TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/21 91/02/0013

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Veröffentlicht am 21.10.1992
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Index

L67001 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Burgenland;

Norm

GVG Bgld 1955 §3 Abs2 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, DDr. Jakusch und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des H in E sowie der C und des J in G, alle vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 3. Dezember 1990, Zl. 10R-619/2/1990, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 3. Dezember 1990 wurde dem zwischen dem Erstbeschwerdeführer einerseits und den Zweit- und Drittbeschwerdeführern andererseits abgeschlossenen Tauschvertrag vom 8. November 1989 gemäß § 3 Abs. 2 Z. 4 des Kärntner Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 70/1974 (im folgenden: GVG) die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt. Zur Begründung wird ausgeführt, mit dem in Rede stehenden Tauschvertrag übergebe der Erstbeschwerdeführer aus dem Gutsbestand seiner näher bezeichneten Liegenschaft an die Zweit- und Drittbeschwerdeführer je ein Zehntel, zusammen zwei Zehntel Miteigentumsanteile an 0,162 ha LN, 34,9583 ha Wald und 48,9556 ha Alpe, zusammen 84,0759 ha, und die Zweit- und Drittbeschwerdeführer übergäben ihrerseits je vier Zehntel, zusammen acht Zehntel ideelle Miteigentumsanteile an ihnen gehörigen Waldgrundstücken im Ausmaß von 4,7662 ha und Almgrundstücken im Ausmaß von 33,5684 ha, zusammen 38,3346 ha, an den Erstbeschwerdeführer. Dadurch entstehe zwischen den Vertragspartnern eine Besitzgemeinschaft an Grundstücken in folgendem Ausmaß: 0,1620 ha LN, 39,7245 ha Wald und 82,5240 ha Alpe, insgesamt 122,4105 ha. In der Präambel des Tauschvertrages werde festgestellt, daß die Vertragsteile beabsichtigten, eine Eigenjagd zu errichten.

