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L92056 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Steiermark;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Sozialhilfeverbandes M, vertreten durch den Obmann des Verbandsausschusses Bezirkshauptmann Hofrat Dr. G. in M, dieser vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 31. Jänner 1991, Zl. 9-14A2-1990/32, betreffend Zurückweisung eines Antrages in einer Angelegenheit der Sozialhilfe mangels Parteistellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 13. Juli 1990 beantragte der beschwerdeführende Sozialhilfeverband bei der steiermärkischen Landesregierung, den in der beiliegenden Aufstellung angeführten Personen ab 1. Jänner 1990 gemäß § 29 Abs. 1 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz vom 9. November 1976, LGBl. 1/1977, Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes zu gewähren, sowie gemäß § 33 Abs. 2 leg. cit. die nicht gedeckten Kosten der Unterbringung zu übernehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des beschwerdeführenden Verbandes auf Gewährung der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes mangels Parteistellung zurück. In der Begründung wurde dargelegt, Parteien im Sinne des § 8 AVG seien jene Personen, die an der Sache, im vorliegenden Fall an einer Entscheidung über die Sicherung des Lebensbedarfes, einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse hätten. Die inhaltliche Beurteilung dieser Voraussetzung ergebe sich aus den materiell-rechtlichen Vorschriften, also dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz, LGBl. für die Steiermark Nr. 1/1991. Der angesprochene § 29 dieses Gesetzes regle die Zuständigkeit dieses Landes zur Unterbringung von hilfsbedürftigen und anstaltsbedürftigen Personen in für ihre Pflegebedürftigkeiten geeigneten Anstalten und Heimen. Die Anstaltspflegebedürftigkeit ergebe sich aus dem im § 29 angeführten Gebrechen in Verbindung mit der Notwendigkeit, den Lebensbedarf in einem Heim oder in einer Anstalt zu sichern. Hilfsbedürftigkeit ergebe sich aus § 4 des zitierten Gesetzes, wonach einen Rechtsanspruch habe, wer seinen Lebensbedarf nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen könne. Gemäß § 2 dieses Gesetzes könne Sozialhilfe entweder auf Antrag des Hilfsbedürftigen oder von Amts wegen gewährt werden. Aus dem bisher Gesagten sei abzuleiten, daß einen Rechtsanspruch auf Leistungen der Sozialhilfe nur der Hilfsbedürftige habe und daher auch nur auf seinen Antrag Sozialhilfe, im vorliegenden Fall in Form der Unterbringung in einem Heim, gewährt werden könne. Da also im vorliegenden Fall dem Sozialhilfeverband kein Rechtsanspruch zustehe und auch kein rechtliches Interesse in der Sache selbst abgeleitet werden könne, sei im Spruch festzustellen gewesen, daß eine Parteistellung nicht gegeben sei. Ferner wurde darauf verwiesen, daß mit Zuerkennung einer Sozialhilfe ein höchstpersönliches Recht eingeräumt werde, mit dem aber auch Pflichten des Hilfeempfängers (Rückersatzpflicht) verbunden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der beschwerdeführende Verband erachtet sich in den gesetzlich gewährleisteten Rechten, nämlich auf Zuerkennung der Parteistellung bzw. Zuerkennung des bestehenden rechtlichen Interesses im Sinn des § 8 AVG sowie weiters auf Entscheidung über einen Antrag, und zwar im gegenständlichen Fall über den zweiten Teil des Antrages auf Übernahme der nicht gedeckten Kosten der Unterbringung gemäß § 33 Abs. 2 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstattetenen Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde macht Rechtsverletzungen in zwei Richtungen geltend, nämlich Verletzung des Rechtes auf Parteistellung zufolge Verkennung der Rechtslage, aber auch eine Verletzung der Entscheidungspflicht: Die belangte Behörde sei dadurch, daß sie (zwar) die Parteistellung des beschwerdeführenden Verbandes verneint und den auf § 29 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz gestützten Antrag zurückgewiesen, jedoch über den auf § 33 Abs. 2 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz gestützten Antrag auf Kostenübernahme durch das Land nicht entschieden habe, säumig geworden.
Die belangte Behörde hat den Antrag der Beschwerdeführer zwar (wie sogleich zu zeigen sein wird: fälschlich) so angesehen, als ob er in Stellvertretung für die darin näher bezeichneten Personen gestellt worden wäre, hat ihn aber als jedenfalls insoweit einheitlichen (und daher nicht weiter teilbaren) Antrag aufgefaßt, als die Kostentragung als unmittelbare Funktion der Unterbringung anzusehen und daher ohne Bejahung dieser auch jene nicht in Betracht komme.
Der Antrag des Beschwerdeführers war ausdrücklich auf die §§ 29 und 33 Abs. 2 des Stmk. SHG, LGBl. Nr. 1/1977, gestützt. Die zuerst genannte Bestimmung findet sich im 3. Abschnitt dieses Gesetzes ("Organisation der Sozialhilfe") und lautet:
"(1) Das Land hat für den Lebensbedarf hilfs- und anstaltsbedürftiger Geisteskranker, Geistesschwacher, Süchtiger, Epileptiker, Taubstummer, Blinder und Körperbehinderter in geeigneten Anstalten und Heimen zu sorgen. Diese Verpflichtung beschränkt sich bei volljährigen Körperbehinderten auf Personen, die nach der Art ihres Leidens der Aufnahme in einer mit den besonderen Einrichtungen der Körperbehindertenbehandlung ausgestatteten Anstalt bedürfen.
