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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VStG §49 Abs1 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde des J in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 6. Februar 1992, Zl. 11-75 Sta 13-90, betreffend Zurückweisung eines Einspruches, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 14. September 1990 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung des KFG bestraft. Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer nach Zustellversuchen an der Adresse K 56, P, durch Hinterlegung beim Postamt P zugestellt, Beginn der Abholfrist war der 24. September 1990. Am 10. Oktober 1990 erhob der Beschwerdeführer - anwaltlich vertreten - Einspruch. Mit Schreiben vom 8. November 1990, dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 9. November 1990 wurde ihm durch die Bezirkshauptmannschaft Gelegenheit gegeben, zu deren Absicht, den Einspruch als verspätet zurückzuweisen, Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme erfolgte jedoch nicht. Hierauf wies die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg mit Bescheid vom 12. Dezember 1990 den Einspruch gegen die Strafverfügung als verspätet zurück. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und machte geltend, daß er zum Zeitpunkt der Zustellung am 24. September 1990 und danach bis 29. September 1990 ständig ortsabwesend gewesen sei, von der Hinterlegung keine Kenntnis gehabt habe und er nur durch einen Zufall in der Lage gewesen wäre, am 29. September 1990 die Strafverfügung zu beheben. Der am 10. Oktober 1990 erhobene Einspruch sei daher rechtzeitig. Die Berufung ist bei der Bezirkshauptmannschaft am 17. Dezember 1990 eingelangt.
Mit dem angefochtenen, dem Vertreter des Beschwerdeführers am 19. März 1992 zugestellten Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung - nach weiteren Erhebungen und insbesondere auch nach Einvernahme des vom Beschwerdeführer zum Beweise seines Vorbringens geführten zuständigen Postzustellers - keine Folge. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, daß die bloße Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und Anbot von Beweismitteln - trotz Aufforderung durch die Behörde - für die Annahme einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht hinreiche. Im Hinblick auf den Ablauf der Einspruchsfrist am 8. Oktober 1990 sei der Einspruch somit verspätet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und hiezu eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
Nach Art. II Abs. 2 der Novelle des Verwaltungsstrafgesetzes, BGBl. Nr. 358/1990, sind am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen. Es ist daher auch im vorliegenden Fall § 51 Abs. 5 VStG 1950 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 299/1984 anzuwenden. Nach dieser Gesetzesstelle gilt der angefochtene Bescheid als aufgehoben und ist das Verfahren einzustellen, wenn eine Berufungsentscheidung nicht innerhalb eines Jahres ab Einbringung der Berufung erlassen wird. Auch verfahrensrechtliche Bescheide, wie jener über die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet, treten außer Kraft, wenn die Berufungsbehörde nicht binnen der im § 51 Abs. 5 VStG normierten Frist ab Einbringung der Berufung ihren Berufungsbescheid erlassen hat (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 28. März 1985, Zl. 85/02/0048 und den hg. Beschluß vom 13. Dezember 1988, Zl. 88/04/0163 bis 0166).
Wie bereits eingangs ausgeführt, ist die Berufung am 17. Dezember 1990 bei der Bezirkshauptmannschaft eingelangt. Die von da an zu rechnende einjährige Frist des § 51 Abs. 5 StVO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 299/1984 war daher zum Zeitpunkt der Zustellung der Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 6. Februar 1992 am 19. März 1992 bereits überschritten. Ungeachtet dessen entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid meritorisch über die Berufung des Beschwerdeführers. Diese meritorische Entscheidung war verfehlt, weil ihr infolge Außerkrafttretens des erstinstanzlichen Bescheides das sachliche Substrat fehlte. Die belangte Behörde belastete damit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1985, Zl. 85/18/0023 mit weiteren Judikaturhinweisen), weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß es eines Eingehens auf die die Frage der Rechtzeitigkeit des Einspruches behandelnden Beschwerdegründe bedurfte. Die Einhaltung der Bestimmung des § 51 Abs. 5 VStG war vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen zu prüfen (vgl. u.a. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. November 1989, Zl. 88/04/0079, vom 10. Juli 1989, Zl. 88/10/0095 und vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/03/0183).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zunächst zuviel verrechnete Stempelgebühren, zumal Beschwerden gemäß § 28 Abs. 5 VwGG nur eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides anzuschließen ist. Für die überzähligen Ausfertigungen gebührt kein Stempelgebührenersatz. Darüber hinaus gebührt für den ergänzenden Schriftsatz kein Kostenersatz, weil gemäß § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG bereits die Beschwerde die Angaben zu enthalten hätte, die erforderlich sind, um die Rechtzeitigkeit der Beschwerde beurteilen zu können.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH StrafverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992030075.X00Im RIS seit
28.10.1992Zuletzt aktualisiert am
13.10.2010