Index
83 Naturschutz Umweltschutz;Norm
AWG 1990 §32 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde der E-GmbH in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 11. Mai 1992, Zl. 16/01-2274/6-1992, betreffend Kostenvorschreibung nach § 32 des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 3. Juni 1991 ist im Materiallager der Beschwerdeführerin in B ein Brand ausgebrochen, wobei die in den Lagerräumen gelagerten Materialien, wie Latex, Kokos, Roßhaar, kleine Mengen Schaumgummi und ein größerer Posten Matratzen und Federkerne verbrannten. Dieser Vorfall ereignete sich in der Nacht. Der an der Brandstelle anwesende Bezirkshauptmann traf keinen Vertreter der Beschwerdeführerin an Ort und Stelle an. Da eine Auskunft von chemotechnischen Amtssachverständigen ergeben habe, daß eine unverzügliche Verbrennung des Brandschuttes erforderlich sei, weil ein Vergraben an Ort und Stelle wegen Gefährdung von Boden und Gewässern nicht möglich sei, ordnete der Bezirkshauptmann von St. Johann im Pongau gemäß § 32 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes an, das zum Teil noch brennende Material abzutransportieren und bei der Firma H zwischenzulagern und mit Erde abzudecken.
Nach Abschluß der Entsorgungsarbeiten legte die H-GmbH per 8. Juli 1991 gegenüber der Beschwerdeführerin für die Entsorgungsarbeiten Rechnung über S 1,011.557,33, deren Bezahlung diese jedoch mit dem Bemerken ablehnte, daß die Rechnung weitaus überhöht sei. In der Folge übermittelte die H-GmbH die Rechnung an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau zur Vorschreibung der Kosten gemäß § 32 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes. Nach erfolglosen Bemühungen, eine einvernehmliche Lösung zwischen der Rechnungslegerin und der Beschwerdeführerin herbeizuführen, hat die Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 13. September 1991 der Beschwerdeführerin gemäß § 32 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) die Zahlung der von der H-GmbH für die Entsorgung des verbrannten Materials in Rechnung gestellten Kosten, die im Detail der einen Bescheidbestandteil bildenden Rechnung zu entnehmen seien, in der Höhe von S 1,011.557,33 aufgetragen. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte vor, nach jenem Zeitpunkt, in dem Gefahr in Verzug nicht mehr vorlag und die Beschwerdeführerin selbst die entsprechende Veranlassung hätte treffen können, sei ein Behandlungsauftrag gemäß § 32 AWG nicht mehr zulässig gewesen. Überdies wandte sie sich gegen die Preisunangemessenheit, die im Detail ausgeführt wurde. In der Folge hat die belangte Behörde die Rechnungslegerin aufgefordert, Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten zu klären bzw. für die Sachverhaltsprüfung notwendige Unterlagen vorzulegen. Die von der Rechnungslegerin abgegebenen Erklärungen und vorgelegten Belege wurden der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, die in einer eingehenden Stellungnahme darauf hinwies, daß eine Überprüfung der Rechnung trotz Verfahrensergänzung nicht möglich sei.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 11. Mai 1992 wurde der Berufung insoweit stattgegeben, als an die Stelle des von der Bezirkshauptmannschaft festgelegten Rechnungsbetrages ein Betrag von S 942.301,33 zu treten habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihren Rechten auf Überprüfbarkeit der dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechnung der H-GmbH vom 8. Juli 1991 und eine angemessene, d.h. niedrigere Kostenfestsetzung und nur für die gemäß § 32 des Abfallwirtschaftsgesetzes notwendigen Leistungen der Anordnung, verletzt.
Gemäß § 32 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG), hat die Bezirksverwaltungsbehörde dann, wenn andere, im Gesetz genannte Abfälle oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt werden oder die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten ist, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr in Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.
Nach dem Beschwerdevorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin nicht durch die Erteilung des Behandlungsauftrages an sich beschwert, sondern durch die unangemessene und unüberprüfbare Verrechnung von Leistungen, die überdies wegen des Wegfalles der Gefahr in Verzug nach den Brandtagen mit dem Behandlungsauftrag nichts mehr zu tun hätten.
Aus einem Aktenvermerk des Bezirkshauptmannes von St. Johann im Pongau vom 4. Juni 1991 geht hervor, daß er der H-GmbH den auf § 32 AWG gestützten Auftrag zur unverzüglichen Entfernung noch brennender Stoffe sowie zur Zwischenlagerung und Abdeckung mit Erde erteilte. Von diesem Auftrag sind daher nur jene Leistungen erfaßt, die im Zusammenhang mit dem Abtransport und der Zwischenlagerung entstanden waren. Dies sind auch die bei der Überwachung des auf dem Betriebsgelände der H-GmbH gelagerten Materials und dem dabei erforderlichen Einsatz der S-GmbH in der 23. Kalenderwoche des Jahres 1991 (vom 3. bis 9. Juni) entstandenen Kosten. Alle anderen Leistungen, wie die zweite Abfuhr nach der Zwischenlagerung zur endgültigen Entsorgung, die Wiegegebühren sowie die Deponiegebühr sind nicht mehr vom Auftrag nach § 32 AWG umfaßt. Die Belastung der Beschwerdeführerin mit den hiefür in Rechnung gestellten Kosten findet daher im § 32 AWG keine Rechtsgrundlage.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Damit ist aber keine Aussage darüber getroffen, ob die Beschwerdeführerin nicht aufgrund anderer - allenfalls auch zivilrechtlicher - Bestimmungen nicht doch letztlich zur gänzlichen oder teilweisen Übernahme der aufgelaufenen Kosten verpflichtet werden kann.
Da der angefochtene Bescheid keine Gliederung des der Beschwerdeführerin auferlegten Kostenersatzes enthielt, konnte er nur zur Gänze aufgehoben werden.
Bemerkt sei noch, daß die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, die belangte Behörde hätte kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, um den tatsächlichen Arbeits-, Zeit- und Lageraufwand zu ermitteln. So hat die belangte Behörde nicht ermittelt, wie groß die beanspruchte Lagerfläche und welcher Quadratmeterpreis pro Tag hiefür angemessen und wie lange die Zwischenlagerung notwendig war. Die Feststellung im angefochtenen Bescheid, die belangte Behörde stimme sowohl hinsichtlich der verrechneten Quadratmeterpreise von S 1.000,-- pro Tag als auch einer Dauer der Lagerung von 20 Tagen mit der Rechnungslegerin überein, ist jedenfalls sowohl für die Beschwerdeführerin als auch für den Verwaltungsgerichtshof unüberprüfbar und somit rechtswidrig.
Aus den dargelegten Gründen ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzt worden ist. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992050145.X00Im RIS seit
27.10.1992Zuletzt aktualisiert am
23.03.2017