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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §24 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des G in E, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg, Berufungssenat I, vom 2. März 1989, Zl 63-GA3BK-DZa/88, betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuer für das Jahr 1983, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt ein Elektrounternehmen (Einzelhandel und Elektroinstallationen) mit dem Sitz in E. Den Gewinn ermittelt er gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972.
Eine rund 8 km entfernt geführte Filiale in O gab er am 31. Jänner 1983 auf, wobei er das Verkaufslokal in das Privatvermögen überführte und sodann an einen branchenfremden Unternehmer vermietete. Die Geschäftseinrichtung verkaufte er an diesen Unternehmer. Die Warenvorräte behielt er im verbleibenden Betrieb zurück.
Die anläßlich der Entnahme des Verkaufslokales aufgedeckten stillen Reserven in der Höhe von 324.789 S erklärte der Beschwerdeführer als Gewinn aus einer Teilbetriebsaufgabe im Sinn des § 24 EStG 1972 und beantragte, darauf nach Abzug eines anteiligen Freibetrages den "Hälftesteuersatz" gemäß § 37 EStG 1972 anzuwenden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug dieses Begehren mit der Begründung ab, eine begünstigte Teilbetriebsaufgabe liege schon deshalb nicht vor, weil die Filiale in O kein Teilbetrieb im Sinn des § 24 EStG 1972 gewesen sei. Doch selbst wenn die Filiale die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Teilbetriebes erfüllt hätte, stehe einer begünstigten Teilbetriebsaufgabe die Zurückbehaltung des Warenlagers im verbleibenden Betrieb entgegen, weil durch die gewählte Vorgangsweise keineswegs sämtliche stillen Reserven aller wesentlichen Grundlagen des Teilbetriebes aufgedeckt worden seien.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei einem Teilbetrieb handelt es sich nach herrschender Ansicht um einen organisch in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teil eines Gewerbebetriebes, der es auf Grund seiner Geschlossenheit ermöglicht, die gleiche Erwerbstätigkeit ohne weiteres fortzusetzen. Um von einem Teilbetrieb sprechen zu können, müssen all diese Voraussetzungen erfüllt sein. Eine nur betriebsinterne Selbständigkeit genügt nicht; die Selbständigkeit muß vielmehr auch nach außen in Erscheinung treten (vgl das hg Erkenntnis vom 20. November 1990, 89/14/0156, 0157, mwA).
Die belangte Behörde hat ihre Ansicht, ein Teilbetrieb liege nicht vor, damit begründet, daß in der Filiale in O nur ein Elektrowarenhandel geführt, Installationsaufträge hingegen ausschließlich vom Hauptbetrieb in E übernommen worden seien. Der Wareneinkauf sei für Hauptbetrieb und Filiale gemeinsam erfolgt. Die Filiale habe kein eigenes Büro besessen, weshalb die Fakturen im Büro des Hauptbetriebes erstellt worden seien. Es sei zwar eine getrennte Kostenstellenrechnung für die Filiale geführt worden, diese könne jedoch nicht mit dem steuerlichen Gewinn, der unbestrittenermaßen einheitlich ermittelt worden sei, gleichgesetzt werden. Es sei auch nur eine Gewerbesteuererklärung gelegt und der einheitlich festgestellte Gewerbeertrag auf Hauptbetrieb und Filiale aufgeteilt worden. Auch nach außen sei eine Selbständigkeit der Filiale nicht in Erscheinung getreten. Auf dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Briefpapier, das nach den Angaben des Beschwerdeführers das gleiche äußere Erscheinungsbild wie die in der Filiale verwendeten Paragons aufweise, seien lediglich beide Betriebsstätten unter Anführung ihrer Standorte, aber ohne Hinweis darauf, daß es sich dabei um zwei selbständige Betriebe handle, genannt.
Die belangte Behörde übersieht dabei jedoch, daß bereits durch das Vorliegen eines (in diesem Fall 8 km vom Hauptbetrieb entfernten) gesonderten Verkaufslokals eine nach außen in Erscheinung tretende Selbständigkeit gegeben ist. Diese wird durch das eigene Verkaufspersonal und die gesonderte Werbung für die Filiale noch verstärkt. In Verbindung mit der zumindest in wesentlichen Teilen auch betriebsintern vorhandenen Selbständigkeit (zB die eigene Kostenstellenrechnung, aus der der Erfolg der Filiale ersichtlich war; die teilweise getrennte Erfassung von Aufwendungen und Erträgen; die eigene Gewerbeberechtigung für die Filiale) überwiegen die Indizien, die für das Vorliegen eines Teilbetriebes sprechen. Dem Beschwerdeführer ist somit zuzustimmen, wenn er unter Hinweis auf Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2, § 24 Tz 18, meint, die Filiale sei ein Teilbetrieb gewesen. Die Anforderungen an dessen Vorliegen können nämlich nicht so weit gehen, daß seine völlige Selbständigkeit gefordert wird.
Nicht gefolgt werden kann den Ausführungen des Beschwerdeführers jedoch, wenn er die Ansicht vertritt, die Auflassung seiner Filiale sei eine Teilbetriebsaufgabe im Sinn des § 24 EStG 1972 gewesen, weil alle wesentlichen Geschäftsgrundlagen, die stille Reserven enthalten hätten (Gebäude und Geschäftsausstattung), in das Privatvermögen überführt bzw veräußert worden seien. Der Warenvorrat, der unbestrittenermaßen auch eine wesentliche Geschäftsgrundlage eines Einzelhandelsunternehmens sei, sei zum Einstandspreis in den Hauptbetrieb überführt worden, weil er anderweitig nicht sinnvoll habe verwertet werden können. Da der Warenvorrat keine stillen Reserven enthalten habe, stehe diese Vorgangsweise einer Teilbetriebsaufgabe nicht entgegen. Es sei zwar unbestritten, daß die Bewertung von bei einer Betriebsaufgabe entnommenen Wirtschaftsgütern mit dem gemeinen Wert zu erfolgen habe, jedoch könne man diesen nicht mit dem Endverkaufspreis an Konsumenten gleichsetzen. Da auf Grund der Betriebsaufgabe keine Möglichkeit mehr bestanden habe, die Ware an den Konsumenten zu bringen, seien als Abnehmer nur mehr Einzelhändler der jeweiligen Branche oder der ursprüngliche Lieferant in Frage gekommen. Der Verkaufspreis und damit der gemeine Wert sei daher höchstens mit den Wiederbeschaffungspreisen des Einzelhandels anzusetzen gewesen.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß bei einer Teilbetriebsaufgabe alle wesentlichen Grundlagen des Teilbetriebes in einem einheitlichen Vorgang an Dritte zu veräußern oder ins Privatvermögen zu übernehmen sind. Die Zurückbehaltung wesentlicher Grundlagen des Teilbetriebes im verbleibenden Betrieb steht einer Teilbetriebsaufgabe entgegen. Selbst wenn im Warenlager eines Einzelhandelsunternehmens nur relativ geringe stille Reserven enthalten sind, weil der Buchwert eines Warenlagers bei annähernd stabilen Geldwertverhältnissen regelmäßig den Wiederbeschaffungskosten entspricht, geht dadurch die Eigenschaft des Warenlagers als wesentliche Grundlage eines Einzelhandelsunternehmens nicht verloren (vgl das hg Erkenntnis vom 13. März 1991, 87/13/0190, mwA, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1989140098.X00Im RIS seit
03.11.1992