Index
L24009 Gemeindebedienstete Wien;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des Dr. P in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission (der Stadt Wien) vom 19. Mai 1992, Zl. MD - 1213-1/91, betreffend Suspendierung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Primararzt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Er war zuletzt bis zu seiner Suspendierung als Vorstand des Drogeninstitutes im Psychiatrischen Krankenhaus tätig.
Mit dem nach der Aktenlage unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (MA 2 - Personalamt) vom 3. Oktober 1990 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 der Dienstordnung 1966, LGBl. für Wien Nr. 37/1967 (in der Folge kurz: DO 1966), vom Dienst suspendiert. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe laut Schreiben der MA 17 vom 3. Oktober 1990 verschiedene Schriftstücke im Sekretariat seiner Abteilung aussortiert und sie mit dem Bemerken, sie verbrennen zu wollen, aus der Anstalt entfernt. Es bestehe daher der Verdacht, daß der Beschwerdeführer amtliche Unterlagen entfernt und vernichtet habe, und es bestehe ferner die Gefahr der zukünftigen Entfernung von Beweismitteln. Außerdem hätten Mitarbeiter des Beschwerdeführers laut einem Artikel im "profil" angegeben, daß er sich kaum im Dienst befinde. Ferner werde ihm vorgeworfen, des öfteren Arbeitskräfte aus dem Krankenhaus für von ihm veranstaltete Modeschauen rekrutiert zu haben. Weiters solle er mehrmals Medikamente aus der Apotheke des Pavillons I des Psychiatrischen Krankenhauses mit seinem Auto entfernt haben, und zwar meistens Nootropil-Infusionsflaschen. Schließlich solle der Beschwerdeführer von Vertretern einer medizinischen Fachzeitung für das Nichterscheinen einer Publikation über das Schmerzmittel Tramal S 100.000,-- und einen Computer für die Zentralstelle verlangt haben. Der Beschwerdeführer habe sich trotz gebotener Gelegenheit der MA 2 gegenüber zu den Vorwürfen nicht konkret geäußert. Die Herbeischaffung einer von ihm anderen Stellen gegenüber abgegebenen Stellungnahme könne infolge der Dringlichkeit nicht abgewartet werden. Die Weiterbelassung des Beschwerdeführers im Dienst würde offenkundig das Ansehen des Magistrates in der Öffentlichkeit gefährden, weil das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße Spitalsverwaltung und in deren Mitarbeiter beträchtlich gemindert würde, wenn ein hochrangiger Mitarbeiter, der unter dem Verdacht stehe, eine strafgerichtlich zu ahndende Handlung begangen zu haben, weiter in leitender Stellung in der Spitalsverwaltung tätig wäre. Auch würde dadurch die Achtung und das Vertrauen der unterstellten Mitarbeiter in ihre Vorgesetzten untergraben werden, was Rückwirkungen auf deren Pflichtbewußtsein haben würde. Letztlich sei auch das Vertrauen der Stadt Wien in den Beschwerdeführer und seine dienstliche Tätigkeit angesichts des vorliegenden Verdachtes so stark beeinträchtigt, daß es bis zum Abschluß des Straf-, bzw. des Disziplinarverfahrens nicht vertreten werden könne, dem Beschwerdeführer weiter seiner dienstlichen Stellung entsprechende Aufgaben anzuvertrauen. Die Voraussetzungen für eine Suspendierung gemäß § 76 Abs. 1 DO 1966 seien daher gegeben, insbesondere sei bezüglich der Entfernung von Unterlagen und Medikamenten eine Wiederholungsgefahr nicht auszuschließen.
In dem vom Magistrat (MA 2) geführten Disziplinarverfahren wurde der Beschwerdeführer in der Folge mit einer "Tatanlastung" vom 6. November 1990 konfrontiert, in welcher ihm folgende Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen wurden:
"1)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 die festgesetzte Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche nicht eingehalten und damit § 23 a der Dienstordnung 1966 verletzt.
2)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 keine regelmäßigen Hauptvisiten vorgenommen und damit gegen Punkt 16 der Dienstvorschriften für die Ärzte der Wiener städtischen Krankenanstalten (MA 17-61/77/P) verstoßen.