Laut Auskunft der Gemeinde seien die Vertragsgrundstücke im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan als landwirtschaftliches Grünland gewidmet, gehörten zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb und würden land- oder forstwirtschaftlich genutzt. Der vorliegende Tauschvertrag unterliege daher gemäß § 1 Abs. 1 des Kärntner Grundverkehrsgesetzes der Genehmigungspflicht. Laut Stellungnahme des Bezirksjagdbeirates würde durch diesen Flächentausch ein gemeinsames neues Eigenjagdgebiet entstehen. Die laut Kataster als Alpe ausgewiesenen verfahrensgegenständlichen Flächen der Zweit- und Drittbeschwerdeführer seien zum überwiegenden Teil Wald. Es sei daher davon auszugehen, daß in der Natur ca. zwei Drittel der Gesamtfläche, also rund 80 ha, auf Wald und ca. ein Drittel auf Almflächen entfielen. Die Bezirksforstinspektion komme in ihrem Gutachten zusammenfassend zum Ergebnis, der Zusammenschluß der gegenständlichen Grundstücke sei im Hinblick auf die forstliche Bewirtschaftung, insbesondere die Erschließung und die Pflege der Schutzwaldbestände zweckmäßig. In einem von den Beschwerdeführern vorgelegten Privatsachverständigengutachten werde zusammenfassend festgehalten, die vorliegende Bildung einer Besitzgemeinschaft beruhe ausschließlich auf betriebswirtschaftlichen Motiven und sei im überwiegenden agrar- und forstwirtschaftlichen Interesse gelegen. Die Beschwerdeführer hätten den Versuch unternommen, mit den gegenständlichen Grundflächen zusammen mit Grundflächen eines Dritten eine Agrargemeinschaft zu bilden, hätten diesen Versuch aber infolge eines negativen Gutachtens des Amtssachverständigen nicht weiter verfolgt. In dem im Rahmen dieses agrarbehördlichen Verfahrens abgegebenen almwirtschaftlichen Gutachten werde ausgeführt, auf Grund der Lage der Alm und der Struktur der Heimbetriebe sei eine Intensivierung im eigentlichen Sinn kaum möglich. Eine Verbesserung in der Beweidung gegenüber dem jetzigen Stand ergebe sich einzig aus dem Wegfall des derzeitigen Grenzzaunes zwischen den beiden Almen und damit der Schaffung eines größeren Weidegebietes. Eine wirtschaftliche Notwendigkeit dafür sei jedoch nicht gegeben, da beide Almen auf Grund ihrer Größe, ihrer Lage und ihrer örtlichen Gegebenheiten wirtschaftlich sinnvoll nutzbar seien. Aus dem Antrag auf Regulierung einer Agrargemeinschaft ergebe sich, daß die Beschwerdeführer ihre Waldflächen auch weiterhin getrennt bewirtschaften wollten. Nach einem ergänzenden forstlichen Gutachten der Agrarbezirksbehörde erscheine eine unabhängige Bewirtschaftung der einzelnen Waldteile ohne Einräumung gegenseitiger Bringungsrechte ohne weiteres möglich. Zwar werde von den Beschwerdeführern im grundverkehrsbehördlichen Verfahren vorgebracht, daß auch die gemeinsamen Waldteile gemeinsam bewirtschaftet werden sollten, doch könne mangels einer konkreten Nutzungsvereinbarung aus diesem Vorbringen nicht ersehen werden, auf welche Weise eine gemeinsame forstliche Nutzung erfolgen solle. Aus den diesbezüglich bloß allgemein gehaltenen Erklärungen der Beschwerdeführer müsse letztlich doch geschlossen werden, daß sie ihre Waldteile auch weiterhin getrennt bewirtschaften würden. Wenn sich auch, wie aus den verschiedenen Gutachten abgeleitet werden könne, eine wegemäßige Erschließung insbesondere der Waldflächen der Zweit- und Drittbeschwerdeführer im Rahmen einer Besitzgemeinschaft rechtlich sicherlich leichter bewerkstelligen ließe, so biete doch auch das Forstgesetz bzw. das Güter- und Seilwege-Landesgesetz eine ausreichende Basis, um notwendige Erschließungen auch über fremden Grund durchsetzen zu können. Ebensowenig wie für die Erschließung stelle auch für eine allenfalls zweckmäßige Trennung von Wald und Weide in diesem Bereich, für die gemeinsame Holzvermarktung oder auch für eine gemeinsame Nutzung der Almflächen die Bildung der Miteigentumsgemeinschaft eine notwendige Voraussetzung dar. Diese sei lediglich für die Schaffung eines Eigenjagdgebietes unbedingt notwendig. Im Hinblick auf Angebot und Nachfrage würde sich zwar bei der Verwertung der gegenständlichen Grundflächen als Eigenjagdgebiet vermutlich ein etwas höherer Erlös erzielen lassen, als der anteilsmäßige Pachtzins aus der Verpachtung als Gemeindejagdgebiet erwarten lasse (die Differenz für die Gesamtfläche von 122,4105 ha betrage ca. 6.365 S). Es dürfe jedoch nicht übersehen werden, daß andererseits die Bildung eines Gemeinschaftsbesitzes, insbesondere für den bäuerlichen Vollerwerbsbetrieb des Erstbeschwerdeführers, erhebliche rechtliche und in der Folge auch wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen würde, weil jeder Miteigentümer über seinen Anteil und dessen Nutzung frei verfügen, diesen verpfänden, vermachen oder sonst veräußern könne. Da der Erstbeschwerdeführer bis auf einen geringen Anteil seinen gesamten Waldbesitz sowie seine gesamte Alm in die Besitzgemeinschaft einbringen würde, erscheine es nicht ausgeschlossen, daß vor allem für seinen bergbäuerlichen Vollerwerbsbetrieb, der die alleinige Existenzgrundlage für die Besitzerfamilie darstelle, wegen der längerfristig nicht gesicherten personellen Zusammensetzung der Besitzgemeinschaft und des Verlustes der entsprechenden wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit eine gewisse existentielle Gefährdung resultieren könne. Es erschienen somit die von den Beschwerdeführern genannten, mit dem gegenständlichen Rechtsgeschäft zusammenhängenden sonstigen wirtschaftlichen Interessen gegenüber dem Interesse an der Bildung eines Eigenjagdgebietes keineswegs überwiegend, vielmehr könnten aus der mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Bildung einer Eigentumsgemeinschaft zumindest für den Erstbeschwerdeführer schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile erwachsen. Es sei daher der Versagungstatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 4 GVG erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 GVG ist die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes durch die Grundverkehrskommission zu versagen, wenn der Rechtserwerb dem allgemeinen Interesse an der Schaffung und Erhaltung land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen oder wirtschaftlich leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe widerspricht. Gemäß § 3 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. hat eine Versagung insbesondere zu erfolgen, wenn bäuerliche Betriebe oder Teile solcher zur Bildung oder Vergrößerung von Großgrundbesitz oder Eigenjagdgebieten erworben werden, ohne daß hiefür ein überwiegendes agrarwirtschaftliches und forstwirtschaftliches Interesse vorliegt.

