TE Vfgh Beschluss 1990/6/11 B297/90, B298/90, G65/90

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Veröffentlicht am 11.06.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag StPO §390a

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §390a StPO (Kostentragung) mangels Legitimation

Spruch

I. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

II. Die Beschwerden und der (Individual-)Antrag werden zurückgewiesen.

III. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit seinem nicht von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterfertigten Schreiben vom 5. März 1990 an den Verfassungsgerichtshof zog Mag. F G die in einer Strafsache ergangenen Beschlüsse des Kreisgerichtes Korneuburg vom 8. Jänner 1990, 9a Bl 53/89, und des Oberlandesgerichtes Wien vom 14. Februar 1990, 24 Bs 21/90, in Beschwerde (protokolliert zu B297,298/90) und stellte für den Fall der Beschwerdeabweisung oder -ablehnung den Antrag, die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.

1.2. Ferner begehrte der Einschreiter mit der auf Art140 Abs1 B-VG gegründeten Eingabe vom 25. März 1990 die Aufhebung des §390 a StPO als verfassungswidrig (protokolliert zu G65/90).

2.1.1. Nach Art144 Abs1 B-VG ist der Verfassungsgerichtshof zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden und gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person berufen. Eine Befugnis zur Überprüfung von Akten der Gerichtsbarkeit, also auch der beiden hier bekämpften Gerichtsbeschlüsse, kommt ihm jedoch nicht zu.

2.1.2. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausführte, setzt die Antragslegitimation daher grundlegend voraus, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung der Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985).

Der vom Antrag erfaßte, die Kostentragung im Rechtsmittelverfahren und bei erfolglosem Begehren um Wiederaufnahme des Verfahrens regelnde §390 a StPO greift jedoch nicht unmittelbar iSd Art140 Abs1 letzter Satz B-VG in die Rechtssphäre des Einschreiters ein: Denn die von Mag. G als verfassungswidrig erachteten Wirkungen der gerügten Vorschrift könnten ihm gegenüber nicht durch §390 a StPO selbst, sondern erst durch einen richterlichen Ausspruch über die Verpflichtung zum Ersatz der Verfahrenskosten eintreten. Damit liegen aber die Voraussetzungen für die Stellung eines Antrages nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG nicht vor. Dieses Ergebnis bliebe unverändert, sollte der Antragsteller bereits in Anwendung des §390 a StPO gerichtlich zum Kostenersatz verpflichtet worden sein, weil diesfalls die gerügte Norm für ihn - wie schon dargelegt - bloß mittelbar, nämlich durch ebendiese gerichtliche Entscheidung wirksam geworden wäre.

2.2.1. Da sich somit die von Mag. F G beabsichtigte Rechtsverfolgung wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über die zu B297,298/90 protokollierten Beschwerden einerseits und mangels (Antrags-)Legitimation des Einschreiters im Verfahren G65/90 andererseits als offenbar aussichtslos erweist, mußte der in den Eingaben vom 5. und 25. März 1990 gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als unbegründet abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953).

2.2.2. Die Beschwerden gegen die in Punkt 1.1. genannten gerichtlichen Entscheidungen selbst waren wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof wiederum war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

2.2.3. Der (Individual-)Antrag auf Aufhebung des §390 a StPO mußte aus den zu Punkt 2.1.2. dargelegten Gründen - mangels (Antrags-)Legitimation des Einschreiters - als unzulässig zurückgewiesen werden.

3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953 und §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B297.1990

Dokumentnummer

JFT_10099389_90B00297_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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