3)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 dadurch, daß er der von ihm geleiteten Abteilung nicht im ausreichenden zeitlichen Ausmaß zur Verfügung stand, nicht für die Aufrechterhaltung eines geregelten, den bestehenden Bedürfnissen und Vorschriften entsprechenden Dienstbetriebes gesorgt und dadurch gegen Punkt 15 der Dienstvorschriften für die Ärzte der Wiener städtischen Krankenanstalten (MA 17-61/77/P) verstoßen.
4)
Er hat es in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 laufend verabsäumt, dem ihm unterstellten ärztlichen Personal die notwendigen Weisungen zu geben, sodaß von diesen selbständig Entscheidungen getroffen werden mußten, und damit gegen § 28 Abs. 1, 2. Satz der Dienstordnung verstoßen, weiters gegen Punkt 17 Abs. 2 der Dienstvorschriften für die Ärzte der Wiener städtischen Krankenanstalten (MA 17-61/77/P).
5)
Er hat in der Zeit zwischen 21.1.1990 bis 27.1.1990 seinen Gebührenurlaub angetreten, ohne einen Urlaubsschein zu erstellen, oder abzugeben und hiedurch verhindert, daß die verbrauchten Urlaubstage vermerkt und damit ein neuerliches Konsumieren derselben ausgeschlossen wurde.
6)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 Patienten, die seiner Obsorgepflicht anvertraut waren, im Rahmen der Beschäftigungstherapie für Arbeiten in seiner Privatwohnung benutzt und sich dadurch unter Mißbrauch seiner Stellung als Vorstand der Abteilung "Drogeninstitut" persönliche Vorteile zugewendet.
7)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 Patienten, die seiner Obsorgepflicht anvertraut waren, im Rahmen der Beschäftigungstherapie für Arbeiten im Rahmen seiner Designer-Firma (H-Moden) verwendet und damit unter Mißbrauch seiner Amtsstellung dieser Firma unzulässige Vorteile zugewendet, wobei die Patienten teilweise starkem Zeitdruck ausgesetzt und zeitweise bis 22 Uhr beschäftigt waren.
8)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 das Recht der Patienten auf eine lege artis (§ 22 Abs. 1 ÄG) durchgeführte Therapie zugunsten seiner nebenberuflichen Interessen insoferne verletzt, als er den Arbeitseinsatz im Rahmen der Beschäftigungstherapie für die von ihm geführte Designer-Firma in einem therapeutisch zu frühen Stadium in die Wege leitete.
9)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 wiederholt verschiedene Arzneimittel in unbekannter Menge, jedenfalls aber am 28.7.1990 eine Packung Nootropil-Infusionslösung, aus dem Psychiatrischen Krankenhaus verbracht und für private Zwecke bzw. im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung als ärztlicher Leiter der Krankenanstalt Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe dort für die Patienten verwendet. Am 3.10.1990 wurden bei einem Augenschein in der Krankenanstalt folgende Arzneimittel aus den Beständen des Psychiatrischen Krankenhauses vorgefunden:
1 Originalpackung Novalgin Amp. 5 ml
1 Originalpackung Ludomil Tabletten-5 mg
1 Originalpackung Dihydergot Amp.
10)
Er hat in der Zeit vom 1.5.1983 bis 3.10.1990 verabsäumt, dafür zu sorgen, daß auf der Abteilung "Drogeninstitut" des Psychiatrischen Krankenhauses nachvollziehbare Aufzeichnungen über die Medikamentengebarung geführt wurden.
11)
Er hat sich zwischen 1.5.1983 und 3.10.1990 mehrmals selbst mit Medikamenten aus den Beständen des Psychiatrischen Krankenhauses (Nootropil-Infusionen) behandelt, ohne dafür zu sorgen, daß die hiedurch entstandenen Kosten von der zuständigen Krankenfürsorgeanstalt oder von ihm selbst abgegolten wurden.
12)
Er hat außer Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung als ärztlicher Leiter der Krankenanstalt Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe in der Zeit vom 1.7.1988 bis 31.8.1988 Blanko-Suchtgiftrezepte unterfertigt und damit gegen § 14 Abs. 1 Suchtgiftverordnung 1979, Bundesgesetzblatt Nr. 390/1979 i.d.g.F. verstoßen.
