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L71062 Marktordnungen Kärnten;Norm
GewO 1973 §331;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Mag. Kobzina und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Dr. D, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. Dezember 1990, Zl. Gew-1701/2/90, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer - in diesbezüglicher Bestätigung des Straferkenntnisses vom 14. November 1990 - schuldig erkannt, er habe, wie von einem Organ des Marktamtes festgestellt worden sei, am Mittwoch, dem 19. September 1990, um 7.10 Uhr mit seinem Pkw, pol.-Kennzeichen K nnn.nnn, im Marktgebiet ohne Zuweisung einen Marktstandplatz belegt. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 30 Abs. 1 der Marktordnung der Stadt Villach vom 23. November 1990 in Verbindung mit § 368 Z. 16 GewO 1973 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Stunden) verhängt wurde.
Zur Begründung wurde - nach Darlegung des Berufungsvorbringens - unter anderem ausgeführt, die Gemeinde habe gemäß § 331 GewO 1973 eine Marktordnung zu erlassen, deren Inhalt in der vorzitierten Gesetzesstelle geregelt werde. Die Formulierung dieser Gesetzesstelle lasse erkennen, daß neben die als essentielle Bestandteile einer Marktordnung geltenden Bestimmungen auch solche treten könnten, die nach den jeweiligen Gegebenheiten in einer Gemeinde als unbedingt notwendig erachtet würden. Dabei habe die Marktordnung bestimmten Interessen Rechnung zu tragen, entsprechende Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit zu treffen und auch auf den ungestörten Straßenverkehr Bedacht zu nehmen (§ 331 Abs. 3). Demzufolge könne die Marktordnung auch Bestimmungen über den Verkehr auf dem Marktgelände während des Marktes enthalten. Handle es sich um einen Markt, der auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgehalten werde, so gelte während der Dauer des Marktes nicht die StVO. Demgemäß normiere § 30 Abs. 1 der Marktordnung der Stadt Villach, daß eine Verwaltungsübertretung, welche im Sinne des § 368 Z. 16 GewO 1973 zu ahnden sei, derjenige begehe, der einen Marktplatz oder eine Markteinrichtung ohne Zuweisung benützt. Aus dieser Bestimmung ergebe sich, daß - entgegen der Ansicht des Berufungswerbers - dieser auch als Nichtmarktteilnehmer dem Geltungsbereich dieser Norm unterliege. Demnach sei der Einwand des Berufungswerbers, er habe nicht die Absicht gehabt, Waren feilzubieten und zu verkaufen, völlig irrelevant. Ebenso sei auf den Einwand des Berufungswerbers, er hätte seinen Pkw zu einem Zeitpunkt, als noch kein Markttermin gewesen sei, am Marktplatz abgestellt, nicht näher einzugehen gewesen, da - wie bereits im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt - es erwiesen sei, daß der Berufungswerber seinen Pkw am 19. September 1990 um
7.10 Uhr, also an einem Mittwoch, der gemäß § 2 Abs. 1 und § 4 der Marktordnung der Stadt Villach als Markttag ausgewiesen sei, seinen Pkw noch immer auf der Marktfläche stehen gehabt und diese damit unbefugt benutzt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. Der Beschwerdeführer bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid akzeptiere einfach nicht, daß er als Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr nicht der Vollzugsgewalt des Marktes der Stadt Villach unterliege. Wenn auf Seite 3 Abs. 2 des in Beschwerde gezogenen Bescheides - nicht nachvollziehbar - ausgeführt werde, daß für die Dauer des Marktes auf einer öffentlichen Verkehrsfläche die Straßenverkehrsordnung nicht gelte, so unterliege er dennoch nicht ab dem Zeitpunkt "wenn der Markt beginnt" ipso iure der Vollzugsgewalt des Marktamtes. Es werde sein zulässig abgestellter Pkw ab diesem Zeitpunkt auch keine Handelsware des Marktes und er selbst werde kein Marktfirant, der die Zuweisung eines Marktstandplatzes benötige, um nicht straffällig zu werden. Nur auf solche Bereiche ziele aber die Strafbestimmung des § 368 Z. 16 GewO 1973 ab.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:
Nach § 368 Z. 16 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen ist, wer die gemäß § 326 erlassenen Verordnungen über das Verbot des Feilhaltens bestimmter Waren auf Märkten oder die gemäß § 331 erlassenen Marktordnungen nicht einhält.
