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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über den Antrag des A in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 21. Mai 1992, Zl. 9/01-35.470-1992, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
In dem am 2. September 1992 zur Post gegebenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 21. Mai 1992 bringt der Antragsteller vor, daß der genannte Bescheid seinem Vertreter am 21. Juli 1992 zugestellt worden sei. Im Fristenvormerkbuch der Kanzlei des Vertreters des Beschwerdeführers sei das Ende der sechswöchigen Frist zur Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit 31. August 1992 vorgemerkt worden. Die Beschwerde sei vom Vertreter des Beschwerdeführers vor Fristende diktiert, von der Kanzlei geschrieben, vom Vertreter unterfertigt und die Kanzleileiterin mit der fristgerechten Postaufgabe beauftragt worden. Durch ein erstmaliges, einmaliges und unvorhergesehenes Versehen sei jedoch das gegenständliche Poststück auf dem Schreibtisch der Kanzleileiterin liegen geblieben und nicht fristgerecht mit der anderen Kanzleipost expediert worden. Das Poststück, das versehentlich unter andere Unterlagen auf dem Schreibtisch der Kanzleileiterin geraten sei, sei erst am 2. September 1992 aufgefunden worden.
Dieses Vorbringen ist durch eine eidesstättige Erklärung der Kanzleileiterin vom 2. September 1992 hinlänglich bescheinigt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Ein Verschulden des Parteienvertreters ist dem Verschulden der Partei gleichzuhalten. Ein Versehen eines Angestellten eines Rechtsanwaltes ist dem Rechtsanwalt als Verschulden anzurechnen, wenn der Rechtsanwalt die gebotene und ihm zumutbare Kontrolle gegenüber dem Angestellten unterlassen hat. Lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann der Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer verläßlichen Kanzleikraft überlassen.
Auf dem Boden dieser Rechtslage geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist vorliegen, weshalb dem Antrag stattzugeben war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992030199.X00Im RIS seit
28.10.1992