TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/20 92/11/0220

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Veröffentlicht am 20.10.1992
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

VwGG §34 Abs1;
WehrG 1990 §15 Abs1;
WehrG 1990 §23 Abs2;
WehrG 1990 §24 Abs8;
WehrG 1990 §29 Abs6;
WehrG 1990 §29 Abs8;
WehrG 1990 §36 Abs3 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. M in W, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 12. August 1992, Zl. 553.485/3-2.5/91, betreffend Auswahl zur Leistung von Kaderübungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgendes:

Der Beschwerdeführer leistete in der Zeit vom 2. Oktober 1989 bis 31. Mai 1990 seinen Grundwehrdienst in der Dauer von acht Monaten.

Mit Bescheid des Militärkommandos Wien vom 21. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 7 und 8 in Verbindung mit Abs. 1 Z. 1 Wehrgesetz 1990 (WG) ausgewählt und verpflichtet, bis zur Vollendung seines 50. Lebensjahres Kaderübungen im Gesamtausmaß von 60 Tagen zu leisten.

Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung vom 9. Juli 1991 wies der Bundesminister für Landesverteidigung mit Bescheid vom 12. August 1992 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 30. Oktober bis 28. Dezember 1989 die vorbereitende Kaderausbildung mit Erfolg geleistet. Die militärischen Erfordernisse zur Auswahl des Beschwerdeführers bestünden darin, daß bei einer näher bezeichneten Einheit in Wien eine "Org-Planstelle eines Kommandanten/Trinkwasseraufbereitung und Sanitätsgehilfe" zu besetzen gewesen sei, für die ein Freiwilliger nicht zur Verfügung gestanden sei. Die Auswahl sei entsprechend den territorialen Bedürfnissen erfolgt; auf die "12 vH Klausel" des § 29 Abs. 7 WG sei Bedacht genommen worden. Der Auswahlbescheid des Militärkommandos sei durch Hinterlegung beim Zustellpostamt am 25. Juni 1991 "rechtsgültig" geworden, weshalb auch die zweijährige Frist hinsichtlich der Zustellung des Auswahlbescheides gewahrt worden sei. Daß sich der Beschwerdeführer gegen die Auswahl ausgesprochen habe, sei nicht relevant. Auf Grund seiner Verwendung während des Grundwehrdienstes als Sanitätssoldat und der festgestellten Eignung für die "Mobverwendung

Kommandant/Trinkwasseraufbereitung und Sanitätsgehilfe" sowie seine Note "ausgezeichnet" sei seine Eignung anzunehmen. Dies gelte trotz des Einwandes des Beschwerdeführers, daß er während der Grundausbildung von allen Tätigkeiten, die mit körperlichen Anstrengungen verbunden seien, befreit worden sei. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen sowie die fachärztliche Betreuung seines Patientenkreises seien nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Gemäß § 29 Abs. 1 WG beträgt die Gesamtdauer der von einem Wehrpflichtigen zu leistenden Kaderübungen für alle Kaderfunktionen außer für Offiziersfunktionen 60 Tage. Gemäß § 29 Abs. 7 leg. cit. sind Wehrpflichtige, die sich nicht freiwillig zu Kaderübungen gemeldet, aber eine vorbereitende Kaderausbildung erfolgreich geleistet haben, verpflichtet, Kaderübungen nach Maßgabe ihrer Eignung und der militärischen Erfordernisse im jeweiligen Gesamtausmaß nach Abs. 1 zu leisten, sofern die notwendigen Kaderfunktionen auf Grund der freiwilligen Leistung von Kaderübungen nicht ausreichend besetzt werden können. Die Wehrpflichtigen sind nach den jeweiligen territorialen Bedürfnissen auszuwählen, wobei auch auf ihre persönlichen Verhältnisse angemessen Rücksicht zu nehmen ist. Zu diesen Kaderübungen dürfen nur bis zu höchstens 12 v.H. der Wehrpflichtigen desselben Geburtsjahrganges herangezogen werden, wobei auf diesen Prozentsatz die Freiwilligen anzurechnen sind; auf denjenigen Teil des Geburtsjahrganges, der bereits den Grundwehrdienst geleistet hat, darf nur eine in einem angemessenen Verhältnis zu diesem Teil stehende Quote des für die Heranziehung zu Kaderübungen in Betracht kommenden Anteils der Wehrpflichtigen des betreffenden Geburtsjahrganges entfallen. Gemäß § 29 Abs. 8 leg. cit. ist die Auswahl der Wehrpflichtigen, die nach Abs. 7 zur Leistung von Kaderübungen verpflichtet sind, vom zuständigen Militärkommando mit Bescheid (Auswahlbescheid) innerhalb von zwei Jahren nach Entlassung aus dem Grundwehrdienst vorzunehmen. Der Bundesminister für Landesverteidigung hat vor der abweisenden Entscheidung über eine Berufung gegen den Auswahlbescheid eine Stellungnahme der Beschwerdekommission einzuholen, wenn es der Berufungswerber verlangt. Auf Grund dieses Bescheides können die Wehrpflichtigen nach Eintritt der Rechtskraft entsprechend den militärischen Erfordernissen bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres zu den einzelnen Kaderübungen einberufen werden.

2. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid unter anderem deshalb für rechtswidrig, weil dieser erst durch seine Zustellung am 19. August 1992, somit mehr als zwei Jahre nach der Entlassung aus dem Grundwehrdienst, erlassen worden sei. Nach § 27 Abs. 8 WG (richtig § 29 Abs. 8 WG) sei jedoch die Auswahl der Wehrpflichtigen mit Bescheid (Auswahlbescheid) innerhalb von zwei Jahren nach der Entlassung aus dem Grundwehrdienst vorzunehmen.

Der Auffassung des Beschwerdeführers, der Auswahlbescheid müsse innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Entlassung aus dem Grundwehrdienst rechtskräftig sein, ist entgegenzuhalten, daß das Gesetz seinem Wortlaut nach bei der Bestimmung der Zweijahresfrist auf den Auswahlbescheid des zuständigen Militärkommandos, also der erstinstanzlichen Behörde, abstellt. Dieser Regelung liegt erkennbar die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, daß der Wille der Militärbehörde, einen Wehrpflichtigen, der sich nicht freiwillig zu Kaderübungen gemeldet hat, zu Kaderübungen zu verpflichten, nur innerhalb einer begrenzten Zeit ab Entlassung des Wehrpflichtigen aus dem Grundwehrdienst in Bescheidform geäußert werden soll und der Wehrpflichtige, wenn er innerhalb dieser Zeit von der Militärbehörde keinen diesbezüglichen Bescheid erhalten hat, darauf vertrauen kann, daß er nicht mehr zu Kaderübungen verpflichtet wird. Wenn dem Beschwerdeführer aber innerhalb der Frist von zwei Jahren nach Entlassung aus dem Grundwehrdienst der Auswahlbescheid zugestellt wurde, darf er nicht darauf vertrauen, daß er zu Kaderübungen nicht mehr verpflichtet wird. Die am Zweck der genannten Gesetzesstelle orientierte Auslegung führt somit nicht zu dem vom Beschwerdeführer gewünschten Ergebnis. Da im vorliegenden Fall der Auswahlbescheid des zuständigen Militärkommandos innerhalb der gesetzlichen Frist erlassen wurde, wurde diese Frist gewahrt und liegt demnach die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vor.

3. Der Beschwerdeführer rügt Verfahrensmängel infolge Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht, und zwar in bezug auf seine eingeschränkte körperliche Einsatzfähigkeit auf Grund seiner "posttraumatischen orthopädischen Beschwerdesymptomatik", die ihm längeres Stehen und Gehen unmöglich mache, in bezug auf seine Tätigkeit als Facharzt für Psychiatrie und Neurologie sowie auf seine mangelnde fachliche Eignung für die in Aussicht genommene Kaderfunktion.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine relevanten Verfahrensmängel aufzuzeigen, weil Ermittlungen in dem von ihm gewünschten Sinn aus folgenden rechtlichen Gründen entbehrlich waren:

Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, daß der auf Tauglichkeit lautende Beschluß der Stellungskommission nicht mehr aufrecht sei. Solange dieser Beschluß aufrecht ist, ist von der damit bindend festgestellten Tauglichkeit des Beschwerdeführers, ungeachtet der Möglichkeit der Stellung eines Antrages nach § 24 Abs. 8 WG, auszugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 1990, Zl. 89/11/0290, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Soweit der Beschwerdeführer die mangelnde Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse rügt und dabei auf seine Unabkömmlichkeit von seiner fachärztlichen Praxis hinweist, ist ihm zu erwidern, daß ein Auswahlbescheid insofern subjektive Rechte des Wehrpflichtigen nicht berührt, weshalb es keiner Ermittlungen in dieser Richtung bedurfte. Der Wehrpflichtige kann seine persönlichen (wirtschaftlichen und familiären) Interessen erst hinsichtlich der Leistung von Kaderübungen durch die Stellung von Anträgen nach § 36 Abs. 3 Z. 2 WG geltend machen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 8. März 1991, Zl. 90/11/0188).

Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei mangels entsprechender Ausbildung für die Untersuchung und Begutachtung von Trinkwasser nicht geeignet, ist rechtlich unerheblich, weil die Beurteilung der Eignung für eine bestimmte Kaderfunktion ausschließlich Sache der Militärbehörde und nicht des Wehrpflichtigen ist (vgl. auch dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 3. April 1990, mit weiteren Judikaturhinweisen). Im übrigen sind entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers für die Erfüllung der Kaderfunktion, für die er vorgesehen ist, die Kenntnisse eines speziell ausgebildeten Lebensmittelchemikers oder Hygienefacharztes nicht erforderlich.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen (zur hg. Zl. AW 92/11/0045 protokollierten) Antrag, dieser gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992110220.X00

Im RIS seit

20.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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