TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/20 92/04/0145

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Veröffentlicht am 20.10.1992
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Index

L80002 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Kärnten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §56;
GdPlanungsG Krnt 1982 §5 Abs4;
GdPlanungsG Krnt 1982 §5 Abs5;
GewO 1973 §15 Z1 idF 1988/399;
GewO 1973 §345 Abs9;
GewO 1973 §46 Abs3;
GewO 1973 §5 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde der N-Ges.m.b.H. & Co KG in D, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 31. Oktober 1991, Zl. Gew-1976/14/89, betreffend Anzeige der Gewerbeausübung an einer weiteren Betriebsstätte, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 31. Oktober 1991 - ergangen als Ersatzbescheid nach Aufhebung des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 30. November 1989 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0045, auf dessen Darstellung des maßgebenden Verfahrensablaufes verwiesen wird - wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 28. September 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid aus seinen als zutreffend erachteten Gründen mit der Maßgabe bestätigt, daß sein Spruch insofern ergänzt werde, als er zu lauten habe:

"Auf Grund der am 7.8.1989 erstatteten Anzeige wird festgestellt, daß an dem in Aussicht genommenen Standort X, A-Straße 107, gemäß § 15 Ziff. 1 GewO 1973 i.V.m. § 5 Abs. 4 und 5 Gemeindeplanungsgesetz 1982, LGBl. Nr. 51, die gesetzlich geforderten Voraussetzungen (Sonderwidmung) für die Ausübung des Anmeldungsgewerbes "Be- und Verarbeitung von Fleisch und Fleischwaren in industriemäßiger Form, eingeschränkt auf eine Verkaufsstelle", nicht gegeben sind, und wird der N-Ges.m.b.H. & Co KG die Ausübung dieses Gewerbes an der weiteren Betriebsstätte mit Standort X, A-Straße Nr. 107 (Parzellen Nr. 506 und 509/1, beide KG Y) gemäß § 46 Abs. 2 i. V.m. § 345 Abs. 9 GewO 1973 i.d.F. BGBl. Nr. 399/1988 untersagt."