13)
Er hat außer Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung als ärztlicher Leiter der Krankenanstalt Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe in der Zeit vom 1.7.1988 bis 31.8.1988 Suchtgiftrezepte, die der Substitution Opiatabhängiger dienten, "pro ordinatone" ausgestellt und das suchtgifthaltige Arzneimittel Heptadon an Patienten verabreicht, ohne ein Suchtgiftbuch zu führen.
14)
Er hat außer Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung als ärztlicher Leiter der Krankenanstalt Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe in der Zeit vom 1.7.1988 bis 31.8.1988 einen Mitarbeiter beauftragte, nachträglich ein Suchtgiftbuch anzulegen und die verabreichten Mengen zu rekonstruieren.
15)
Er hat außer Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung als ärztlicher Leiter der Krankenanstalt Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe in der Zeit zwischen 1.1.1989 und 5.5.1989 für die Abstandnahme von der Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit über den Wirkstoff Tramal von der Erzeugerfirma die Zahlung von
S 100.000,-- an ihn selbst und Zuwendung eines Personalcomputers für die Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe verlangte.
16)
Er hat außer Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte, indem er im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung als ärztlicher Leiter der Krankenanstalt Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe indem er in der Zeit vom 1.5.1983 bis vor dem 11.6.1989 einem Arzt ermöglichte, Honorare für eine Tätigkeit in der Zentralstelle für Suchtkrankenhilfe zu verrechnen, ohne diese Tätigkeit tatsächlich auszuüben.
17)
Er hat am 29.9.1990 einen Aktenschrank auf Pavillon 1 des Psychiatrischen Krankenhauses aufgebrochen und aus demselben dienstliche Unterlagen entfernt."
Der Beschwerdeführer bestritt in einem umfangreichen Schriftsatz vom 25. Jänner 1991 die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, und zwar zum Teil unter Bezugnahme auf den Bericht einer eigens zu ihrer Untersuchung vom amtsführenden Stadtrat eingesetzten Kommission. In diesem Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer abschließend, das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren einzustellen und die Suspendierung aufzuheben.
In der Folge wurden vom Magistrat mehrere Zeugen einvernommen, und diese Ermittlungsergebnisse in Ergänzung der gegen den Beschwerdeführer bereits am 3. Oktober 1990 erstatteten Strafanzeige dem Landesgericht für Strafsachen Wien nachgereicht.
Mit Schreiben vom 11. September 1991 teilte die MA 2 dem Anstaltenamt (MA 17) mit, daß eine weitere Verfolgung des Beschwerdeführers wohl nur hinsichtlich der Punkte 6, 9 und 17 in Betracht komme und eine Aufhebung der Suspendierung ins Auge gefaßt werde. Dagegen sprach sich die MA 17 in ihrem Schreiben vom 18. September 1991 deshalb aus, weil einerseits die gerichtlichen Vorerhebungen knapp vor dem Abschluß stünden und mit einer Anklageerhebung zu rechnen sei, und weil andererseits ein ehemaliger Mitarbeiter des Drogeninstitutes den Beschwerdeführer zusätzlich damit belastet habe, daß er im Sommer des Jahres 1989 eine Ampulle Heptadon entnommen und diese im Suchtgiftbuch einem Patienten zugeschrieben habe, dessen Heptadonbehandlung knapp vor diesem Vorfall abgesetzt worden sei. Das entsprechende Einvernahmeprotokoll wurde diesem Schreiben angeschlossen und auch zum Anlaß einer Ergänzung der Strafanzeige genommen.
Über weitere Anfrage des Anstaltenamtes teilte die MA 2 mit Schreiben vom 30. Jänner 1992 ferner mit, sie habe als Disziplinarbehörde das gegen den Beschwerdeführer geführte Disziplinarverfahren gemäß § 77 Abs. 1 DO 1966 unterbrochen, ein diesbezüglicher verfahrensrechtlicher Bescheid sei aber nicht erlassen worden.
