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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 26. März 1992, Zl. MA 64-11/762/91/Str, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 26. März 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 26. September 1990 um 20.20 Uhr an einem näher bezeichneten Tatort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt gewesen zu sein und es unterlassen zu haben, 1. das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und
2. die nächste Polizeidienststelle von dem Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 und zu 2. nach § 4 Abs. 5 leg. cit. begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In Erwiderung eines diesbezüglichen Beschwerdevorbringens ist zunächst darauf hinzuweisen, daß eine Formulierung in der Berufungsentscheidung, die zum Ausdruck bringt, dem Rechtsmittel werde nicht Folge gegeben, im allgemeinen als Erlassung eines mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden Bescheides anzusehen ist (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
4. Auflage, Seite 559 f, Nr. 201 zitierte hg. Rechtsprechung).
Da der Beschwerdeführer im übrigen die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist daran zu erinnern, daß diese der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen schlüssig sind, das heißt mit den Denkgesetzen im Einklang stehen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Im Rahmen dieser Kontrolle erweist sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde aus folgenden Erwägungen als unschlüssig:
Die belangte Behörde ging von einem Unfallsverlauf aus, bei dem der Beschwerdeführer mit seinem Fahrzeug das Fahrzeug seiner Unfallsgegnerin (links) überholte und dieses beim Wiedereinordnen nach rechts so schnitt, daß es zur Kollision kam. Dem leugnenden Prozeßstandpunkt des Beschwerdeführers, der eine Kollision in Abrede stellte, hielt die belangte Behörde unter anderem das kraftfahrtechnische Gutachten der Bundesprüfanstalt für KFZ entgegen, welches von der Möglichkeit einer solchen Kollision und der Möglichkeit der Wahrnehmung dieser Kollision durch den Beschwerdeführer ausgeht.
In diesem Gutachten wird folgender Befund über die Beschädigungen am Fahrzeug der Unfallsgegnerin erhoben:
"Befestigung der rechten Ecke der vorderen Stoßstange abgerissen, rechter Träger der vorderen Stoßstange abgerissen, linker Träger der vorderen Stoßstange locker".
Diese festgestellten Beschädigungen stehen insoferne im Widerspruch zu dem von der belangten Behörde angenommenen Unfallshergang, als - zumindest ohne nähere Erläuterungen durch einen kraftfahrtechnischen Sachverständigen - diese Beschädigungen auf einen Hauptanstoßpunkt an der rechten vorderen Stoßstange des Fahrzeuges der Unfallsgegnerin schließen lassen, während nach dem von der belangten Behörde angenommenen Unfallshergang diese Anstoßstelle zwangsläufig links vorne gelegen sein müßte. An dieser Stelle fand sich aber nach dem genannten Gutachten keine Beschädigung.
Da es die belangte Behörde unterließ, diesen Widerspruch aufzuklären, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil nicht auszuschließen ist, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragen Verhandlung war zufolge § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abzusehen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die vorliegende Beschwerde nur zweifach einzubringen war.
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Inhalt der Berufungsentscheidung Anspruch auf meritorische Erledigung (siehe auch Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verfahrensrechtliche Entscheidung der Vorinstanz) Rechtsnatur und Rechtswirkung der Berufungsentscheidung Verweisung auf die Entscheidungsgründe der ersten InstanzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020186.X00Im RIS seit
16.11.2000