Um beurteilen zu können, ob der Versagungstatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 4 GVG im Einzelfall gegeben ist, bedarf es somit konkreter Feststellungen darüber, welche agrarwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Interessen durch das Rechtsgeschäft gefördert werden. Hiebei ist auf objektive Gegebenheiten der Land- und Forstwirtschaft abzustellen, nicht jedoch auf subjektive Interessen der Vertragspartner. Diese konkret festgestellten Interessen sind sodann den mit der Bildung eines Großgrundbesitzes oder eines Eigenjagdgebietes verbundenen (ebenfalls nach objektiven Maßstäben zu beurteilenden) Vorteilen gegenüber zu stellen.

Diesen Erfordernissen kommt der angefochtene Bescheid insofern nicht nach, als darin zwar die aus der Bildung eines Eigenjagdgebietes resultierenden Vorteile konkret (in einem bestimmten Geldbetrag ausgedrückt) bezeichnet werden, die mit dem in Rede stehenden Rechtsgeschäft verbundenen land- und forstwirtschaftlichen Vorteile dagegen nur unbestimmt umschrieben werden.

Denn der angefochtene Bescheid enthält zwar die auf das Gutachten der Bezirksforstinspektion gestützte Feststellung, der Zusammenschluß der gegenständlichen Grundstücke sei im Hinblick auf die forstwirtschaftliche Bewirtschaftung, insbesondere die Erschließung und die Pflege des Schutzwaldes zweckmäßig, ohne jedoch im einzelnen darzulegen, welche (vorteilhaften) wirtschaftlichen Gegebenheiten diese Zweckmäßigkeit begründen.

Verfehlt ist im gegebenen Zusammenhang die Ansicht der belangten Behörde, deshalb, weil eine wegemäßige Erschließung der bisher im alleinigen Eigentum der Zweit- und Drittbeschwerdeführer stehenden Waldflächen nach den bestehenden Rechtsvorschriften auch über fremden Grund bewerkstelligt werden könnte, begründe die durch die Schaffung der in Rede stehenden Besitzgemeinschaft eröffnete Möglichkeit, diese Erschließung über Eigengrund "leichter zu bewerkstelligen", kein Interesse im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 4

GVG.

Die belangte Behörde verkennt aber auch die Rechtslage, wenn sie offensichtlich davon ausgeht, ein agrarwirtschaftliches oder forstwirtschaftliches Interesse sei schon dann nicht gegeben, wenn die in Rede stehenden Grundflächen auch ohne den zu beurteilenden Rechtserwerb wirtschaftlich bewirtschaftet werden können. Entscheidend ist vielmehr, ob durch diesen Rechtserwerb die Bewirtschaftung wirtschaftlich vorteilhafter bewerkstelligt werden kann.

Es ist daher für die Genehmigungsfähigkeit des in Rede stehenden Rechtsgeschäftes nicht erforderlich, daß die durch das zu beurteilende Rechtsgeschäft herbeizuführende Vereinigung der beiden Grundflächen eine wirtschaftliche Notwendigkeit für deren wirtschaftlich sinnvolle Nutzung darstellt. Es bedeutet daher auch kein Hindernis für die Genehmigung, daß jede dieser Grundflächen auch weiterhin für sich allein wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden kann.

Da, wie eingangs dargestellt, für die Erfüllung des Tatbestandes des § 3 Abs. 2 Z. 4 GVG allein objektive wirtschaftliche Gegebenheiten entscheidend sind, ist schließlich auch die Meinung der belangten Behörde, das fragliche Rechtsgeschäft sei für den Erstbeschwerdeführer von Nachteil, weil er dadurch seine alleinige wirtschaftliche Dispositionsfähigkeit über die fraglichen Grundflächen verliere, für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des in Rede stehenden Rechtsgeschäftes ohne rechtliche Bedeutung.

Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt erweist sich somit mangels entsprechender Feststellungen über die für die Erfüllung des Tatbestandes des § 3 Abs. 2 Z. 4 GVG erforderlichen Umstände als in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Mangels entsprechender Antragstellung hatte der Zuspruch von Aufwandersatz zu unterbleiben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991020013.X00

Im RIS seit

21.10.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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