Mit Eingabe vom 3. Februar 1992 beantragte der Beschwerdeführer sodann neuerlich, die am 3. Oktober 1990 ausgesprochene Suspendierung aufzuheben. Er verwies dazu auf seine ausführliche Stellungnahme vom 25. Jänner 1991 sowie darauf, daß ein Abschluß der gerichtlichen Vorerhebungen noch nicht abzusehen sei. Die übermäßig lange Dauer der Suspendierung ohne Erhärtung der Vorwürfe habe zu einer Verunsicherung der Mitarbeiter des Psychiatrischen Krankenhauses, zu einer Beeinträchtigung der Patienten und zu einer Gefährdung der betroffenen Betreuungseinrichtungen für Suchtgiftkranke geführt und setze den Beschwerdeführer einem unzumutbaren, mit beträchtlichen sozialen und wirtschaftlichen Problemen verbundenen Zustand aus.
Seinen Antrag auf Aufhebung der Suspendierung hielt der Beschwerdeführer auch nach Vorhalt des neuen gegen ihn erhobenen Vorwurfes in seinem Schriftsatz vom 28. Februar 1992 aufrecht.
Mit Bescheid vom 27. März 1992 stellte die MA 2 das eingeleitete Disziplinarverfahren hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 1 bis 4, 6 bis 8 und 10 bis 16 gemäß § 79 Abs. 1 Z. 2 DO 1966 ein.
Mit weiterem Bescheid vom 27. März 1992 gab die MA 2 dem Antrag des Beschwerdeführers, die Suspendierung aufzuheben, gemäß § 76 Abs. 3 DO 1966 keine Folge. Begründend hielt die Disziplinarbehörde erster Instanz dazu unter Hinweis auf § 76 Abs. 1 und 3 DO 1966 dem Vorbringen des Beschwerdeführers entgegen, das beim Landesgericht für Strafsachen Wien zur Zl. 25a Vr 10710/90 (zu ergänzen wohl: anhängige Verfahren) sei noch nicht abgeschlossen. Es sei richtig, daß sich die MA 2 bereits für eine Aufhebung der Suspendierung ausgesprochen habe, doch habe die MA 17 zu Recht auf die inzwischen erfolgte neuerliche Strafanzeige verwiesen, die sich auf die Aussage eines Mitarbeiters des Beschwerdeführers stütze. Da die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme darstelle, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen sei und keine endgültige Lösung darstelle, brauche nicht nachgewiesen zu werden, daß der Beamte die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich begangen habe. Es genüge der Verdacht, welcher dann bestehe, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigten. Der Verdacht der Entnahme einer Ampulle Heptadon für andere Zwecke als für einen Patienten der Abteilung des Beschwerdeführers und die diesbezügliche unrichtige Eintragung im Suchtgiftbuch stellten sehr wohl grobe Dienstpflichtverletzungen, wahrscheinlich sogar strafrechtlich zu ahndende Tatbestände dar. Durch diesen Verdacht leide nicht nur das Ansehen und die Autorität des Beschwerdeführers selbst, sondern auch das Ansehen der Stadt Wien. Es seien wesentliche Interessen des Dienstbetriebes gefährdet. Nur diese Umstände seien für die allfällige Aufhebung der Suspendierung entscheidend, nicht aber die Tatsache, daß noch nicht absehbar sei, wann das Strafverfahren beendet werden würde.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, bei den vier nach der Teileinstellung noch verbliebenen Vorwürfen fehle es an jeglichen Anhaltspunkten für ein vorwerfbares Verhalten des Beschwerdeführers; diese Vorwürfe würden auch nicht durch die bisherigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gestützt. So habe der Zeuge S hinsichtlich der Verwendung jener einen Ampulle Heptadon nur Vermutungen äußern können. Aber auch aus der bloßen Tatsache der Anhängigkeit eines gerichtlichen Vorverfahrens könne kein Verdacht abgeleitet werden, der das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung wahrscheinlich machen würde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Mai 1992 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde nach einer kurzen Darstellung der Rechtslage und des vorangegangenen Verfahrens aus, die auf den ersten Blick durchaus schlüssige und nicht unglaubwürdige Aussage eines Mitarbeiters des Beschwerdeführers habe zu einer weiteren Anzeige an das Strafgericht wegen des Vorwurfes geführt, der Beschwerdeführer habe eine Ampulle Heptadon aus dem Suchtgiftkasten entnommen und dieses Medikament im Suchtgiftbuch einem Patienten zugeschrieben, der es nicht erhalten habe. Dadurch seien nach Ansicht der belangten Behörde hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme der Wahrscheinlichkeit der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung gegeben. Dieser Verdacht rechtfertige nach dem Gesetz die Suspendierung bzw. deren Aufrechterhaltung. Zum Einwand des Beschwerdeführers, das Strafverfahren sei nach so langer Zeit noch nicht abgeschlossen und habe noch zu keiner Anklageerhebung geführt, sei zu bemerken, daß die Länge des Zeitraums bis zur Anklageerhebung noch keinen schlüssigen Hinweis darauf biete, ob es zu einer Anklage kommen und wie das Strafverfahren ausgehen werde. Eine unmittelbare Beziehung zwischen der Dauer des Strafverfahrens und dessen Ausgang bestehe nicht.