(2) Das Land hat ferner an sozialen Diensten die vorbeugende Gesundheitshilfe, allgemeine und spezielle Beratungsdienste, sowie die Unterbringung in Pflegeheimen, Altenheimen und Pflegestationen, deren Träger das Land ist, zu gewähren.
(3) Das Land kann Einrichtungen, wie Altenheime, Pflegeheime oder Pflegestationen im Bereiche der Privatwirtschaftsverwaltung schaffen und betreiben, sowie ähnliche Einrichtungen oder Maßnahmen im Bereich der Sozialhilfe fördern."
Schon aus dem Wortlaut und der systematischen Stellung dieser Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, daß sie die Unterbringung einzelner Bedürftiger zum Regelungsgegenstand hat, sondern vielmehr die Verpflichtung des Landes - eine solche Unterbringung vorausgesetzt - "für den Lebensbedarf ... in geeigneten Anstalten und Heimen zu sorgen" bzw. "Altenheime, Pflegeheime oder Pflegestationen" selbst zu schaffen und zu betreiben (Abs. 3).
§ 33 Abs. 2 StmK SHG steht hingegen im 5. Abschnitt über die "Kostentragung" und lautet:
"(2) Die nicht gedeckten Kosten der Unterbringung von Hilfeempfängern in Anstalten oder Heimen für Geisteskranke, geistig oder körperlich Behinderte, Sinnesbehinderte, Epileptiker, Süchtige oder Trinker trägt das Land. Die Sozialhilfeverbände und die Städte mit eigenem Statut haben insgesamt 50 v.H. dieser Kosten zu übernehmen und auf diesen Anteil Vorauszahlungen gegen Abrechnung zu erbringen. Die anfallenden Vorauszahlungs- und Abrechnungsbeträge sind auf die einzelnen Sozialhilfeverbände und Städte mit eigenem Statut nach der Finanzkraft der Sozialhilfeverbände bzw. der Städte mit eigenem Statut umzulegen und von der Landesregierung mit Bescheid vom 1. Februar eines jeden Jahres vorzuschreiben. Die Finanzkraft ist jeweils sinngemäß in gleicher Weise zu berechnen wie die Grundlage für die Vorschreibung der Sozialhilfeumlage."
Ein von einem Sozialhilfeträger gestellter und auf §§ 29 und 33 Abs. 2 SHG gestützter Antrag der beschwerdegegenständlichen Art kann daher - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - im Zweifel nicht als ein - im Gesetz gar nicht vorgesehener - Antrag auf "Unterbringung" der im Antrag genannten Personen angesehen werden, sondern (nur) als Antrag auf Übernahme der Kosten der bereits erfolgten Unterbringung der im Antrag genannten Personen in dem im § 33 Abs. 2 SHG vorgesehenen Ausmaß gegenüber dem Sozialhilfeträger, worauf der beschwerdeführende Verband auch abzielte.
Dies verhilft der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg, weil das als Kostenerstattungsantrag anzusehende Ansuchen des beschwerdeführenden Verbandes im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen wurde:
Die Kostentragung durch das Land im Fall der Unterbringung von hilfsbedürftigen Personen in einem Heim oder in einer Anstalt ist unmittelbare Rechtsfolge dieser Unterbringung und einer gesonderten bescheidmäßigen Erledigung - wie sie der beschwerdeführende Verband offenbar in seiner Beschwerde anstrebt - nicht zugänglich. Der im § 33 Abs. 2 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz erwähnte Bescheid der Landesregierung setzt nicht deren Leistungspflicht dem Grunde nach fest, sondern dient - die Erbringung der Leistung durch das Land voraussetzend - der Vorschreibung des vom jeweiligen Sozialhilfeträger zu leistenden Kostenanteils(-schlüssels) an diesen Aufwendungen.
Eine (ausdrücklich normierte) Zuständigkeit der belangten Behörde, über ihre Kostentragungsverpflichtung hinsichtlich einzelne Personen betreffend, deren Pflegebedürftigkeit allenfalls strittig ist, mit Bescheid dem Grund nach zu entscheiden, sieht das Stmk. SHG nicht vor. Insoweit steht es dem beschwerdeführenden Verband aber frei, seine Ansprüche gegen das Land - hinsichtlich derer auch nicht der ordentliche Rechtsweg offensteht - im Wege einer Klage beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 137 B-VG geltend zu machen.
Da die Zurückweisung des Antrages des beschwerdeführenden Verbandes durch die belangte Behörde somit im Ergebnis zurecht erfolgte, wurde der beschwerdeführende Verband durch den angefochtenen Bescheid - ungeachtet seiner unzutreffenden Begründung - in seinen Rechten nicht verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
In seiner Beschwerde regt der beschwerdeführende Verband letztendlich an, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag zu stellen, die Wörter "Bezirkshauptmann als" im ersten Satz des § 21 Abs. 1 und dem § 22 Abs. 2 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 1/1977, als verfassungswidrig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1989, G 8/89, VfSlg. 12189, betreffend die vergleichbaren Bestimmungen des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes im hier relevanten Bezug nicht veranlaßt, dieser Anregung Rechnung zu tragen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991080066.X00Im RIS seit
13.07.2001