangten Behörde noch nicht (in Form einer Zurückweisung dieser Anträge) entschieden. Da ein solcher Abspruch nicht untrennbar mit dem erfolgten Abspruch verbunden ist, wurde der Beschwerdeführer durch die Unterlassung eines solchen zurückweisenden Abspruches im angefochtenen Bescheid durch diesen in keinem Recht verletzt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, allerdings in den Grenzen des Begehrens der belangten Behörde.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992080114.X00Im RIS seit
18.10.2001Zuletzt aktualisiert am
11.07.2012