Durch den anderen Bescheid der MA 2 vom 27. März 1992 sei das Disziplinarverfahren zwar hinsichtlich der zahlenmäßig größeren Anzahl der vorgeworfenen Disziplinarvergehen eingeschränkt worden. Es bleibe aber der gravierende Vorwurf bestehen, daß der Beschwerdeführer am 29. September 1990 einen Aktenschrank im Pavillon 1 des Psychiatrischen Krankenhauses aufgebrochen habe, in dem sich Krankengeschichten von Patienten befunden hätten. Gerade aus diesem Vorwurf "könnten im Strafverfahren Umstände hervorkommen, die im Disziplinarverfahren auch von besonderer Bedeutung sein könnten".
Da die MA 2 zutreffend davon ausgegangen sei, daß der Verdacht der Entnahme einer Ampulle Heptadon und die unrichtige Eintragung eines Patienten im Suchtgiftbuch sehr wohl grobe Dienstpflichtverletzungen darstellten, wahrscheinlich sogar strafrechtlich zu ahndende Tatbestände, habe sie zu dem Schluß gelangen müssen, daß wegen der Art der zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen nicht nur das Ansehen und die Autorität des Beschwerdeführers, sondern auch das Ansehen der Stadt Wien leide, und daß wesentliche Interessen des Dienstbetriebes gefährdet seien. Nach Ansicht der belangten Behörde habe insbesondere der Schutz der Gesellschaft gegen die Auswirkungen von Suchtgift einen so hohen Stellenwert, daß es dabei nicht auf den materiellen Wert einer Ampulle Heptadon ankomme. Ein ärztlicher Institutsvorstand habe in diesem Zusammenhang eine besondere Vorbildfunktion zu erfüllen.
Eine Wiederzulassung des Beschwerdeführers zum Dienst würde daher auch weiterhin das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes gefährden, weshalb der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf unverzügliche Aufhebung seiner Suspendierung in einem mängelfreien Verfahren verletzt, zumal die Umstände, durch die die Suspendierung veranlaßt worden sei, weggefallen seien.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen sind im Abschnitt VII (Disziplinarrecht) der DO 1966 in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung gemäß den Novellen LGBl. Nr. 13/1988 und LGBl. Nr. 27/1991 enthalten.
Gemäß § 57 DO 1966 ist ein Beamter, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach den Bestimmungen dieses Abschnittes zur Verantwortung zu ziehen.
Gemäß § 61 Abs. 5 DO 1966 gilt das Disziplinarverfahren mit dem Zeitpunkt der ersten vom Magistrat gegen einen bestimmten Beamten als Beschuldigten gerichteten Amtshandlung (Verfolgungshandlung) als eingeleitet, und zwar auch dann, wenn die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Disziplinarbehörden sind gemäß § 63 DO 1966 1. der Magistrat, 2. die Disziplinarkommission (§ 66) und 3. die Disziplinaroberkommission (§ 67).