Mit Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 23. November 1979 wurde gemäß § 330 Abs. 2, §§ 331 und 337 der Gewerbeordnung 1973 iVm § 12 (1) des Villacher Stadtrechtes eine Marktordnung für die Stadt Villach erlassen, die sämtliche Marktveranstaltungen der Stadt Villach einschließlich der Gelegenheitsmärkte ("Quasimärkte") gemäß § 325 GewO 1973 regelt (§ 1 Abs. 1 Villacher Marktordnung).
Nach § 30 Z. 1 Villacher Marktordnung begeht eine Verwaltungsübertretung und ist im Sinne des § 368 Z. 16 GewO 1973 mit Geldstrafe zu belegen, wer einen Marktplatz oder eine Markteinrichtung ohne Zuweisung BEZIEHT oder BENÜTZT.
Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid zur Last gelegt, am 19. September 1990 um 7.10 Uhr mit einem näher bezeichneten Pkw "im Marktgebiet von Villach, am Burgplatz, ohne Zuweisung einen Marktstandplatz BELEGT" zu haben. In der Begründung des Straferkenntnisses wurde dazu ausgeführt, es sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer am 19. September 1990 um 7.10 Uhr an einem Markttag seinen näher bezeichneten Pkw ohne Zuweisung "auf einem Marktplatz abgestellt hat".
Abgesehen davon, daß nicht strafbar ist, wer im Marktgebiet von Villach, am Burgplatz, ohne eine Zuweisung einen Marktstandplatz "belegt", sondern wer "einen Marktplatz oder eine Markteinrichtung ohne Zuweisung BEZIEHT oder BENÜTZT", sodaß der Spruch des angefochtenen Bescheides schon insofern an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit leidet, legte die belangte Behörde in der Begründung auch nicht dar, weshalb das Abstellen eines Pkws am Marktplatz an einem Markttag ein Beziehen oder Benützen des Marktplatzes oder einer Markteinrichtung im Sinne des § 30 Z. 1 Villacher Marktordnung sei.
Der Beschwerdeführer ist mit seinem Vorbringen im Recht, das Abstellen eines Pkw (genauer gesagt das Abgestelltlassen) sei kein Benützen bzw. Beziehen im Sinne des § 30 Z. 1 Villacher Marktordnung. § 30 Z. 1 Villacher Marktordnung spricht vom "Beziehen" oder "Benützen" eines Marktplatzes oder einer Markteinrichtung (ohne Zuweisung). Aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang ist zu schließen, daß damit ein "Beziehen" oder "Benützen" (eines Marktplatzes oder einer Markteinrichtung) im Zusammenhang mit der Ausübung der Markttätigkeit gemeint ist. Eine derartige Sicht der Rechtslage ist auch aus dem Schutzzweck der Regelung im normativen Gefüge geboten: § 30 Z. 1 Villacher Marktordnung dient - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt - der Durchsetzung des § 10 Villacher Marktordnung, wonach Marktplätze unter Einhaltung bestimmter Kriterien behördlich zu vergeben sind und zwar durch "mündliche Zuweisung". Die Zuweisung eines Marktplatzes dient der Ordnung der Ausübung einer MARKTTÄTIGKEIT, nämlich, wie sich aus § 2 Abs. 2 ergibt, dem Kleinverkauf von Lebensmitteln, landwirtschaftlichen und gärtnerischen Erzeugnissen sowie Naturprodukten. Es kann daher im Sinne der Marktordnung einen Marktplatz BEZIEHEN nur bedeuten, sich in der Absicht eine Markttätigkeit zu entfalten auf dieser Fläche niederzulassen; BENÜTZEN kann nur heißen, auf dieser Fläche die Markttätigkeit auszuüben. Beides wurde dem Beschwerdeführer jedoch nicht vorgeworfen. Der Spruch spricht vielmehr undifferenziert von "belegen", womit offensichtlich das (bloße) Abstellen eines Pkw gemeint ist.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon aus diesem Grund mit Rechtswidrigkeit des Inhalts. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991040034.X00Im RIS seit
20.10.1992