TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/21 92/02/0136

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Veröffentlicht am 21.10.1992
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §68 Abs1;
KFG 1967 §102 Abs5 litb;
VStG §49;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. November 1991, Zl. MA 70-10/688/91/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Favoriten, vom 2. Juli 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem näher bezeichneten Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges drei Übertretungen der StVO 1960 begangen zu haben; unter Z. 4 heißt es im Spruch, er habe ferner den Zulassungsschein nicht mit sich geführt; zu diesem Punkt habe er eine Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 begangen.

Gegen die Strafverfügung vom 2. Juli 1990 erhob der Beschwerdeführer Einspruch. Darin führte er aus, daß er bei der in Rede stehenden Fahrt "versehentlich die falschen Wagenpapiere eingesteckt" hatte. Die Begehung der drei Übertretungen der StVO 1960 bestritt er ausdrücklich. Seine Einspruchsausführungen faßte er wie folgt zusammen:

"Abschließend möchte ich Sie daher ersuchen, mich nur für ein Delikt zu bestrafen, das ich wirklich begangen habe, und das war lediglich ein Vergessen des Zulassungsscheines".

Im Verwaltungsstrafverfahren vor der Erstbehörde erklärte der Beschwerdeführer in der Folge bei seiner Beschuldigtenvernehmung, daß er nicht gegen die StVO 1960 verstoßen habe, daß er aber "den Zulassungsschein nicht mitgehabt habe ist richtig".

Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 2. Mai 1991 wurde der Beschwerdeführer abermals der drei Übertretungen der StVO 1960 und der Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 für schuldig erkannt. Die dagegen erhobene Berufung wurde hinsichtlich der Übertretung des KFG 1967 mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Gerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdebehauptung, sein Einspruch gegen die Strafverfügung habe sich nur gegen die Bestrafungen wegen der drei Übertretungen der StVO 1960, nicht aber auch gegen die Bestrafung nach dem KFG 1967 gerichtet - die Begehung dieses Deliktes habe er ausdrücklich zugegeben -, ist zutreffend. Die oben wiedergegebene Textierung des Einspruches kann nicht anders verstanden werden. Die in der Gegenschrift vertretene Auffassung der belangten Behörde kann nicht geteilt werden. Wenn der Beschwerdeführer ausgeführt hat, daß er nur für ein Delikt bestraft werden dürfe, welches er wirklich begangen hat, und in diesem Zusammenhang vom "Vergessen des Zulassungsscheines" spricht, so bezieht sich das eindeutig auf den Vorwurf nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967, auch wenn im Tatbestand das "Nichtmitführen des Zulassungsscheines" mit Strafe bedroht wird. Das Vergessen des Zulassungsscheines führt zum Nichtmitführen, das Eingeständnis des ersteren ist ein Tatgeständnis hinsichtlich des zweiteren. Dafür, daß der Beschwerdeführer zwar die Tatbestandsmäßigkeit zugibt, aber ein Verschulden bestreitet, bietet sich kein Anhaltspunkt, bringt er doch in seinem Einspruch zum Ausdruck, daß er nur deswegen bestraft werden könne. Damit steht auch das übrige Vorbringen des Beschwerdeführers im Einspruch in Einklang.

Die Strafverfügung vom 2. Juli 1990 ist daher in Ansehung der Übertretung nach § 102 Abs. 5 lit. b KFG 1967 in Rechtskraft erwachsen. Die neuerliche Bestrafung wegen desselben Deliktes ist rechtswidrig und verletzt die Rechte des Beschwerdeführers, weil er auch deswegen zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages verpflichtet wurde. Die belangte Behörde hätte daher das erstinstanzliche Straferkenntnis in Ansehung der Aussprüche nach dem KFG 1967 aufheben müssen. Da sie dies verkannt und das Straferkenntnis in diesem Punkt bestätigt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zu dessen Aufhebung nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen hat.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nach § 28 Abs. 5 VwGG nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war und für die überflüssige zweite Bescheidausfertigung entrichtete Stempelgebühren nicht ersetzt werden können.

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020136.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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