Nach § 64 Abs. 1 DO 1966 ist der Magistrat zur Suspendierung zuständig, wenn ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission noch nicht anhängig ist. Das Disziplinarverfahren ist gemäß § 64 Abs. 2 Z. 1 DO 1966 bei der Disziplinarkommission mit dem Tag des Einlangens der Disziplinaranzeige oder des Rechtsmittels bei der Disziplinarkommission anhängig.
Würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat gemäß § 76 Abs. 1 DO 1966 der Magistrat, wenn jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission oder bei der Disziplinaroberkommission bereits anhängig ist, diese, den Beamten vom Dienst zu suspendieren. Die Suspendierung endet gemäß § 76 Abs. 3 DO 1966 spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, durch die die Suspendierung des Beamten veranlaßt wurde, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Behörde, bei der das Disziplinarverfahren anhängig ist, unverzüglich aufzuheben.
Kommt die Disziplinarbehörde während des Disziplinarverfahrens zu der Ansicht, daß eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, so hat sie gemäß dem ersten Satz des § 77 Abs. 1 DO 1966 das Disziplinarverfahren zu unterbrechen und der zuständigen Staatsanwaltschaft Strafanzeige zu erstatten.
Im § 79 Abs. 1 Z. 1 bis 4 DO 1966 sind die Gründe normiert, bei deren Vorliegen das Disziplinarverfahren von der Behörde, bei der es anhängig ist, mit Bescheid einzustellen ist.
Gemäß § 80 Abs. 1 DO 1966 hat der Magistrat auf Grund einer Anzeige (Selbstanzeige) sowie bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen anzustellen. Nach Abschluß der Erhebungen hat der Magistrat gemäß § 80 Abs. 2 DO 1966, sofern er nicht bei Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 79 Abs. 1 von der Einleitung des Disziplinarverfahrens absieht oder sofern ein bereits eingeleitetes Disziplinarverfahren nicht gemäß § 79 einzustellen ist, 1. eine Disziplinarverfügung zu erlassen oder
2. die Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission zu erstatten.
Nach der Aktenlage befand sich das gegen den Beschwerdeführer geführte Disziplinarverfahren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides in folgendem Stadium:
Seitens des Magistrats wurde durch die Verfolgung der siebzehn gegen den Beschwerdeführer in der "Tatanlastung" vom 6. November 1990 erhobenen Vorwürfe in diesem Umfang gemäß § 61 Abs. 5 DO 1966 ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Dieses Verfahren wurde in der Folge einerseits durch die rechtskräftige Einstellung hinsichtlich der Vorwürfe 1 bis 4, 6 bis 8 und 10 bis 16 beendet, andererseits aber durch Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer um einen weiteren Vorwurf (Entnahme einer Ampulle Heptadon und falsche Eintragung im Suchtgiftbuch) ausgedehnt. Dieses Verfahren ist, da die Erhebungen des Magistrats noch nicht abgeschlossen sind und bisher weder eine Disziplinarverfügung erlassen noch eine Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission erstattet wurde (§ 80 Abs. 2 DO 1966), hinsichtlich der ursprünglichen Vorwürfe 5, 9 und 17 sowie hinsichtlich des später dazu gekommenen Vorwurfes nach wie vor beim Magistrat anhängig (vgl. dazu § 64 Abs. 2 Z. 1 DO 1966). Daneben läuft eine gerichtliche Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer, deren Inhalt nicht aktenkundig ist, und deretwegen das Disziplinarverfahren zwar nicht mit Bescheid, aber offenbar faktisch unterbrochen ist (§ 77 Abs. 1 DO 1966).
Da die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme darstellt, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist und keine endgültige Lösung darstellt, braucht nicht nachgewiesen zu werden, daß der Beamte die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, daß gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Der Beamte, in dessen gesetzlich geschützte Rechte durch eine Suspendierung eingegriffen wird, hat seinerseits einen Anspruch darauf, die Gründe dafür zu erfahren; denn nur dann kann er seine Rechte sachgemäß verteidigen (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/09/0107, und vom 16. Jänner 1992, Zl. 91/09/0175). Diesen Anspruch hat der Beamte aber auch dann, wenn er - wie im Beschwerdefall - einen auf Grund geänderter Verhältnisse zulässigen Antrag auf Aufhebung der Suspendierung stellt, bedeutet doch eine Abweisung dieses Antrags, daß die Suspendierung trotz dieser Änderung der Verhältnisse aufrecht bleibt und eine Wiedereingliederung des suspendierten Bediensteten in den Dienstbetrieb auch weiterhin nicht in Betracht kommt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0136).
Der Beschwerdeführer macht dazu in seiner Beschwerde unter Hinweis auf sein bereits im Verwaltungsverfahren erstattetes Vorbringen im wesentlichen geltend, daß der angefochtene Bescheid eine im Sinne der obigen Ausführungen zureichende Begründung vermissen läßt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher zu prüfen, ob sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und in nachprüfbarer Weise zu erkennen gegeben hat, von welchen aus dem Ermittlungsverfahren gewonnenen Tatsachen sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist und welche Beweisanzeichen zur Bildung ihrer Überzeugung geführt haben, es liege weiterhin der Verdacht eines derart schweren, dem Beschwerdeführer zuzurechnenden schuldhaften Verhaltens vor, daß ohne seine Suspendierung der Dienstbetrieb oder die ordnungsmäßige Tätigkeit in seinem Institut empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet würde (vgl. auch dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/09/0107).
Die im Beschwerdefall strittige Suspendierung des Beschwerdeführers wurde bereits mit dem Bescheid des Magistrats vom 3. Oktober 1990 verfügt, den der Beschwerdeführer nicht bekämpft hat. Aus der Begründung dieses Bescheides ist zu ersehen, daß die Suspendierung einerseits wegen in der Zeitschrift "profil" gegen den Beschwerdeführer erhobener Vorwürfe erfolgte, die den Punkten 1, 6, 7, 9 und 15 der späteren Tatanlastung zuzuordnen sind, sowie andererseits wegen des weiteren Vorwurfes, der Beschwerdeführer habe am 29. September 1990 einen Aktenschrank aufgebrochen und daraus Unterlagen entfernt (Punkt 17 der Tatanlastung).
Die vom Beschwerdeführer angestrebte Aufhebung dieser Suspendierung hat gemäß § 76 Abs. 3 DO 1966 den Wegfall jener Umstände zur Voraussetzung, durch welche die Suspendierung veranlaßt wurde. Dazu haben die im Beschwerdefall eingeschrittenen Disziplinarbehörden im Ergebnis übereinstimmend die Auffassung vertreten, daß - trotz der Einstellung des Disziplinarverfahrens hinsichtlich der Vorwürfe der Tatanlastung mit Ausnahme der Punkte 5, 9 und 17 - infolge des Gewichtes des diesbezüglichen Tatverdachtes von einem Wegfall der für die Suspendierung maßgebenden Umstände nicht gesprochen werden könne. Außerdem sei die Aufrechterhaltung der Suspendierung auch wegen des neu hinzugekommenen Tatverdachtes (Stichwort Heptadon) gerechtfertigt.
Dieses Ergebnis hat der Magistrat in seinem erstinstanzlichen Bescheid vom 27. März 1992 außer mit einem nicht näher konkretisierten Hinweis auf ein gegen den Beschwerdeführer nach wie vor anhängiges gerichtliches Strafverfahren ausschließlich mit dem gegen den Beschwerdeführer auf Grund der Aussage eines Mitarbeiters begründeten Verdacht der Entnahme einer Ampulle Heptadon für andere Zwecke als für einen Patienten der Abteilung des Beschwerdeführers sowie der unrichtigen diesbezüglichen Eintragung im Suchtgiftbuch begründet.
Auch in der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides wird auf die aufrecht gebliebenen Vorwürfe gemäß den Punkten 5 und 9 der Tatanlastung mit keinem Wort eingegangen; nur zu Punkt 17 enthält der angefochtene Bescheid den (über die erstinstanzliche Begründung hinausgehenden) Hinweis, gerade aus diesem Vorwurf "könnten im Strafverfahren Umstände hervorkommen, die im Disziplinarverfahren auch von besonderer Bedeutung sein könnten". Im übrigen beschränkt sich auch die Begründung der belangten Behörde hinsichtlich der ihrer Entscheidung zugrunde liegenden, aus dem Ermittlungsverfahren hervorgekommenen Tatsachen darauf, "die auf den ersten Blick durchaus schlüssige und nicht unglaubwürdige Aussage eines Mitarbeiters" stelle einen hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkt für die Annahme der Wahrscheinlichkeit der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung dar. Zum noch immer anhängigen Strafverfahren enthält der angefochtene Bescheid erneut keine Konkretisierung der davon umfaßten Fakten, sondern nur den Hinweis, daß die Dauer dieses Strafverfahrens auf die Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder Aufhebung der Suspendierung keinen rechtlichen Einfluß habe.
Diese Begründung reicht nicht aus, um die im angefochtenen Bescheid bestätigte Aufrechterhaltung der Suspendierung des Beschwerdeführers zu tragen.
Dies liegt hinsichtlich der Punkte 5 und 9 der Tatanlastung vom 6. November 1990 schon deshalb auf der Hand, weil ein diesbezüglicher Tatverdacht im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht erörtert wurde. Der Vorwurf zu Punkt 17 war zwar Gegenstand der Begründung des ursprünglichen Suspendierungsbescheides vom 3. Oktober 1990, wurde aber - ungeachtet des dazu vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringens - im erstinstanzlichen Bescheid vom 27. März 1992 überhaupt nicht erwähnt. Auch die belangte Behörde hat sich nicht veranlaßt gesehen, zu diesem Punkt auf das Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen. Ihre Formulierung, aus diesem Vorwurf könnten im Strafverfahren Umstände hervorkommen, die im Disziplinarverfahren von besonderer Bedeutung sein könnten, läßt, wie der Beschwerdeführer mit Recht aufzeigt, vielmehr erkennen, daß die belangte Behörde in diesem Punkt von keinem konkreten Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer ausgegangen ist; jedenfalls wurde damit nicht zum Ausdruck gebracht, daß die belangte Behörde bereits den in Punkt 17 der Tatanlastung formulierten Vorwurf als für die Aufrechterhaltung der Suspendierung ausreichend betrachtet hätte.
Was schließlich den auf Grund der Zeugenaussage des S hervorgekommenen, zur Tatanlastung vom 6. November 1990 im Zuge des Disziplinarverfahrens hinzugetretenen Vorwurf betrifft, der Beschwerdeführer habe im Sommer 1989 eine Ampulle Heptadon dem Suchtgiftkasten entnommen und im Widerspruch zur Eintragung im Suchtgiftbuch nicht für den Abteilungspatienten K verwendet, so haben sich sowohl der Magistrat als auch die belangte Behörde begründend ausschließlich auf einen auf Grund dieser Aussage gegebenen Tatverdacht beschränkt, ohne sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren und in seiner Berufung auseinanderzusetzen. Der Beschwerdeführer weist darauf in seiner Beschwerde deshalb mit Recht hin, weil die den Beschwerdeführer belastende Aussage nur die Vermutung des Zeugen wiedergibt, der Patient K habe diese Ampulle nie erhalten. Es trifft ferner zu, daß der Zeuge S sich insoweit widersprüchlich ausgedrückt hat, als er einerseits aussagte, er habe den Namen K als denjenigen eines Patienten genannt, der derzeit Heptadon erhalte, andererseits aber abschließend meinte, er glaube sich daran zu erinnern, daß die Heptadon-Behandlung des Patienten K bereits knapp vor diesem Vorfall abgesetzt worden sei.
Abgesehen davon, daß sich die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers nicht mit einem "ersten Blick" auf diese Aussage hätte begnügen dürfen, um daraus einen konkreten Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer abzuleiten, kann diese Aussage auch nicht als "durchaus schlüssig" angesehen werden.
Die somit mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides konnte auch nicht durch ergänzende Erwägungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift nachträglich saniert werden (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 601 und 607 angeführte Vorjudikatur).
Der angefochtene Bescheid erweist sich auf Grund der aufgezeigten Begründungsmängel als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090196.X00Im RIS seit
11.07.2001