TE Vwgh Erkenntnis 1992/10/21 92/02/0164

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.10.1992
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
B-VG Art9 Abs1;
VStG §24;
VStG §25 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Februar 1992, Zl. I/7-St-K-902/1, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das (aufhebende) hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1991, Zl. 90/02/0216, verwiesen.

Im zweiten Rechtsgang veranlaßte die belangte Behörde ein Rechtshilfersuchen der Erstbehörde um Vernehmung der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten, in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Entlastungszeugin. Diese leistete einer unter Angabe des Beweisthemas vorgenommenen Vorladung der örtlich zuständigen deutschen Stadtverwaltung keine Folge; sie äußerte sich gegenüber der Rechtshilfebehörde auch weder fernmündlich noch schriftlich zum Sachverhalt. Die belangte Behörde brachte dieses Ergebnis dem Beschwerdeführer zur Kenntnis. In einer Stellungnahme verlangte dieser die Anwendung von Zwangsmitteln gegen die ausgebliebene Zeugin.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. Februar 1992 wurde der Beschwerdeführer neuerlich der Verwaltungsübertretung nach § 52 Z. 10a StVO schuldig erkannt und hiefür bestraft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Da die belangte Behörde keine andere Art der Kontaktaufnahme mit der Entlastungszeugin versuchte, kann es auch im zweiten Rechtsgang auf sich beruhen, ob der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, die Durchführung einer Zeugenvernehmung im Rechtshilfeweg gebot.

Der Beschwerdeführer rügt, daß gegen die ausgebliebene Zeugin keine Zwangsmittel ergriffen wurden. Entgegen seiner Behauptung sieht der zitierte Rechtshilfevertrag selbst Sanktionen für einen solchen Fall nicht vor. Die belangte Behörde war daher nicht schon auf Grund der nach diesem Vertrag gebotenen Vorgangsweise berechtigt und verpflichtet, von der deutschen Rechtshilfebehörde die Anwendung von Zwangsmitteln zu verlangen.

Gemäß Art. 3 des Vertrages wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Zur Frage, ob - allenfalls auf Grund welcher Bestimmungen - nach der somit maßgeblichen deutschen Rechtsordnung überhaupt Zwangsmittel gegen die Zeugin hätten ergriffen werden können, hat der Beschwerdeführer kein konkretes Vorbringen erstattet; dies kann auch aus folgenden Erwägungen dahingestellt bleiben:

Nach dem schon im Vorerkenntnis zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Juni 1991, Zl. 90/18/0091, wird das in der Rechtsprechung geforderte "in Verbindung treten" mit einem ausländischen Entlastungszeugen - sofern nicht ein Rechtshilfeabkommen eine andere Vorgangsweise gebietet - regelmäßig dadurch zu geschehen haben, daß die Behörde an die namhaft gemachte, im Ausland lebende Person ein Schreiben mit dem Ersuchen um schriftliche Stellungnahme richtet. Langt innerhalb angemessener Frist - aus welchen Gründen immer - eine Erklärung der betreffenden Person bei der Behörde nicht ein, so muß dieser Versuch als gescheitert angesehen werden und die Behörde hat dem Beschuldigten im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zu geben, entsprechend seiner erhöhten Mitwirkungspflicht den Entlastungsbeweis in anderer Weise - etwa in der Form, daß er selbst eine schriftliche Erklärung des Entlastungszeugen vorlegt - zu erbringen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes sind diese Grundsätze auch auf den Beschwerdefall übertragbar: Die unter Angabe des Beweisthemas erfolgte Ladung der Zeugin durch die deutsche Rechtshilfebehörde ist dem im zitierten Erkenntnis vom 4. Juni 1991 für den Regelfall genannten Ersuchschreiben an den ausländischen Entlastungszeugen zumindest gleichwertig. Die belangte Behörde war nun nach dem Scheitern der Rechtshilfevernehmung nicht verpflichtet, von Amts wegen Erhebungen über die deutsche Rechtslage anzustellen und die deutsche Rechtshilfebehörde hierüber zu belehren. Vielmehr genügte es, daß sie dem Beschwerdeführer Parteiengehör gewährte. Die hiedurch gebotene Gelegenheit, den Entlastungsbeweis in anderer Weise zu erbringen, hat der Beschwerdeführer ungenützt gelassen. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt somit nicht vor.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Der Beschwerdeführer hat in einer Äußerung zur Gegenschrift den Standpunkt vertreten, der belangten Behörde wäre - im Falle seines Unterliegens - weder Schriftsatz- noch Vorlageaufwand zuzusprechen, weil die Vorlage von Gegenschrift und Verwaltungsakten um einige Tage verspätet erfolgt sei. Für dieses Begehren gibt es aber keine Rechtsgrundlage (vgl. auch die Judikaturhinweise in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit,

3. Auflage, Seiten 688 f, 690).

Schlagworte

Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen Beweismittel Zeugen Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Zeugenbeweis Verhältnis zu anderen Materien Normen VStG

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992020164.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten