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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §94 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der F in M, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 31. Juli 1991, Zl. 251-6/90, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich im wesentlichen folgendes:
Die im Jahre 1930 geborene Beschwerdeführerin hatte als (ganztägig) Angestellte im Unternehmen ihres im Jahre 1926 geborenen Ehegatten gearbeitet. Laut Lohnzettel hätten ihre Bruttobezüge für das Jahr 1989 S 181.860,-- (laut Gehaltsabrechnung vom 31. August 1990 habe ihr Gehalt brutto S 13.750,-- und netto - nach Abzug der laufenden Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer - S 10.453,18) betragen.
Mit - in Form eines Notariatsaktes errichteten - Übergabsvertrag vom 9. Jänner 1990 hatte der Ehegatte der (diesem Vertrag beigetretenen) Beschwerdeführerin sein Unternehmen beider ehelichem Sohn (nach tatsächlicher Übergabe zum Stichtag 1. Jänner 1990) übergeben. Mit Punkt V. dieses Vertrages hatte sich der Sohn verpflichtet, 1. zur Zahlung einer monatlichen Versorgungsrente an den Vater im Betrag von S 3.000,-- "und über seine Weisung in Überbindung der Sorgepflicht an seine Gattin", die Beschwerdeführerin, im Betrag von S 7.000,-- und 2. zur Bezahlung von Krankheitskosten seiner Eltern, die "von den bestehenden Krankenversicherungen oder sonstigen öffentlichen Institutionen nicht geleistet" würden.
Mit Bescheid vom 22. August 1990 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt (in der Folge: FA) gegenüber der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Freibeträge gemäß § 14 Abs. 1 (Z. 1) und 3 ErbStG Schenkungssteuer für diese monatliche Versorgungsrente von S 7.000,-- fest.
In ihrer gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, diese Versorgungsrente habe ihr ihr Ehegatte in Erfüllung seiner ehelichen Unterhalts- und Beistandspflicht zukommen lassen. Vorsichtshalber beanspruche sie die Anwendung des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG, da die ihr aus dem genannten Vertrag zugedachte Versorgungsrente durchaus angemessen und ihren Lebensumständen und -bedürfnissen angepaßt sei.
In ihrem rechtzeitigen Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen ergänzend aus, ihr in der betreffenden Berufungsvorentscheidung des FA angeführtes Bruttoeinkommen, das netto wesentlich unter dem genannten Betrag von S 181.860,-- liege und durch ihre Pensionierung noch wesentlich verringert werde, reiche, wie das FA richtig festgestellt habe, unter Berücksichtigung der relativ geringen Aufwendungen für die eheliche Wohnung gerade aus, um ihre dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen, keinesfalls jedoch dazu, den ihrem sozialen Stand und ihrer bisherigen Lebensführung angemessenen Bedürfnisse gerecht zu werden; deshalb sei diese wertgesicherte Rente vereinbart worden.
Die Finanzlandesdirektion für Kärnten (in der Folge: belangte Behörde) wies die angeführte Berufung der Beschwerdeführerin mit Berufungsentscheidung vom 31. Juli 1991 als unbegründet ab. Dies im wesentlichen unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 1 Z. 2 und 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG sowie 94 Abs. 1 ABGB mit folgender Begründung:
Im vorliegenden Fall hätten sowohl der Übergeber als auch die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Unternehmensübergabe an ihren Sohn eigene Einkünfte - der Übergeber aus Gewerbebetrieb und die Beschwerdeführerin aus nichtselbständiger Arbeit - erzielt. Seit 1. Jänner 1990 bezögen beide eine Pension und die (jeweils) angeführte Versorgungsrente. Verfügten beide Gatten über "die" Deckung der ihren "eigenen" Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse hinreichendes eigenes Einkommen, so komme ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall seien beide Gatten berufstätig gewesen und hätten Einkommen bezogen. § 94 Abs. 1 ABGB begründe dann einen Unterhaltsanspruch auch des weniger verdienenden Ehegatten gegen den anderen, unabhängig von der Haushaltsführung, aber nur im Rahmen der Lebensverhältnisse, wenn ein "wesentlich verschieden hohes Einkommen der beiden Ehegatten" vorliege. Die Beschwerdeführerin habe aber während des gesamten Verfahrens nicht vorgebracht, daß die Einkommen wesentlich verschieden wären bzw. ihr Einkommen nicht ausreiche, um die Lebensbedürfnisse zu befriedigen.
Eine Befreiung sei aber nur zulässig, wenn die Zuwendung zum angemessenen Unterhalt erfolge. Den Begriff der Angemessenheit habe die Behörde auch nicht - wie im Vorlageantrag vermutet - auf das Maß "ausreichend" eingeengt, sie habe ihn aber auch nicht auf "standesgemäß" erweitern können.
Es sei schon aus den Veranlagungsakten beim Finanzamt Klagenfurt, Steuernummer ..., ersichtlich, daß die Bezüge der Beschwerdeführerin angemessen seien und daher auch anerkannt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe nichts vorgebracht, was die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung im Veranlagungsverfahren in Frage stelle. Es sei damit davon auszugehen, daß ihre Einkünfte solchen Angestellter in ähnlicher Position (ca. S 13.000,-- monatlich, 14-mal) entsprächen, sodaß eine Zuwendung darüber hinaus das Ausmaß der Angemessenheit im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG übersteige.
Darüber hinaus müsse die Zuwendung "zum Zwecke" eines angemessenen Unterhaltes erfolgen, das heiße, es müsse dafür ein Anlaß bestehen, da die Zuwendung dem Unterhalt des Bedachten dienen müsse. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin den angemessenen Unterhalt erhalten, das Unternehmen sei von ihrem Ehegatten übergeben worden. Ein konkreter Anlaß zur Sicherung des angemessenen Unterhaltes habe zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden. Gegenleistung für die Übergabe des Unternehmens sei u.a. die hier in Rede stehende Rente gewesen. Es bestehe aber keine Verpflichtung und es sei auch kein entsprechender Anlaß zu erkennen, Angestellten eines Unternehmens anläßlich dessen Übergabe einen Teil der Gegenleistung zusätzlich zu den dienstrechtlich geregelten Bezügen in Form einer Versorgungsrente zukommen zu lassen. Die Übergabe des Unternehmens habe damit keinen Anlaß im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG (wie z.B. ein entsprechender Bedarf des Bedachten) für eine Zuwendung zum angemessenen Unterhalt der Beschwerdeführerin gebildet, da der laufende Verbrauch auch durch das langjährige Dienstverhältnis und "wiederum erworbenen Pensionsansprüchen" gesichert sei.
Es habe damit weder aus dem Rechtsgrund "die rechtliche Unterhaltsverpflichtung", die auch nicht für die Zukunft an andere Personen, die im Falle der Not selbst unterhaltspflichtig wären, "überbunden" werden könne, noch durch eine entsprechende Schmälerung des angemessenen Unterhaltes der Bedachten ein Anlaß oder ein Erfordernis für eine Zuwendung im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG bestanden. Daher erweise sich die vorliegende Zuwendung der Versorgungsrente an die Beschwerdeführerin als schenkungssteuerpflichtige Zuwendung im Sinne des § 3 ErbStG.
Gegen diese Berufungsentscheidung der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.
Der Bundesminister für Finanzen legte die betreffenden Verwaltungsakten des FA und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor. In dieser wird die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG ist jedes Erkenntnis zu begründen. Soweit die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung klargestellt ist, genügt es, diese anzuführen.
Nach § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes
1.
jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes;
2.
jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird;
3.
was infolge Vollziehung einer von dem Geschenkgeber angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, daß eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt;
4.
... bis 8. ...
§ 3 Abs. 1 Z. 3 ErbStG will (wie andere Regelungen des § 3 auch) als eine Art Ersatztatbestand andere Vorgänge zur Schenkungssteuer heranziehen, die gleich bürgerlich rechtlichen Schenkungen unentgeltliche Vermögensvermehrungen herbeiführen, ohne aber bürgerlichrechtliche Schenkungen zu sein (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0086, mit weiterem Hinweis).
Auf Grund des § 15 Abs. 1 Z. 9 ErbStG bleiben außerdem (§ 14 ErbStG) Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke des ANGEMESSENEN Unterhaltes oder zur Ausbildung des Bedachten steuerfrei.
Nach der Systematik dieser Rechtsvorschriften weisen zwischen Unterhaltsberechtigten und -verpflichteten VEREINBARTE Unterhaltszahlungen zwar freigebigen Charakter auf, sie sind bei Erfüllung des Begünstigungstatbestandes allerdings steuerbefreit (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1991, Zl. 90/16/0096, ÖStZB 18/1992, S. 560, mit weiterem Hinweis, und vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0088).
Der seit seiner Schaffung durch das Bundesgesetz vom 1. Juli 1975, BGBl. Nr. 412, über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe unverändert gebliebene § 94 ABGB bestimmt zunächst in seinem Abs. 1, daß die Ehegatten nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen ANGEMESSENEN Bedürfnisse gemeinsam beizutragen haben.
Nach § 94 Abs. 2 erster Satz ABGB leistet der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, dadurch seinen Beitrag im Sinne des Abs. 1; er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte ANGEMESSEN zu berücksichtigen sind.
Auf Grund des § 94 Abs. 2 dritter Satz ABGB steht ein Unterhaltsanspruch einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.
Die Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt grundsätzlich autonom durch die Ehegatten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach. Primär nach der Gestaltung in diesem Sinne bestimmen sich die den ehelichen Lebensverhältnissen ANGEMESSENEN Bedürfnisse, und zwar nach Einkommen, Vermögen, Gesundheitszustand, sonstigen Sorgepflichten, und umfassen neben Nahrung, Kleidung und Wohnung auch die übrigen Bedürfnisse wie die nach Erholung, Freizeitgestaltung, medizinischer Versorgung. Unterhalt ist bei aufrechter Ehe - mangels anderer autonomer Gestaltung durch die Ehegatten - teils in natura (Nahrung, Beistellung der Wohnung u.a.) zu leisten, teils aber auch in Geld (für Bekleidung nach eigenem Geschmack, Bestreitung außerhäuslicher Bedürfnisse u.a.). Wohl erfolgt die Unterhaltsbemessung unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände des Einzelfalles, doch erfordert es nicht nur die "ausgleichende Gerechtigkeit", sondern auch die "Praktikabilität der Rechtsprechung" bei der Bemessung von generalisierenden Regeln auszugehen (siehe z.B. die beiden zuletzt zitierten Erkenntnisse). In diesem Sinn kennt die Rechtsprechung u.a. die Regel: Bei beiderseitigem Einkommen gebühren dem weniger verdienenden Ehegatten 40 Prozent des Nettofamilieneinkommens, abzüglich des eigenen Einkommens (siehe z.B. das oben angeführte Erkenntnis vom 27. Juni 1991 mit weiterem Hinweis, und das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 26. September 1991, AZ 8 Ob 635/90, RZ 5/1992, S. 125).
Ausgehend von dieser Rechtslage scheint die belangte Behörde im vorliegenden Fall folgendes zu übersehen:
In dem von Dittrich-Tades, Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch33, Wien 1989, S. 59 unter E 8. zitierten - nur mit dem Rechtssatz in der EFSlg 32.719 veröffentlichten - Beschluß des Obersten Gerichtshofes ist zwar der Rechtssatz ausgesprochen worden, daß ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten grundsätzlich nicht in Betracht kommt, wenn beide Ehegatten über ein zur Deckung der ihren gemeinsamen Lebensverhältnissen ANGEMESSENEN Bedürfnisse hinreichendes eigenes Einkommen verfügen. Der Oberste Gerichtshof hat aber - im Gegensatz zu dem oben angeführten Urteil vom 26. September 1991 noch nach der Rechtslage vor Art. X Z. 24 WGN 1989, BGBl. Nr. 343, - in diesem Beschluß weiters dargetan, daß die Frage, ob die beiderseitigen Einkommensunterschiede und die Verschiedenheit der Bedürfnisse (des damaligen Klägers mit einem monatlichen Nettoeinkommen von rund S 7.780,-- und der damaligen Beklagten mit einem monatlichen Arbeitseinkommen von rund S 6.416,--) einen Unterhaltszuspruch an den damaligen Kläger im Sinne des § 94 Abs. 2 dritter Satz ABGB rechtfertigen könnten, eine Frage der Unterhaltsbemessung sei, die auch dann nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden könne, wenn es strittig sei, ob sie zur völligen Ablehnung eines Anspruches auf Unterhaltsleistung führe (oder nicht).
Die Bedürfnisse haben primär mit der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nichts zu tun; diese fließt nur über die Lebensverhältnisse in die Bedürfnisbemessung ein (siehe z.B. Pichler in Rummel, Kommentar zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 1. Band2, Wien 1990, Rz 3 zu § 94 mit weiterem Hinweis).