Zur Begründung wurde unter Hinweis auf die Darlegungen im vorangeführten aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0044, ausgeführt, im fortgesetzten Verfahren sei der dem Verwaltungsakt angeschlossene Einreichplan als Bestandteil des in Rede stehenden Aktes neuerlich der Partei zur Stellungnahme vorgelegt worden. Aus dem Einreichplan seien folgende gemeinsame Einrichtungen ersichtlich: Ein großer gemeinsamer Kundenparkplatz mit einer Zufahrts- und Abfahrtsmöglichkeit, ein gemeinsamer Eingangsbereich, getrennt davon ein gemeinsamer Verbindungsweg für die Zu- und Ausfahrt zu den Anlieferungsrampen, Gemeinschaftseinrichtungen der Infrastruktur. Es sei daher aktenmäßig festzuhalten, daß der wirtschaftliche Zusammenhang durch gemeinsame Einrichtungen, die der Steigerung der Wirtschaftlichkeit des Projektes dienten, unterstrichen werde. Es sei somit dargetan, daß im vorliegenden Fall in einem Objekt ein Geschäft, in dem Waren des täglichen Bedarfes (Verkaufsstelle für Fleischwaren) und ein Unterhaltungselektronikgeschäft in räumlicher Nahebeziehung eingerichtet worden seien, und daß weiters im Hinblick auf die räumlich zusammenhängende Anordnung dieser beiden Geschäfte und insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die gemeinsamen Einrichtungen das Erscheinungsbild einer Zusammenfassung für Zwecke des Verkaufes bzw. Einkaufes vorliege, und daß das Flächenausmaß der in diesem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Verkaufsflächen jedenfalls 600 m2 übersteige. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in Rechten insofern verletzt, als der angefochtene Bescheid "nicht auf der zum Zeitpunkt seiner Erlassung gültigen Rechtslage erging (wodurch wir in unserem Recht auf gesetzeskonforme Beurteilung unseres Anbringens verletzt wurden)." Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird hiezu ausgeführt, es sei voranzustellen, daß für die Erlassung eines rechtsgestaltenden Bescheides nach der ständigen Rechtsprechung beider Gerichtshöfe (soweit durch Gesetz nicht anderes bestimmt sei) die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblich sei. Für den angefochtenen Bescheid (eines monokratischen Organes) sei dies die Rechtslage im Zeitpunkt seiner Zustellung, also zum 21. Mai 1992. Nach Darstellung der nach der Annahme der Beschwerdeführerin in diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage wird zusammenfassend vorgebracht, zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei das Gemeindeplanungsgesetz 1982 i.d.F. LGBl. Nr. 51 zufolge zwischenzeitiger Novellierung durch LGBl. Nr. 30/1990 nicht mehr in Kraft gewesen; maßgebliche und daher von der Behörde bei der Bescheiderlassung anzuwendende Rechtslage sei das Gemeindeplanungsgesetz i.d.F. LGBl. Nr. 30/1990. Mit Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Spittal/Drau vom 24. April 1991, kundgemacht am 31. Mai 1991 (somit vor Erlassung des angefochtenen Bescheides), sei für die fraglichen Grundstücke die Sonderwidmung als Einkaufszentrum festgelegt worden. Nach "§ 5 Abs. 5 der Gesetzes" in der Fassung LGBl. Nr. 30/1990 liege ein Einkaufszentrum dann vor, wenn - unbeschadet des Warensortimentes - Verkaufseinrichtungen gegeben seien, deren wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche 600 m2 übersteige. Dementsprechend wäre die Betriebsanlage, unbeschadet des Warenangebotes, sofern als Einkaufszentrum zu qualifizieren, durch landesrechtliche Bestimmungen bzw. Rechtsvorschriften an diesem Standort nicht verboten. Sei dem so, dann wäre bei Anwendung dieser zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden und damit maßgeblichen Rechtslage diese Anmeldung behördlicherseits uneingeschränkt zur Kenntnis zu nehmen gewesen. Sofern aber die Betriebsanlage entgegen den vorstehenden Ausführungen nicht als Verkaufslokal des Einzelhandels, sondern als Handwerksstätte zu qualifizieren sei, stünden landesrechtliche Bestimmungen bzw. Rechtsvorschriften der Kenntnisnahme dieser Anmeldung ebenfalls nicht entgegen, da es sich diesfalls lediglich um einen "Komplementärbetrieb" zum bezogenen Einkaufszentrum handle und ein solcher Komplementärbetrieb durch die Bestimmungen des § 5 leg. cit. nicht ausgeschlossen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem vorangeführten Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0045, folgendes ausgeführt: Gemäß § 46 Abs. 1 GewO 1973 sei, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt sei, eine Gewerbeausübung, auch wenn sie nur kurzfristig oder vorübergehend sei, außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte unzulässig. Nach Abs. 2 dürfe ein Gewerbe in einer weiteren Betriebsstätte innerhalb wie außerhalb der Gemeinde des Standortes ausgeübt werden, wenn die Ausübung im Standort der weiteren Betriebsstätte zulässig (§ 15) und nicht von vornherein durch einen Nachsichtsbescheid örtlich beschränkt worden sei. Das Recht zur Ausübung eines Anmeldungsgewerbes (§ 5 Z. 1) in einer weiteren Betriebsstätte werde nach Abs. 3 durch die hievon bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers begründet (§ 345 Abs. 4). Zufolge § 345 Abs. 9 leg. cit. habe die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden sei, wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien - unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff - dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige sei, zu untersagen. Gemäß § 15 Z. 1 leg. cit. dürfe