Index
L40052 Prostitution Sittlichkeitspolizei Kärnten;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der EG, verehelichte EW, in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 13. August 1992, Zl. Präs-2709/1/92, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Bewilligung eines Bordells, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1.0. Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
1.1. Mit Bescheid vom 16. April 1992 wies der Bürgermeister der Stadtgemeinde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 25. Oktober 1990 auf Erteilung der Bewilligung zur Führung eines Bordells zurück. Die Beschwerdeführerin habe ihrem Bewilligungsantrag die gemäß § 4 Abs. 4 lit. c des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1990 (im folgenden: Krnt ProstG 1990), geforderte Bewilligung zur Verwendung des Gebäudes oder des Gebäudeteiles als Bordell nach § 4 der Kärntner Bauordnung, LGBl. Nr. 48/1969 (im folgenden: Krnt BauO), nicht angeschlossen. Daher leide der Antrag der Beschwerdeführerin an einem Formgebrechen. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG habe die Behörde die Pflicht, die Behebung von Formgebrechen zu veranlassen. Die Behörde habe mit Schreiben vom 5. November 1990, beim Postamt hinterlegt am 7. November 1990, zur Behebung dieses Mangels eine Frist bis zum 30. November 1990 mit der Wirkung gesetzt, daß das Anbringen nach furchtlosem Ablauf dieser Frist nicht mehr berücksichtigt werden könne.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
1.2. Mit Bescheid vom 24. Juni 1992 gab der Stadtrat der Stadtgemeinde dieser Berufung keine Folge.
Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.
1.3. Mit Bescheid vom 13. August 1992 wies die Kärntner Landesregierung die Vorstellung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Behörde erster Instanz gesetzmäßig gehandelt. Die gemäß § 13 Abs. 3 AVG gesetzte Frist zur Vorlage der fehlenden Beilagen müsse angemessen sein. Daraus ergebe sich jedoch keineswegs, daß die Frist so bemessen werden müsse, daß dem Einschreiter die Beschaffung fehlender Belege jedenfalls möglich sei (vgl. VwSlg. 5224 A/1960 und VwGH 31.1.1972, 729/71). Eine Fristsetzung diene nicht dem Zweck, notwendige Unterlagen erst zu beschaffen. Daher müsse die Frist ausschließlich zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein (VwGH 5.11.1985, 85/05/0091; 12.5.1986, 86/10/0065). Aus diesem Grunde irre die Beschwerdeführerin, wenn sie vermeine, die eingeräumte Frist müsse als unangemessen bezeichnet werden, weil die Behörde gewußt hätte, daß auf Grund des seinerzeit fehlenden Bauansuchens das Formgebrechen nicht innerhalb der eingeräumten Frist hätte beseitigt werden können.
1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. § 4 Krnt ProstG 1990 lautet auszugsweise:
"(1) Ein Bordell darf nur mit Bewilligung der Behörde (Bordellbewilligung) betrieben werden.
...
(4) Dem Antrag sind anzuschließen:
...
c) im Anwendungsbereich der Kärntner Bauordnung eine Bewilligung nach § 4 der Kärntner Bauordnung zur Verwendung des Gebäudes oder des Gebäudeteiles als Bordell;
..."
(5) Werden Belege nicht oder nicht vollständig beigebracht, ist nach § 13 Abs. 3 AVG 1950 vorzugehen."
§ 4 Krnt BauO 1969, LGBl. Nr. 48 idF LGBl. Nr. 26/1992,
lautet auszugsweise:
"Einer Baubewilligung bedarf
a) die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen;
b) die Änderung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen;
c) die Änderung der Verwendung von Gebäuden oder Gebäudeteilen;
d) die Änderung von Gebäuden, sofern sich die Änderung nur auf das Innere bezieht;
e) die Instandsetzung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen;
..."
Bei Vorhaben nach § 4 lit. a bis c Krnt BauO hat gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. eine Vorprüfung stattzufinden. Gemäß § 9 Abs. 2 Krnt BauO hat die Behörde festzustellen, ob dem Vorhaben unter anderem überörtliche Interessen, der Flächenwidmungsplan oder der Bebauungsplan entgegenstehen.
§ 13 Krnt BauO idF LGBl. Nr. 79/1979 lautet auszugsweise:
"(1) Die Behörde hat die Baubewilligung zu erteilen, wenn dem Vorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung öffentliche Interessen, insbesondere solche der Sicherheit, der Gesundheit, der Energieersparnis, des Verkehrs, des Fremdenverkehrs sowie der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Schutzes des Ortsbildes nicht entgegenstehen. ...
(2) Bei Vorhaben nach § 4 lit. a bis c darf die Baubewilligung darüber hinaus nur erteilt werden, wenn kein Grund nach § 9 Abs. 2 entgegensteht und eine der Art, Lage und Verwendung des Vorhabens entsprechende
a)
Verbindung zu einer öffentlichen Fahrstraße,
b)
Wasserversorgung und
c)
Abwasserbeseitigung sichergestellt ist.