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die z.B. von Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, Band II9, Wien 1991, S. 205 Abs. 1, und Pichler, a.a.O., Rz 6 zu § 94 (entgegen der dort zitierten - mit einem Hinweis auf Ent-Hopf,
Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, Wien 1976, S. 55 und 132, begründeten - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes), vertretene Auffassung, daß auch der haushaltsführende, aber erwerbstätige (voll berufstätige) Ehegatte einen Unterhaltsanspruch gegen den besser verdienenden hat, wenn er aus seinem Einkommen die den gemeinsamen Lebensverhältnissen ANGEMESSENEN Bedürfnisse nicht befriedigen kann. In gleicher Weise vermag der Verwaltungsgerichtshof aus dem Gesetz ebenfalls nicht abzuleiten, daß § 94 Abs. 1 ABGB einen Unterhaltsanspruch auch des weniger verdienenden Ehegatten gegen den anderen, unabhängig von der Haushaltsführung, aber nur im Rahmen der Lebensverhältnisse begründet, wenn "wesentlich verschieden hohe Einkommen" vorliegen (siehe z.B. Pichler, a.a.O., Rz 5 zu § 94 mit weiterem Hinweis).
Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang der Beschwerdeführerin vorwirft, sie habe während des gesamten Verfahrens nicht vorgebracht, daß die Einkommen wesentlich verschieden wären ..., dann ist dazu überdies folgendes zu bemerken:
Bei Begünstigungstatbeständen tritt der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung zwar in den Hintergrund, er wird aber keineswegs völlig aufgehoben (siehe z. B. das bereits angeführte Erkenntnis vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0088, mit weiterem Hinweis). Nun hat die belangte Behörde, der die Berufung der Beschwerdeführerin am 29. Oktober 1990 vorgelegt wurde, zwar in die oben angeführten Veranlagungsakten Einsicht genommen und daraus lediglich festgestellt, daß die Bezüge der Beschwerdeführerin angemessen und auch anerkannt worden seien, es jedoch entgegen § 115 Abs. 3 BAO unterlassen, amtsbekannte Umstände - hier insbesondere den u.a. die Einkommensteuer des Ehegatten der Beschwerdeführerin für das Jahr 1989 betreffenden Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom 2. August 1990 - auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen. Diese Unterlassung ist keineswegs unwesentlich, weil im Hinblick auf die - wenn auch erstmals - mit der Beschwerde vorgelegte Ablichtung dieses (ein Einkommen des Ehegatten der Beschwerdeführerin in - nicht ganz - vierfacher Höhe dessen der Beschwerdeführerin erweisenden) Bescheides nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Einhaltung der zitierten Verfahrensvorschrift zu einem anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Bescheid hätte kommen können.
Der Verwaltungsgerichtshof erblickt entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Auffassung bei der Übergabe eines Unternehmens an den Sohn des Unternehmers durchaus einen Anlaß für die Zuwendung z.B. im Sinne der von Dorazil, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz3, Wien 1990, S. 364, Anm. 11.11 zu § 15, vertretenen Ansicht, zumal für diesen Unternehmer zumindest eine moralische, sittliche oder Anstandspflicht besteht, seiner Ehegattin den ihr im Zeitpunkt der Übergabe des Unternehmens bzw. des Erwerbes des betreffenden Rentenstammrechtes durch die Ehegattin zustehenden gesetzlichen Unterhalt zu sichern (siehe z.B. das bereits angeführte - eine Lebensgemeinschaft betreffende - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0086). Nur in dieser Richtung kann der oben zitierte Punkt V. des Übergabsvertrages, in dem keineswegs etwa eine befreiende (privative) Schuldübernahme, durch die der alte Schuldner entlassen wird und der neue an seine Stelle tritt, zu erblicken ist, sinnvoll ausgelegt werden.
Die angefochtene Berufungsentscheidung ist daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Das Mehrbegehren ist abzuweisen, weil der gemäß Art. I A. Z. 1 der zitierten Verordnung für Schriftsatzaufwand zu leistende PAUSCHALbetrag S 11.120,-- beträgt und ein gesonderter Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer neben diesem PAUSCHALbetrag nicht gebührt.
Schlagworte
Angemessenheit Unterhalt Bedürfnisse EinkünfteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991160111.X00Im RIS seit
22.10.1992Zuletzt aktualisiert am
23.10.2009