eine gewerbliche Tätigkeit in einem Standort nicht ausgeübt werden, in dem die Ausübung dieser Tätigkeit im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung oder der Entscheidung über das Konzessionsansuchen durch Rechtsvorschriften verboten sei. Der Verwaltungsgerichtshof vermöge es daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Lichte des § 15 Z. 1 GewO 1973 auch geprüft habe, ob die Bestimmungen des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982 der angezeigten Tätigkeit entgegenstünden. Gemäß § 5 Abs. 4 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, LGBl. Nr. 51, (Wiederverlautbarung des Gemeindeplanungsgesetzes 1970) in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 30/1990 müßten Flächen für Einkaufszentren als Sonderwidmung festgelegt werden. Zufolge Abs. 5 dieser Gesetzesstelle seien Einkaufszentren Verkaufslokale des Einzelhandels und des Großhandels, wie Verbrauchermärkte, Abholgroßmärkte u.ä., in denen Güter mehrerer Warengruppen, einschließlich von Waren des täglichen Bedarfes angeboten würden, und bei denen die wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche 600 m2 übersteige. Nach der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang sei daher unter der Eigenschaft "wirtschaftlich zusammenhängend" der durch das zuvor angeführte Kriterium des Marktgeschehens begründete Zusammenhang zu verstehen. Die einzelnen Verkaufslokale, die zusammen einen Markt bildeten, könnten von verschiedenen Unternehmen betrieben werden, ohne daß im Hinblick auf die Verschiedenheit der Unternehmer wie auch die Verschiedenheit des in den einzelnen Unternehmen beschäftigten Personals der wirtschaftliche Zusammenhang als Markt verlorengehe. Die Voraussetzungen des wirtschaftlichen Zusammenhanges habe die belangte Behörde durch Übernahme der diesbezüglichen Begründungsdarlegungen im erstbehördlichen Bescheid deshalb als gegeben angenommen, weil in sachverhaltsmäßiger Hinsicht das in Rede stehende Geschäftslokal der Beschwerdeführerin mit einem weiteren Verkaufslokal eines anderen Unternehmens "in einem Objekt" "in räumlicher Nahebeziehung zueinander" betrieben werde und beide Verkaufslokale zusammen eine Verkaufsfläche von mehr als 600 m2 aufwiesen. Der bloße Umstand der Unterbringung der beiden Verkaufslokale im selben Gebäude in räumlicher Nähe vermöge aber ohne Hinzutreten weiterer, eine gegenseitige wirtschaftliche Verflechtung indizierender Merkmale den im Gesetz geforderten wirtschaftlichen Zusammenhang der beiden Verkaufsflächen nicht zu begründen. Ob aber die von der belangten Behörde im gegebenen Zusammenhang als weiteres Sachverhaltselement genannten "mehreren gemeinsamen Einrichtungen" die Rechtsansicht der belangten Behörde, es liege die im Gesetz für das Vorliegen eines Einkaufszentrums u. a. geforderte wirtschaftlich zusammenhängende Verkaufsfläche von 600 m2 vor, zu stützen vermöchten, entziehe sich der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes, weil sich weder im erstbehördlichen noch im angefochtenen Bescheid (noch auch in den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens) Hinweise auf das Vorliegen und die Art derartiger gemeinsamer Einrichtungen fänden. Durch die Unterlassung entsprechender Feststellungen habe die belangte Behörde den - im bezogenen Verfahren angefochtenen - Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0069, unter Hinweis auf die dort angeführte weitere hg. Rechtsprechung dargetan hat, wird bei einem Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z. 1 GewO 1973) gemäß § 46 Abs. 3 GewO 1973 das Recht zur Ausübung dieses Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte - bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen - durch die entsprechende Anmeldung bei der Behörde und im Zeitpunkt dieser Anmeldung begründet. Aufgabe der Behörde im Rahmen ihrer Entscheidung nach § 345 Abs. 9 GewO 1973 ist es sodann lediglich zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Anmeldung die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren, und im verneinenden Fall dies festzustellen, sowie den zur Herstellung der Rechtsordnung erforderlichen Auftrag (Untersagung der Gewerbeausübung) zu erlassen, wobei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Anmeldung abzustellen ist.

Ausgehend von der sich so darstellenden Rechtslage erweist sich daher die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, wonach auf die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - geänderte - Rechtslage abzustellen gewesen wäre, als durch das Gesetz nicht gedeckt.

Danach kann aber eine rechtswidrige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht erkannt werden, wenn sie ausgehend von der das vorangeführte hg. Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0045, tragenden Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf Grund der dargestellten - in der Beschwerde nicht bekämpften - Sachverhaltsannahmen davon ausging, daß der im § 5 Abs. 5 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, LGBl. Nr. 51, geforderte wirtschaftliche Zusammenhang in Ansehung der hier in Betracht zu ziehenden Verkaufslokale gegeben sei (vgl. hiezu auch die entsprechenden Darlegungen im hg. Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 89/04/0240).

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992040145.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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