(3) Die Baubewilligung hat das Vorhaben nach Art und Lage - bei Vorhaben nach § 4 lit. a bis c und i auch nach der Verwendung - unter Anführung jener Pläne, Berechnungen und Beschreibungen, die ihr zugrundeliegen, zu bezeichnen.
(4) ..."
2.2.1. In der Beschwerde wird geltend gemacht, das Vorliegen einer Bewilligung nach § 4 Krnt BauO, welches im § 4 Abs. 4 lit. c Krnt ProstG 1990 als unabdingliche Voraussetzung für die Erteilung einer Bordellbewilligung gefordert werde, sei als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu qualifizieren. Entgegen § 38 AVG habe die Behörde die Vorfrage nicht selbst beurteilt und auch keine Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage vorgenommen. Wenn die belangte Behörde ausführe, es sei wenig sinnvoll, die Bordellbewilligung zu erteilen, obwohl diese mangels entsprechender Baubewilligung nicht ausgenützt werden dürfe, so sei "diese Begründung zwar richtig aber nicht stichhältig". Die einzige mit dem Zweck des Gesetzes vereinbare Maßnahme wäre eine Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage.
2.2.2. Wie die wiedergegebenen Bestimmungen der Kärntner Bauordnung zeigen, geht § 4 Abs. 4 lit. c Krnt ProstG 1990 in Übereinstimmung mit der Rechtslage nach der Bauordnung von der baurechtlichen Bewilligungspflicht der Änderung von Gebäuden sowie der Verwendungsänderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen für Zwecke eines Bordells aus. Im Kärntner Prostitutionsgesetz 1990 wurde im § 4 Abs. 4 lit. c ausdrücklich auf das Vorliegen einer Bewilligung nach § 4 Krnt BauO zur Verwendung eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils als Bordell abgestellt und die Vorlage der Bewilligung als Antragsbeilage angeordnet. Das Prostitutionsgesetz fordert daher nicht nur, wie es der Beschwerdeführerin vorzuschweben scheint, die Bewilligungsfähigkeit oder Zulässigkeit des Vorhabens nach der Kärntner Bauordnung, sondern setzt das Bordellbewilligungsverfahren zeitlich mit dem Baubewilligungsverfahren derart in Beziehung, daß der baubehördliche Bewilligungsbescheid im Zeitpunkt der Antragstellung auf Bewilligung nach dem Prostitutionsgesetz bereits vorliegen und dem Antrag angeschlossen werden muß. Die Beschwerdeführerin verkennt daher die Rechtslage völlig, wenn sie das Vorliegen einer Vorfragensituation im Sinne des § 38 AVG annimmt. Für die von der Beschwerdeführerin gedachte Aussetzung bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Baubehörde läßt die hier getroffene Regelung keinen Raum.
2.3.1. Selbst wenn man davon ausgehe, so heißt es in der Beschwerde weiter, daß gemäß § 4 Abs. 5 Krnt ProstG 1990 nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen sei, so sei die einzige sinnvolle und zweckentsprechende Vorgangsweise entsprechend dieser Bestimmung, der Beschwerdeführerin eine Frist zur Behebung des Formgebrechens bis zur rechtskräftigen Genehmigung der Änderung des Verwendungszweckes einzuräumen; nur in diesem Falle wäre die Frist nach § 13 Abs. 3 AVG angemessen gewesen.
2.3.2. Auch diese Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin ist verfehlt. Zutreffend hat die belangte Behörde bereits im angefochtenen Bescheid auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen.
Die gemäß § 13 Abs. 3 AVG gesetzte Frist muß zur VORLAGE der fehlenden Beilagen angemessen sein. Daraus ergibt sich jedoch keineswegs, daß die Frist so bemessen sein muß, daß dem Einschreiter die BESCHAFFUNG fehlender Beilagen der hier in Rede stehenden Art, nämlich einer noch ausstehenden behördlichen Bewilligung, jedenfalls möglich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 31. Jänner 1972, Zl. 729/71, vom 23. Mai 1979, Zl. 398/79 = ZfVB 1980/2/685, und vom 12. Mai 1986, Zl. 86/10/0065 = ZfVB 1987/1/308).
Die eingeräumte Frist von 23 Tagen für die bloße Beibringung der auf Grund der gesetzlichen Bestimmung des § 4 Abs. 4 lit. c Krnt ProstG 1990 schon anläßlich der Antragstellung vorzulegenden Bewilligung nach § 4 Krnt BauO zur Verwendung des Gebäudes oder Gebäudeteiles als Bordell war nicht unangemessen.
2.4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Formgebrechen behebbare Beilagen Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages FristEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992100410.X00Im RIS seit
11.05.2001